PRAXIS
Wir beginnen unseren Praxis-Check mit dem cleanen Kanal. Dazu habe ich die Klangregelung in eine neutrale mittlere Position gebracht, das heißt, Treble, Middle und Bass stehen auf 12 Uhr, der Volume-Regler auf 9, und schon jetzt überrascht der Verstärker mit respektabler Lautstärke. Hier ist das Ergebnis mit einer Strat.
Mit seinem etwas höhenbetonten Basischarakter zeigt sich der Amp angelehnt an amerikanische Vorbilder. Dreht man die Mitten etwas heraus und Bässe und Treble weiter auf, erhält man einen wunderbar perligen Ton, der sich bestens für Begleitungen mit Akkord-Arpeggios eignet. Der Clean-Channel hat diese schönen klaren Höhen, die man bei unverzerrten Sounds benötigt, um im Bandgefüge gehört zu werden, ohne dass den Musikern auf der Bühne die Ohren klingeln, weil der Ton so schrill ist.
Jetzt wird etwas extremer geschraubt und wir gehen an die Grenzen … Dazu habe ich den Treble-Regler voll aufgedreht, den Bass auf 16 und die Mitten auf 11 Uhr justiert. Schließt man nun eine Tele an und wählt den Halspickup, bekommt man diesen „Voll-in-die-Fresse“-Funksound: Einen extrem knackigen Attack und trotz voll aufgerissenem Treble-Regler nichts Bissiges oder Schrilles – was von einer sehr guten Voreinstellung der Klangregelung zeugt!
Nachdem wir die Grenzen der Klangregelung getestet haben, geht es an die Lautstärke. Mal sehen, wie laut der Amp klingen kann, bis die Verzerrung der Endstufe einsetzt. Für den Härtetest muss eine Gitarre mit Humbuckern herhalten, in diesem Fall eine ES-335, und bei etwa 13 Uhr – am Volume-Regler wohlgemerkt – fängt der Clean-Channel leicht zu zerren an. Da befinden wir uns aber schon in Lautstärkebereichen, die sich in jeden Fall auch auf der Bühne sehr gut durchsetzen. Für den Jazzkeller oder den Gig mit der Funk-Soul-Combo im kleinen Club sind die Cleanreserven daher völlig ausreichend.
Was leider negativ auffällt, ist der Hall. Ich weiß nicht, ob ihr es beim Beispiel “Clean max.” gehört habt, aber was da im Hintergrund mitsummt, ist der Hall. Eigentlich ist er komplett heruntergedreht, aber immer noch leise mit dabei. Beim Spielen von längeren Tönen oder Akkordgeschrammel fällt es nicht weiter ins Gewicht, aber kurze, perkussive Anschläge ziehen immer eine leise Hallfahne hinter sich her. Mich hat es jedenfalls gestört, obwohl das Problem beim Lead-Channel nicht so extrem zum Tragen kommt. So klingt der Clean-Channel bei einem kurzen Anschlag mit komplett heruntergedrehtem Reverb.
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Wer allerdings auf Federhall steht, der kommt mit einem schönen, warmen Reverbsound auf seine Kosten, der sehr gut zu jazzig angehauchten Cleansounds mit der Semi-Akustikgitarre passt. Die Klangregelung ist uhrmäßig wie folgt eingestellt: Treble 9, Middle 12, Bass 15.
Dreht man den Clean-Channel voll auf und traktiert ihn mit einer Humbucker-Gitarre, bekommt man eine satte Endstufenverzerrung bei recht hoher Lautstärke. Immer wieder erstaunlich, was 20 Watt so alles vibrieren lassen können! Auch die dynamische Ansprache, also die Steuerung des Verzerrungsgrades über den Anschlag an der Gitarre, bietet keinen Grund zur Kritik. Sehr schön!
Der Channel-Switch-Taster ist gedrückt, die Klangregelung ordentlich in die mittlere Position gerückt und wir hören uns den Lead-Channel mit einer Strat an. Der Gain Regler steht auf 9 Uhr und wir erhalten einen höhenbetonten Crunchsound.
