Die Ibanez Premium Series RG 970WBWZ im bonedo-Test – Viele Worte muss man über den Traditionshersteller aus Japan nicht mehr verlieren. In den 60ern des letzten Jahrhunderts wurde noch fleißig kopiert, spätestens aber in den 80ern sorgten namhafte Endorser wie George Benson, Alan Holdsworth, Pat Metheny, Joe Pass oder Steve Lukather dafür, dass Ibanez eigene, auf die jeweiligen Künstler zugeschnittene Instrumente entwickelte. Spätestens aber seit der Zusammenarbeit mit Steve Vai, Joe Satriani und damals noch John Petrucci und der Geburt der Jem und der RG-Serie sind diese Gitarren fest im New Rock/Metal etabliert und finden sich auf unzähligen Produktionen live wie auch im Studio wieder.
Die RG 970WBWZ-WLB aus der Ibanez Premium Serie, die unseren heutigen Test bestreitet, lässt schon mit ihrer äußeren Erscheinung keinen Zweifel an ihrer Herkunft aufkommen. Als typisches Mitglied der RG-Serie wird sie vieles von dem mitbringen, was diese Linie in den letzten Jahrzehnten an Neuerungen hervorgebracht hat und was inzwischen zum Standard wurde. Aber wir wissen auch, dass der japanische Hersteller nach wie vor für Überraschungen gut ist.
Details
Warum sind RG-Gitarren eigentlich so beliebt? Dazu schauen wir uns einfach einmal das vorliegende Modell mit dem klangvollen Namen RG 970WBWZ-WLB etwas genauer an. Die Korpusform kann man inzwischen getrost als Klassiker bezeichnen, sie ist sehr ergonomisch, besitzt einen Rippenspoiler an der Rückseite und tief eingeschnittene, spitz zulaufende Cutaways, mit denen sie sich deutlich von anderen Herstellern wie beispielsweise Fender absetzt.
Und wer hat’s erfunden? Steve Vai war’s. Der hatte nämlich ziemlich genaue Vorstellungen davon, wie sein optimales Arbeitsgerät auszusehen hat. Das Resultat ist sicherlich bekannt: Neonfarben, ein Griff im Korpus, ein unterfrästes Tremolo und andere für die damalige Zeit völlig abgefahrene Ideen. Auch wenn nicht alle diese Details die Jahrzehnte überstanden haben, die Form als solche lebt auch ohne Schmankerln in der RG-Serie weiter.
Der Korpus besteht aus Linde, wie bei den meisten Instrumente der RG-Linie. Linde liefert von Haus aus einen etwas tiefmittigeren, trockenen Grundsound, was gerade im HighGain-Betrieb gerne genommen wird. Optisch gepimpt wird der Korpus durch eine Nussbaum-Wurzelholzdecke, die von einem tadellos ausgeführtes Naturholzbinding sehr schön abgesetzt wird. Walnut Burst nennt sich die transparente Farbgebung, die sich zur Zarge hin abdunkelt, der gesamte Korpus ist hochglanzlackiert.
Auch die Hardware in Cosmo Black trägt ihren Teil zum attraktiven Erscheinungsbild der Gitarre bei. Für die H-S-H Bestückung kommen folgende Aggregate aus dem Hause DiMarzio zum Einsatz:
Hals: DiMarzio IBZ (H) N
Mitte: DiMarzio IBZ (S) M
Steg: DiMarzio IBZ (H) B
Geschaltet wird mithilfe eines Fünfweg-Schalters, zwei Potis mit Metallkappen regeln Lautstärke und Ton. Die beiden bieten genau den richtigen Widerstand, den man sich wünscht – leicht genug, um mit ihnen aktiv zu arbeiten, aber zu schwer, um versehentlich verstellt zu werden.
Das Ibanez Edge-Zero II Tremolo mit ZPS3Fesorgt in der Regel für weitgehend verstimmungsfreies Modulieren der Tonhöhe. Das ZPS3 steht für Zero Point System in der dritten Generation.
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Da es sich bei diesem Tremolo um eine Floyd Rose Lizenz handelt, funktioniert es nach dem Messerkantenprinzip. Es schwebt also und ermöglicht so ein exzessiveres Spiel à la Steve Vai. Schwierig wird es, wenn eine Saite reißt und sich damit die Saitenspannung im Verhältnis zum Gegenzug der Federn ändert. Folge ist normalerweise ein völlig verstimmtes Instrument. Genau hier kommt das Zero Point System ins Spiel, das einen Nullpunkt für die Bewegung des Tremolos festlegt, über den hinaus es durch die Federspannung nicht bewegt werden kann.
