Praxis
Im Betrieb sorgt der m502 – zumindest was die reine Funktionalität betrifft – für keine Überraschungen. Abgesehen vom Input-Trim-Schalter handelt es sich bei allen Einstellmöglichkeiten um selbsterklärende Standard-Parameter, man kann also ohne große Vorrede gleich loslegen. Heute beliebte Funktionen wie ein Wet/Dry-Poti bietet der m502 nicht. Ein solches wäre aber gerade bei diesem Kompressor auch nicht wirklich sinnvoll: Man verwendet es ja gerne, um ein aggressiv kompromiertes Signal dem puren Ausgangssignal hinzuzumischen. Nur: Aggressive Kompression ist die Sache des Grace-Comps nicht! Seine Qualitäten liegen exakt auf dem gegenüberliegenden Ende des Spektrums, und so sehr man sich auch bemüht: Kraftvoll-krachige Effektkompression, die Domäne von FET- und Diodenlimitern, lässt sich dem m502 beim besten Willen nicht entlocken. Wie man es auch dreht und wendet: Der Grace-Comp bleibt stets kultiviert, er erlaubt Signalverdichtungen mit einer äußerst entspannten Laufruhe, aber man wird ihn niemals völlig aus der Reserve locken können.
Sanfte, aber effektive Kompression
Was ich gerade geschrieben habe, ist aber auf gar keinen Fall als Nachteil zu verstehen! Denn es gibt Signale, die wollen, ja, die dürfen gar nicht zusammengekloppt werden. Vocals im Jazzkontext etwa, oder auch bei einer Pop-Ballade: Hier gilt es, die Stimme schön dicht und rund zu bekommen, ohne dass man den Kompressor als solchen wahrnimmt; eben die eingangs erwähnte Transparenz. Und auf diesem Metier, also sanfter aber effektiver, smoother und doch selbstbewusster Vocal-Kompression, kann dem m502 kaum ein anderer Kompressor die Butter vom Brot nehmen. Gute, moderne Optokompressoren, zu denen etwa auch der Pendulum Audio OCL-2 (bzw. OCL-500) zählen, erledigen diesen Job mit einer effektiven Eleganz, die schon beeindruckt. Und da macht auch der Grace keine Ausnahme.
Bemerkenswert ist dabei, dass der m502 auf Vocals ein echter Lautmacher ist – was man angesichts der relativ langen kürzesten Attackzeit von 3 ms so gar nicht vermuten würde. Das Klangbeispiel zeigt, wie viel runder und dichter der Kompressor das Signal machen kann, ohne dass es dabei zu Nebeneffekten kommt, die unschön vorschmecken. Doch so perfekt sich der m502 auch für die Vocal-Kompression eignet, in gewissen anderen Bereichen spielt er nicht notwendigerweise ganz vorne mit. Bei Drums würde man sich bisweilen mehr Autorität (und vielleicht eben gerade auch: Aggressivität) wünschen. Bässe, Gitarren und Bläser wiederum verarbeitet der m502 mit einer Gelassenheit, die ebenfalls immer dann zu gefallen weiß, wenn Sauberkeit und Offenheit gewünscht werden. Dass der Kompressor nicht mehr als 10 dB Aufholverstärkung zur Verfügung stellt, ist also kein wirklicher Nachteil: Bei den Anwendungen, für die der Grace-Comp zugeschnitten ist, wird man mehr auch nicht benötigen.