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Hercules DJ 4Set Test

PRAXIS

Softwareinstallation
Zuvor heißt es allerdings, Treiber und Software auf den Rechner zu schaufeln. Bei den Treibern handelt es sich in Wahrheit um das Komplettpaket für die ganze Hercules-Palette, was eine freie Festplattenkapazität von 95,6 MB einfordert. Einzelne Komponenten (wie nicht benötigte Controller- oder Device-Driver) sind nicht abwählbar. Die Software selbst gibt sich mit etwa 45 MB zufrieden. Nachdem alle Datenpakete in den Verzeichnissen Platz gefunden haben, gilt es den Controller anzuschließen, weil sonst die Software nicht startet. Beim ersten Aufruf des Programms ist die Seriennummer einzugeben, die als Aufkleber unter dem Geräteboden Platz gefunden hat.

VDJ 7 LE
Die Softwareoberfläche orientiert sich am marktüblichen Design. Rechts und links sind die Decks mit Titelinformationen, Laufzeitangaben und Wellenformübersichten arrangiert. Der Mixer residiert in der Mitte. In der unteren Screen-Hälfte ist die Musikbibliothek mit Baumstruktur, Playlisten und virtuellen Ordnern zu finden. Bei der Suche im Datenbestand hilft eine inkrementelle Suchfunktion mit 14 Filtern. Net-Search startet die Websuche nach Audio-Futter bei Hercules-Kooperationspartnern und freien Quellen. Statt des Browsers lassen sich hier auch der Sampler, die Effektbänke und die Recording-Abteilung einblenden. Hoch im Norden thronen die Mixhilfen in Form von skalierbaren Wellenformausschnitten mit Peak und Downbeat-Anzeige.  
Jede Wellenform ist in der Farbe des entsprechenden Decks gehalten. Obendrein ist ein achtschrittiges Lauflicht implementiert, das jeden Softwareplayer in seinem aktuellen Takt darstellt. So ist klar ersichtlich, welche Songs beatsynchron sind, welcher Titel hinterherhinkt und um wie viel Beats er angeschubst werden muss. Praktisch.  
Dennoch entdecke ich innerhalb der grafischen Benutzeroberfläche (GUI) auch einige Funktionen, die sich über den Controller nicht erreichen lassen, wie zum Beispiel die Killswitches oder Teile des Videomixers. Ja, der ist auch wieder mit an Bord und gestattet, neben zwei Transitions und zwei Effekten, die Verlinkung der Bewegtbild-Transparenz mit den Linefadern und die Crossfader-Zuweisung. Spielt der DJ ein Musikvideo ab, öffnet sich ein Pop-up-Window von 320 x 240 Pixeln Größe. Die Vollbildwiedergabe ist nur mit der Vollversion möglich, die für etwa 150 Euro Update Kosten auch noch Timecode-Unterstützung, freies MIDI-Mapping und iPad-Control mitbringt, um nur einige Vorzüge zu nennen.

Folgendes hat mich allerdings am Mac unter OSX 10.6.7 ein wenig genervt: jedes Mal, wenn ich die Vollversion gestartet hatte oder wenn die Software nach Umstellen der Hardwareeigenschaften zickte, musste ich einen Reboot ausführen und zudem noch die Seriennummer erneut eingeben. Das war auf iMac und MacBook identisch. Naja. Dennoch möchte ich an dieser Stelle ganz klar hervorheben, dass Virtual DJ 7 LE ansonsten ein ausgereiftes DJ-Programm ist und alle nötigen Komponenten für eine Standard-Mix-Session mitbringt. Nicht für jeden ist ein Update also wirklich erforderlich.

Handling
Die Software-Features sind gut auf die Hardware abgestimmt. Nicht nur, dass es ein optisches Feedback zu den am Controller ausgelösten Aktionen gibt, selbst die Jogwheels sehen so ähnlich aus, wie ihre Hardwarependants und zeigen einen rotierenden Positionsmarker während der Wiedergabe. Mit dem Deck-Taster schaltet der DJ auf die zweite Befehlsebene und die Softwareplayer C und D, was durch ein Display direkt neben den Jogwheels abgelesen werden kann. Zudem färben sich die Play- und Cue-Tasten sowie der Leuchtring im Jogwheel rot ein. An dieser Stelle wird sich vielleicht mancher fragen, warum die Farbgebung der Decks sich nicht an der Farbgebung der Software orientiert und jeden Player einzeln codiert (blau, rot, grün, gelb). Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass die Übersichtlichkeit bei einem Zweifarb-System irgendwie besser ist. Wechselt der DJ von A nach C und bewegt einen Fader, aktiviert er den Pick-up Modus. Schaltet er zurück, muss er mit dem Pitch oder Volume-Fader zunächst an die alte Position fahren, bevor eine Änderung des ursprünglichen Wertes stattfindet. So ist man vor sprunghaften Werteänderungen sicher geschützt. Das Arbeiten an der Konsole und Umschalten zwischen den Decks geht nicht zuletzt aufgrund des Beleuchtungskonzepts recht schnell in Fleisch und Blut über. Man ist sich immer sicher, ob man gerade an Deck A, B, C oder D arbeitet. Prima.

