Harrison 32Classic MS ist zwar ein Channel Strip, gleichzeitig aber deutlich mehr als das: Mehrere Einheiten können zu einem spartanischen Mixing-System kombiniert werden. Na, wenn das mal nicht interessant ist! Wir haben schon vor dem Launch eine Einheit des 32Classic MS Mix Strip zum Test bekommen.
Quick Facts zum Harrison 32Classic MS
- 19“/1HE-Channel Strip
- Preamp, HPF, LPF und EQ
- mehrere Units können zu einem Mini-Mixer verbunden werden
- viele Anschlussmöglichkeiten
Gehäuse und Aufbau
Harrisons 32Classic MS kommt in einem 19“-Gehäuse mit nur einer Höheneinheit. Das ist nicht unwichtig, wenn man bedenkt, dass sich manche User vielleicht acht Stück davon ins Rack schrauben wollen. Anders als frühere Harrison-Pulte wird der 32Classic MS aber nicht in Nashville gebaut, auch nicht bei SSL, wo die Analogkonsole 32Classic gefertigt wird, sondern aus China. Anders als andere Strips finden sich auf der Frontplatte nicht nur Elemente zur Signalverstärkung und -bearbeitung, sondern eben auch eine kleine Mixer-Sektion. Wie bei einem „echten“ Channel Strip ja auch. Es gibt einen Preamp, einen EQ mit Harrison-typischen Filtern und eine vierbandige EQ-Sektion.
Preamps, Signaltypen und physikalische Eingänge
Eine Combobuchse, Gain und Phantom? Nix da: Die Eingangssektion ist komplexer. Zunächst wären da mal physikalische Eingänge und Signalarten. Es gibt folgende Inputs:
- Combobuchse auf der Frontplatte
- Line In (rückseitig, XLR)
- Mix In (rückseitig, XLR)
Es gibt also zwei Mikrofoneingänge, vorne wie hinten. Die Frontbuchse nimmt auch Instrumentsignale auf, Line hingegen ist nur rückseitig verfügbar. Das ist das, was man landläufig „praxisgerecht“ nennen will. Die Auswahl der Quelle erfolgt nicht mit automatischen Abschaltungen jeweils anderer Eingänge, sondern per Schalter. In der Inputsektion wird per Schalter zwischen frontseitigem Mikrofonsignal und Instrument (1,2 MOhm / „HiZ“) gewählt. Ein anderer Schalter aktiviert den rückseitigen Line-Input und seinen Trim-Regler. Sind keine Schalter gedrückt, wird der hintere Mic In verwendet. Drückt man den Front-Mic und -HiZ gleichzeitig, ist der TS-Part der Combobuchse aktiv. Line In überstimmt immer alle anderen Eingänge.
Kein Blockschaltbild
Alles klar bis hierhin? Man sieht: Schon das ist nicht absolut simpel. Ich hätte mir ein Blockschaltbild im Manual gewünscht, denn diese Zusammenhänge werden bei den Mixing-Funktionen nicht einfacher (sind aber dennoch nachvollziehbarer als bei Mischpulten).
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Schaltfunktionen in der Eingangssektion
Der übertragergestützte (Jensen) Mikrofonvorverstärker liefert bis zu 70 dB Gain. 20 dB Pad sind für das Mikrofonsignal schaltbar, ebenso Phantomspeisung. Ebenfalls in der Preamp-Sektion befindet sich eine zweifarbige LED zur rudimentären Pegelanzeige: Grün zeigt „Signal Present“ (-14 dBU), Gelb entspricht 4 dBU und Rot signalisiert einen Peak (18 dBU). (Auch wenn drei Farben dargestellt werden, handelt es sich technisch gesehen um eine zweifarbige LED, die Grün und Rot kombiniert, um Gelb zu erzeugen.) Die Möglichkeit zur Invertierung der Polarität fehlt nicht, zudem gibt es einen schaltbaren Insertpunkt. Ich bin sehr zufrieden damit, dass Harrison hier symmetrische Verbindungen verwendet. Ideal hätte ich gefunden, wenn der Punkt vor und hinter die EQ-Sektion geschaltet werden könnte. Das hätte die Flexibilität des Harrison 32Classic MS noch einmal erhöht – gerade, weil ein ISR ja nüchtern betrachtet nur ein zusätzlicher Ein- und Ausgang ist.
Ein Harrison-Klassiker: HPF und LPF
Die separat schaltbare Filtersektion stellt sowohl Hochpass- als auch Tiefpassfilter zur Verfügung. HPF ist verbreitet, LPF wird wie ich finde viel zu sehr unterschätz im Mixing. Allerdings sind die Filter nicht so weit gefasst wie beispielsweise in den 950mx-Kanalzügen, überstreichen mit 25 – 3,15k und 160 – 20k aber dennoch weite Bereiche.
Noch ein Klassiker: Harrison-EQ
Harrison ist vor allem für sein EQ-Design bekannt. Im 32Classic MS findet ein vierbandiger Equalizer Verwendung, der aus vier Proportional-Q-Bells mit 10 dB maximalem Hub in beide Richtungen besteht. Das tiefste und das höchste Band können zu Shelving-Filtern umgeschaltet werden.
Bus-Routing mehrerer 32Classic MS
So, jetzt wird es richtig spannend. Rückseitig verfügt der Harrison 32Classic Mix Channel über mehrere ungewöhnliche Buchsen: zwei negative 9pin-Connector mit der Bezeichnung „Mix Bus“ und eine positive mit dem Titel „Bus In“. Per Flachbandkabel kann zwischen verschiedenen Units ein durchgehender Stereobus aufgebaut werden. Das erklärt auch die beiden Mix-Bus-Anschlüsse, dann ist einer der beiden Thru. Welcher, das sollte bei einem Bus egal sein. Die 32Classic-MS-Einheit, die das Signal über „Bus In“ erhält, ist dann der Master. Das Summensignal verlässt diesen dann über die beiden „Mix Output“ bezeichneten XLRm. Toll finde ich, dass man auch die Kaltgeräteanschlüsse per Daisy-Chain mit kurzen Stromkabeln verbinden kann. Das erspart Gewurschtel durch lange Kabel und Steckerleisten im Rack.
Steuerung der Mixing-Funktionen
Der Fader muss aktiviert werden, denn sonst ist er aus dem Signalweg genommen – das ist sinnvoll. Der 32Classic MS besitzt zwei XLR-Ausgänge, von denen einer vor, der andere hinter dieser Einheit liegt. Für das Bus-Routing ist ein Panning mit 3dBCenter verfügbar, auch hier ist es stimmig, dass Pan deaktiviert werden kann und L wie R das gleiche Signal erhalten.
Der „Mix“-Schalter routet das Ausgangssignal des Channels auf den Bus, ist also prinzipiell ein umgekehrter Mute-Button im Mix-Verbund. Die Mastereinheit besitzt mit dem rot bekappten „Mix Out“-Fader eine letzte Ausgangsregelung vor dem Mix Output. Dazu gehört auch ein Stereopärchen Metering-LEDs. Will man bei einem einzelnen 32Classic MS den regelbaren Mix-Output mitnutzen, zum Beispiel für die gezielte Signalverteilung (etwa im Broadcast, für Havariesysteme oder wie auch immer), kann mit dem mitgelieferten Flachbandkabel eine Verbindung von Mix Bus zu Bus In gelegt werden.