Praxis
Keine Frage: Leichtigkeit kommt in Mode. Fast scheint es, als hätten viele Hersteller das ewige Gemurre über zu hohes Gewicht erhört und die Gunst der Stunde durch moderne Materialauswahl, reduzierte Masse und konstruktionsbedingte Tricks genutzt, um jedes überflüssige Gramm einzusparen. So wiegt auch der Ibanez Premium SR1405-DRF lediglich 3,2 kg und hängt am Körper wie eine Feder. Zudem schmiegt sich der schmale Korpus toll an den Körper an. Im Sitzen zieht der Hals leicht nach unten, während der Bass am Gurt hängend im Stehen absolut ausgewogen hängt. Der Spielkomfort ist sehr komfortabel, wobei für mich persönlich das Spacing der Saiten zueinander etwas eng gehalten ist. Aber das ist natürlich immer noch Geschmacksache, und für die Verwendung eines Plektrums ist ein enges Spacing ja sogar von Vorteil. Auch für das Fingerspiel ist es angenehm – nur für den Slap-Style muss man sich definitiv erst einmal an die engen Räume gewöhnen. Aber auch das ist zu bewerkstelligen und besonders Bassisten/innen mit kleinen Händen werden einen Fünfsaiter mit solchen Eigenschaften sicherlich schätzen.
Das Oil-Finish auf Korpus und Hals wirkt angenehm und griffig und erzeugt sofort ein tolles Holz-Feeling. Wenge/Bubinga-Hälse kennt man ja traditionell vor allem von einem sehr bekannten deutschen Hersteller aus Markneukirchen. Diese Hälse begünstigen einen sehr deutlich identifizierbaren Klang, der sich vor allem in einer sehr deutlichen Mittenansprache und sehr straffen Bässen bemerkbar macht. Ich würde die Grundcharakteristik als knurrend bis knochig beschreiben – wohl wissend, dass solche Begrifflichkeiten immer eine heikle und sehr weitläufig definierbare Angelegenheit darstellen! Würde ich also jetzt den Bass nach dem Holz des Halses und dem “Trockenspiel” klanglich einsortieren, so würde ich mutmaßen, dass er vor allem im Hardrock- und Metalbereich gut funktionieren dürfte. Aber da sind ja auch noch die Tonabnehmer und die Elektronik. Also, schließen wir das hübsche Hölzchen mal an!
Im Passivbetrieb erfüllt der Bass direkt meine erwartete Klangausrichtung, die deutlich im betonten Mittenbereich liegt. Mal von dem durch Wenge/Bubinga begünstigten Sound abgesehen, äußern sich die beiden Nordstrand-Tonabnehmer durch eine auffallend detaillierte Klangabbildung. Man kann wirklich sprichwörtlich “die Flöhe husten” hören. Selbst der Halstonabnehmer klingt in keiner Weise mulmig oder diffus; alle Töne kommen in klarer Ordnung über den Tisch! Verwendet man aber nun beide Tonabnehmer oder nur den Bridgetonabnehmer, dann erfüllt der Bass meine volle Klangerwartung. Was man hier hört, ist ein klassischer Wenge/Bubinga-Ton, den die Tonabnehmer gerade heraus und ohne jegliche Eigenfärbung in hoher Übertragungsgüte durchreichen.
Ein klassischer Nebeneffekt dieser Klangcharakteristik ist allerdings das Hervortreten von Nebengeräuschen, vor allem Saitenklackern der Greifhand bei Slides, Lagenwechseln und Schlägen auf das Griffbrett. Das ist jedoch etwas, was ich nicht als Nachteil empfinde – es stellt vielmehr ein sehr markantes Merkmal dar. Durch die tonale Direktheit hört es sich an, als würde der Bass deutlich näher am Ohr sitzen, als man dies bei vielen anderen Bässen empfindet. Diese Eigenschaften kann man dem nächsten Beispiel deutlich entnehmen:
Soweit zum Passivbetrieb, der den Bass in größtmöglicher Klangneutralität zu featuren scheint. Schalten wir also die aktive Klangregelung mit dem Dreiband-EQ hinzu. In der per Mittelraste eingestellten Neutralstellung der drei EQ-Regler unterscheidet sich der Sound nicht vom Passivbetrieb. Sobald die Regler nur minimal verändert werden, hört man einen deutlichen Effekt. Dreht man die Frequenzen in den Boost-Bereich, so wird der Bass natürlich spürbar lauter. Aber auch der Sound ändert sich hörbar: die Bässe werden warm und doch klar wiedergegeben, und die Mitten (200 Hz) besitzen einen enormen Punch. Die Höhen wirken glasig und fügen dem Sound eine deutliche Transparenz hinzu, wirken aber nicht hart. Mir gefällt die glasige Klarheit im Sound sehr gut, die besonders gut bei Slides hörbar wird. Wenn der Groove mit der tiefen B-Saite einsetzt spürt man deutlich den Punch im Sound.