Vorgehört wird ganz klassisch mit den Kopfhörer-Tasten, wobei für die Decks C und D natürlich die Arbeitsebene gewechselt werden muss. Das Preview-Poti blendet zwischen Master- und Cue-Signal, und zwar Layer-übergreifend, so wie man es erwartet.

Preview_DJ4-Set_36

Performance
Als minimale Systemvoraussetzung verlangt der Hersteller eine CPU mit 1,5 GHz (Atom, Athlon, Core Duo) und 1 GB RAM sowohl auf dem Mac (ab OS 10.5 – aber nur 32 Bit) als auch auf dem PC (XP/Vista/7 (32 und 64 Bit). Ich hatte allerdings den Eindruck, als könnte man ruhig noch ein paar GHz und etwas Arbeitsspeicher drauflegen, denn selbst bei meinem iMac (8 GB RAM, 2 x 3,06 GHz CPU) bewegte sich die Anzeige meist im orangenen Bereich und schlug teilweise, wenn auch nur kurz, in den roten Bereich aus, wenn etwa nicht analysierte Dateien on-the-fly berechnet wurden. Ein zweiter Testlauf auf dem MacBook 2009 mit 2,13 GHz und 4 GB RAM verlief zwar ebenfalls reibungslos , drängte die CPU-Auslastungsanzeige jedoch noch etwas weiter in Richtung roter Zone. Ich persönlich würde davon absehen, eine DJ-Session mit einem Gigabyte RAM und einem 1,5 GHz getakteten Duo, Athlon oder Atom zu bestreiten, denn ich hege leichte Zweifel daran, dass diese Hardwareausstattung bei jedem Note- oder Netbook vier Decks mit Key-Correction, Loops und Effekten über mehrere Stunden adäquat steuern kann, ohne dass es dabei zu Audio-Aussetzern kommt.  
Automatische Synchronisation
Fluch oder Segen? Das scheiden sich die Geister. Aber je ungeübter der DJ ist, umso eher greift er vielleicht in hektischen Situationen (wenige Sekunden vor Track-Ende zum Beispiel) nach dem „Rettungsanker in der Not“ – der hoffentlich zum ersehnten Erfolg führt: automatisch beatsynchronisierte Tracks.  
Der Beatcounter ist ziemlich treffsicher, wenn er es mit geraden Vier-Viertel-Rhythmen zu tun bekommt. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie der Rockmusik, dem Techno , der Independent-Szene oder Black-Genres entspringen. Die Auto-BPM-Funktion legt anhand des berechneten Tempos beginnend am Aufschlagtakt an jedem Peak einen Beatmarker. So weit, so gut. Doch wo ein Beatcounter nebst Autosync-Funktion ist, da gehört für mich auch eine TAP-Funktion zur manuellen Korrektur der maschinellen Tempoeinschätzung hin. Und zwar nicht mit der Maus auf  der Softwareoberfläche und auch nicht per Tastatur-Shortcut, sondern als Taste am DJ-Controller. Vor allem, wenn der DJ mit polyrhythmischen Tracks arbeitet oder mit Songs, wo sich das Tempo über die Laufzeit ändert. Sonst ist er ohne den Performance-störenden Klick ins Softwarefenster ein wenig aufgeschmissen. Es sei denn, er verwendet den Pitch-Schieber und die Jogwheels zum Mixen nach Gehör und schert sich nicht um die BPM-Anzeigen des Programms. Dafür ist aber ein nicht zu unterschätzendes Training erforderlich. Weil aber der Großteil populärer DJ-Musik heutzutage unter den Oberbegriff „autosynchronisierbar“ fallen könnte, ist dies vielleicht für manchen Anwender nicht ganz so dramatisch. Sollte dieser gerade eine seiner Sternstunden haben, dann genügt ein Tastendruck auf den Record-Button und die Software schneidet das Meisterwerk für die Nachwelt mit. Ein Feature, das auch deutlich teureren Konkurrenten gut zu Gesicht stehen würde. Da zeigt der Daumen gerne nach oben.  
Ein Schwachpunkt ist für mich noch immer die grafische Aufbereitung der Wellenformen und das Verzerren der Oberfläche beim Skalieren des Fensters. Vor allem wenn ein Vergleich mit Waveforms des Konkurrenten Serato gestattet ist. Aber in Anbetracht der Preisklasse eines 4-Deck-Itch-Controllers (ab 700 Euro) oder gar eines SL4 Scratch-Live (899 Euro) verbietet sich dieser Vergleich – fast!