Ein Nachteil besteht darin, dass der Weg nach oben so gut wie nicht mehr vorhanden ist. Divebombs ja, für die entgegensetzte Richtung und ein frei bewegliches Tremolo muss der sogenannte Stop-Bar aus der Federkammer entfernt werden, was allerdings problemlos und mit zwei Handgriffen erledigt ist. Falls also ein Roadie hinter der Bühne im Fall des Falles bereitsteht und die zweite Gitarre in erreichbarer Nähe ist, darf es gerne auch bis zum Anschlag nach oben gehen. Eine Überwurfmutter fixiert den Tremoloarm und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, seine Gängigkeit einzustellen. Insgesamt ein bewährtes und super funktionierendes System. An der Rückseite lassen sich Federspannung, Tremolowinkel und das Zero Point System durch Öffnungen in der Abdeckung justieren, ohne dass diese abgenommen werden muss.
Zu einem Edge Tremolo gehört natürlich das Gegenstück in Form von drei Metallplättchen, die die Saiten am Sattel fixieren. Außer der für die Tremolomechanik finden sich zwei weitere Ausfräsungen, eine für das Elektronikfach und eine für die Klinkenbuchse, die in die untere Zarge eingelassen ist.
Auch was die Verarbeitung angeht, macht Ibanez einen sehr guten Job. Alle Fächer sind holzspanfrei, das Elektronikfach zusätzlich mit Graphitlack ausgepinselt, um Störgeräusche in Grenzen zu halten. Bis auf die Decke also eine ganz normale RG Premium (die übrigens alle in Java Timur, Indonesien gefertigt werden).
Kommen wir zum Hals. Dieser ist mit vier versenkt eingelassenen Schrauben mit dem Korpus verbunden und am Korpusübergang abgerundet, was es der linken Hand erheblich erleichtert, die oberen Bünde zu erreichen. Der Hals besteht aus fünf Teilen Wenge und Bubinga, eine Holzkombination, die man eher von Bässen als von Gitarren her kennt. Da es sich um recht harte Hölzer handelt, verspricht Ibanez ein schnelleres Attackverhalten und einen fetteren Ton. Mehr dazu im Praxisteil.
Fakt ist, dass der Hals einfach super aussieht – hier hat man auf Lack verzichtet und ihn lediglich geölt und gewachst. Als Griffbrett kommt Palisander zum Einsatz, auf dem 24 fette Jumbo-Bünde versenkt wurden. Auch hier stimmt alles, nicht ein einziger Punkt der Kritik. Die Punkteinlagen auf dem Griffbrett sind diesmal nicht mittig angeordnet, sondern befinden sich weiter oben am Rand, was dem Instrument recht gut steht. Aber auch die Halskante ist mit kleinen weißen Punkten versehen.
Das von Ibanez bekannte Wizzard-Halsprofil, das hier zum Einsatz kommt, könnte man am einfachsten mit dem Etikett ’Formel 1’ belegen. Der Hals ist flach und nicht sonderlich breit, auch Kollegen mit etwas kürzeren Fingern dürften keine Probleme haben.
Unter der Plastikabdeckung hinter dem Sattel findet man den Zugang zum Halsstellstab, das benötigte Werkzeug im Softcase. Ibanez hat freundlicherweise eine Art Schweizermesser für Gitarristen und Bassisten beigelegt. Hier sind alle Schraubenzieher, Inbusschlüssel, Maulschlüssel für den Halsstab und sogar ein Lineal vereint, also alles Dinge, die man immer irgendwie zur Wartung und zum Einstellen seiner Gitarren braucht. Wie die Werkzeuge verwendet werden, wird in einem kleinen mehrsprachigen Buch sehr gut erklärt.
Zu guter Letzt noch die Mechaniken, die sich am angewinkelten Hals in einer Reihe befinden. Es handelt sich hierbei um geschlossene Ibanez-eigene Typen, die ihren Dienst tadellos verrichten. Noch ein Wort zum Gewicht: Exakt 3412 Gramm bringt unsere Kandidatin auf die Waage und hängt perfekt ausgewogen am Gurt, bzw. liegt auf dem Bein. So weit alles bestens, aber wie klingt das gute Stück?