Praxis
Durch meine Hände ging schon so mancher Budget-Fünfsaiter – nicht wenige davon waren echte Schwergewichte! Der Harley Benton PJ-75 Vintage zählt erfreulicherweise nicht dazu, denn mit knapp 4,4kg liegt der ausgewachsene Longscale-Fünfsaiter nämlich absolut im Rahmen “des Tragbaren”. Und auch die bei traditionell konstruierten Bässen oftmals auftretende Kopflastigkeit bewegt sich bei meinem Testkandidaten im tolerierbaren Bereich – die Balance ist erwartungsgemäß zwar nicht perfekt, mit einem entsprechend breiten und rutschsicheren Gurt lässt sich Bass aber sehr gut beherrschen!
Ein ausschlaggebender Faktor für den Spielkomfort eines Bass ist natürlich auch der Hals -und hier kann der PJ-75 wirklich punkten! Das relativ schlanke D-Profil liegt sehr angenehm in der Hand und lässt sich ohne große Kraftanstrengung spielen. Im Bereich des eingelegten Skunk-Stripes fühlt man allerdings einige leichte Unebenheiten. Mich hat das aber ehrlich gesagt nicht sonderlich gestört, zumal man von einem Budget-Bass im Grunde keine perfekte Haptik erwarten kann.
Weiter geht es mit dem Thema “Setup”, und hier gibt es durchaus viel Licht, aber leider auch Schatten: Der Harley-Benton-Bass kam mit einer relativ flachen Saitenlage und perfekt justierter Halskrümmung bei mir an, sodass ich vor dem Test keinerlei Anpassungen vornehmen musste. Das ist im Budget-Sektor leider immer noch eher die Ausnahme als die Regel – deshalb gehen dafür meine Daumen für die Endkontrolle bei Harley Benton hoch!
Verbesserungsbedarf sehe ich allerdings noch beim Sattel meines Testbasses: Die Kerben der drei mittleren Saiten wurden leider nicht ausreichend tief gefeilt, sodass sich die Töne vor allem in den tiefen Lagen nicht so leicht greifen lassen, wie es prinzipiell mit einem guten Setup möglich wäre – hier sollte Harley Benton unbedingt nachbessern.
Positiv geht es weiter mit dem klanglichen Fähigkeiten des schicken Budget-Fünfsaiters: Schon trocken gespielt liefert die schwingungsstarke Konstruktion einen gesunden, strammen Sound; Deadspots sind bei meinem Testexemplar erfreulicherweise absolut kein Thema. Vom verstärkten Sound des PJ-75 verschaffen wir uns jetzt anhand der folgenden Audiobeispiele einen Eindruck:
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Für die erste Aufnahme habe ich einfach alle Regler voll aufgedreht – beide Tonabnehmer sind also in voller Lautstärke zu hören, die Höhen wurden nicht beschnitten. Mit dieser Einstellung liefert der PJ-75 ein straffen, universell einsetzbaren Sound mit äußerst präsenten Hochmitten und Höhen.
Mir gefallen die Rosewell-Tonabnehmer wirklich gut, obgleich sie den Klang logischerweise nicht so detailgetreu und lebendig abbilden können wie die weitaus kostspieligeren Modelle der bekannten Pickup-Hersteller. Die H-Saite des Long-Scale-Fünfsaiters ist sehr gut in das Klangbild integriert und liefert klare, fundamentstarke Töne – so muss es sein!
Die passive Tonblende packt gut zu und filtert die Höhen effektiv aus. Dreht man den Regler zu weit nach links, wird der Sound allerdings etwas schwammig und setzt sich dann nicht mehr so gut durch – hier ist also durchaus etwas Fingerspitzengefühl gefragt! Für die beiden folgenden Beispiele habe ich die Blende nur zu etwa 50% abgesenkt.
Ein PJ-Tonabnehmer-Setup bietet bekanntermaßen eine Menge Flexibilität und ermöglicht sowohl Jazz-Bass- als auch Preci-Sounds: “best of both worlds” sozusagen! Mit dem Stegtonabnehmer im Solobetrieb liefert der Harley Benton einen knochigen und präsenten Jazz-Bass-Sound, der sich hervorragend für virtuosere Basslines und filigranere Spieltechniken eignet:
Auch der Preci-Sound des Harley Benton PJ-75 Vintage kann sich hören lassen: Mit einem akkuraten Vintage-Sound kann der Budget-Bass zwar nicht aufwarten, der Splitcoil in der Halsposition liefert aber ein sattes Fundament und transparente Höhen für einen gute Ortbarkeit im Bandgefüge. Beim folgenden mit Plektrum eingespielten Beispiel war die Tonblende ganz aufgedreht, damit die Attacks deutlich durchkommen:
Wer auf mildere Preci-Sounds steht, nimmt einfach die passive Tonblende zur Hilfe und senkt die Höhen etwas ab: