Ordentliche Verarbeitung und Haptik
Der Harrison 32Classic MS macht einen ordentlichen Eindruck, was das Gehäuse und die Potis angeht. Einem Vergleich mit einem Kanalzug meines US-Harrisons hält das nicht unbedingt stand, muss es aber auch nicht: Ein Harrison 950m/mx ist eben auch finanziell eine ganz andere Sache.
Noch einmal: sinnvoll und durchdacht
Ich hatte das Gerät zum Test nicht ins Rack eingebaut und an die Patchbay angeschlossen, will aber an dieser Stelle erneut loben, dass das Konzept durchdacht ist. Alleine die Eingangssektion ist mehr als stimmig. Zur Vorsicht raten sollte man aber, wenn es um die Phantomspeisung geht. Generell heißt es ja: Mikro anschließen, Phantom an, Gain hoch (und umgekehrt). Weil man aber zwischen beiden Mic ins per Tastendruck wechseln kann, kann die Phantom plötzlich auf dem jeweils anderen Input landen. Ob das symmetrisch passiert, konnte ich nicht feststellen, zumindest erscheint sie nicht gerampt.
Mit dem Preamp kann man sehr zufrieden sein
Der Preamp ist rauscharm und hat ordentlich Reserven, wenngleich ein sehr schwaches Bändchenmikrofon am Amp meines Harrison-Pults und auch eines externen Preamps (mit ca. 90 dB Gain!) etwas lebendiger und voller wirkte. Dazu muss ich sagen: Die 950er-Preamps stecken so manchen Boutique-Preamp locker in die Tasche! Der Lundahl-Tranny im 32 verschmiert das Eingangssignal nicht, sondern wertet mit leichtem Charakter auf. Hier kann man also sehr zufrieden sein.
Filter, Filter, Filter!
Alleine das Vorhandensein von einstellbaren Hoch- und Tiefpassfiltern ist ein klarer Pluspunkt. Ich bin der Meinung, dass Levels, HPF und LPF schon die halbe Miete in einem Mix sind. Ich war zunächst etwas mürrisch, dass die Range der Filter eingeschränkter ist als bei traditionellen Harrisons, aber in der Praxis ist das unerheblich und somit der Regelweg besser ausgenutzt. Die Filter „klingen“ nach 12 dB/oct und weisen einen leichten „Bump“ an der Grenzfrequenz auf. Es ist wirklich so: Egal in welcher Einstellung, die Harrison-Filter klingen immer natürlich, das resultierende Signal wirkt nie bearbeitet.
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Vier gewinnt
Neid: Vier Prop-Q-Filterbänder! Es ist kein Wunder, dass auch noch nach den Hochzeiten der großen Nashville-Konsolen kaum jemand das Verlangen hatte, Outboard-EQs zu verwenden, wenn die Pult-EQs eigentlich alles leisten, was man im Mix braucht. Ich will nicht verheimlichen, ein Fan sowohl von der Bedienbarkeit als auch des Sounds zu sein. Dieses Gefühl, dass ein bearbeitetes Signal so klingt, als „sei es halt so“, ist das, was ich so schätze – und tatsächlich finde ich es auch in diesem Strip. Ganz besonders die Mittenbearbeitung begeistert mich. Die Bässe mag ich persönlich etwas knackiger, aber insgesamt kann ich der EQ gute Noten ausstellen.
Ein Mischpult mit einem Kanal
Unserer Redaktion hat eines der wenigen weltweit verfügbaren Geräte bekommen, noch bevor Harrison sein 32Classic-MS-System auf der NAMM 2025 vorgestellt hat. es sollte also sicher niemandem übel genommen werden, dass wir nur eine Unit erhalten haben und nicht vier oder sechs. Die Funktionen an unserem Testobjekt funktionierten jedoch ohne Einschränkungen sehr gut.
Ein paar Gedanken zum Geräte-/Systemkonzept 32Classic MS
Harrisons Entscheidung, einen „Mix Strip“ wie den 32Classic MS auf den Markt zu bringen, ist natürlich zu begrüßen. Sich nach und nach ein kleines Mixing-System zusammenkaufen zu können, ist absolut klasse. Und mir ist bislang kein Channel Strip bekannt, der diese Fähigkeiten besitzt. Oft sind es nur recht banale Summing-Einheiten. Manley und Great River haben ihre routingmäßig etwas umfangreicheren Summer eingestampft.
API hatte mit dem API 7600 Input Module eine Zeitlang ein grob mit dem Harrison Channel vergleichbares Gerät im Einsatz, das aber mit einem separaten Mastermodul API 7800 verbunden wurde. Allerdings hatte der 7600 auch einen Kompressor und mehrere Sends. Das ist nicht nur für Reverb etc. praktisch, sondern auch für ein eventuelles Monitoring. Das 7800-Modul hatte dann auch eine deutlich umfangreichere Ausstattung, darunter vier Busse, Send Master, Solo, Talkback (sogar To Slate!) und Monitoringoptionen. Und mit API 8200 und 8200A gab es weitere Geräte, die auch angeschlossen werden konnten.
Aber wer weiß: Vielleicht ist der Harrison 32Classic MS ja nur ein erstes Gerät. Es ist immerhin denkbar, dass eine umfangreichere Mastersektion hinzukommt. Vielleicht sogar als Desktop. Vielleicht sogar mit umfangreicherer Bus./Send-Architektur, die 9pin-Anschlüsse und verschiedenen Outputs lassen ja einigen Spielraum!). Wenn ich weiter herumspinnen darf: Das System öffnen für Dritthersteller? Dadurch, dass APIs Series 500 offen war für alle, ist der Markenname heute sehr bekannt. Sonst sähe es vielleicht anders aus.