Mit einem Gewicht von 4,4kg ist der Harley Benton JJ-55OP zwar kein Fliegengewicht, für Fünfsaiterverhältnisse geht der Wert aber völlig in Ordnung. Der Bass hängt zudem sehr gut ausbalanciert am Gurt und kann dementsprechend auch über längere Zeit ohne Schulterbeschwerden gespielt werden. Unangenehme Druckstellen muss man ebenfalls nicht befürchten, da der Korpus an den richtigen Stellen über Shapings verfügt und insgesamt sehr ergonomisch geformt ist – der Bass schmiegt sich förmlich an den Oberkörper!
Auch das Halsprofil würde ich als sehr gelungen bezeichnen. Die Sattelbreite beträgt 45mm, das Profil ist relativ flach und die Saitenabstände betragen 18mm, sodass sich der Fünfsaiter wirklich in allen Lagen nahezu mühelos spielen lässt. Grooves in den tiefen Lagen gehen genauso leicht von der Hand wie Akkorde oder schnelle Läufe jenseits des 12. Bundes.
Mit stärker abgerundeten Griffbrettkanten ließe sich die Haptik des Halses sicherlich noch etwas optimieren – das Profil würde sich dann noch eine Spur schmaler anfühlen und geschmeidiger in der Hand liegen. Das ist aber Kritik auf wirklich sehr hohem Niveau. Wir haben es hier schließlich mit einem Budget-Bass zu tun, für den kaum mehr als 200,- Euro über die Theke gehen. Für seine Preisklasse bietet der Fünfsaiter wirklich einen bemerkenswert hohen Spielkomfort!
Die Vorboten beim Thema Sound sind ebenfalls sehr positiv, denn der JJ-55OP zeigt sich sehr schwingungsstark und klingt bereits ohne Bassamp sehr gesund. Um den fünften Bund auf der G-Saite kippen die Töne leider etwas schneller um, davon abgesehen verfügt der Bass aber über eine sehr gleichmäßige Tonentwicklung und üppiges Sustain in allen Lagen. Entscheidend ist bei einem E-Bass aber zweifellos die Performance am Amp – und diese wollen wir jetzt anhand einiger Audiobeispiele beurteilen.
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Als erstes habe ich den JJ-55OP mit neutraler EQ-Stellung aufgenommen und mir gefällt sehr, was ich hier zu hören bekomme. Der typische Jazz-Bass-Sound besitzt eine Menge Punch und ein sattes, enorm tragfähiges Fundament. Den oberen Bereich bilden die Singlecoils von Harley Benton erwartungsgemäß nicht ganz so fein und luftig wie hochwertige Einspuler ab. Die Qualität der Pickups geht aber gemessen am Preis des Basses schon in Ordnung.
Ich vermute außerdem, dass der Preamp die Dynamik des Signals zusätzlich etwas einschränkt, was sich letztendlich eben auch in der Höhenwiedergabe bemerkbar macht. Die Elektronik lässt sich leider nicht umgehen – ein reiner Passivbetrieb ist also nicht möglich. Dafür liefert die H-Saite des Budget-Fünfsaiters wirklich ganz hervorragend definierte und tragfähige Töne – ich bin echt begeistert!
Jetzt bringen wir den Equalizer ins Spiel und drehen den Bassregler etwa zur Hälfte auf. Zu meinem Erstaunen werden hier in erster Linie Frequenzen um den 200Hz-Bereich angehoben, die richtigen Tiefbässe unterhalb von 80Hz erfahren hingegen nur einen dezenten Boost. Wirklich donnernde, satte Bässe gibt der Bassregler also nicht her – schade eigentlich!
Im nächsten Clip habe ich den Bassregler voll aufgedreht und die Höhen ebenfalls leicht geboostet. Luftige, offene Höhen sollte man vom Höhenregler nicht erwarten, der Sound wird durch den Boost aber auf jeden Fall besser ortbar und setzt sich im Mix letztendlich dann auch besser durch. Mir gefällt der rockige Finger-Style-Sound sehr gut!
Der Halstonabnehmer des Harley Benton JJ-55OP klingt im Solobetrieb einerseits sehr mächtig, hat andererseits aber trotzdem scharfe Konturen und viel Durchsetzungskraft. Mithilfe des Onboard-EQs lässt sich im Handumdrehen eine mildere, wärmere Variante zaubern. Man muss dafür nur die Höhen ordentlich absenken und die Bässe/Tiefmitten leicht anheben, wie ihr im zweiten Beispiel hören könnt.
Richtig schön knurrig kommt der Harley Benton JJ-55OP, wenn man komplett auf den Stegtonabnehmer blendet. Der Singlecoil verfügt auch ohne EQ-Unterstützung über ausreichend Fundament, ein Bass-Boost steht ihm aber trotzdem sehr gut – der Sound wird dann wunderbar rund und voll! Und siehe da: Hier macht sogar die etwas fragwürdige Abstimmung der Bassfrequenz auf einmal Sinn, denn die zusätzlichen Tiefmitten versorgen den Stegtonabnehmer mit einer Extraportion Punch und Wärme. Ein toller Sound für Fusion-Fans und Solobass-Experten!