VDJ7_Look_DJ4-Set_20

Mikrofongruppe
Zur Freude aller Autokennzeichen-Aufrufer, Wedding-Deejays, Promotion-Beschaller, Webradio-Jockeys und sonstigen redseligen Naturen verbaut Hercules einen 6,3Millimeter-Klinkenanschluss für dynamische Mikrofone. Die Subgruppe ist mit einer dreistufig regulierbaren Talkover-Funktion ausgestattet, welche die Hintergrundmusik um drei, sechs oder neun Dezibel absenkt. Leider funktionierte sie auf dem Mac nicht. Zudem sind keine Equalizer integriert, was meiner Meinung nach sehr schade ist. Ferner wäre ein Delay-Effekt hier sicherlich auch nützlich gewesen. Standardmäßig wird das Mikrofonsignal über die Kanäle 1-2 geleitet, während die Musik bedämpft wird. Alternativ lässt es sich dauerhaft aktivieren. Mit dem MIC-On Taster wird das Mikrofon zugeschaltet. Der Button leuchtet grün auf und gibt damit unmissverständlich zu erkennen, dass es spätestens jetzt an der Zeit ist, keine Flüche mehr auszusprechen. Ein erneuter Tastenhieb trennt das Signal störungsfrei von der Summe.

Gain und On, das war´s...
Gain und On, das war´s…

Klang
Der Cinch-Master spielt ein sauberes Signal aus, dürfte aber für meinen Geschmack ein bisschen druckvoller sein. Der Kopfhörerausgang ist durchaus laut genug, hat aber bereits ab 14 Uhr mit Verzerrungen zu kämpfen. Das macht sich vor allem im Bass bemerkbar. Der Mikrofonkanal arbeitet ziemlich rauscharm und liefert für Moderationszwecke ein passables Ergebnis. Unterm Strich eine solide Leistung, vor allem in Anbetracht der Preisklasse.  

Audio Samples
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Original Internal Recording

Equalizer und Kill-Tasten
Die Equalizer greifen ordentlich und verfügen über eine integrierte Kill-Funktion. Dreht man sie ganz nach links, löschen sie das jeweilige Frequenzband komplett aus. So soll es sein. Der Kandidat kann gerade bei den Bässen durchaus zerren und ins Clipping geraten, bewegt man den Regler zu weit im Uhrzeigersinn. Was nicht sonderlich dramatisch ist, aber aufgrund eines fehlenden Level-Meters am Controller und des fehlenden Summen-Pegelmeters in der Software nicht zu sehen, sondern ausschließlich zu hören ist. Die Channelmeter in der Software arbeiten Pre-Fader/Pre-EQ, welche somit keine durch einen Equalizer-Boost generierte Übersteuerung anzeigen. Ich finde, ein MIDI-Mixer, der ein Interface speist, sollte auch ein Meter bieten.

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EQ Kill EQ Boost

Scratching
Im Auslieferungszustand ist die Jogwheel-Übersetzung auf 1:1 eingestellt, was drei Sekunden pro Turnus überspringt und sich als Scratch ziemlich unnatürlich anhört (45rpm ergibt rund 1,3 Sekunden pro Umdrehung). Diese Funktion ist mit diesen Einstellungen in meinen Augen kaum zu gebrauchen. Stelle ich die Jogwheels aber auf eine kleinere Unterteilung ein, so kommen die Sounds schon eher an das ran, was man eigentlich von einer Scratch-Emulation erwarten würde. Dennoch sorgt die 256er-Rasterung des Jogwheels für Sprünge bei extrem langsamen Bewegungen, die beim Vinyl nicht vorhanden wären. Hört selbst:

Audio Samples
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Aufloesungen Slow Moves

