Praxis
Nach dem Einschalten ist das DP-701 MKII praktisch sofort spielbereit und ist automatisch auf einen akustischen Klavierklang eingestellt. Die 88-Tasten-Hammermechanik-Tastatur besteht aus Kunststoff und vermittelt ein für diese Preisklasse gutes Spielgefühl, was durch die leicht angeraute Oberfläche der schwarzen Tasten unterstützt wird. Teurere Konkurrenten besitzen natürlich hochwertige Klaviaturen mit einer ausgefeilteren Gewichtung, dennoch kann man als Einsteiger – und für solche ist das DP-701 MKII ja gemacht – mit dem Spielgefühl zufrieden sein. Die Anschlagdynamik lässt sich grob in drei Stufen einstellen: normal, hard und soft. Dabei sind diese Bezeichnungen umgekehrt wie bei anderen Keyboards, denn bei der Einstellung „hard“ muss man nur leicht anschlagen, um den stärksten Velocity-Wert zu erzielen, bei „soft“ hingegen muss man härter anschlagen. Die drei Pedale fühlen sich wertig an und lassen keine Wünsche offen. Sie lassen sich einerseits standardmäßig für die Funktionen Soft, Sostenuto und Sustain einsetzen. Man kann die beiden linken Pedale aber auch mit anderen Funktionen belegen wie z.B. Tap Tempo oder Memory Up, wodurch man dann die Komplettregistierung des Pianos per Fuß umschalten kann. Die vier eingebauten Lautsprecher erzeugen einen relativ ausgewogenen Klang, bei dem man die beiden Schieberegler zur Anpassung der Höhen und Bässe eigentlich kaum verstellen muss.
Klang
Gegenüber dem DP-501 MKII gibt es im Spitzenmodell eine wesentlich größere Auswahl an Klängen. Die 64-stimmige Polyphonie reicht in der Regel aus, um ohne merkliche „Hänger“ spielen zu können, bleibt aber hinter vielen höherwertigen Digitalpianos zurück. Beim schnellen Spiel mit viel Pedal hört man schon manchmal, dass das DP-701 MKII Stimmen für neue Töne bei alten Tönen klauen muss und Noten abreißen, aber das bleibt im normalen Spielbetrieb im Rahmen.
Der wichtigste Klang „Acoustic Grand Piano“ ist – so liest man auf der Website www.hemingway-pianos.com – mit vier Velocity-Stufen versehen, die Samples wurden also in vier verschiedenen Anschlagstärken aufgezeichnet. Das ist gegenüber dem 501 mit nur einer Stufe ein Fortschritt. Ehrlich gesagt habe ich aber selbst bei genauem Hinhören nur zwei Stufen erkennen können. Das „Bright Acoustic Piano“ ist weniger aufwändig gesampelt und hier im Audiobeispiel mit einem leichten Chorus versehen.
Das DP-701 MKII bietet nur zwei E-Pianos, wobei mir persönlich nur ElectricPiano1 gefällt.
Auf jeden Fall lohnt es sich, nicht nur die Klänge zu erforschen, die direkt durch die Tasten angewählt werden können, sondern auch jene, die man mit dem Data Control Regler erreicht. So finde ich beispielsweise die Rock Organ gelungener als die anderen Orgeln.
Die Strings sind für ein günstiges Digitalpiano recht brauchbar und lassen sich im Dual-Modus gut als Layer-Sound unter das Grand Piano mischen. Auch die Chöre und Pads sind teilweise recht brauchbar.
Für dich ausgesucht
Die Solo-Bläser sind ok, die Brass Section mäßig.
Die Gitarren gefallen mir nicht besonders, Bässe und Synthies sind brauchbar:
Die Anzahl und Qualität der Hall- und Chorus-Effekte ist beim DP-701 MKII identisch mit dem MK-501 MKII. Es gibt zehn verschiedene Hall- und 13 verschiedene Chorus-Programme, die die vorhandenen Klänge qualitativ aufwerten.
Bis auf das Grand Piano entspricht das Qualitätsniveau der Sounds in etwa dem eines mittelmäßigen MIDI-File-Players. Man darf hier keine Wunder erwarten und hier liegt meiner Meinung nach ein Unterschied zu teureren Geräten. Die Klänge des DP-701 MKII entsprechen dem günstigen Kaufpreis, irgendwo muss ja gespart worden sein. Allerdings kommt es bei einem Digitalpiano ja auch hauptsächlich auf den Klavierklang an, alles andere ist eher eine Zugabe.
