Praxis
Tastatur
Neben dem Klang ist bei einem Digitalpiano natürlich besonders die Tastatur wichtig. Die 88-Tasten-Hammermechanik des Hemingway DP-501 MKII besteht aus Kunststoff-Tasten und vermittelt ein für diese Preisklasse gutes Spielgefühl, was durch die leicht angeraute Oberfläche der schwarzen Tasten unterstützt wird. Natürlich gibt es in teureren Digitalpianos hochwertige Tastaturen, die eine ausgefeiltere Gewichtung besitzen, aber ich muss dem Hemingway DP-501 MKII hier dennoch eine gute Note geben, denn angesichts des günstigen Preises kann die Klaviatur überzeugen. Die Anschlagdynamik lässt sich grob in drei Stufen einstellen, „normal“, „hard“ und „soft“. Dabei sind diese Bezeichnungen umgekehrt wie bei anderen Keyboards, denn bei der Einstellung „hard“ muss man nur leicht anschlagen, um den stärksten Velocity-Wert zu erzielen, bei „soft“ hingegen muss man härter anschlagen. Die drei Pedale wirken wertig und lassen keine Wünsche offen. Sie lassen sich natürlich für die klassischen Funktionen Soft (Una corda), Sostenuto und Sustain (Haltepedal) einsetzen. Die beiden linken Pedale können aber auch mit anderen Funktionen wie z.B. Tap Tempo oder Memory Up belegt werden, wodurch man dann die Komplettregistrierung des Pianos mit dem Fuß umschalten kann.
Klang
Während die Verarbeitung und die Tastatur für diese Preisklasse okay sind, offenbaren sich in der Kerndisziplin – dem Klang – dann doch ein paar Schwachpunkte. Einige der 16 Klangfarben sind in Ordnung, aber ein paar andere fallen leider negativ auf.
Wie bei den meisten Digitalpianos sind die beiden Akustik-Pianos mit Abstand die besten Sounds. Natürlich können sie nicht mit Oberklasse-Instrumenten mithalten, gemessen am günstigen Preis des DP-501 MKII würde ich sie aber als brauchbar bezeichnen. Die beiden Sounds scheinen auf denselben Samples zu basieren und das „Grand Piano“ wirkt wie eine dumpfere Version des „Bright Piano“. Mir persönlich gefällt über die eingebauten Lautsprecher das Bright Piano besser – die Höhen werden durch die Abstrahlung der Lautsprecher nach unten ja ohnehin gedämpft, sodass das normale Grand Piano mir etwas zu muffig klingt. Verglichen mit höherklassigen Instrumenten wirken beide Sounds letztlich doch ein wenig statisch, verfügen über nur wenige Velocity-Stufen und klingen etwas zu kurz aus. Wer aber keine besonderen Ansprüche stellt und einfach nur ein günstiges Piano für den Einstieg sucht, ist hier durchaus gut bedient.
Das Electric Piano 1 orientiert sich an digitalen E-Piano-Sounds der 80er Jahre und kann mithilfe des Chorus-Effekts schön weich und flächig gespielt werden. Das Electric Piano 2 soll wohl ein CP70-mäßiges Piano darstellen, wirkt aber im Diskant viel zu dünn. Fender Rhodes und Wurlitzer fehlen leider ganz. Stattdessen gibt es noch einen Sound namens „FM Piano“, der mit dem typischen DX7-Piano aber nichts zu tun hat – es scheint sich eher um ein Layer eines E-Pianos mit einem Mono-Flügelsound zu handeln. Dieser Sound ist in meinen Augen eher entbehrlich.
Außer Pianos und E-Pianos enthält das Hemingway DP-501 MKII noch das typische Angebot der meisten Digitalpianos, das einige Orgeln, Streicher, Vibraphon, Pads und Bässe umfasst. Wie bei fast allen Konkurrenten fallen diese Sounds gegenüber den Klaviersounds qualitativ ab. Das Vibraphon ist noch am ehesten gelungen. Bei den Orgeln ist die Rock Organ vielleicht brauchbar, die Church Organ ist hingegen eine echte Katastrophe. Der flache und eindimensionale Sound kann die Wucht einer Kirchenorgel nicht authentisch wiedergeben.
