Das Golden Age Premier GA-800G will keineswegs verheimlichen, ein möglichst exakter Clone des Sony C-800G sein zu wollen.
Ganz im Gegenteil geht das schwedische Unternehmen Golden Age durchaus offensiv mit dieser Tatsache um. So sind sich GA Premier GA-800G und Sony C-800G mehr als nur entfernt ähnlich. Die Sache mit der optischen Nähe ist wohl nicht der wichtigste Punkt, sondern vielmehr der der klanglichen. Wie praktisch, dass die Riverside Studios in Köln ein seltenes Original-Sony besitzen und uns CEO Ralf Kemper und Studiomanager David Brucklacher dazu eingeladen haben, die beiden einmal Seite an Seite zu testen.
Details
Nicht irgendein Clone irgendeines Mikrofons…
Wer es nicht kennt, dem sollte das Vorbild des Golden Age Premier GA-800G einmal kurz vorgestellt werden. Das Sony C-800G hat seine Karriere 1992 gestartet und ist eines der teuersten Röhrenmikrofone, die man kaufen kann. Wenn man es überhaupt kaufen kann: Aufgrund der RoHS-Bestimmungen darf es hierzulande gar nicht angeboten werden. In den USA ist das Sony C-800G mit ungefähr 12000 Dollar bepreist, die seltenen Gebrauchtmodelle kosten in Europa auch um die 10000 Euro. Klar, dass dadurch ein Golden Age Premier GA-800G für “nur” 3999 Euro als Alternative zum Sony C-800G infrage kommen könnte.
Die Kapsel des in Oita, Japan hergestellten Mikrofons ähnelt sehr der Neumann K67, nutzt das gleiche Lochmuster von gleichmäßig angeordneten Bohrungen, eine rückwärtige Membran, die zur Kugelerzeugung mit identischer Polarität hinzugeschaltet werden kann und eine Mittenkontaktierung.
Dass aus dem Gehäuse ein enormes Kühlgitter herausragt, ist beileibe nicht der verzweifelte Individualisierungsversuch irgendwelcher Marketingstrategen, sondern hat handfeste technische Gründe. Thermische, um genau zu sein: Im Korpusfortsatz ist eine 6AU6A-Pentode beheimatet, welche vom Netzteil 35 Watt Leistung erhalten kann. Die entstehende Wärme muss irgendwohin abgeleitet werden.
Sehr beliebt ist das Sony-Mikrofon bei R’n’B-Sängern, einigen Popsängern und so manchem Rapper. Punchy Tiefmitten und straffe Bässe, eine „großmachende“ Verbreiterung von Konsonanten, ein „teurer“ Glanz auf Vokalen, geringes und homogenes Rauschen und besonders eine irrsinnig hohe Detailtreue sind die Punkte, die wohl viele Engineers nennen werden. Wie viel die markante Optik und die Tatsache, dass einige große Namen der Vocalwelt auf dieses Mikrofon schwören, zum Ruf des Sony C800G beigetragen haben, sollte nicht Bestandteil eines Tests seines Clones sein. Fakt ist: Es ist eines dieser Mikrofone, die vielen Engineers das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen und für die manche über Leichen gehen würden.
Golden Age Premier meint es ernst
Es gibt nur wenige Mikrofone, das das Claim anführen, dem Sony nachzueifern. Das Advanced Audio CM800T wäre ein Beispiel: Dieses Mikrofon sieht sich wie einige andere klanglich in der Nähe des Sony, alleine konzeptionell gibt es jedoch eklatante Unterschiede (andere Röhre, andere Werte, eine zusätzliche Richtcharakteristik Acht, Hochpassfilter… aber auch ein Preis von 800 Dollar in den USA). Golden Age Premier hat offenkundig eine Menge Arbeit investiert, um „das echte 800er“ erschwinglicher zu machen. Da wäre natürlich zunächst die Kapsel, über deren Herkunft nur mitgeteilt wird, dass sie von einem sehr erfahrenen Kapselbauer stammt. Anders bei den Bauteilen, für die GAP explizit die Hersteller nennt.
Originaltreue gilt für das Mikrofon – aber gar nicht für die anderen wichtigen Bestandteile
So genau man es beim Mikrofon selbst nimmt, welches dem Sony wirklich auf`s Haar gleicht, so wenig originalgetreu geht es beim Beiwerk zu: Die schöne Originalspinne, die in abgewandelter Form auch beim Sony C-100 verwendet wird, wurde nicht nachgebildet. Stattdessen muss sich der Käufer des Golden Age Premier GA-800G mit einer Rycote Invision begnügen. Nicht, dass diese schlecht wäre, im Gegenteil. Doch besonders ansehnlich fand ich sie noch nie. Die größten Änderungen gelten aber für das Netzteil. Wo die Sony-PS AC-MC800C ein riesiger Brocken ist, in dem zwei 6AU6 als Röhrengleichrichter zum Einsatz kommen, ist das GAP-Netzteil ein nur kleines Gerätchen, welches vollständig auf Solid-State-Technologie setzt. Das hat laut GAP einen Grund, denn man habe sich nach ausgiebigen Hörtests dafür entschieden, ohne Röhren zu arbeiten. Gut, das kann auch den irgendwann anstehenden Röhrenwechsel verhindern, aber dass man sich tatsächlich aus klanglichen Gründen dann doch vom Original entfernt, konterkariert doch irgendwie das Konzept des möglichst originalgetreuen Clones. Und jeder, der sich beispielsweise mal mit Röhren-Gitarrenverstärkern auseinandergesetzt hat, weiß um die Bedeutung der Art der Rectifier.
Technische Daten ähnlich bis gleich
Was einige technische Daten angeht, steht das GAP GA-800G fast genauso da wie sein Vorbild, mal etwas besser, mal etwas schwächer. So ist in Nierenstellung max. SPL beim GAP erst bei 137 dB erreicht, das mit der A-Filterkurve gewichtete Eigenrauschen liegt wie beim Sony bei 18 dB(A). Die Empfindlichkeit liegt mit 22,39 mV/Pa aber etwas unter den 25,19 mV/Pa des Sony. Wie beim Original ist die Impedanz mit 100 Ohm vermerkt.