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Hercules DJ Console MK4 Test

Details

Der französische Hersteller Hercules/Guillemot erlangte seinen internationalen Bekanntheitsgrad in erster Linie durch Consumer-Electronics wie Lautsprechersysteme, Soundkarten oder Webcams. Auf dem MIDI-DJ-Sektor sind sie ebenfalls seit einigen Jahren tätig, wenn auch zugegebenermaßen eher für den Consumer-Sektor. Obwohl, oder vielleicht gerade weil Qualität, Layout, Preis und Funktionsumfang der Konsolen eher Einsteigern und Heimanwendern zugutekommen, gehören die Produkte DJ Control MP3 und DJ Console MK2 dennoch zu den meistverkauften Genrevertretern. Doch unlängst hat Hercules sein Plastikspielzeug-Image früherer Jahre abgestreift. Erst im letzten Jahr konnten sie mit den robusten Vollmetall-Konsolen Steel-Control und Console-RMX mehr als einen Achtungserfolg verbuchen. In unserem Controller-Checkup reichte es sogar knapp für den Kategorie-Sieg in der Klasse interfacelose MIDI-Mixer unter 300 Euro. Da verwundert es zunächst etwas, dass der jüngste Spross erneut im Kunststoffgewand erscheint, doch der futuristische Chrome-Look und der frische Wind beim Oberflächendesign sehen verglichen mit MK2 schon progressiv aus. Und schließlich sorgt das Fertigungsmaterial auch für ein Federgewicht von knapp einem Kilo (!). Damit wiegt er geringfügig weniger als die Hauptkonkurrenten Vestax Spin oder Typhoon. Die japanischen Leichtfüße für 222 Euro verzichten auf Eingänge, sind ansonsten aber recht ähnlich ausgestattet und haben große, case-sensitive Jogwheels.

Fotostrecke: 2 Bilder Minus zwei: Die Hercules DJ Control Mk2

Zwick mich mal, ich sehe…
So schnell bekommt man einen ersten positiven Zähler in die Wertungstabelle, denn im Lieferumfang befindet sich neben einer Hybrid-CD für Mac und Windows, einem gedruckten Handbuch und den erforderlichen Anschlusskabeln nebst Klinkenadapter auch eine einrastende Kunststoffabdeckung. Setzt man diese auf das Gehäuse, brechen oder verbiegen beim Transport keine Fader oder Potis auf der Oberfläche und auch im Partykeller oder Wohnzimmer staubt der Proband nicht zu. 1:0 für Hercules. Bevor ich es vergesse: Ein Briefumschlag mit selbstklebenden Skins war auch im Paket. Ehrlich gesagt hatte ich bei meiner Begegnung mit der MK2-Version im Partykeller von Thomas W., seines Zeichens Hotelkaufmann, erhebliche Zweifel an der Effizienz des Layouts. Vor allem die oben gelegenen Linefader und die Umschalter für Effekte und Loops schienen mir sehr gewöhnungsbedürftig. Doch der Gastgeber und sein DJ-Partner kamen sehr gut damit zurecht. Die Stimmung unter den Gästen war Klasse, denn sie hängt ja nun einmal nicht nur von der gewählten Ausrüstung, sondern auch von einer guten Songauswahl ab (und natürlich dem Getränkesortiment). Und da konnten die beiden bereits beim Vorgänger aus ihrem vollen Vinyl/CD/MP3-Fundus schöpfen.

Trotzdem, was sich heute aus dem Karton schält, sieht nicht nur etwas breiter, sondern auch eine Spur durchdachter aus. Zwei übersichtliche Decksektionen, ein klassischer Mixer in der Mitte, saubere abgerundete Verarbeitung, keine scharfen Grate und Kanten. Guter erster Eindruck. Muss ich bei Gelegenheit unbedingt Thomas zeigen.

