Die Harley Benton Custom Line Nashville Steel im bonedo-Test – Zwei Modelle aus der aktuellen Harley Benton Gitarrenkollektion, die CL Nashville Magnet und die CL Nashville Nylon, haben ihren bonedo-Test bereits hinter sich. Die dritte Gitarre, der wir uns in diesem Test widmen wollen, stammt ebenfalls aus der HB Nashville Custom Line Serie und basiert auf dem Entwurf der legendären Gibson Chet Atkins SST. Diese elektroakustischen Instrumente, die in den 80er Jahren mit einer damals neuartigen Bauform die Gitarrenwelt aufmischten, sollten den Klang einer Akustikgitarre mit den Abmessungen einer E-Gitarre verbinden.
Im Gegensatz zu diesen Gitarren, die ein Vermögen kosteten und wohl auch deshalb nicht zu echten Massenprodukten wurden, gibt sich unsere Kandidatin mehr als bescheiden. Die Harley Benton CL Nashville Steel wird uns im folgenden Test zeigen, was diese Art Gitarren so besonders macht.
Details
Um Missverständnissen vorzubeugen: Nashville gilt zwar gemeinhin als die Hauptstadt der Countrymusic, doch unsere Kandidatin ist keineswegs nur auf diese Musikrichtung gepolt und wird auch dort nicht produziert, sondern in China. Die Harley Benton Nashville Steel möchte mit der Stimme einer Akustikgitarre verzaubern und so gesehen passt eine entsprechende Bespannung mit EXP-Saiten von D’Addario auch gut ins Konzept. Wie bei den anderen Familienmitgliedern prägen auch bei dieser Konstruktion die Abmessungen (s.u.) einer E-Gitarre nachhaltig das Erscheinungsbild. Ergebnis ist eine sehr spezielle „Westerngitarre“, die mit ihrer – je nach Sichtweise – ergonomischen Bauweise dem Spieler vor allem auf der Bühne mehr Bewegungsfreiheit verschaffen soll. Dagegen ist eine echte Vollakustikgitarre vergleichsweise sperrig und dazu anfällig für Rückkopplungen. Vor allem an der Zarge musste unser Testmodell mächtig abspecken, mit flachem Boden und flacher Decke erinnert der nicht konturierte Resonanzkörper bei seitlicher Betrachtung an eine Fender Telecaster. Einen fulminanten Naturton wird deshalb wohl niemand erwarten und Vergleiche mit dem Sound einer echten Vollakustikgitarre sind deshalb auch völlig unangemessen. Der Body bringt trocken gespielt mit seinen beiden Resonanzkammern auch nicht mehr Volumen als eine konventionelle Halbresonanzgitarre in dieser Größenordnung.
Um sich Gehör zu verschaffen, möchte die Nashville Steel daher am liebsten mit einem leistungsfähigen Verstärker verbunden werden. Dazu hat man unserer Kandidatin einen Unterstegtonabnehmer (Piezo) geschenkt, der in einer Symbiose mit einem aktiven Onboard-Preamp lebt. Eine separate goldfarbene Klinkenbuchse auf einer Platte in gleichem Finish wartet an der unteren Zarge auf Anschluss. Drei schwarze Potiknöpfe auf der Decke (1 x Volume und 2 x Tone) regeln den Sound.
Für den rauen Bühnenalltag ist unsere Kandidatin jedenfalls gut gewappnet und braucht auch den Kollegen mit dem Drum-Set nicht zu fürchten. Auch bei größerer Lautstärke verhindert nämlich ein implantierter Sustainblock im Inneren unerwünschte Rückkopplungen. Wenn man die große Plastikabdeckplatte am Boden entfernt, kann man den massiven schmalen Holzbalken ertasten, der passgenau vom Halsansatz bis zum Knopf mittig zwischen Decke und Boden verläuft. Unter einer zweiten Abdeckung befindet sich das Batteriefach mit einer 9V-Blockbatterie, die den aktiven Preamp speist. Wie die Nashville Steel klingt, wird weiter unten verraten.
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Unsere Probandin hätte wohl nichts dagegen, in der Rubrik „Halbresonanzgitarre“ eingeordnet zu werden. Die beiden Resonanzkammern – getrennt durch den massiven Sustainblock – geben dem elektrisch verstärkten Sound einen gewissen Akustik-Touch. Mit den beiden stilisierten F-Löchern setzt sich die Nashville-Steel allerdings optisch von ihrem Vorbild, der Gibson Chet Atkins ab.
