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Groove Synthesis 3rd Wave Test

Welle hat er gemacht, der 3rd Wave. Kaum ein so unbekannter Synth-Hersteller wie die junge Firma Groove Synthesis hat bisher aus dem Stand heraus so viel positiven Anklang gefunden. Mit dem „3rd Wave“ Wavetable-Synthesizer hat sich das kalifornische Unternehmen damit direkt einen Namen gemacht.

Groove Synthesis 3rd Wave Test
Groove Synthesis 3rd Wave Test

Das mag vielleicht auch daran liegen, dass die Entwickler vorher bereits für Sequential, Oberheim und AVID gearbeitet haben. Und ohne zu viel vorwegzunehmen: Für ein „Neuprodukt“ ist der 3rd Wave schon verdammt gut ausgereift.

Aber warum steht da eigentlich „dritte Welle“ im Produktnamen? Richtig dick Welle hat der Musiker Wolfgang Palm geschoben, als er der Welt mit dem PPG 1002 im Jahre 1976 zum ersten Mal die Idee der Wavetable-Synthese in einem kommerziellen Produkt präsentierte. Und so entstand PPG, die Palm Products GmbH.

Diese Syntheseform beschrieb man damals deshalb mit Wave und Table, weil der Synthesizer anstatt einer Waveform aka Schwingung aka Voltage Controlled Oscillator nun mehrere, verschiedene Wellenformen in eine Art „Tabelle“ (engl. Table) bzw. digitale Matrix packte. Von diesem „Table“ aus konnte man die Wellenform nun auswählen und mischen. Anschließend subtrahiert man vom sehr obertonreichen Signal „ganz klassisch“ mit analogen Filtern.

Groove Synthesis 3rd Wave – das Wichtigste in Kürze

  • Digitaler Wavetable-Synthesizer mit analogen Filtern
  • 24-stimmig polyphon, vierfach multitimbral
  • 32 original 8-Bit Wavetables der PPG2 Instrumente
  • 7 gemodelte analoge Wellenformen, VCO Sync, Linear FN

Eigentlich ein Wahnsinn, wenn man bedenkt, dass Wolfgang Palm die vorhandenen Wellenformer 1976 noch gänzlich analog erzeugte und man „nur“ digital dazwischen umschalten konnte. So richtig erfolgreich war der Aberwitz damals nicht. Das lag wahrscheinlich schlicht daran, dass es zu dieser Zeit keiner richtig kapierte.

Spätestens mit dem PPG Wave 2.2 und dem Wave 2.3 ist der neuartige „digitale Synth“ dann aber doch bei den Keyboard-Spielern dieser Welt angekommen: Man freute sich über die „neue“ Synthese-Form, die wieder einmal unbekannte Klänge schuf und dabei sogar beherrschbar blieb – ganz im Gegensatz zu anderen digitalen Trends der Zeit, wie zum Beispiel zur FM-Synthese und ihrem Über-80ies-Protagonisten, dem Yamaha DX7.

Dazusagen sollte man außerdem, dass zwischen Welle 2.2 in den 80ern und der heutigen Welle 3 in den 90ern noch die Gründung der deutschen Firma Waldorf lag. Mit dem Mirco Wave feierten die Deutschen ähnliche Erfolge, wobei Wolfgang Palm hier zumindest „noch“ ein wenig seine Finger mit im Spiel hatte. 

Inwieweit Groove Synthesis nun noch mit Wolfgang Palm in Verbindung steht, davon habe ich keine Ahnung – es ist für mich auch nicht so wichtig, da ich abseits meines kleinen angelesenen Abrisses bisher wenig mit Wavetable auf Hardware-Ebene gearbeitet habe. Somit kann ich auch keine Historie rezitieren. Fangen wir also gemeinsam bei Null an und schauen nach, warum der „neuste“ Wavetable-Hardware-Über-Synth mich dann direkt angesteckt hat!

Details

24 Stimmen, vier Multi-Parts

Der Groove Synthesis 3rd Wave ist ein Monster von Synth: Ein Hardware-Synthesizer mit Fünf-Oktaven-Fatar-Klaviatur, anschlagdynamisch, halbgewichtet und mit Aftertouch versehen. Der Wavetable-Synth ist 24-stimmig polyphon und vierfach multitimbral spielbar, beispielsweise als Layer oder Split. 

