Praxis
Als ich das Instrument trocken anspielte, wunderte ich mich über ein Rasseln im Pickuprahmen des Hals-Humbuckers, auch was das Tuning anbetraf war ich einigermaßen enttäuscht. Die Gitarre ließ sich nicht richtig stimmen und auch gegriffene Akkorde klangen immer irgendwie out-of-tune. Daraufhin wechselte ich die Saiten, die tatsächlich in einem ziemlich erbärmlichen Zustand waren, und siehe da, alles wieder im grünen Bereich. Das kann passieren, sollte aber nicht. Die Bespielbarkeit ist dank des Late 50’s Profils sehr komfortabel, obwohl man eine Menge Holz in der Hand hält. Zu dieser Tatsache trägt sicherlich auch die hervorragenden Einstellung ab Werk nicht unwesentlich bei. Mit frischen Saiten zeigte sich die Traditional dann auch von ihrer besten Seite und ging mit einem straffen, knackigen und obertonreichen Grundsound zu Werke. Sie schwingt bei jedem Anschlag merklich mit.
So weit die trocken Testphase, aber jetzt muss sie am Verstärker zeigen, was wirklich in ihr steckt. Zum Einsatz kommt ein Marshall mit einer 2 x 12“ Box mit Vintage 30 Speakern und abgenommen wird das Ganze mit einem SM 57. Los geht es clean, beginnend mit dem Hals-PU werden pro Durchgang alle Positionen durchgeschaltet.
Clean zeigt sich die Traditional aufgeräumt mit dem typischen Les Paul Mittensound, der eine große Portion Wärme in sich trägt. Auch die Höhen werden schön abgebildet. Erfreulich ist, dass sie im Bassbereich sehr ausgewogen und keinesfalls schwammig klingt. Das war nicht immer so, denn ich erinnere mich an viele Paulas, die ich in der Hand hatte, die klanglich im Grunde nur aus Bass und unteren Mitten bestanden. Die Zeiten sind zum Glück vorbei.
Ich spiele jetzt eine Pickingfigur, auch hier werden die Pickups durchgeschaltet.
Dabei zeigt sie sehr gut ihre holzige Note. Alle drei Positionen unterscheiden sich deutlich im Klang, allen gemein ist aber der gewisse Nöck beim Anschlag, den man von hochwertigen Les Pauls kennt. Gefällt mir gut!
Es wird Zeit für eine etwas höhere Gain-Stellung am Amp, wieder werden die drei Positionen durchgesteppt.
Merklich wohl fühlt sich unsere Kandidatin in dieser Situation und spielt ihre Stärken voll aus. Der Sound ist direkt, punchy und ziemlich selbstbewusst. Sie geht leichtfüßig mit dem Riff um und liefert einen ausgesprochen amtlichen Crunchsound.
Es folgt ein Riff mit mehr Gain.
Auch das Thema Hard Rock ist für die Traditional ein absolut gewohntes Terrain. Sie bietet exakt den Ton, den man von einer guten Paula an einem JCM 800 Marshall erwartet. Gerade der Halshumbucker ist bei vielen Les Pauls für High-Gain-Riffs eher nicht zu gebrauchen. Aber selbst beim “Pumpen“ zeigt sich der 59 Tribute Hals-PU souverän im Umgang mit Bassfrequenzen. Klar spielt er in dieser Disziplin seine Qualitäten voll aus, aber auch die Mittelstellung liefert ein schönes Höhenbild gepaart mit straffen Bässen.
Zum Schluss noch ein kleines Solo, das ihre Lead-Qualitäten zeigen soll. Dabei habe ich immer wieder zwischen Hals- und Steg-Humbucker umgeschaltet.
Wie nicht anders zu erwarten, meistert sie auch dies souverän.
ladysleeper sagt:
#1 - 26.01.2015 um 18:13 Uhr
Ich möchte mich gern diesem Testbericht anschließen.
Meine erste Les Paul war eine VOS Goldtop von 2010. Mit dem Sound bin ich nicht so richtig warm geworden. Einfach zu fett, zu wuchtig...Sie wog auch 4250 Gramm. Kurzerhand habe ich Sie wieder gekauft. Der Wunsch nach einer guten Les Paul war aber noch immer da. Dann hatte ich eine Collectors Choice Greg Martin in der Hand. Die war toll, aber 5500 euro spiele ich nicht wieder ein :-). Durch Zufall habe ich Wind von der 2014 Traditional bekommen und diese beim lokalen Händler angespielt. Sound , Haptik und Verarbeitung haben mich für diesen Preis voll überzeugt. Mit 3900 Gramm auch genau richtig. Und wie ich in einem englisch sprachigen Forum lesen konnte, vermittelt mir diese Gitarre in der Farbe Heritage Cherry sunburst das Gefühl, für `kleines Geld` eine 59 reissue bekommen zu haben. Es ist eigentlich alles drin, bis auf den Long neck tenon. Meine schwingt aber auch ohne vorzüglich. Klare Kaufempfehlung und ich würde mal sagen Geheimtipp!
thomas sagt:
#2 - 12.02.2015 um 02:51 Uhr
Der Test der Traditional 2014 hat mich sehr neugierig auf die "Paula" gemacht. Ich hätte mir gewünscht, daß eine Saitenempfehlung in den Test eingeflossen wäre.Immerhin gibt es einen halben Stern weniger in der Bewertung für die miesen Werkssaiten.
Trotzdem herzlichen Dank