Will man weitere hochwertigere Klänge, gibt es ja auch die Möglichkeit, einen MIDI-Expander oder einen Computer mithilfe des MIDI-Out-Anschlusses bzw. des USB-MIDI-Ports anzusteuern und dann über den Aux-Eingang über das Piano zu hören. Dazu kann der MIDI-Parameter „Local“ im Piano auf Off gestellt werden, damit die interne Klangerzeugung nicht zu hören ist. Ich verknüpfte im Test das DP-701 MKII über ein MIDI-Interface mit meinem iPad und ging aus dem Kopfhörerausgang des Tablets in den Aux-In des Pianos. So konnte ich problemlos beispielsweise die Sounds von GarageBand spielen und über die Lautsprecher des DP-701 MKII hören.
Arpeggio
Als kleine Besonderheit verfügt das DP-701 MKII versteckt in einem Untermenü über eine kleine Arpeggio-Funktion, bei der der gespielte Akkord entweder „Up“, also nacheinander vom tiefsten zum höchsten Ton, oder „Down“ wiedergegeben wird. Allerdings sollte man diese Funktion nicht im Dual- oder Split-Modus benutzen, da sonst merkwürdige unerwünschte Effekte auftreten.
Dual, Split und Twin
Im Dual-Modus wird der Hauptklang mit einem zweiten Sound unterlegt. Dieser Layer-Sound wird nach Betätigen der DUAL-Taste ausgewählt, solange diese blinkt. Drückt man die SPLIT-Taste, wird zusätzlich ein Splitpunkt gesetzt und es kann ein weiterer Sound, z.B. ein Bass, für die linke Hand ausgewählt werden. Damit können also maximal drei verschiedene Sounds gleichzeitig gespielt werden. Im Gegensatz zum kleinen Bruder DP-501 MKII kann beim DP-701 MKII jede beliebige Klangkombination angewählt werden. Wählt man den Twin-Modus, der beim mehrmaligen Betätigen der SPLIT/TWIN-Taste aktiviert wird, teilt sich die Tastatur in zwei Bereiche mit demselben Klang. Das ist für den Klavierunterricht interessant, wenn der Lehrer neben dem Schüler sitzt. Der Lehrer muss dann den Schüler nicht von seinem Platz vertreiben, um etwas zu zeigen, sondern Lehrer und Schüler können auf beiden Seiten parallel in der gleichen Lage spielen.
Registrierungen
In diversen Untermenüs sind viele Parameter veränderbar und geben dem Benutzer die Möglichkeit, den Klang des Instruments und das Zusammenwirken der gespielten Sounds zu optimieren. So kann es ja zum Beispiel sinnvoll sein, den Layer-Sound leiser zu machen als den Hauptklang, dem Bass nur wenig Hall beizumischen, dem Layer-Sound dagegen etwas Chorus usw. Im ersten Klangbeispiel habe ich das Grand Piano mit Strings unterlegt und für die linke Hand den Fretless Bass gewählt. Im zweiten Beispiel liegt der Sound „SynVoice“ unter dem „Electric Piano 1“ mit dem Split-Sound El.Bass.
Die Gesamteinstellung des Pianos mit allen Soundparametern und Effekten kann man im Gerät abspeichern. Dazu stehen vier Bänke mit jeweils sechs Speicherplätzen zur Verfügung, sodass 24 Komplettregistrierungen abgelegt werden können. So kann man sich für bestimmte Songs seine eigenen Einstellungen speichern. Alle vier Bänke können als sogenannte „Konfigurationsdatei“ auf das USB-Medium übertragen werden, sodass man wieder vier freie Bänke zur Verfügung hat.
Recorder / Song Player
Mit dem eingebauten MIDI-Recorder des DP-701 MKII können eigene Aufnahmen schnell erstellt werden. Im sogenannten Melodie-Modus stehen nur zwei Spuren zur Verfügung, die nacheinander auch mit verschiedenen Klängen eingespielt werden können und im internen Speicher abgelegt werden. Diese Methode ist praktisch für den Klavierunterricht, um die rechte und linke Hand getrennt zu üben. Dabei können die beiden Tracks schnell über die entsprechenden Taster aktiviert oder stummgeschaltet werden. Ein solcher Song kann auch auf dem USB-Stick gespeichert werden.