Groove Synthesis 3rd Wave Test
Groove Synthesis 3rd Wave – vier MULTI-PARTs können auf 24 Stimmen verteilt werden!

Es handelt sich somit faktisch um vier Synths in einem Gerät. Jeder Multi-Part hat dazu einen eigenen Stereo-Einzelausgang, Pan-Spread, zwei Effekt-Blöcke, vier Envelopes, vier LFOs und eine 16er-Mod-Matrix im Gepäck.

Ebenfalls gut: Der Synth hat eine äußerst geringe Latenz, was sich beim Spielen positiv bemerkbar macht und besonders Tastaturanfänger belohnt.

MPE-Verständnis ist zwar vorhanden, kann allerdings nicht selbst erzeugt werden. So richtig gute MPE-Keyboards gibt’s derzeit leider aber auch noch nicht auf dem Markt. Insofern: lieber das eine richtig als beides nur halb.

Groove Synthesis 3rd Wave Test
Groove Synthesis 3rd Wave: Jeder MULTI-PART hat einen Einzelausgang bei Bedarf!

3rd Wave – klassische optische Aspekte

Visuell orientiert sich der 3rd Wave Synthesizer klar am PPG2.X, ja reminisziert ihn förmlich. 40 Potis, 35 Encoder und 39 große Taster die bonbonorange leuchten, sprechen für sich. 

Das glitzernde Metallicblau garantiert in Kombination mit dem robusten und 12 kg schweren Metallgehäuse einen souveränen Auftritt. Die weiße Beschriftung des Keyboards lässt sich selbst im Schummerlicht gut lesen, die großen Taster sind allesamt gut zu greifen und klacken ordentlich beim Drücken – angenehm pragmatisch das Ganze.

Eine Desktop-Variante des Synths gibt’s ebenso. Ohne sie in echt gesehen zu haben: Sie hat deutlich weniger Regler, erscheint mir einfacher verarbeitet und passt auch nicht ins 19-Zoll-Rack.

Drei OSCs, Dual-Filter-Deluxe

Alle 24 Stimmen verfügen über jeweils drei syncbare OSCs, ein analoges „2140“ Low-Pass Filter sowie ein digitales „SEM-Style” State-Variable-Filter. Mit letzterem kann man von LP über HP bis Notch überblenden und außerdem zu Bandpass umschalten.

Groove Synthesis 3rd Wave Test: OSCs, Wavetable
3 OSCs für Wavetabels und VA-Wellenformen

Das Design des Filters stammt von Dave Rossum und kommt auch im Sequential Prophet zum Einsatz. Für E-MU und weitere MI-Größen hat Dave übrigens auch entwickelt – ein echter Synth-Tech-Nerd eben. Eine seiner besonderen Expertisen dabei: digitale Filter analog erklingen lassen. 

Die Reihenfolge der Filter im 3rd Wave ist übrigens fix. Es folgt also erst das digitale Filter, anschließend das analoge Pendant. Macht Schaltungs-technisch auch am meisten Sinn.

Selbst-Oszillation gibt es mit der 2-Pol/12dB Flanke im digitalen Filter zwar nicht, dafür ist das analoge Filter mit seinen 4-Pol/24dB wiederum resonanzfähig.

Regelbaren „Overdrive“ bekommt man über den analogen Saturation-Regler genauso wie eine Resonance-Compensation, die für mehr Bassstabilität bei hoher Resonanz sorgt.

Groove Synthesis 3rd Wave Test: Low-Pass-Filter Dave Rossum
Der 3rd Wave hat zwei Filter: ein digitales State-Variabel gefolgt von einem analogen Low-Pass.

3rd Wave Test – Über 5000 Wellenformen, Unison mit 12 OSCs

Die Oszillatoren des 3rd Wave können aktuell aus über 86 möglichen Wavetables wählen und sieben „virtuell-analoge“ Wellenformen laden (A00-A06). Saw, Square, Triangle, Supersaw und Noise in den Geschmacksrichtungen White/Pink/Red und White/Blue/Violet kommen damit auch noch dazu.

Sich gegenseitig FM-modulieren können die OSCs ebenfalls. Außerdem findet man In den tiefergehenden Einstellungen auch noch folgende Optionen, die ebenfalls eine starke klangliche Auswirkungen haben: “Circuit Drift” und “Free Running Analog OSC”.

