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Guitarpoint in neuen Räumen

Ein Gespräch mit Simon Gauf zur Lage des Vintage-Gitarrenmarktes 2023 – Der Guitarpoint ist einer der führenden europäischen Händler für Custom-Shop- und Vintage-Gitarren und vom beschaulichen Maintal nach Frankfurt umgezogen. Vom alten zum neuen Standort sind es zwar nur ein paar Kilometer, aber die Umgebung ist dann doch eine andere. Deshalb haben wir den Umzug zum Anlass genommen, Simon Gauf und seinem Team einen Antrittsbesuch in den neuen Räumen abzustatten.

Der Guitarpoint – als Spezialist für Vintage-Gitarren top in Europa

Den Guitarpoint gründete Detlef Alder in Maintal 2001 mit dem Ziel, ausschließlich hochwertige Instrumente zu verkaufen. 2011 wurde umstrukturiert und ab sofort stand der An- und Verkauf von Vintage-Gitarren im Mittelpunkt. Das hat sich im Laufe der Zeit auch international herumgesprochen, sodass auch immer mal wieder Größen wie Joe Bonamassa oder Jared James Nichols den Laden besuchen. Neulich erst kaufte Jason Isbell eine Gitarre im Guitarpoint.
Seit der Kooperation mit dem Musikhaus Thomann im Jahr 2018 steht Simon Gauf als Geschäftsführer dem Guitarpoint vor. Zusammen mit einem überschaubaren Team von vier sehr erfahrenen, kompetenten und vor allem freundlichen Mitarbeitern ist er seit Oktober 2020 in der Hanauer Landstraße in Frankfurt beheimatet.

Zuletzt hatten wir Simon im Januar 2021 zur aktuellen Lage des Vintage-Gitarrenmarktes befragt. Der Besuch in den neuen Räumen galt nun quasi einem Update zur Situation zwei Jahre später, also im Januar 2023. Boomt der Markt immer noch? Worauf sollte man beim Kauf oder Verkauf achten? Gibt es Geheimtipps?

Simon Gauf Geschäftsführer/CEO

bonedo im Gespräch mit Simon Gauf von Guitarpoint zum Thema Vintage-Gitarren

bonedo: Hallo Simon, Gratulation zur Fertigstellung der neuen Räume. Wie kam es dazu, dass ihr jetzt nach Frankfurt umgezogen seid?

Simon Gauf: Wir sind in den letzten Jahren gut gewachsen, also von der Durchsatzmenge an Gitarren pro Jahr. Der Markt boomt natürlich auch seit dem Beginn von Corona, aber im alten Laden waren wir dann doch etwas eingeschränkt. Er war sehr schön, hatte seinen Charme und stellte für sich genommen auch etwas dar. Wir hatten zuerst überlegt, ihn umzubauen, eventuell aufzustocken, aber die Investition wäre dann doch zu hoch geworden. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, umzuziehen und neue Räume zu mieten, die dann auch vom Lagerraum und der Logistik her besser für uns geeignet sind. Der Onlineverkauf ist in letzter Zeit enorm gestiegen und das nicht wie bei den üblichen Händlern, also anklicken und in den Einkaufskorb legen. In der Regel findet immer ein Kontakt per E-Mail, Telefon oder Facetime statt. Oft nehme ich für die Kunden dann noch ein Video bei bestimmten Fragen auf, wenn sie zum Beispiel wissen wollen, wie verschiedene Gitarren in ihrer Auswahl mit Clean- und Zerrsound klingen. Wir haben tatsächlich einige Kunden, die ich persönlich hier noch nie gesehen habe, die aber dieses Jahr schon für sechsstellige Beträge Gitarren bei uns gekauft haben. Das lief alles über Mail, WhatsApp, etc., aber trotzdem baut man ein persönliches Verhältnis zu ihnen auf, was sehr schön und uns natürlich auch sehr wichtig ist. Wir sind eben alle totale Gitarrenfreaks, egal, ob Händler oder Kunde. Das betrifft natürlich auch mein komplettes Team, mit mir fünf Leute, darunter Johannes, unser Gitarrenbauer, der alle Wartungsarbeiten und Reparaturen übernimmt. Fred ist absolute Koryphäe bei Vintage-Gitarren, Deniz hat sein Spezialgebiet bei den Custom-Shop- sowie Vintage-Instrumenten und Till kümmert sich um Logistik, Buchhaltung und diese Dinge. Aber auch er ist Gitarrenfreak. Es ist ein kleines Team, das mit voller Leidenschaft sehr effizient arbeitet. Ich lege auch Wert darauf, dass die Kunden unsere Leute kennen und ihnen vertrauen, denn das ist in unserer Branche einfach total wichtig. Da wird auch schon mal gesagt, nimm die Gitarre nicht, die ist zwar wertvoll, aber klingt nicht so gut… da gibt es andere, die besser zu Dir passen. Man kennt halt auch die Kunden im Laufe der Zeit.

