PRAXIS
Clean Channel – „Clean“ (Twang deaktiviert) produziert bei moderater Lautstärke einen sehr durchsetzungsfähigen, runden, warmen, klassischen Rocksound, der an einen VOX AC 30 erinnert. Gitarren mit obertonreichen Single Coils kommen hier tatsächlich sehr britisch rüber. Mit diesem Sound juckt es in den Fingern, mal wieder so legendäre Rock-Oldies wie „All Right Now“ oder „Natural Born Boogie“ anzustimmen (wie ging noch mal der Refrain?).
Im ersten Drittel des Regelwegs lässt der Amp ein klares Signal hören. Im weiteren Verlauf mischen sich bereits deutlich fein gezeichnete Crunchs unter den klaren Ton, wobei die vielen Schattierungen von der Ausgangsleistung der verwendeten Pickups abhängig sind. Humbucker crunchen deutlich mehr als Single-Coils. Die typischen Crunchs im Clean-Channel, die durch die Übersteuerung der kleinen Endstufe hervorgerufen werden, schmeicheln dem Ohr, wenn man alten Blues und alten Rock mag. Bei brüllender Lautstärke sind plötzlich die alten AC/DC-Riffs wieder da und es wird Zeit, die Ohrenschützer überzustülpen.
Mit dem Twang-Schalter wird der Sound im Clean-Channel insgesamt etwas mittiger. Die Tour durch die Staaten kann jetzt beginnen. Und tatsächlich, hängt man einen Kompressor zwischen Gitarre und Amp, kann man das kalifornische Lebensgefühl à la Larry Carlton wirklich gut nachempfinden. Im mittleren Westen dagegen gibt es Kommunikationsstörungen mit den Alteingesessenen. Glasklare Rhythmen sind dem kleinen, schnell crunchenden Röhrenherz nicht authentisch zu entlocken. Typische Riffs auf den tiefen Saiten drücken im Bassbereich nicht wirklich, obwohl die Testgitarre mit fenderähnlichen EMG Single-Coils bestückt ist. In Nashville wird der kleine DUAL EL 84 als Tourist zwar respektvoll behandelt, aber als Native-Speaker geht er nicht durch. Vielleicht geht’s mit einer Tele besser.
Drive-Kanal – Der Drive-Kanal kommt ziemlich rotzig daher, wenn der Gain-Regler bis 30% aufgedreht wird. Dann klingt es wie beim frühen Clapton bei „Sunshine Of your Love“ und bei höheren Gain-Einstellungen kommt einem „Whole Lotta Love“ in den Sinn.
Die High-Gain-Sounds mit Booster sind recht schwierig zu bändigen und es kommt vor, dass ein plötzlich wild gewordener Ton nicht mehr souverän unter Kontrolle gehalten werden kann und auszubrechen droht. Will man dies verhindern, dann bleibt nichts anderes, als sich dem Willen des Amps zu unterwerfen. Der Amp ist es, der bei allen Improvisationen das Sagen hat und viele Entscheidungen trifft. Ganz klar, dass das Spielgefühl unter dieser Situation leidet. Dies sind keine guten Aussichten und zeigt, dass dieses High-Gain-Signal für echten Metal substantiell nicht geeignet ist (Audio: Drive-Kanal m. Boost).
Für dich ausgesucht
Die gemeinsame Klangregelung für beide Kanäle geht dagegen voll in Ordnung. Beide Signale ließen sich kompromissbereit miteinander kombinieren. Noch mehr: Der Staatsmann gab beim Umschalten in jeder Situation ein Soundbild ab, das demselben authentischen Klangkörper entstammte.
Allerdings sind MID und TREBLE voneinander abhängig, denn eine Höhenanhebung bewirkt eine Mittenabsenkung und umgekehrt. Die große Federhallspirale (Accutronics) gibt dem Sound mehr Raum und Tiefe. Eine Besonderheit ist der Reverb-Panner, mit dem der Hallanteil für beide Kanäle eingestellt werden kann. Ein Effekt-Einschleifweg sorgt für die optimale Einbindung externer Effektgeräte. Röhrenwechsel und Bias-Abgleich sind ohne Demontage des Gehäuses möglich.
Zum Abschluss jetzt noch einmal zwei Audios, die den Sound des Statesman im Band-Zusammenhang zeigen.
Sound-Infos “Rock me…”:
Gitarre 1: Ibanez Pro Line (gedoppelt) mit EMG-Tonabnehmer (Neck Single-Coil), kein Kompressor, Amp: Hughes & Kettner Statesman: Drive Channel: ca 30% = crunch (ohne Boost bzw. Twang; Master: 5% (bei Zimmerlautstärke aufgenommen), Studiohall, Mikrofon: Neumann TLM 103 / 10 cm vor dem Speaker. Gitarre 2 (Solo Guitar): Epiphone (beide Pickups, Mittelposition), kein Kompressor, Amp: Hughes & Kettner Statesman: Drive Channel: ca 30% = crunch (ohne Boost bzw. Twang; Master: 5% (bei Zimmerlautstärke aufgenommen), Studiohall, Mikrofon: Neumann TLM 103 / 10 cm vor dem Speaker.
Sound-Infos “Dreamin of July”:
Gitarre: Ibanez Pro Line mit EMG-Tonabnehmer (Neck Single-Coil) mit einem MXR Kompressor schon bei der Aufnahme leicht komprimiert
Amp: Hughes & Kettner Statesman: Drive Channel: ca 40% (ohne Boost bzw. Twang; Master: 5% (bei Zimmerlautstärke aufgenommen),
Studiohall´, Mikrofon: Neumann TLM 103 / 10 cm vor dem Speaker