Classic-Rock-Sounds erzeugt man mit einer SG und einer Gaineinstellung bei 10 Uhr. Dabei habe ich die Mitten auf 16 Uhr weit aufgedreht und Treble und Bass bei 12 Uhr in mittlerer Position belassen.
Trotz weit aufgedrehtem Mittenregler und zurückgenommenen Höhen hat der Amp nicht diesen warmen britischen Ton, sondern eher einen leicht aggressiven Zerrsound mit einer Anhebung in den oberen Mitten und Höhen. Grund genug, dass wir uns den Wirkungsbereich der Klangregelung etwas genauer anschauen. Es geht los mit dem Treble-Poti. Der Regler steht erst auf Minimalposition und dann auf Maximum. Die beiden anderen, Middle und Bass, bleiben auf 12 Uhr.
Die Höhen werden ab etwa 2 kHz extrem angehoben, was den Sound in diesem Kanal bei Einstellungen ab 14 Uhr sehr schrill werden lässt. Das kommt daher, dass bei höheren Werten zusätzlich zum Höhenboost auch noch die Bässe abgesenkt werden und der Klang somit an Wärme verliert und extrem kratzig wird. Das ist leider kein Vergleich zum perligen Cleansound bei aufgedrehtem Treble-Regler.
Jetzt ist der Middle-Regler am Start, zuerst abgedreht, dann voll auf. Die beiden anderen stehen auf 12 Uhr.
Middle wirkt ab etwa 700 Hz, hat einen recht breitbandigen Wirkungsgrad und senkt dadurch bei niedrigeren Werten die restlichen höheren Frequenzen mit ab. Das heißt, dass der Pegel komplett abgesenkt wird, dreht man die Mitten heraus, wie man am Audio Beispiel deutlich hören konnte.
Der Wirkungsbereich des Bassreglers ist der kleinste von allen Dreien, was auch völlig normal ist. Dreht man ihn voll auf, dann wird der Gesamtsound etwas wummerig. Hier das gleiche Spiel wie vorher: Bass zuerst komplett weg, dann voll aufgedreht, während Treble und Middle auf 12 Uhr eingestellt sind.
Mit komplett zurückgenommenen Mitten und weiter aufgedrehten Höhen und Bässen kann man auch mit dem kleinen Combo in Richtung Modern Rock/Metal Riffs so Einiges veranstalten. Selbstverständlich habe ich den Gainregler etwas höher eingestellt.
Ich bin wirklich sehr vom Druck und Abstrahlverhalten des 12“ Speakers beeindruckt. Manche 1×12 Combos klingen ab einer gewissen Lautstärke immer etwas „nölig“ und blechern, weil eben die größere Membranfläche für einen amtlichen Schalldruck fehlt, aber der Edition Tube macht eine wirklich gute Figur: breiter Abstrahlwinkel und druckvoller Sound.
Zu guter Letzt widmen wir uns dem Gainregler und seiner Macht … zuerst Minimaleinstellung, dann 12 Uhr und danach auf 17 Uhr die volle Presse. So klingt das Ganze mit einer Les Paul.
Die Bandbreite des Verzerrungsgrades ist groß, von knackigen Crunchsounds bis zu Hi-Gain Lead-Tones ist einiges im Angebot. Der Ton wird jedoch bei höheren Gain-Einstellungen etwas matschig, die Anschläge, die vorher zu hören waren, verschwinden im Distortion-Dschungel.
Martin sagt:
#1 - 22.04.2015 um 14:25 Uhr
Seit 5 Jahren bin ich Besitzer dieses AMPS.
Der Clean Kanal ist absolute Spitze (der abgedrehte Reverb klingt bei mir nicht nach).
Der Drive Kanal ist gelinde gesagt unbrauchbar. Hätte H&K es beim Einkanäler gelassen sähe die Bewertung komplett anders aus. Der Clean Kanal wie auch der Einschleif FX arbeiten hervorragend mit Bodentretern. Die Crunch und Lead Sounds lassen sich mit Bodentretern am Clean Kanal mit hervorragender Soundqualität Qualität realisieren. In Sachen Langlebigkeit gibt es nichts zu meckern. Die russischen Röhren scheinen unverwüstlich.