B: Wo lag der Fokus bei der Neuplanung des Ladens?

S.G.: Wir haben uns einige Objekte angeschaut und uns für dieses Gebäude entschieden, denn hier haben wir eine komplette Etage, die wir einfach nach unseren Bedürfnissen umbauen und einrichten konnten. Die Umgebung hier in Frankfurt ist natürlich wesentlich urbaner, hier ist was los. Du bist hier mehr im Leben und für den Kunden ist die Hanauer Landstraße natürlich auch nicht schlecht. Bei uns sollten die Logistikfunktionen verbessert werden, das Lager ist größer und direkt an den Laden angrenzend. Im alten Laden hatten wir die Gitarren zum Teil in Garagen gelagert und dann direkt im Laden für den Versand verpackt. Das hat zwar den Charme des Unperfekten, aber irgendwann möchtest Du es dann doch etwas anders haben. Dann haben wir hier mehr Platz für die Werkstatt, für bessere Servicearbeiten und auch das Fotostudio ist nun besser eingerichtet. Die ganzen Arbeitsprozesse mit Wareneingang, Fotos machen, eventuell zum Service in die Werkstatt und wenn alles passt dann in den Laden sind wesentlich optimierter. Der Laden selbst ist recht großzügig aufgeteilt und wir haben nun drei kleine Testräume mit Amps, damit der Kunde in Ruhe ausprobieren kann.

B: Gutes Stichwort! Da kommen wir doch gleich zum Thema Gitarren kaufen 😉 Wie beurteilst Du die aktuelle Lage auf dem Vintage-Gitarrenmarkt.

S.G.: Die Lage ist aktuell gut, das hat meiner Ansicht nach mehrere Gründe: Zum einen die extrem gestiegene Inflation und dann waren viele Menschen in der Corona-Zeit mehr zu Hause. Sie haben sich wieder auf Dinge zurückbesonnen, die sie früher gemacht hatten oder schon immer mal machen wollten, und dann eben die Gitarre in die Hand genommen. Da gibt es einige in meinem Kundenkreis, die dann gesagt haben: Mensch, eine alte Strat wollte ich schon immer haben, damals konnte ich sie mir nicht leisen und wenn ich jetzt wieder anfange zu spielen, dann gönne ich mir so eine. Und da kommt eben das zweite Argument ins Spiel, dass so ein Instrument ein Investment ist. Dann kann ich auch vor mir selbst rechtfertigen, einen höheren Betrag für ein Instrument auszugeben. Und die Preissteigerung von 2019 auf 2022 liegt zum Teil bei 100 Prozent. Zum Beispiel haben wir eine Les Paul Junior vor drei Jahren noch für 6000-7000 Euro verkauft, heute (Dezember 2022) verkaufen wir sie für ca. 13.000 Euro. Eine ´56er Les Paul Gold Top lag 2018 bei 35.000, jetzt liegt sie bei 70.000 Euro. Eine schwarze Les Paul Custom aus den Siebzigern liegt jetzt auch schon bei fast 10.000 Euro. Das sind natürlich auch die gefragten Modelle, für die solche Preise bezahlt werden. Die Nachfrage ist da, aber eine weitere drastische Steigerung wie in den letzten drei Jahren ist nicht zu erwarten. Die Verhandlungsbereitschaft der Händler in Amerika, wo wir einiges einkaufen, ist auch schon wieder da. Früher hieß es: „Zahl den Preis oder geh nach Hause“, heute sind die Leute etwas kooperativer. Dann kommt natürlich das Auf und Ab in der weltpolitischen Entwicklung, die selbstverständlich großen Einfluss auf das Kaufverhalten hat. Viele Menschen fragen sich, was sie mit ihrem Ersparten machen können, ob sie es für die gestiegenen Heizkosten und andere Dinge zurücklegen oder wird es vielleicht doch nicht so schlimm.

Guitarpoint Vintage Semi Acoustics
Fotostrecke: 9 Bilder Ein Blick auf die Vintage Semi-Acoustics des Guitarpoints.

B: Wie sieht es denn konkret aus? Sagen wir mal, ich habe 20.000 Euro zur Verfügung, die Banken bieten aktuell keine risikofreien und aussichtsreichen Anlagegeschäfte, was würdest Du mir empfehlen?

