Versetzt ihr euch in einen Drummer, so werdet ihr feststellen, dass dieser nicht in der Lage ist, Timing und Dynamik einer beliebigen Rhythmik zu jedem Zeitpunkt genau hundertprozentig zu rekonstruieren. Das ist gut, denn diese Unvollkommenheit trägt dazu bei, der Musik ihren besonderen Reiz zu verleihen. Programmierten Drums fehlt jedoch oft ein gewisses Feeling, sodass das Ergebnis statisch und langweilig klingt. Anhand der beliebten Digital Audio Workstation Ableton stellen wir euch in zwei aufeinander aufbauenden Artikeln verschiedene Ansätze und Werkzeuge vor, die eure Beats zum Leben erwecken.
Timing
Wie wir bereits eingangs festgehalten haben, sind leichte Schwankungen im sogenannten Micro-Timing offensichtlich natürlich. Im virtuellen Tonstudio hängt man jedoch schnell im Quantisierungsraster des Sequenzers fest. Somit geht es nicht darum, die einzelnen MIDI-Noten penibel am Grid anzuordnen, sondern vielmehr darum, einen lebendigen Groove zu programmieren. Nun kommt sicherlich die Frage bei euch auf: Wie kann ich diesen Faktor mittels der DAW realisieren?
MIDI-Controller
Um der Unvollkommenheit Raum zu geben, bietet es sich an, eure Drums mit einem MIDI-Controller einzuspielen. Dafür empfiehlt es sich, ein MIDI-Keyboard oder einen Pad-Controller mit Anschlagsdynamik zu nutzen. Diese Arbeitsweise bringt den Vorteil mit sich, dass ihr automatisch nicht lediglich das Timing, sondern auch die Dynamik auf eine natürliche Art und Weise variieren könnt.
Falls ihr Schwierigkeiten damit habt, „tight“ zu performen, so könnt ihr eingespielte MIDI-Noten annähernd zum Grid quantisieren, ohne das gewisse Human Feeling zu verlieren. Dafür müsst ihr im MIDI-Noten-Editor, mit einem Rechtsklick, die Quantisierungs-Einstellungen aufrufen. Mit dem Parameter „Intensität“ bestimmt ihr, wie stark sich die Annäherung an das entsprechende Quantisierungsraster orientieren soll.
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Deaktivierung des Quantisierungsrasters
Eine weitere Herangehensweise stellt die Deaktivierung des Quantisierungsrasters beim Programmieren eurer Beats dar. Im Kontext-Menü des MIDI-Noten-Editors könnt ihr die Rasterung ausschalten. Daraufhin lassen sich MIDI-Noten willkürlich einzeichnen bzw. subtil vom Grid vor und zurück schieben. Damit ihr beim Setzen der einzelnen Schläge nicht ganz verloren seid, helfen nach der Deaktivierung des Rasters die verblassten Rasterlinien, um sich grob orientieren zu können. Experimentiert mit unterschiedlichen Platzierungen und verlasst euch beim Setzen der Schläge nicht auf eure Augen, sondern auf eure Ohren.
Swing
Groove-Pool
Ableton besitzt eine umfangreiche Datenbank an unterschiedlichen Swing-Stufen, die im Groove-Pool zu verorten sind. Diese Funktion befindet sich unterhalb des Browsers. Mithilfe des wellenförmigen Buttons wird der Groove-Pool ein- und ausgeblendet. Mit einem Rechtsklick innerhalb des Tools lässt sich die Groove-Library öffnen. Mit der Vorhörfunktion könnt ihr euch einen Eindruck über die verschiedenen Stufen verschaffen. Mit einem Doppelklick wird ein ausgesuchter Swing aus der Library in das Projekt übernommen. Nun müsst ihr diesen nur noch einem MIDI-Clip zuordnen. Via Drag and Drop bewegt ihr den Swing in den MIDI-Noten-Editor. Alternativ kann in der Clip-Ansicht auch mit dem Hot-Swap-Button durch den Groove-Pool navigiert werden. Danach ist der Swing im Clip-Groove-Wahlmenü dem Clip zugeordnet. Habt ihr euch für einen Swing entschlossen, kann dieser mit der „Commit“-Funktion, die sich unterhalb des Clip-Groove-Wahlmenü befindet, in den MIDI-Clip eingerechnet werden. Jetzt seht ihr im Noten-Editor welche Auswirkungen der Swing auf die einzelnen Steps hat.
Eine Funktion sollte in diesem Zusammenhang noch hervorgehoben werden: Jeder Swing-Typ beinhaltet auch einen Zufallsgenerator, der das Timing zufällig variiert. Je größere Werte ihr in das Parameter „Zufall“ eintragt, desto stärker werden sich die Schwankungen auf das Mirco-Timing auswirken.
Dynamik
Auf Wunsch könnt ihr das Verhältnis zwischen dem lautesten und leisesten Velocity-Wert auch einschränken. Im Ableton-Instrument-Sampler könnt ihr mithilfe des Parameters „Vol
Mithilfe der Velocity lassen sich vor allem Betonungsmuster gestalten. Zum Beispiel könnt ihr bei einem 4/4-Takt die Viertel am stärksten betonen, die Sechszehntel am wenigsten und die Achtel liegen vom Betonungsgrad dazwischen. Wer dieses einfache Betonungsschema berücksichtig und mit einem Swing kombiniert, wird erfahren, dass man auf diesem Wege aus einem maschinenartigen Loop, einen treibenden und lebendigen Groove formen kann. In den nachfolgenden Soundbeispielen könnt ihr euch einen Höreindruck über den Prozess verschaffen:
Groove extrahieren
Ebenso praktisch wie inspirierend ist das Extrahieren von Audiomaterial. Wenn ihr den Groove eines beliebigen Musikstücks oder eines Audio-Loops einfangen wollt, hilft euch diese Analysefunktion. Ableton schaut sich das Timing und die Dynamik von Audiofiles genau an und erstellt ein entsprechendes MIDI-File im Groove Pool – aus Audio wird MIDI.
Mit einem Rechtsklick auf den Audio-Clip und der Betätigung der Funktion „Groove extrahieren“ wird der Vorgang ausgeführt. Das Ergebnis kann wie ein Swing auf MIDI sowie auf Audio-Clips angewendet werden. Um zu sehen, was die Funktion analysiert hat, bietet es sich an, den extrahierten Groove aus dem Groove-Pool auf eine MIDI-Spur zu ziehen.
Mit dem „Timing“ und der „Dynamik“ haben wir zwei Faktoren kennengelernt, die in der Digitalen Audio Workstation euren programmierten Drums die nötige Lebendigkeit entlocken. Im nachfolgenden Artikel lernt ihr unter anderem zahlreiche Modulationspraktiken kennen, die euch bei der Programmierung eurer Beats helfen werden, zusätzliche Variation und Unberechenbarkeit in den Klang zu implementieren.