(Zu) einfaches GUI – Design und Bedienbarkeit des HA1200 TapeSat in der Praxis
Kommen wir zum HA1200 TapeSat Plugin selbst: Es ist bewusst minimalistisch gehalten und kommt mit wenigen Bedienelementen aus. Leider ist das GUI auf meinem Mac nicht optimal skaliert – die Schriftarten fransen etwas aus, was den visuellen Eindruck leider beeinträchtigt.
Auch das große, sich drehende Band nimmt unnötig viel Platz ein, während die eigentlich relevanten Bedienelemente viel zu klein wirken. Hier hätte ein durchdachteres Layout für mehr Übersicht sorgen können.
Im direkten Vergleich hat Arturia mit dem J37 das Design deutlich besser umgesetzt: optisch ansprechender und funktional vielseitiger – und das zum gleichen Preis von 99 Euro, wobei es das Arturia Plugin sicherlich bald günstiger im Bundle gibt.
Das Heritage-Plugin bietet zudem nur acht Presets, die jedoch kaum ins Gewicht fallen. Dank der A/B-Vergleichsfunktion kann man sich aber schnell zwischen zwei unterschiedlichen Settings entscheiden, was in den meisten Fällen völlig ausreichend sein dürfte.
FĂĽr dich ausgesucht
🎧 Hören statt Sehen?
Positiv fällt somit auf, dass Heritage Audio den Fokus bewusst auf das Hören legt. Ohne ablenkende visuelle Effekte oder bunte Spektralanalysen ist man gezwungen, den eigenen Ohren zu vertrauen – was durchaus seinen Reiz hat.
![](https://cdn-image.bonedo.de/wp-media-folder-bonedo/2025/02/Heritage_HA1200_Detail-1024x614.jpg)
Dennoch stellt sich die Frage, ob nicht zumindest grafische Darstellungen von THD und ggfls. Kompression hilfreich wären, um den Vintage-Charakter besser bzw. “schneller in der Bedienung” digital abzubilden. Auch eine Funktion, um Lautstärke-Unterschiede auszugleichen, wäre wünschenswert, genau wie ein finaler Limiter.
Funktionen des HA1200 TapeSat
Die wichtigsten Parameter für den Klang sind SPEED, TAPE und LEVEL. Diese Regler bestimmen den Sound maßgeblich. Die beiden weiteren Regler, INPUT (–12 dB bis +24 dB) und OUTPUT (–24 dB bis +12 dB), dienen eher dem Gain-Staging, beeinflussen den grundsätzlichen Klangcharakter eher weniger. Hinzu kommt der obligatorische Bypass-Schalter.
Was leider gänzlich fehlt: ein Dry/Wet, konkrete Werte an den Reglern sowie die Möglichkeit Parameter-Werte als Zahl einzugeben. Immerhin werden der Status von Tape, Level und Speed im Display mit der 7-Segment-Anzeigen gespiegelt.
Klangregelung: NOS Vintage Tapes & Speed-Parameter im Detail
Der dreistufige Regler SPEED steuert die Bandgeschwindigkeit:
- 7,5 IPS – Erzeugt einen leicht muffigen Sound mit betontem Low-End
- 15 IPS – Der körnige Standard, klanglich relativ neutral
- 30 IPS – Liefert einen HIFI-ähnlichen Glanz mit mehr Brillanz und Transparenz
Mit TAPE wählt man zwischen sechs Bandsorten, welche den Klangcharakter weiter formen:
- 250 – Musikalische, warme Sättigung
- 456 – Verbesserte Transientenabbildung
- 499 – Klarer und natürlicher Klang
- 911 – Betonte Höhen und verstärkte Bässe
- GP9 – Prägnante Mitten
Mit dem LEVEL Regler wird Kalibrierung vorgenommen, bzw. die Sättigung feinjustiert. In Kombination mit SPEED und TAPE entstehen dadurch unterschiedliche Harmonics und Sättigungsgrade, die das Drive-Verhalten beeinflussen.
🎶 Wie klingt das HA1200 TapeSat in der Praxis?
Das Heritage Audio HA1200 TapeSat Plugin überzeugt grundsätzlich mit einem angenehm griffigen Sound, der die Durchsetzungsfähigkeit von Einzelspuren sowie des gesamten Mixes deutlich verbessert. Nachteilig wirkt sich indes u.U die deutliche Peak-Verstärkung aus, sodass man bei bereits bearbeiten Files ohne einen nachgeschalteten Limiter kaum Loudness gewinnen kann ohne den zu clippen.
Die unterschiedlichen Kombinationen aus SPEED, TAPE und LEVEL bieten eine breite Palette an Klangvariationen, die sich jedoch auch nicht extrem voneinander unterscheiden – was bei gut kalibrierten Hardware allerdings ebenfalls durchaus zu erwarten ist.
Beispielsweise bleiben die Bässe in den meisten Einstellungen lange knackig und vermeiden, schnell verwaschen zu klingen. In kräftigeren Einstellungen tendiert der Sound hingegen eher zu Clipping, was in einigen Fällen erwünscht sein kann. Interessant ist, dass die Variation von Tapes und Level auch nicht immer linear verläuft, was den Spieltrieb fördert, aber das Risiko birgt, sich in Irrelevanzen zu verlieren.
Im Vergleich zum Arturia Plugin, das eine andere Bandmaschine simuliert, liegen die Unterschiede vor allem im Gesamtbild und weniger in den grundlegenden Eigenschaften. Das Arturia Plugin ermöglicht dadurch deutlich drastischere Effekte, welche allerdings wenig mit der eigentlichen Bandsättigung zu tun haben. Das Heritage Audio Plugin bietet im engeren Rahmen dafür mehr Nuancen und bleibt in extremen Einstellungen stabiler, ohne dass der Sound eben “kaputt” klingt. Es bleibt damit realistischer, auch was das Stereobild betrifft, wohingegen das Arturia Plugin deutlich mehr “spreadet”.
Zusammengefasst: Das HA1200 TapeSat bleibt auch bei extremen Einstellungen weitestgehend authentisch und liefert präzise, realistische Band-Sättigungs-Effekte, ohne dabei die Balance oder Klarheit zu verlieren.
Zwischenfazit: Arturia vs. Heritage Audio
Das Arturia Plugin macht definitiv mehr Spaß: Es ist optisch ansprechender, lässt sich intuitiver bedienen und bietet auch klanglich mehr als nur reine Tape-Saturation. Wenn man jedoch eher auf authentischen Klang setzt, bei dem die ursprüngliche Bandmaschine im Vordergrund steht, ist Heritage Audio im Vorteil – auch wenn die GUI noch einiges an Verbesserungspotential hat.