S.B.: Konkrete Prognosen kann ich natürlich keine abgeben. Wir haben einen Markt, der aktuell stark gestiegen ist und da ist es schwer zu sagen, ob die Instrumente, die ich vorher genannt habe, noch weiter im Wert steigen. Ich würde schon sagen, dass die meisten Modelle ihren Wert halten werden. Ich denke auch nicht, dass es einen Erdrutsch geben wird und alles auf einmal in den Keller geht. Der Markt ist ja auch sinnvoll und gesund gewachsen, es ist nicht künstlich passiert und die Nachfrage ist immer noch enorm. Die Leute sind einfach heiß auf gute Instrumente. Viel Potential haben meiner Ansicht nach noch SGs aus den frühen 1960er Jahren, und auch ES-Modelle aus dieser Zeit. Die Pre CBS-Strats sind aktuell nicht so gefragt, momentan ist eher ein Run auf die Gibson Gitarren. Aber das ist wirklich nur eine Momentaufnahme, das passiert hier alles immer in Wellen. Aber wenn ich ehrlich bin, ohne Dir jetzt auf die Füße treten zu wollen, ist 20.000 Euro ein schwieriger Preis, wenn das Ganze tatsächlich als reines Investment-Objekt betrachtet werden soll. Da ist die Auswahl etwas eingeschränkt. Eine 65er Strat oder eine gut erhaltene 66er bekommst Du für 20.000 Euro, aber eine ES-335 aus den Frühsechzigern bekommst du schon gar nicht für den Preis.

B: OK – ich erhöhe auf 40.000 Euro!

S.G.: Ja, da bekommst du vielleicht eine ’50 Strat und wenn die gut erhalten ist, dann bleibt sie auch stabil im Preis. Bei Gibson bekommst Du eine ’53 oder ’54 Les Paul mit Wraparound Bridge, die sind auch enorm gestiegen, da habe ich gerade zwei für ca. 40.000 Euro da. Diese Gold Tops haben ja auch einen ähnlichen Ton wie eine Burst – klar, klingt die schon etwas anders, aber von der Qualität und Substanz ist das schon sehr ähnlich. Du bekommst eventuell auch so eine Gitarre mit sogenannten Issues wie einem Halsbruch für 20.000 Euro, das ist dann für den Spieler kein Nachteil – ein hervorragendes Instrument – aber als Wertanlage ist das dann nicht so sicher. Aber es gibt bei uns auch keinen Kunden, der nur investiert und die Gitarre dann im Tresor verschließt. Das sind natürlich viele wohlhabende Kunden, die schon nach einer Wertanlage schauen, aber auch Gitarren lieben und spielen und ihre Freude an dem Instrument haben.

B: Gibt es Geheimtipps und Trends oder welche Modelle sind gerade angesagt?

S.G.: Wenn du jetzt kein persönliches Faible für eine bestimmte Marke hast und auch vom Investment her auf Nummer sicher gehen möchtest, würde ich dir empfehlen, auf die bekannten Modelle zu gehen. Strat, Tele, Les Paul und ES. Vielleicht noch SG, Jazzmaster und Jaguar. Das sind die Modelle, die von den meisten bevorzugt werden. Alles, was nicht Gibson oder Fender ist, ist per se erst einmal für viele nicht so interessant. Geh auf die bekannten Marken und auch auf die bekannten Farben. Eine Les Paul Gold Top oder Sunburst, eine blonde Tele oder auch seltenere Custom Colors wie zum Beispiel Candy Apple Red oder Olympic White bei einer Strat. Lieber vielleicht eine 65er Strat in Olympic White als eine 64er in Sunburst. Die selteneren Modelle wecken eben auch eine gewisse Begierde – also bevorzugt man die selteneren Varianten der bekannten Modelle. Das ist das, was die Leute haben wollen, und das ist natürlich auch das, was du wieder schneller verkaufen kannst. Ich habe gerade eine recht hochpreisige Sammlung angekauft und die Gitarren waren in ein paar Tagen schon wieder weg, weil da eben die gefragten Modelle in den angesagten Finishes dabei waren. Man sollte aber bei der nüchternen Betrachtung den Spaß nicht außen vor lassen: Wenn du eher der Strat-Spieler bist, dann wird dir eine ES-335 nicht so viel Vergnügen bereiten. Das sollte man auf jeden Fall auch berücksichtigen.

Guitarpoint Verkaufsraum
Fotostrecke: 6 Bilder Der Verkaufsraum…

B: Du hast gerade gesagt, dass Gitarren aus einer Sammlung nach drei Tagen wieder verkauft waren. Wie lange bleiben die Gitarren denn in der Regel bei euch?

S.G.: Wir haben im vergangenen Jahr fast 900 Gitarren verkauft, darunter waren fünf Bursts. Das ist in diesem Preisbereich natürlich immens und die Bursts sind auch extrem wichtig für uns, denn dadurch haben wir auch viel internationale Kundschaft, die sich für den Laden und das Angebot interessieren. Aber die Fluktuation an Instrumenten ist schon recht hoch. Bei manchen begehrten Gitarren ist es schon so gewesen, dass wir überlegen mussten, wer sie bekommt, ohne dass eventuell ein anderer Kunde sauer ist. Aber es gibt auch Gitarren, die eine Zeit lang hier hängen.