Hardware


Audio-Interface
Die Hercules DJ Console MK4 besitzt ein internes 4-Kanal-Sound-Interface, das mit einer Auflösung von 16 Bit bei 44,1 kHz arbeitet. Das entspricht zwar gängigen Musikauflösungen, doch es ist trotzdem schade, dass es nicht für mehr gereicht hat. Das Backpanel liefert zwei Stereo-Cinch-Eingänge mit LED-Indikatoren (Pro/Phono/Line). Sie sind sowohl für Turntables ausgelegt, als auch für MP3-Player (-10dBV), für Studio-Gear (+4dBu) und in der Pro-Stellung (boosted line +8dBu) können sie auch mit Pioneer CDJs umgehen. Über den Phono-Eingang lassen sich auch Timecode-Vinyls zum Steuern der Software-Decks einsetzen. Dazu bedarf es aber der Virtual DJ Vollversion. Die Stromversorgung der Konsole übernimmt ein USB-Port, optionaler Netzbetrieb ist nicht vorgesehen. Bei der geringen Größe würde indes ein Kensington-Lock als Diebstahlschutz nicht schaden. Ausgangsseitig stehen ebenfalls zwei Cinchbuchsen und eine Miniklinkenbuchse zur Verfügung. Das Interface basiert auf der Technologie des großen Bruders RMX, liefert ausgewogenen Sound und sollte je nach Qualität der PA genug Druck für manch nachhaltige Party liefern. Falls der DJ was zu sagen hat, schaltet er sich über einen 6,3 mm Klinkenstecker per Mikrofon in den Abend ein, vielleicht um eine Damenwahl aufzurufen oder den nächsten potenziellen Volltreffer anzukündigen. Ein EQ für das Mikrofon ist nicht zugegen, dafür aber ein Potentiometer für den Pegel. Klanglich bin ich nicht ganz überzeugt. In meinen Augen mangelt es an Transparenz und Lautstärke. Die Absenkung der Masterlautstärke erfolgt in drei Stufen (-3,-6 oder -9 dB). An der Vorderseite stehen der Vorhöre zwei obligatorische Drehregler zur Seite. Einer dirigiert das Mischungsverhältnis zwischen Cue- und Mastersignal, der andere steuert die Lautstärke auf der Ohrmuschel. Der Kopfhörerausgang liefert ein sauberes Signal und ist für den angestrebten Verwendungszweck ausreichend laut.

Audio Samples
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Mikrofonsignal

Hallo, wo ist denn hier die Hauptlautstärke? Ich dachte erst, es sei ein Scherz, ist es aber nicht. Es gibt weder Gain, noch Master oder Booth-Regler. Sollte ich den Burschen am externen Mischpult betreiben und die Klangregelung über den DJ-Mischer vollziehen, kann ich natürlich darauf verzichten. Das kann aber nicht die Intention eines Out-of-the-Box-Konzepts sein. Meiner Meinung nach reicht es daher nicht aus, die Hauptlautstärke in die Softwareoberfläche zu verbannen. Zudem fehlt mir ein Gain-Regler, vor allem, wenn unterschiedliche Pegel von verschiedenen Zuspielern anliegen.

Bedienelemente und Aufbau
Das zentrale Mischpult bietet in jedem Zug drei griffige EQ-Potis um das Klangbild für Mitten, Höhen und den Bassbereich abzustimmen. Der Software-EQ regelt in einem Frequenzbereich von 20 bis 150 Hz und hat einen Cut/ Boost von +/-12 dB. Zwei 45 mm Linefader und ein Crossfader ermöglichen Überblendungen zwischen den Musikstücken, sind jedoch etwas zu locker eingebaut. Zudem weisen sie Deadzones von ein bis zwei Skaleneinteilungen pro Richtung auf. Möchte der DJ einen Song zuerst prüfen, bevor er ihn auf das Publikum loslässt, leiten zwei Taster den ausgewählten Kanal aufs Ohr. Im Mixerbereich erweist sich das Layout als ein wenig eng, dennoch bietet es dem Hobby-DJ alle relevanten Steueroptionen (außer Gain), die er auch an einem analogen Gerät vorfinden würde.

