Praxis
Vintage-Drones der Extraklasse
Ein erster Ansatzpunkt ist das Erstellen komplexer Drones mit Berna 3. Auf diese Weise macht man sich am schnellsten mit der Mixer-Matrix sowie dem besonderen Sound und der Bedienung der Klanggeneratoren vertraut. Ich habe für meinen ersten Patch beispielsweise die Sinuswelle des Dual-Oszillators A, die Pulswelle des AG-10 Oszillators – der von Stockhausen für seine Komposition „Kontakte“ verwendet wurde – und ein wenig Rauschen miteinander kombiniert.
Wird das Ganze über die Effekt-Sends der Konsole durch den Plate-Reverb geschickt und auf virtuelles Band aufgenommen, entsteht ein spaciger, warmer Sound:
Durch Experimentieren mit den Grundeinstellungen der Klangquellen sind viele Timbres möglich. Beschäftigt man sich dann noch genauer mit den Reglern, eröffnen sich Schritt für Schritt die Optionen, die in der Patch-Matrix stecken. So ist es etwa möglich, die Frequenz des Dual-Oszillators A zu modulieren. Der Regler kann auf „Ext. Mod.“ gestellt werden und dann über die Matrix zum Beispiel vom AG-10 Oszillator beeinflusst werden. Das hört sich im Drone-Kontext so an:´
Für dich ausgesucht
Rhythmus und Filter
Wenn alles etwas rhythmischer werden soll, stehen Bausteine wie der „Tieftone-Generator“ – eine Art Proto-LFO – oder ein Impulsgenerator für Clocks bereit. Letzterer kann über die Matrix in einen Comparator geroutet werden, welcher als Sample-and-Hold-Gerät weißes Rauschen verarbeiten und daraus Werte extrahieren kann. Wird das Resultat in den FM-Eingang eines Oszillators geschickt, entsteht eine atonale bzw. chromatische Zufallsmelodie:
Natürlich können mit diesen Signalen auch andere Geräte bearbeitet werden, etwa die sechs Filter. In diesem Bereich sind einige Modelle vertreten, die an ‚heutige‘ Synths erinnern: Es gibt Hochpass-, Tiefpass- und Bandpassfilter und sogar eine Filterbank. Mit dieser macht das Spielen besonders Spaß, wenn weißes Rauschen hineingeschickt und dann über die Bänder bestimmte Frequenzen isoliert werden. Mit einer angeschlossenen MIDI-Faderbank kann man dann sogar Quasi-Melodien spielen:
Zerschnipseln? Fehlanzeige …
Tape-Slicing, wie es als Technik von Stockhausen oder auch Pierre Schaeffer für musique concrète eingesetzt wurde, bietet Berna 3 leider nicht. Derartige Experimente mit fertigen Aufnahmen müsste man nachträglich mit den WAV-Aufnahmen der Tape-Rekorder in einer DAW machen. In diesem Punkt rächt sich die Entscheidung des Entwicklers, keinerlei DAW-Integration zu bieten. Denn der Export einzelner Layer oder Samples aus Berna 3 sowie der anschließende manuelle DAW-Import ist mühsam. Hinzu kommt beim Aufnehmen noch, dass alle einzelnen Geräte in eigenen kleinen Fenstern angezeigt werden, was schnell unübersichtlich wird. Ein Vollbildmodus zur Fokussierung auf die Berna-Umgebung fehlt daher ebenfalls oft.