B: Gibt es so eine Art Anfrageliste von Kunden, die direkt über neu ankommende Gitarren informiert werden?

S.G.: Wir wissen natürlich, was bestimmte Stammkunden suchen und bevorzugen, aber es wird niemand unter der Hand angeschrieben. Die Gitarren gehen immer zuerst auf die Website, das ist für uns sehr wichtig. Höchstens bei sehr hochpreisigen Gitarren, wo logischerweise der Käuferkreis dann auch sehr gering ist, wird mal jemand informiert. Aber der bekommt dann auch gesagt: Schau mal, wir haben da etwas, was du suchst, du kannst dir die Gitarre gleich auf der Website ansehen. Aber eine Liste mit Kaufanfragen gibt es bei uns nicht.

B: Dann sollte man bei begehrten Modellen schon etwas schneller zuschlagen?

S.G.: Ja, schon. Man sieht das bei uns auf der Startseite, was gerade neu reingekommen ist und da schauen die meisten auch drauf, es wird eher weniger gestöbert. Wir verkaufen ja weltweit und die Kundschaft in den USA ist aufgrund des Dollarkurses gestiegen, da kann es schon sein, dass ein Instrument nach ein paar Tagen schon weg ist. Deutschland ist zwar der Hauptmarkt, aber der internationale Verkauf ist bei uns in letzter Zeit gestiegen.

B: Worauf sollte man beim Kauf von Vintage-Gitarren achten? Was sind deine Kriterien bei der Begutachtung eines Instruments?

S.G.: Generell gilt, dass der Preis am höchsten ist, wenn das Instrument sich im Originalzustand befindet und nichts ausgetauscht oder verändert wurde. Die Kontrolle ist dabei immer abhängig vom Instrument selbst. Du hast zum Beispiel mit einer Gibson-Gitarre wesentlich weniger Aufwand als mit einer Fender. Bei einer Fender sind viel mehr bewegliche Teile und da ist natürlich auch die Wahrscheinlichkeit, dass etwas getauscht ist, viel höher. Bei einer Les Paul hast Du ungefähr zehn Teile, die man austauschen kann. Generell nehme ich die Gitarre zuerst einmal in die Hand und fühle, ob der Hals refinished ist oder nicht. Durch die lange Erfahrung kann man das tatsächlich fühlen, zur Sicherheit wird das aber dann noch unter Schwarzlicht begutachtet, obwohl das Schwarzlicht auch nicht immer hundertprozentig aussagekräftig ist. Dann nehme ich die Gitarre komplett auseinander, ich schaue, ob die Mechaniken original sind oder ob einmal andere darauf waren, weil dann manchmal auch andere Bohrungen in der Kopfplatte sind. Bei einer Strat muss man auf das Halsdatum schauen, um den Jahrgang festzustellen. Ein Hals kann natürlich auch getauscht sein, also muss man prüfen, ob die Komponenten zum angegebenen Jahrgang passen und der Body da auch stimmt. Dann schaue ich nach, ob die Potis und Pickups original sind. Auch die Wicklung wird geprüft, man muss tatsächlich die Drähte anschauen. Das geschieht natürlich mit absoluter Sorgfalt und Vorsicht, denn ganz schnell ist bei so einer Aktion der Pickup hin. Aber trotzdem muss das gemacht werden, um tatsächlich herauszufinden, wie der Wert des Instrumentes ist. Die Lötstellen sind auch so eine Sache, falls da mal etwas nachgelötet wurde. Das sind ganz viele Feinheiten, aber wenn man solche Instrumente verkauft, dann sollte der Kunde auch akkurat wissen, in welchem Zustand die Gitarre ist, für die er da gerade einen satten Betrag bezahlt. Starke Wertminderung sind Halsbruch – 20-30 % und Refinish mit 40-50 % aktuell. Refinish nur beim Hals ist etwas geringer. Ich bin generell sehr vorsichtig, wenn ich ein Instrument angeboten bekomme. Wenn ich mir bei manchen Teilen nicht sicher bin und mich irgendetwas stört, dann nehme ich auch Abstand davon, es zu kaufen. Ich muss ja dem Kunden erklären können, was das für ein Instrument ist.

B: Vielen Dank für das Gespräch und die sehr interessanten Einblicke zum Thema Vintage Gitarren.

GuitarPoint GmbH
Hanauer Landstrasse 417
60314 Frankfurt
Deutschland
Telefon: +49 (69) 33995657   
info@guitarpoint.de

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