Für dich ausgesucht
Im nächsten Beispiel teste ich einmal den Solosound des Ibanez. Dazu habe ich die Mitten voll aufgedreht, Bässe und Höhen nur leicht geboostet, und als Mittenfrequenz 600 Hz gewählt, wovon ich mir etwas mehr nasale Durchsetzungskraft verspreche. Das kann man im Beispiel vor allem ab der zweiten Hälfte hören, wenn die Melodie gleichzeitig von zwei Stimmen gespielt wird. Vor allem der tiefen Lage stehen die 600 Hz mit leichtem Hang zum Stegtonabnehmer außerordentlich gut. Alle drei zu hörenden Bässe – also der beginnende Begleitbass sowie die beiden Melodiebässe – verwenden die identische EQ-Einstellung. Etwaige Soundunterschiede ergeben sich ausschließlich durch Anschlag und Spielposition der Anschlaghand:
Sehr große Stärken des Ibanez sehe ich im klanglichen Potenzial und der Bespielbarkeit in Verbindung mit einem Plektrum: Das enge Stringspacing, die generellen Klangeigenschaften sowie das gesamte Feeling auf dem Instrument schreien förmlich danach, das kleine Stück Plastik mit einzubeziehen. Wer einen Bass sucht, der im dichten Soundgewitter tiefer gestimmter Gitarren oder gar Siebensaiter bestehen will, der wird mit diesem Bass fündig. Selbst in einem mulmigen Playback kann man galoppartige Sechzehntel noch gut orten. Während die Mitteneinstellung bei 200 Hz sehr gut schiebt, vermag die Einstellung mit 600 Hz mit etwas deutlicherer Definition zu punkten:
Hier noch ein weiteres Beispiel mit Plektrum, diesmal unter Verwendung beider Tonabnehmer:
Bisher habe ich mich auf Sounds konzentriert, die vor allem die Mitten hervorheben. Der Bass kann natürlich auch das Gegenteil, indem man den Bereich des Mittenregler vorzugsweise bei 600 Hz absenkt, während man gleichzeitig Höhen und Bässe boostet. Das Klangbild verschiebt sich nun deutlich in Richtung “hochgradig clean” mit einer gesunden Portion “HiFi”. Es ist schon sehr beeindruckend, was die tollen Pickups und die Elektronik da im Paarlauf hinlegen! Das Fingerspiel wirkt abermals enorm detailreich – fast so, als würde der Bass direkt am Ohr kleben. Sobald man beginnt zu slappen, entfaltet sich eine erstaunliche Impulskraft. Die Dynamik und Härte des Slapsounds sind schon beeindruckend!
Als Schlusswort möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass man sich natürlich darüber im Klaren sein muss, dass der Ibanez Premium SR1405-DRF mit zwei Singlecoil-Tonabnehmern ausgerüstet ist. Beide Tonabnehmer gleichzeitig betrieben wirken demnach als Humbucker und sind absolut unempfindlich gegen Einstreugeräusche. Sobald sie jedoch einzeln verwendet werden, bieten sie Einstreugeräuschen typischerweise “freies Geleit”, so wie man es auch von Jazz Bass-Tonabnehmern her kennt.
xxx sagt:
#1 - 02.07.2015 um 22:40 Uhr
Ich bin selber Autor (bei einem Print-Magazin) und Bassist und muss euch echt mal ein Lob aussprechen. Eure Tests sind wirklich sehr gut gemacht, ihr habt top Musiker als Autoren und eure Audios und Fotos (die macht ihr ja wohl auch selber und benutzt keine Herstellerfotos) sind absolute Premiumklasse. Also echt: ganz dickes Lob. Leider kann ich mich hier nicht unter meinem echten Namen "outen", da ich ja bei der "Konkurrenz" bin. Weiter so - ein solches Portal braucht unsere Branche.
Greets...xxx
lars.bonedo sagt:
#2 - 03.07.2015 um 07:19 Uhr
Hallo, Herr Kollege!Vielen Dank für das nette Lob, über das wir uns sehr freuen! :-)Du hast Recht, wir sind hier komplett autark und erledigen alles in einer kleinen, gut geölten Maschinerie auf eigene Faust, von den Fotos über die Tests bis zu den Soundfiles, die ja extra jedes Mal von unseren Autoren mit den Testinstrumenten erstellt werden.Schöne Grüße und weiterhin viel Spaß beim Stöbern im Bassbereich von bonedo,Lars
Bert G. sagt:
#3 - 03.07.2015 um 10:57 Uhr
Oh, der Bass ist echt lecker, auch wenn ich nicht so der Rot-Fan bin. Ich bin auch immer wieder erstaunt, was Ibanez in diesem Preissegment abliefert. Schlicht perfekt und das durchzieht die Serie – das schaffen andere, jüngst stark ins Kreuzfreuer genommene Firmen mit G im Namen, nicht einmal in deutlich höherer Preislage so konsequent. Gibt es davon eignetlich keine 4-Saiterinnen?
lars.bonedo sagt:
#4 - 03.07.2015 um 11:07 Uhr
Hi Bert!Ja, das Preis-/Leistungsverhältnis bei Ibanez ist wirklich ziemlich beeindruckend. Doch, Viersaiter-Versionen dieser Instrumente gibt es auch!Viele Grüße, Lars
geheim sagt:
#5 - 04.07.2015 um 15:39 Uhr
Hast du das Testmodell noch? Was wiegt der?
lars.bonedo sagt:
#6 - 06.07.2015 um 07:26 Uhr
Hallo!Solche Infos findest du bei uns immer in den "Technischen Spezifikationen" am Ende der Tests. Der Testbass bringt nur nur 3,2 kg auf die Waage.Viele Grüße, Lars