PRAXIS
Trotz der üppigeren Formen, lässt sich die Jumbo ebenso komfortabel spielen wie eine Dreadnought und liegt ausgewogen auf dem Bein. Der Hals liegt gut in der Hand und bietet durch seine unlackierte Rückseite freie Fahrt für freie Bürger. Die Saitenlage würde ich als “solide“ bezeichnen. Die Gitarre lässt sich überall gut spielen, es gibt keine Deadspots und auch die Oktav- und Bundreinheit ist tadellos. Für meinen Geschmack hätten die Saiten allerdings ruhig etwas tiefer liegen können. Bis zum Schnarren wäre hier noch einiges an Luft. Aber das ist rein subjektiv, es gibt sicherlich genügend Gitarristen, die es genau so mögen. Und im Zweifelsfall kann man ja immer noch was dran drehen.
Ein erstes Anspielen sorgt für eine Überraschung. Hatte ich bauartbedingt ein sattes Bassfundament erwartet, tönt mir ein durchweg ausgewogener, sehr harmonischer Sound entgegen. Da macht sich das verbaute Ahorn bemerkbar. Ihre mit Mahagoniboden und -zargen bestückte Dreadnought-Schwester bringt den Bassbereich wesentlich prominenter zu Gehör – und das obwohl sie kleiner ist. Die Jumbo ist etwas spritziger, fein auflösender und stimmiger im Gesamtsound, da muss nicht mehr viel am EQ geregelt werden.
Nun schließe ich die Gitarre an und bin gespannt, ob der Fishman-Pickup das rein akustische Signal auch verstärkt einigermaßen authentisch übertragen kann. Für die Aufnahme verwende ich eine Avalon U5 DI-Box und Vovox-Kabel.
Beginnen möchte ich mit einer Fingerpicking-Linie.
Das Signal ist ausgewogen und in den Bässen schlanker als beim Dreadnought Modell. Die Töne springen einen förmlich an, was für die Abnahme durch einen Piezo-Pickup typisch ist. Schön, dass piezo-typische Überbetonungen der hohen Frequenzen und der damit verbundene harsche Gesamteindruck, hier nahezu komplett entfallen. Da hat Fishman wirklich ganze Arbeit geleistet.
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Jetzt greife ich zum Plektrum und wie erwartet ändert sich das Höhenbild sofort. Trotzdem lässt sich auch hier ganz klar die Charakteristik der Gitarre erkennen.
Insgesamt stimmig und direkt wandelt der Pickup die Schwingungen in Klang. Auch in dieser Disziplin weiß das Piezo-System also zu überzeugen. Es ist keine wirkliche Überbetonung von Frequenzen auszumachen. Eine sehr gute Ausgangsbasis, den Sound der Gitarre beim Mix oder live weiter zu bearbeiten.
Bevor ich das Mikro vor die Gitarre stelle, höre ich mir jetzt noch an, wie die Elektronik auf Strumming mit dem Plektrum reagiert.
Spielbedingt nehmen die Obertöne sofort zu. Das Klangbild wird etwas klinischer, hat aber durchaus seinen Reiz. Natürlich ist alles, was ihr hier hört, ohne EQ und Kompressor bearbeitet. Ich habe der Gitarre lediglich eine Prise Hall spendiert. Durch Absenken der hohen Frequenzen würde der Sound automatisch an Kälte verlieren. Im Studio würde ich generell dazu raten beide Signale, also Piezo und Mikrofon, aufzunehmen. Nicht zuletzt, weil sich der akustische Sound der Gitarre wirklich hören lassen kann. Für die Bühne und den schnellen Schuss bei der Recording-Session reicht die gelieferte Qualität aber allemale.
Jetzt aber zum reinen Mikro-Sound. Für die akustische Abnahme habe ich ein AKG C-414 in Verbindung mit einem Universal Audio LA 610 Preamp verwendet.
Die Gitarre klingt auch hier, wie schon ganz am Anfang erwähnt, sehr ausgewogen und mit einer guten Portion Höhen. Die Mitten sind nicht ganz so prominent, das macht sie zur guten Begleitgitarre. Für das filigrane Fingerpicking-Spiel ist eine Jumbo ja sowieso nicht gedacht. Sie macht eine sehr gute Figur vor dem Mikrofon und lädt zum Spielen ein. Strummings sind ihr Ding, das spürt man sofort.