Schaut man genauer hin, stellt man fest, dass der Korpus aus Mahagoni Ähnlichkeit mit einer ausgehöhlten Schale hat, das heißt, Zargen und Boden bilden ohne Binding eine massive Einheit. Wenn man den Boden genauer betrachtet, entdeckt man in der Mitte eine längs verlaufende Nahtstelle und realisiert, dass die Schale aus zwei Teilen zusammengefügt wurde. Das rötlich-braune Mahagoni ist glänzend poliert, sodass die attraktiv gezeichneten längs gestreiften Strukturen durchscheinen – ein ansprechender Anblick.
Auf dem Korpus ist eine honiggelbe Decke aus massivem Fichtenholz passgenau verleimt, die ebenfalls aus zwei symmetrischen Hälften zusammengefügt ist. Die glänzend polierte Oberfläche ist – wie schon erwähnt – flach, wie es sich für eine Flat-Top-Akustikgitarre auch gehört. Abalone und Perlmutt braucht die Nashville Steel nicht, um zu glänzen. Am Deckenrand fällt ein schwarz-weißer Herringbone-Streifen ins Auge. Mit einem Ring aus cremefarbigem Binding wird die Decke mit der „Resonanzschale“ verbunden, zwei separate goldverchromte Gurthalterungen runden das Erscheinungsbild ab.
Kleiner Tipp vorweg: Man sollte die Nashville Steel mit einem Schlagbrett nachrüsten, da sie sich in der Rolle einer Rhythmusgitarre sehr gefällt. An eine richtige Vollakustikgitarre erinnert auf jeden Fall der Saitenhalter mit einem typischen Unterbauch (Bottom Belly), der stabil auf der Decke verleimt ist. Das offenporige Material (Palisander) macht allerdings einen ziemlich rustikalen Eindruck. Die Saiten werden mit sechs schwarzen Bridge-Pins mit funkelnden Punkteinlagen arretiert. Die diagonal eingelegte kompensierte Stegeinlage mit einer Nase für die B-Saite überträgt die Schwingungen der Saiten auf den Piezo. Leider sitzt diese anfangs nicht ganz sicher in der Fräsung, sodass bei diesem Modell die dünne E-Saite zunächst verhältnismäßig leise ist. Mit sanftem Klopfen auf die Stegeinlage konnte dieses Problem behoben werden.
Das Griffbrett aus Palisander ist – wie die Decke – mit einem cremefarbenen Binding umfasst. Der E-Gitarrist findet dort die gewohnten Abmessungen vor, denn der schmale Sattel entspricht mit einer Breite von 4,3 cm genau dem einer elektrischen Gitarre. So kann der Daumen nicht nur in der Open-String-Position herzhaft zupacken, sondern auch im 12. Bund, wo das trapezförmige Griffbrett eine Breite von 5,3 cm erreicht. Ein sanftes Shaping erleichtert das Spiel mit Barrégriffen. 21 sauber abgerichtete Bünde bieten den Spielkomfort, den ein E-Gitarrist gewohnt ist. Mit sieben funkelnden originellen Saturn-Inlays kann der Spieler sicher auf dem Griffbrett mit Normalmensur navigieren. Kleine schwarze Dots auf der Umfassung geben ebenfalls Auskunft über die Lage der Greifhand.
Die Nashville Steel wird – wie schon der Name verrät – mit Stahlsaiten bespannt, genauer gesagt werkseitig mit einem Satz Phosphorbronze (0.12“ – 0.56“). Weil der Hals den Saitenzug im wesentlichen tragen muss, sollte das Holz besonders verwindungssteif, aber auch leicht sein, damit die Gitarre nicht kopflastig reagiert. Die Wahl fiel hier auf Nato. Die Heimat der Nato befindet sich aber nicht im Nordatlantik, sondern im Fernen Osten. Das Holz hat ähnliche Eigenschaften wie Mahagoni, kann aber preisgünstiger eingekauft werden. Ein eingelegter Stahlstab (Truss Rod) verstärkt den Hals, der am Sattel (im 12. Bund) mit einem Umfang von 11,5 cm (13,5 cm) ziemlich dünn ist, optimal. Mit dem Truss Rod kann bei Bedarf auch die Halskrümmung eingestellt werden. Das justierbare Ende schließt mit einer Mutter an der Kopfplatte ab. Dort liegt die Stellschraube unter der mit drei goldenen Schrauben befestigten Abdeckung. Ein passender Schlüssel ist im Lieferumfang enthalten.
Die ästhetisch geformte geschlossene Kopfplatte ist angesetzt, ihre Oberseite damit einem hochglänzenden Furnier aus Mahagoni verblendet. Dort findet man auch das HB-Logo und eine funkelnde Crown-Einlage, die das Erscheinungsbild aufwertet. An der rechten und der linken Seite halten drei goldverchromte gekapselte Mechaniken mit schwarzen Stimmflügeln aus Kunststoff die Stimmung aufrecht.