Bis zu 16 Spuren können hingegen im USB-Modus aufgenommen werden. Dabei wird mit jeder neuen Spur auch ein neuer Song mit fortlaufender Nummer auf dem USB-Stick erzeugt, sodass man leicht die vorherige Version wiederfinden kann, um die letzte Spur erneut aufzunehmen. Leider kann man selbst aber keine Schlagzeugspur aufnehmen, weil kein Drumkit als Sound angewählt werden kann.
Nichtsdestotrotz kann das Hemingway DP-701 MKII bei der Wiedergabe von einem USB-Stick aber sehr wohl normale MIDI-Files inklusive Schlagzeug abspielen. Dass das möglich ist, kann man aber der Bedienungsanleitung nicht entnehmen. Die Klangqualität der Song-Wiedergabe entspricht dem GM-Soundvorrat des DP-701 MKII. Praktisch ist, dass man relativ einfach über die PLAY TRACK-Taste die Melodie-Spur (meistens Track 4) stummschalten und die Melodie dann selbst auf dem Piano spielen kann. So erstellt man sich mit geringem Aufwand eigene Backing-Tracks. Im Audiobeispiel von „Stumblin In“ habe ich die Melodiespur des MIDI-Files während der Wiedergabe deaktiviert und dann mit dem GrandPiano-Sound selbst mitgespielt. Die Lautstärke des MIDI-Files kann man bequem mit dem Schieberegler SONG VOLUME verändern.
Audiowiedergabe über Aux In oder Bluetooth
Möchte man Musik von einem MP3-Player oder einem Smartphone über die Lautsprecher des Pianos wiedergeben, benutzt man dazu entweder den AUX IN Eingang (Cinch) oder man wählt eine zeitgemäße und elegante Lösung: Dem Hemingway DP-701 MKII liegt als Zubehör ein USB-Bluetooth-Stick bei, den man in den entsprechenden Port neben dem MIDI-Anschluss stecken muss. Verbindet man nun beispielsweise ein Smartphone über Bluetooth mit diesem Stick, so ist es möglich, Musik zu streamen, über die Lautsprecher wiederzugeben und dazu auf dem Piano zu spielen. Das ist sehr praktisch, weil Kabelverbindungen nicht mehr nötig sind. Die Bluetooth-Verbindung gelang im Test auf Anhieb und die Qualität des Audio-Streams war recht gut. Die Klangregler des DP-701 MKII, also die Schieberegler für Höhen und Bässe, wirken allerdings nicht auf die eingespeisten Audiosignale, sondern nur auf gespielte Sounds und MIDI-Songs.
Bedienung
Im Vergleich zum kleineren DP-501 MKII ist die Bedienung des DP-701 MKII komfortabler, weil es mehr Tasten für wichtige Einstellungen wie Oktavlage, Volume, Reverb und Chorus gibt, wodurch das entsprechende Menü sofort erreicht wird. Dennoch kann man die Benutzerführung nicht als wirklich intuitiv und einfach bezeichnen. Man muss sich auch hier mühsam durch die Untermenüs tippen und braucht oft mehrere Anläufe, weil man oft aus dem aktuellen Menü herausgeworfen wird, wenn man nicht innerhalb von fünf Sekunden die richtige Taste drückt. Langes Nachdenken wird gnadenlos bestraft. Manchmal muss man Befehle mit ENTER bestätigen, ein anderes mal mit der Taste TRANSPOSE+, das ist nicht optimal. Es gibt viele Möglichkeiten, aber man kann sie nur nutzen, wenn man sich intensiv mit der Bedienungsanleitung auseinandersetzt. Ein Einsteiger könnte hier überfordert sein.
tom sagt:
#1 - 17.03.2016 um 08:19 Uhr
Also bei amazona.de hat das Teil gerade ein vernichtendes Urteil (ungenügend !) hinsichtlich Klang und Tastatur erhalten. In so einer Deutlichkeit echt selten bei Online-Tests. Bei bonedo bekommt das Teil dagegen mit vier Sternen noch ein "gut". Wem soll man denn da noch glauben? Ich fordere alle Tester auf den Musik-Online Portalen zu mehr Ehrlichkeit auf, denn mit beschönigenden Testurteilen ist niemandem geholfen !
Lasse|bonedo sagt:
#1.1 - 17.03.2016 um 18:53 Uhr
Hallo tom,
vielen Dank für deinen Kommentar. Ein wichtiger Faktor ist hier der wirklich sehr günstige Preis. Natürlich gibt es Digitalpianos, die besser klingen und mit einer besseren Tastatur aufwarten können, aber zu diesem Preis erschien unserem Tester das Gesamtbild recht positiv. Letztlich können Testberichte gerade bei so subjektiv empfundenen Kriterien wie der Bespielbarkeit der Tastatur nur eine Orientierungshilfe sein; was der eine für den Preis akzeptabel findet, emfindet der andere vielleicht als schlecht und andersherum. Um das Instrument zu finden, das am besten zu den eigenen Ansprüchen passt, sollte man die in Frage kommenden Instrumente deshalb am besten auch selbst ausprobieren, soweit möglich.