Zwischen den Equalizern arrangiert Hercules Navigationselemente, die eine Verwendung von Maus oder Tastatur überflüssig machen. Der DJ hat so bequemen Zugriff auf Ordner und Playlisten, mit den Pfeiltasten navigiert er auf und ab und lädt einen ausgewählten Track per LOAD ins gewünschte Deck. Zwei Schaltflächen auf 12-Uhr-Position schalten die Scratch-Funktion und das Mikrofon ein. Die verbauten Buttontypen sind robust, aber kämpfen zum Teil mit unterschiedlichen Druckwiderständen.

Jedes Deck verfügt über ein leichtgängiges, seitengeriffeltes und abschaltbares Jogdial, dessen gummierte Oberfläche eine Fingermulde bietet. Die Empfindlichkeit lässt sich in drei Stufen anpassen. Zum ernsthaften Scratchen sind sie zu klein, zum „Tempobeugen“ indes sind sie gut geeignet. Ein Pitchfader fehlt gänzlich, stattdessen verbaut Hercules einen 24-stufigen Tempo-Encoder (das hatte ich vor Kurzem auch am Xone-DX (Link zum DX-Test) gesehen), der von zwei BEND-Tastern und einem SYNC-Button unterstützt wird. So kann auch ein unerfahrener Akteur mit Computerunterstützung taktgenaue Übergänge vollziehen. SEARCH spult im Song. Jeder Player hat einen Button zur Auswahl der Audioquelle. Fünf weitere Tasten bilden die Effekt- und Loopabteilung. Wir fühlen ihr im Praxisteil auf den Zahn.

Software
Virtual DJ 6 DCEDie DJ Console ist voll MIDI-kompatibel und kann daher jede lernfähige Software steuern, im Paket liegt auch gleich mal ein Profi bei. Atomix Virtual-DJ ist ein Programm zum Mixen digitaler Musikdateien auf zwei virtuellen Decks. Die beigelegte DJC-Edition ist im Unterschied zur Pro-Version etwas im Funktionsumfang beschnitten, ist aber 1:1 auf die Steuerhardware ausgelegt. Sie spielt Audiodateien der Formate MP3, AAC, AIFF, WAV, WMA und OGG ab, zudem erlaubt sie das Mixen von Videodateien.  DJC 6.07 kommt in der runderneuerten schicken schwarzen Optik und zeigt im oberen Bereich eine skalierbare Übersicht der Wellenformen an. Jedes Deck hat eine eigene Farbgebung, damit keine Verwechselungen auftreten. Links rot, rechts blau. Kleine Rechtecke repräsentieren die Takte der einzelnen Songs und erleichtern so zusammen mit dem Beat-Indikator gerade Einsteigern das Mischen zweier Songs. Der Downbeat (der erste Beat des Taktes) wird zudem größer angezeigt. Liegen beide Downbeats übereinander und die vorausgegangene Dateianalyse hat korrekt gearbeitet, kann der DJ schon mit dem bloßen Auge erkennen, ob die beiden Songs synchron gemixt werden können.

Das virtuelle Mischpult ermöglicht Lautstärkeregelung, Überblendung und Klangregelung der Decks per Maus. Es entspricht im Wesentlichen dem Aufbau an der Steuerhardware. Nachfolgend hört ihr die Cuts der einzelnen Frequenzbereiche.

Audio Samples
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High-Cut Mid-Cut Bass Cut

Beide Deck-Sektionen sind identisch ausgestattet. Spielt ein Musikstück, rotiert ein virtueller Plattenteller in der Mitte. Eine Click-sensitive Gesamtwellenübersicht gibt Auskunft über die momentane Wiedergabeposition und über eventuell gesetzte Zeitmarkierungen. Vom Browserbereich in der unteren Screenhälfte aus hat der DJ bequemen Zugriff auf das Dateisystem, Festplatten und selbst angelegte virtuelle Plattenkisten. Die Musikbibliothek kann hier nach allerhand Kriterien organisiert werden, wobei 10 von 23 Tags der Vollversion erhalten blieben. Datei-Informationen werden bei Bedarf im Editor angepasst und auch die iTunes-Integration ist gelungen.

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