Groove Synthesis 3rd Wave Test
Die drei OSCs sind im Direktzugriff.

Da jeder Wavetable 64 Wellenformen pro Datensatz mitbringt, ergeben sich in Summe mehr als 5500 verschiedene Wellenformen – und die gilt es auf bis zu 4*3 = 12 OSCs zu verteilen. Mit zusätzlichen Unison in Detune wird es theoretisch noch brutaler!

Eine solche Fülle kann man allerdings selten sinnvoll nutzen, da es schnell undifferenziert klingt, wenn aus allen Rohren gefeuert wird. Grundsätzlich macht den Reiz ohnehin die Präzision, also eine einfache aber bewusste Modulation des Wave-Offsets. 

Die Vintage-PPG Wavetables haben dabei eine 8-Bit Auflösung, die modernere Varianten gibt es in 96kHz und 16-Bit-Qualität. Es sind jeweils 38 Stück (P00-P37) sowie 48 (U00-U47). Mit dem Beta-Update 1.6E gibt es sogar welche vom Prophet VS hinzu. Dank WAVEMAKER kann man auch unkompliziert eigene Tabels importieren, sowie mit dem Audio-In aufnehmen.

Groove Synthesis 3rd Wave Test: Wavetables und Wellenformen
Ein Wavetable mit seinen 4*16 = 64 Wellenformen.

Einen Joystick hat der 3rd Wave zwar nicht, dafür hat er aber den ein oder anderen Vintage-Quirk des alten PPG drauf. Darunter befindet sich etwa auch die „Use Upper Waveform“, also ein Überlauf in den nächsten Table. Außerdem gibt es anderes „Waveform Smoothing“ und „Wavetable Smoothing“ – einfach WAVE FLOW drücken!

Zwischen den einzelnen Waveforms eines Tables kann man „scannen“ bzw. durchfahren; hier geht das ganz einfach mit dem globalen WAVE SURFER Makro, der individuelle Offset-Werte für die Multi-Parts bereithält. Das ist nicht nur für den spontanen Angriff gut, sondern durchaus als erste Versuchsstation zu verstehen, an der man mit der Offset-Modulation experimentieren kann.

Der Wave-Surfer bietet direkten zugriff auf alle Wavetables gleichzeitig. Analoge Variationen gibt es mit Circuit Drift und Free Run – ja sogar ein einfacher Compressor wurde implementiert!

Alle Wege führen nach Rom

Das 11 cm große und fein aufgelöste Display begleitet die User nicht nur detailliert durch die Sektionseinstellungen, sondern erlaubt auch erweiterte und kontextsensitive Einstellungen. Die umsäumenden Soft-Encoder und -Taster über und unter dem Display dienen dann dabei der alternativen Bedienung. 

Mit seinen sechs Ankern-Punkten etwa kann man den WAVE ENVELOPE beispielsweise entweder über das Display oder aber über die dedizierten Regler editieren – auch beides gleichzeitig funktioniert! Die drei Potis und die drei Encoder regeln dabei entweder die Anker von Envelope 1-3 oder 4-6.

Umgeschaltet wird mit dem ENV 4-6“ Taster, die Targets bzw. OSCs 1-3, werden ebenfalls mit diskreten Tastern angewählt. Jeder OSCs bekommt also seinen eigenen WAVE ENVELOPE.

Groove Synthesis 3rd Wave Test
Der Wave-Envelope dient der Animation der Waveforms eines Wavetables!

3rd Wave Test – noch mehr Modulation

Ein eigener ADSR mit Delay und Repeat-Option steht sowohl für den Amp als auch für das Filter parat. Beide haben außerdem eine Sharp-Option, die das Ansprechverhalten der Hüllkurve in Standard, Exponential oder „PPG-Style“ unterteilt. Zwei zusätzliche Hüllkurven, ebenfalls als ADSR+Delay, kommen hinzu.

Groove Synthesis 3rd Wave Test
Wieviele Envelopes brauchst du? Ja!

Auch die LFOs sind üppig: Sie sind vierfach verbaut und mit neun Shapes ausgestattet. Sowohl die Destination von den LFOs als auch die der Envelopes wählt man flink durch Halten des LFO/Envelope-Tasters und Berühren des Zielparameters. Alternativ kurbelt man weitere Ziele mit dem Encoder durch. Beides geht – das ist echt gut!

