Zwei Trends kann man in den letzten Jahren bei Bässen ganz klar erkennen: Zum einen bestücken immer mehr Hersteller ihr Portfolio mit sogenannten „Multi-Scale-Modellen“, und zum anderen erlebt der in den 1980er-Jahren sehr populäre Headless-Bass überraschenderweise gerade eine erstaunliche Rennaisance!
Es drängt sich also geradezu auf, beide Attribute zu vereinen und eine kopflosen Multi-Scale-Bass zu konstruieren. Ibanez hat dies bereits getan und bietet seit 2020 in der erfolgreichen EHB-Serie einige Headless-Bässe mit Fanned Frets an. Ein sechssaitiges Modell war bis vor Kurzem allerdings nur in der etwas kostspieligeren Version mit schickem Top und Nordstrand-Pickups erhältlich. Mit dem EHB1006MS hält die hohe C-Saite nun auch Einzug in die preisgünstigere EHB-Linie. Interessanterweise setzt Ibanez beim neuen EHB-Sechsaiter allerdings nun nicht mehr auf die altbekannten Bartolini BH2-Humbucker, sondern verbaut die komplett neu im Hause entwickelten T1-Pickups, die bereits auch in den aktuellen BTB-Multi-Scale-Modellen zum Einsatz kommen. Ich bin sehr gespannt, wie der futuristisch anmutende Headless-Sechssaiter mit den neuen Ibanez-Pickups klingt und freue mich auf den Test!
Zubehör
Der Ibanez EHB1006MS wird in einer dünn gepolsterten Tasche ausgeliefert, die mit zusätzlichen Fächern für Zubehör ausgestattet ist – Kabel, Stimmgerät, Noten und das eine oder andere Pedal bekommt man hier problemlos verstaut. Mit der leichten Tasche kann man den Bass auch bequem zum Gig oder zur Probe tragen. Wer allerdings eine professionelle Lösung sucht, die den Bass wirklich gut vor Remplern oder ähnlichem Ungemach schützt, sollte besser in eine hochwertigere und ordentlich gepolsterte Gig-Bag investieren. Aufgrund der kompakten Bauweise passt der EHB1006MS sicherlich auch in die eine oder andere Gitarren-Gigbag! Mit an Bord ist natürlich das übliche Werkzeug für die Einstellarbeiten am Bass.
Korpus
Der Fokus steht bei den Bässen aus der EHB-Serie unverkennbar auf der Ergonomie und dem Spielkomfort. Wirklich alles ist auf dieses Thema getrimmt – und natürlich spielt der Korpus hier ein Hauptrolle. Er besteht aus amerikanischer Linde und hat eine sehr kompakte Form.
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Außerdem sorgen zahlreiche Konturen für eine angenehme Handhabung: Zum einen ist die obere Hälfte der Rückseite zur Kante auslaufend etwas abgeflacht, sodass sich der Bass sowohl am Gurt als auch in der Sitzposition leicht zum Spieler neigt. Der Blick auf das Griffbrett wird dadurch etwas erleichtert, was die meisten Bassisten sicherlich zu schätzen wissen werden. Zum anderen wurde das untere Korpushorn sehr weit ausgeschnitten und mit einer Abrundung versehen, damit auch der letzte Bund wirklich leicht zu erreichen ist.
Ein ausschlagendes Kriterium für die Ergonomie ist natürlich auch das Gewicht. Damit der Sechsaiter nicht zu viel auf die Waage bringt, wurden Hohlkammern in den Korpus eingebracht. Im Ergebnis wiegt mein Testexemplar gerade mal 3,8kg – das ist für einen Sechssaiter ohne Frage sensationell leicht!
Als Finish kommt schließlich eine matte Lackierung in Metallic-Grau zum Einsatz, die meines Erachtens ganz gut zur futuristischen Optik des Headless-Basses passt. Die Stegkonstruktion des Ibanez EHB1006MS setzt sich – wie bei den meisten Multi-Scale-Bässen – aus einzelnen Elementen zusammen.
Hierbei handelt es sich im Grunde genommen um die bereits von anderen Ibanez-Bässen bekannten Mono-Rail-Elemente. Bei der Headless-Version für die EHB-Bässe wurden aber logischerweise die Stimmmechaniken direkt in die Elemente mit integriert.