Zudem gibt ein Testbericht natürlich immer auch ein Stück weit die subjektive Wahrnehmung des Autors wieder, und das soll auch so sein. Dinge wie die Klangqualität und die Qualität der Tastatur lassen sich leider nicht in absoluten Zahlen messen. Wir hoffen aber, dass wir mit unseren Hörbeispielen und den Bewertungen durch erfahrene, professionelle Musiker einige Anhaltspunkte geben können.
Du kannst dir jedenfalls sicher sein, dass wir von bonedo nichts versuchen zu beschönigen. Das Testergebnis ist mit Blick auf das Gesamtumfeld der von uns im Laufe der Zeit getesteten Digitalpianos und unter Berücksichtigung des Preises zu Stande gekommen.
Beste Grüße,
Lasse (Redaktion bonedo)
Antwort auf #1 von tom
Melden Empfehlen Empfehlung entfernentom sagt:
#1.1.1 - 18.03.2016 um 17:10 Uhr
Hallo Lasse,vielen Dank für die schnelle Antwort. Eins vorweg: ich wollte mit meinem Kommentar niemanden zu nahe treten. Die Tests vom Andreas waren bislang , wie bei allen anderen in Eurem Team, immer überzeugend, ich habe selber einige von Ihm getestete Keyboards besessen bzw. ausprobiert. Überhaupt ist bonedo für mich bislang eins der besten Musikerportale im Netz (auch wegen den guten Workshops, witzigen Videos etc.).Ich bin in den letzten Jahren ziemlich viel in Sachen Keyboards im Netz unterwegs und vergleiche wie viele andere natürlich auch Testberichte anderer Portale. Eigentlich kann man schon sagen, dass sich die Bewertungen mit einer gewissen (subjektiven) Bandbreite in der Regel ähneln. Mit dem Hemmingway war das jetzt mal ziemlich krass, zumal die gleichen Autoren von bonedo und amazona das DP 501 damals noch ähnlich bewertet hatten. Aber mal davon abgesehen, mit der Berücksichtigung des Preis/Leistungsverhältnisses ist das immer so eine Sache, weil man nie genau weiß, wieviel fließt da in die Bewertung ein und vieviel nicht. Natürlich könnte man ja auch darüber nachdenken, für das P/Lverhältniss extra Sterne zu veregeben, Klang, Verarbeitug usw. an die Referenz des Klassenbesten zu messen etc. Das habt Ihr sicherlich alles schon in Eurer Redaktion diskutiert und habt auch gute Gründe, das nicht zu machen (ist ja auch ziemlich aufwendig). Natürlich ist es am Besten, das Instrument beim Händler anzutesten, nur der muss erst einmal mit dem entsprechendem Key in der Nähe sein. Einsteiger werden da sicherlich auch komplett überfordert sein. Es ist daher aus meiner Sicht unabdingbar, zumindest eine Vorauswahl über Testberichte zu treffen. Da es im Netz auch ein Haufen unseriöse Testportale gibt, bin ich sehr froh, dass man das ein odere andere bei bonedo, amazona.de, tastenwelt, keyboards.de etc. nachlesen kann. Auf Kundenrezessionen kann man sich leider nur sehr bedingt einlassen. Sehr gut finde ich z.B. bei euch auch, dass Ihr zumindest bei den Digitalpianos die Klangbeispiele auch über eine Mikrophonierung ins Netz stellt. Das große Problem bei den günstigeren DP ist meiner Ansicht oftmals, dass der eigentliche Sound über die eingebauten Lautsprecher nicht in ausreichender Qulität wiedergeben werden kann. Jetzt soll es aber auch genug sein mit den Anregungen.Beste Grüße
Tom
Antwort auf #1.1 von Lasse|bonedo
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenBesserwisser sagt:
#1.1.2 - 20.04.2016 um 09:35 Uhr
Da bonedo,de zu thomann gehört, kann man nicht davon ausgehen, dass die ihre eigenen Digitalpianos in Tests schlecht aussehen lassen.
Antwort auf #1.1 von Lasse|bonedo
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