Die Streicher, der Chor und auch der Sound „Fantasia“ lassen sich im Dual-Modus als Layer mit den Pianosounds kombinieren, dafür geht auch ihre Qualität in Ordnung. Solo würde ich sie aber nicht einsetzen. Das warme Pad ist für meinen Geschmack nicht weich genug.
Für dich ausgesucht
Der akustische Bass gefällt mir besser als der Electric Bass, wobei beide Sounds insgesamt etwas billig wirken und höchstens für ein bisschen Spaß beim Üben zu gebrauchen sind.
Unter dem Strich kann die Klangqualität des DP-501 MKII nicht ganz mit der namhaften Konkurrenz mithalten.Wer hauptsächlich auf hochwertige Sounds Wert legt, ist in meinen Augen mit den Einsteigermodellen der etablierten Hersteller wie Yamaha, Roland oder Kawai besser bedient. Allerdings muss man fairerweise sagen, dass keine dieser Firmen ein Heimpiano im „Musikmöbel-Stil“ zu einem vergleichbaren Preis anbietet.
Lautsprecher
Das Lautsprechersystem des Hemingway DP-501 MKII leistet 2x 20 Watt und klingt besser, als es der Preis vermuten lassen würde. Der Klang ist recht ausgewogen und man braucht den Equalizer eigentlich nur zur Anpassung an die jeweiligen räumlichen Verhältnisse.
Split, Layer und Effekte
Wenn man zwei Klangtasten gleichzeitig drückt, erzeugt man einen Layer-Sound (Dual-Modus). Diese Vorgehensweise wird komischerweise in der Bedienungsanleitung mit keinem Wort erwähnt. Es können nur Sounds aus einer Bank übereinandergelegt werden, weil man ja auch nur sie gleichzeitig anwählen kann. Zusätzlich kann ein Splitpunkt gesetzt und ein weiterer Sound, z.B. ein Bass, für die linke Hand gewählt werden. In diversen Untermenüs sind viele Parameter veränderbar, so lassen sich beispielsweise die Lautstärkeverhältnisse und Effektanteile der bis zu drei Sounds getrennt regeln.
Schließlich sei noch der Twin-Modus erwähnt, der für den Klavierunterricht interessant ist, weil das DP-501 MKII dabei in zwei getrennte Instrumente aufgeteilt wird. Lehrer und Schüler sitzen nebeneinander und spielen dann ein und denselben Sound in getrennten Bereichen der Tastatur.
Im ersten Klangbeispiel habe ich das Grand Piano mit den Strings unterlegt und links den Upright Bass gewählt. Im zweiten Beispiel liegt der Sound Fantasia unter dem Electric Piano 1.
Im Effekt-Menü lassen sich je ein Hall- und ein Chorus-Typ einstellen. Die Auswahl an Effekt-Typen ist vielfältig, die Qualität lässt jedoch ähnlich wie die Sounds den günstigen Preis erkennen. Zum Üben reichen die Effekte aber aus.
Als weitere Besonderheit verfügt das DP-501 MKII über eine Arpeggio-Funktion, bei der der gespielte Akkord entweder „Up“, also nacheinander vom tiefsten zum höchsten Ton, oder „Down“ wiedergegeben wird.
Registrierungen und Bedienung
Die Gesamteinstellung des Pianos mit allen Soundparametern und Effekten kann man als Registrierungen abspeichern. Es stehen vier Bänke mit jeweils sechs Speicherplätzen zur Verfügung, sodass 24 Komplett-Registrierungen abgelegt werden können. Das ist bei so günstigen Digitalpianos leider nicht selbstverständlich und ein tolles Feature, um seine Lieblings-Konfigurationen schnell parat zu haben.
Die Bedienung der Untermenüs, die man anwählen muss, um alle Möglichkeiten des DP-501 MKII auszuschöpfen, ist allerdings recht kompliziert. Man muss die Funktionsweise und das Zusammenspiel der Tasten FUNCTION, ENTER und der darüberliegenden Pfeiltaster erst einmal verstehen, bevor man das Instrument mit all seinen Möglichkeiten im Griff hat. Eine Taste „EXIT“ gibt es nicht, nach 5 Sekunden springt das Menü automatisch wieder in das Ursprungsfenster zurück. Will man beispielsweise eine Lieblings-Registrierung laden, so muss man zunächst die FUNCTION-Taste 5 mal antippen, bis „Memory?“ erscheint. Dann schnell „ENTER“, denn nach 5 Sekunden wäre es zu spät. Die Frage „Reg.Bank?“ bestätigt man mit „ENTER“ und wählt anschließend die Nummer der Speicherbank mit den Pfeiltasten aus. Jetzt drückt man erneut die FUNCTION-Taste, die Frage „Memory?“ beantwortet man wieder mit „ENTER“. Anschließend muss man mithilfe der Pfeiltasten die Option „Reg. LoadMem?“ finden, wieder „ENTER“ drücken, jetzt mit den Pfeiltasten die Nummer des Speicherplatzes anwählen und erneut mit „ENTER“ betätigen.