Keylock
Wichtige Features digitaler DJ-Kultur sind Keylock bzw. Master-Tempo. Verstellt der DJ an einem analogen Schallplattenspieler den Pitch, führt dies unweigerlich zu wahrnehmbaren Verlagerungen der Tonhöhe. Master-Tempo und Keylock sollen vor großen Tonartänderungen schützen, indem sie die Tonhöhe während des Pitch-Vorgangs einfrieren. Master-Tempo macht dabei grundsätzlich Gebrauch von der Original-Tonart und friert die Tonhöhe bei 0 Prozent Pitch ein. Bei Betätigen des Faders dehnt oder staucht ein Softwarealgorithmus das Audiomaterial, was je nach Qualität des Timestretchers und des Basismaterials früher oder später zu hörbaren digitalen Artefakten führt. Ein Keylock funktioniert im Grunde ähnlich, friert jedoch die aktuelle Tonart und nicht die ursprüngliche Tonart ein. Damit lassen sich interessante Effekte erzielen. Möchte der DJ mit dem Keylock den Effekt der Master-Tempo-Funktion erzielen, muss er ihn also aktivieren, wenn der Pitchfader auf 0 Prozent steht.  
Bei meinem Testkandidaten sind beide Varianten vertreten. Der Keylock wird mittels Schloss in der Software ausgewählt und ist nicht von der Konsole aus steuerbar. Die Master-Tempo-Funktion lässt sich über die grafische Benutzeroberfläche auf einen der Buttons an der Hardware legen.

Audio Samples
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Standard Pitch Master Tempo Keylock

Kreative Features
Damit sich auch besonders kreative Naturen ein wenig austoben können, haben die Hersteller manuelle und automatische Loops (umzustellen in der Software), vier Hotcues, fünf Effekte und einen Sample-Recorder ins Boot geholt. Sie lassen sich zum Teil wahlfrei auf die sechs nummerierten Tasten an der Hardware mappen. Der DJ kann also selbst entscheiden, ob er mit der Konsole lieber Loops einfangen, Samples on-the-fly aufzeichnen und abspielen oder Effekte abfeuern will. Das finde ich unter Betrachtung des begrenzten Raumangebotes gar nicht mal so schlecht gelöst. Die beiden Modulate-Tasten (neben der Shift-Taste) dirigieren situationsabhängig die entsprechenden Modulations-Parameter. Beim Loop zum Beispiel die Cut-Funktion (Halbieren/Verdoppeln der Länge), beim Effekt das Attribut, beim Sample-Recorder die Lautstärke des Sample-Players usw. Sicherlich hätten es einige Anwender lieber gesehen, hätte der Hersteller hier Encoder oder Potis verbaut – vor allem, wenn eine alternative Betriebssoftware erwünscht ist. Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.

Der Haupt-Sampler hat sogar acht Speicherplätze in petto, muss aber mit der Maus gesteuert werden. Sechs etwas in die Jahre gekommene Samples (Sirene, Saxofon und Vocals) sind gegeben. Wer frische Sounds benötigt, muss sie aus dem laufenden Audiomaterial extrahieren. Eine Ladeoption ist nicht dabei.  
In der Effektsektion finden wir Brake und Backspin, dazu mit Flipping-Double und Beatgrid zwei Beat-Effekte und einen Flanger. Das mag für die ersten Gehversuche ausreichen. Dennoch vermisse ich hier ein paar Dancefloor-Veteranen, wie Delay, Reverb, Echo, Gater oder ein bipolares Kanalfilter. Doubles, Beatgrids oder Reverse-Effekte sind nicht sehr komplex, daher fällt es schwer, eine allgemeine Aussage über die Qualität der VDJ-Effektprogramme zu machen. Der Flanger jedenfalls ist in meinen Augen nicht sehr geglückt. Von einem Decks´n´FX-Programm ist Virtual-DJ für mich noch meilenweit entfernt. Die User-Community holt jedoch einige Kastanien aus dem Feuer, denn sie ist ziemlich fleißig, was die Programmierung kostenloser Plug-Ins angeht.

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FX Brake FX Flanger FX Flipping Double Beatgrid in VDJ7

Control-Panel
Weitere Einstellmöglichkeiten bietet das Hercules Control-Panel auf seinen vier Reitern, die zum Teil schon im Artikel erläutert wurden. Interessant ist vielleicht noch die Main-Page, denn sie ermöglicht, die Ausgangslautstärken der beiden Master-Outs für jeden Mono-Kanal getrennt voneinander zu regeln oder stumm zu schalten, was via Hardware oder VDJ nicht möglich ist.

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