Der sogenannte MR6HS-Steg ist dreidimensional zu justieren – er bietet also Einstellmöglichkeiten für Saitenlage, die Bundreinheit und für die Saitenabstände (+/- 1,5mm, ab Werk 17mm). Qualitativ macht die Stegkonstruktion, wie man es von Ibanez gewöhnt ist, einen guten Eindruck.
Die Mechaniken laufen relativ leicht und halten die Stimmung zuverlässig, zudem wirken sämtliche verwendeten Komponenten robust. Als Gurthalter kommen beim EHB1006MS bewährte S-Locks von Schaller zum Einsatz, und die verriegelnde Klinkenbuchse stammt von Neutrik – hier setzt Ibanez also auf bewährte Qualitätsprodukte von renommierten Herstellern!
Hals
Wir haben es beim Ibanez EHB1006MS mit einem Multi-Scale-Bass zu tun – jede Saite besitzt also eine andere Mensur. Die Werte betragen bei der H-Saite ((https://www.bonedo.de/artikel/pimp-my-b-string-wie-man-eine-h-saite-besser-klingen-lassen-kann/)) 35“ bzw. 889mm und die der C-Saite 32,5“ bzw. 825.5mm.
Die Halskonstruktion selbst wurde mit fünf Schrauben am Korpus befestigt und besteht aus insgesamt fünf Teilen – drei breite Streifen aus geröstetem Ahorn wurden mit zwei schmalen Walnussfurnieren verleimt. Zur zusätzlichen Verstärkung der Konstruktion kommen außerdem Graphit-Stäbe zum Einsatz.
Das dunkel gefärbte Griffbrett besteht ebenfalls aus geröstetem Ahorn und beherbergt 24 gefächerte Bünde im Jumbo-Format und runde Lagenmarkierungen. An der Griffbrettflanke sitzen zusätzlich sogenannte „Luminlays“. Sie bestehen aus fluoreszierendem Material und leuchten dementsprechend in der Dunkelheit. Wer schon einmal auf einer schlecht beleuchtenden Bühne oder beispielsweise im Theater gespielt hat, wird dieses Feature sehr zu schätzen wissen.
Praktisch ist auch, dass der EHB1006MS mit herkömmlichen Saiten bespannt werden kann und keine speziellen Double-Ball-Ends benötigt. Die Saitenenden werden ganz einfach mit sechs auf dem Halsfortsatz angebrachten Madenschrauben festgeklemmt.
Tonabnehmer / Elektronik
Wie in der Einleitung schon erwähnt, verwendet Ibanez beim EHB1006MS nicht die in zahlreichen Ibanez-Modellen eingesetzten Bartolinis aus fernöstlicher Fertigung, sondern komplett neue Pickups aus Haus eigener Entwicklung. Die Humbucker hören auf den schlichten Namen T1 und sehen sehr cool aus. Die beiden Spulen eines jeden Pickups sitzen nämlich in separaten schmalen Gehäusen, was besonders in Verbindung mit der schrägen Installation für einen sehr speziellen Look beim EHB1006MS sorgt.
Noch interessanter ist aber natürlich, wie die neuen Pickups klingen – mehr dazu im Praxisteil. Zur Verarbeitung des Signals steht eine flexible Elektronik inklusive 3-Band-Equalizer zur Verfügung. Am Bass wird der Preamp mit einem Lautstärkeregler, einem Balanceregler und zwei Doppelpotis für den Equalizer bedient. Das erste Doppelpoti ist im unteren Teil für die Bässe (cut & boost) und im oberen Teil für die Höhen (cut & boost) zuständig.
Mit dem zweiten Doppelpoti werden schließlich die Mitten justiert. Das Mittenband ist semiparametrisch ausgelegt – der untere Teil des Doppelpotis dient zum Auswählen und der obere Teil zum Anheben oder Absenken der gewünschten Frequenz. Die Bandbreite der Mittenfrequenz reicht dabei von 100Hz bis zu 6000HZ – hier ist also für jede Menge Flexibilität gesorgt.
Der Equalizer kann mit einem kleinen Schalter im Cockpit des Basses aber auch komplett aus dem Signal genommen werden. Der Höhenregler funktioniert dann als passive Tonblende zur Absenkung der Höhen wie bei einem klassischen Fender-Bass. Erfreulicherweise handelt es sich um einen echten Passiv-Betrieb, sodass der Sechssaiter auch ohne Batterie gespielt werden kann. Die für den aktiven Betrieb benötigte 9-Volt-Batterie sitzt in einem gesonderten Fach mit Klappdeckel und kann somit schnell und ohne Werkzeug ausgetauscht werden.