Gerade Einsteiger, die einfach nur ein gut klingendes Digitalpiano erwerben wollten, könnten unter Umständen durch die komplizierte Bedienung abgeschreckt werden und nie alle Features ausschöpfen. Das liegt auch daran, dass die Bedienungsanleitung in einigen Punkten fehlerhaft ist und manche Funktionen nur schlecht beschrieben sind. Beispielsweise kann man alle vier Speicherbänke als REG-File auf den USB-Stick kopieren, um neue 24 Speicherplätze im Gerät zur Verfügung zu haben. Das Laden eines solchen REG-Files zurück ins Gerät funktioniert durch Anwahl des Files über die Pfeiltasten und Betätigung der Taste PLAY. Im User Manual ist dieser Vorgang aber schlichtweg falsch beschrieben. Ein Einsteiger würde diese Funktion deshalb niemals nutzen können. Aber immerhin ist es gut, dass das Piano solche Funktionen überhaupt hat!
Player/Recorder
Mit dem MIDI-Recorder lassen sich schnell Aufnahmen anfertigen. Das Metronom gibt dabei einen Takt vor, dann startet die Aufnahme. Nutzt man den internen Speicher, so stehen die beiden Spuren Track 1 und Track 2 zur Verfügung. Sie können durch Betätigen der entsprechenden Tasten aktiviert oder stummgeschaltet werden. Nimmt man MIDI-Songs auf dem USB-Stick auf, so kann man bis zu 16 Spuren nacheinander erzeugen. Mit jeder neuen Spur wird auch ein neuer Song mit fortlaufender Nummer erzeugt, sodass man leicht die vorherige Version wiederfinden kann. Hier ein Beispiel einer solchen Schichtung, bei der ich Bass, E-Piano, Chor und Orgel nacheinander aufgenommen habe:
Mit diesem einfachen Recorder kommt man relativ schnell zu Ergebnissen und kann sich sogar als Arrangeur oder Produzent versuchen. Leider ist aber keine Schlagzeugspur machbar, weil ja keine Drumkits im Gerät vorhanden sind.
Ein Audio-Recorder/Player, der im WAV-Format aufnimmt und abspielt, wurde zum Testzeitpunkt sowohl im Thomann Online-Shop als auch in der Bedienungsanleitung unter der Rubrik „Leistungsmerkmale“ versprochen. Ich konnte keine solche Funktion im Hemingway DP-501 MKII entdecken und schickte daraufhin eine E-Mail an die Klavierabteilung von Thomann. Man reagierte schnell und versprach diesen Fehler im User Manual zu beseitigen – Grund sei ein Missverständnis mit dem chinesischen Hersteller. Im Online-Shop von Thomann wurde der entsprechende Text in der Gerätebeschreibung nun bereits geändert: Es gibt also „nur“ einen USB-MIDI-Recorder.
Bluetooth
Das Hemingway DP-501 MKII wird mit einem USB-Bluetooth-Stick geliefert, den man in den entsprechenden Port stecken muss. Verbindet man beispielsweise sein Smartphone über Bluetooth mit diesem Stick, so ist es möglich, Musik zu streamen, über die Lautsprecher wiederzugeben und dazu auf dem Piano zu spielen. Das ist sehr praktisch, weil keine Kabel mehr nötig sind. Die Bluetooth-Verbindung gelang im Test auf Anhieb und die Qualität des Audio-Streams war recht gut.
Tarik sagt:
#1 - 10.11.2016 um 12:18 Uhr
Kann ich dieses Instrument mit einem PC samt DAW und VST-Instrumenten verbinden und verwenden, sodass die eigene Klangqualität des Pianos, die ja nicht so berauschend ist, keine Rolle mehr spielt, da nur die Tasteneingaben verwertet werden (um am PC per VST-Instrument die Töne zu erzeugen)?