Praxis
Sehr original
Zunächst sei gesagt: Der Aufbau des Heritage Audio ’73EQ JR wirkt schon ein wenig hausbacken, Potikonstruktionen wie die verwendeten sind kaum ohne Spiel und mit konstanter Haptik hinzubekommen. Zur Verteidigung müsste man angeben, dass das bei Neve-Originalen nicht wirklich besser ist… Durch die Verwendung zweier Aufsatzplatinen und der Frontplatte muss man sich aber um die Haltbarkeit keine Sorgen machen, solange man nicht Mikrofone, Schlagzeugstöcke, Bierflaschen, Gitarrenkopfplatten oder, bei entsprechend schlechter Performance, Gitarristenköpfe gegen die weit aus der Lunchbox herausragenden Potis stößt. Nein, keine Gewalt, das war natürlich ein Witz.
Neve-Smoothie
Doch was sollen solche Fabulierungen, es geht schließlich um Sound, um Neve-Sound. Und dieser legendäre Klangcharakter, er ist definitiv da. Absolut genial ist der Sound des Mittenbandes, welches in wirklich sämtlichen Settings seine Macht zeigt und jedem erklärt, weshalb eben dieser Neve-Sound bei Engineers in der Pop- und Rockmusik so beliebt ist. Alle Signale werden durch das Spulenfilter schön charmant und feinkörnig, sämig, ich muss dabei immer an eine gut geschüttelte Salat-Vinaigrette denken oder einen perfekten Smoothie. An Vocals merkt man es besonders gut, denn diese erhalten eine angenehme Griffigkeit, die vor allem dem Übertrager zugeordnet werden kann. Der leichte Boost bei 1600,3200 oder 4800 Hz kann in einer Mischung Wunder bewirken.
Für dich ausgesucht
Gerne mehr!
Dass im Höhenband viele Frequenzen zur Verfügung stehen, ist ein Segen und erweitert den klassischen Einsatz enorm. Mit einem leichten Boost bei 20 kHz kann man Luftigkeit erzeugen, wo heute viele Signale zu britzelig sind, kann man bei 10 kHz zähmen. Allerdings hätte ich es toll gefunden, wenn Heritage das Spielchen noch etwas weiter getrieben und größere Überlappungen ermöglicht hätten. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Baxandall-Shelves deutlich anders klingen als das induktive halbparametrische Mittenfilter. Aber man kann nicht alles haben. In den Tiefen bin ich mit den Auswahlmöglichkeiten zufrieden, mit dem natürlich nicht verfärbungsfreien Klang natürlich auch, besonders auf nicht zu perkussiven Signalen wie Legato-Bässen und Synthies. Dass ein Hochpassfilter nicht aktiviert werden kann, ist in vielen Fällen nicht schlimm, bei mir erledigt diese Aufgabe im Zweifel der benachbarte Heritage-Preamp, der über eine zuschaltbare Tiefensperre verfügt.