Es ist immer und überall das gleiche Spiel: Je interessanter ein Stadtteil wird, desto gefährdeter ist er. Investor*innen verwandeln lebendige Vielfältigkeit in Profit und verdrängen ursprüngliche Bewohner*innen und Laden- wie Clubbetreiber*innen. Ganz besonders gefährdet sind dabei Kulturorte. In Hamburg haben die Auswirkungen der Gentrifizierung eine neue, besorgniserregende Stufe erreicht. Doch die Stadt will Clubs ab jetzt besser vor Verdrängung schützen.
Für dich ausgesucht
Nachdem im Schanzenviertel die berühmte Clublandschaft der Sternbrücke einem überdimensionierten Brückenneubau weichen musste, funkte der weltberühmte Independent-Musik-Club ‚Molotow‘ Alarm. Investoren wollen das Haus auf der Reeperbahn, in dem der Club beherbergt ist, abreißen und dort ein Hotel bauen. Ursprünglich sollte der Club bereits im Juni seine Türen schließen, nach starken Protesten bekam er eine Verlängerung bis Ende des Jahres. Gerettet ist er keinesfalls.
Um solch untragbaren Situationen in Zukunft nicht mehr ausgeliefert zu sein und bedrohte Kulturorte besser schützen zu können, hat der Bezirk Hamburg-Mitte eine neue Vorkaufsrechtsverordnung eingeführt. Mit dieser Maßnahme hat die Stadt „immer einen Fuß in der Tür, wenn es um geplante Veränderungen im Stadtbild geht. Neubauten von Investoren, bei denen alte Kulturstätten, Hotels oder Ähnliches weichen müssen, sollen so besser kontrolliert und mit Auflagen versehen werden. Den Investoren können zukünftig Vorgaben zum Schutz der bestehenden Clubs, Bars und Theater etc. gemacht werden. Alternativ kann die Stadt die Grundstücke per Vorkaufsrecht sogar selbst erwerben“ schreibt DJ-LAB. Oliver Sträter, der Fraktionschef der SPD im Bezirk Hamburg-Mitte sagt gegenüber dem NDR, dass mit dieser Initiative erreicht werden soll, dass „die Clubs, Bars und Theater an ihren Standorten erhalten bleiben können und eben nicht verdrängt werden.“
Thore Debor, Geschäftsführer des Clubkombinat, das als Interessenverband der Clubbetreiber, Veranstalterinnen, Booker*innen & Agenturen in Hamburg auftritt, begrüßt „die politische Initiative zur Einführung einer Vorkaufsrechtsverordnung auf St. Pauli durch die Bezirksversammlung Mitte. Da der Flächendruck spürbar groß ist, sind wir gespannt auf die konkrete Ausgestaltung der Verordnung und deren anschließende Umsetzung. Wünschenswert wäre eine möglichst schnelle Schutzwirkung und eine Erweiterung auf weitere Stadtgebiete mit hohen Clubdichten.“
Um darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig ein Eingreifen der Stadt und ein wirklicher politischer Wille zum Schutz der Clubkultur ist, hat das Clubkombinat letzten Monat die ersten Hamburger Clubwochen unter dem Motto „Mehr Live, Mehr Life“ veranstaltet. Auf sieben Veranstaltungen quer durch die Hamburger Clublandschaft konnten Besucher*innen die vielseitigen Facetten der Clubkultur Hamburgs entdecken und einmal hinter die Kulissen der Clubs blicken, die kulturelle und soziale Bedeutung der Clubkultur auf vielfältige Art erleben und über die „Sinnhaftigkeit von Zwischennutzungen und die vermeintliche Machtlosigkeit der Politik im Kampf gegen die Interessen der Privateigentümer:innen“ mitdiskutieren. „Dabei wurde deutlich, dass Clubs und ihre Kultur nicht an beliebigen Orten entstehen können, sondern organisch aus lokalen Bewegungen; Zwischennutzungen allein reichen nicht für eine lebendige, dazugehörige Szene.“, schreibt das Clubkombinat im Nachbericht.
Ein erster Schritt ist getan, das ist super. Jetzt muss das Molotow in Hamburg dauerhaft gerettet werden. Erst dann gibt es den verdienten Applaus.