Alles im Direkt-Zugriff und schön sortiert – der 3rd Wave von Groove Synthesis macht keine halben Sachen!

Mehr, mehr, mehr

Kurz zusammenfassen. Man bekommt hier als drei 6-Point Wave-Envelope, vier LFOs, vier ADSRs, Velocity, Aftertouch, Mod-Wheel – fehlt nur noch der Arp, ein Sequenzer und… noch eine Mod-Matrix?! Ja, auch die hat es bei Groove Synthesis in sich: 16 freie Slots und zwölf „fixed-source“ Slots erlauben es hier nochmal, 27 möglichen Quellen mit 114 möglichen Ziele absolut easy zu verschalten – und das alles pro Multi-Part!

Vier LFOs pro Part – macht 16 insgesamt!

Der Step-Sequenzer ist übrigens vierspurig, bis zu 32-Steps lang, kennt 24 Pattern und lässt die Eingabe von Noten, Chords und Songs zu – sogar mit Metronom! Auch Parameter kann man automatisieren. 

Multi-Parts und die dazugehörigen Sequenzen werden gesammelt und pro Preset gespeichert. Diese sind wiederum in fünf Banks zu 100 Presets organisiert. Allesamt schöpfen sie aus dem Vollen und klingen inspirierend. Fast unnötig zu erwähnen, aber der Arpeggiator fällt ebenfalls üppig aus.

Sich eine Bass-Sequenz in den Sequenzer bauen, dazu im Split-Mode Chords spielen und mit der andere Hand den dritten Multi-Part mit Arpeggiator spielen? Kein Problem!

Groove Synthesis 3rd Wave – Anschlüsse

Der 3rd Wave verfügt wie jeder erwachsene Synthesizer über ein integriertes Netzteil (100 – 240 V), sodass er ganz einfach mit einem Kaltgerätekabel verbunden wird. Für die vier möglichen Stereo-Outs gibt es acht große und unsymmetrische Klinken (6,35 mm), hinzu kommt ein eigenständiger Kopfhörerverstärker.

USB für MIDI und Datenaustausch, hinzukommt ein klassisches MIDI-Trio sowie Sustain, Volume, Pedal und Audio In.

Alle Sounds laufen entweder über den Main-Out, und die drei anderen Stereos spiegeln diese Summe – oder aber jeder Part verwendet seinen eigene Ausgang. An einen Audio-Eingang hat Groove Synthesis ebenfalls gedacht. Vor allem in Verbindung mit dem Wave Maker funktioniert das gut. Ferner finden wir je einen Pedal-Anschluss für Sustain und Volume bzw. Expression, allesamt auf großer Klinke. Und für DIN-MIDI I/O ist genauso gesorgt wie für USB-MIDI.

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Nerd sagt:

#1 - 30.01.2024 um 16:50 Uhr

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Schönes Review. Ich gehe in den meisten Punkten mit, Allem voran, dass es kein nennenswertes Manko gibt, von den lediglich 16 Slots für eigene Wavetables abgesehen. Dieser Synth klingt überirdisch, geradezu magisch! Er hat nahezu Alles, was man sich als Synth-affiner Musiker nur wünschen kann, eigentlich geht er sogar weit darüber hinaus. Der einzige Aspekt des Tests in dem ich nicht übereinstimme ist der bezüglich der Sweetspots. Ich finde, dass er ausschliesslich aus solchen besteht, auch wenn es durchaus spezifische Sounds gibt, deren besondere Qualität sich am meisten innerhalb eines dedizierten Frequenzspektrums befindet. Ja, er kostet ein kleines Vermögen und ist somit einer privilegierten Klientel vorbehalten. Andererseits: Hätte ich das fiktive Szenario vor mir, mich für einen einzigen Synthesizer entscheiden zu müssen wäre es ohne jeden Zweifel dieser. Und dies begründet sich in allererster Linie damit, dass die analogen Sounds so überwältigend sind. Ich persönlich habe ihn nicht in erster Linie als Reinkarnation eines PPG angeschafft, sondern als analogen Stellvertreter, der die ikonischsten Geräte wie Oberheim, Sequential, Roland, Yamaha (CS) und Moog kann. Dass er darüber hinaus auch noch ein PPG und Fairlight ist, Sahnehäubchen Deluxe! Gratulation und Danke an Groove Synthesis, was für ein Debut!!!!

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