Praxis
Sound
Obwohl die Ibanez RGAIX6FM-TGF auf den ersten Blick zart und fragil wirkt, täuscht der Eindruck. Trotz ihrer rückenfreundlichen 3,1 kg und dem schlanken Hals ist die Gitarre äußerst stabil. Trocken angespielt klingt sie eher mittenbetont und in den oberen Frequenzen leicht bedeckt. Deshalb fehlt schon dem Primärklang der bereits erwähnte Twang, was wohl in erster Linie dem eher Gibson-artigen Holzmix zu verdanken ist. Das Sustain der Gitarre ist mittelmäßig, während man die Bespielbarkeit als sehr gut bezeichnen kann. Ab Werk ist die Gitarre bis auf die leicht zu korrigierende Bundreinheit sehr gut eingestellt. Die Audiobeispiele in diesem Test beinhalten immer zuerst die Humbuckereinstellung, gefolgt vom Singlecoil-Modus, der leicht glasig und wesentlich leiser daherkommt.
Los geht es mit dem Stegtonabnehmer in der cleanen Einstellung.
Die Konstruktion der Gitarre zusammen mit den sehr kräftigen Pickups lassen dem Ton nur wenig Luft zum Atmen, sodass sich der Sound mit einem dynamischen Anschlag im cleanen Bereich nicht übermäßig gut formen lässt. Beide Pickups zusammengeschaltet bringen daher weder einen Telecaster-ähnlichen Sound, noch erinnern sie an eine gut abgehangene Les Paul. Wie man in der zweiten Hälfte des Audiobeispiel gut hören kann, tendiert der Singlecoilmodus zwar zu einer Mischform aus Strat und Tele, wobei der Ton aber recht dünn und kraftlos bleibt.
Auch der Halstonabnehmer klingt für meinen Geschmack am cleanen Amp zu statisch und undynamisch und so fehlt es dem Ton etwas an Charakter und einer gewissen Eleganz – Voraussetzungen, wenn man dem Instrument als Spieler seine persönliche Note geben möchte. Der Unterschied zwischen Humbuckermodus und Singlecoil-Einstellung ist auch hier sehr groß und mit einem massiven Lautstärkeabfall verbunden.
Anders sieht es in der High-Gain-Einstellung aus, die auch eindeutig die Heimat der Ibanez RGAIX6FM ist. Hier sind die Ergebnisse weitaus besser als im cleanen Modus. Zwar findet auch hier, wie bei sehr kräftigen Pickups üblich, eine gewisse klangliche Gleichmacherei statt, allerdings sorgt die bei viel Verzerrung auch für einen stabilen Ton. So hat das Ganze auch seine Berechtigung, denn je nach Musikrichtung und persönlichem Geschmack spielt eine große dynamische Bandbreite des Instrumentes nur eine untergeordnete Rolle. Gleichzeitig komprimiert der leistungsstarke und mittenbetonende Tonabnehmer spielerische Unzulänglichkeiten auch gerne einmal weg. Hier der Steg-Pickup zuerst als Humbucker und danach in der Singlecoil-Einstellung.
Im Gegensatz zum cleanen Modus wird es beim Umschalten vom Humbucker in den Singlecoilmodus bei hohen Gaineinstellungen wegen der fetten Kompression kaum leiser. Stattdessen öffnet sich der Ton ein wenig und verliert gleichzeitig an Verzerrung. Wenn man beide Pickups zusammenschaltet, bleibt die Gitarre trotz der hohen Verzerrung völlig mulmfrei. Sobald man den Singlecoilmodus aktiviert, kommt aber auch hier wieder eine leicht glasige Note zum Vorschein, die man allerdings bei vielen splitbaren Humbuckern vorfindet.
Auch beim Halstonabnehmer im High-Gain-Modus keine Spur von Mulm, sondern ein relativ aufgeräumter Ton ohne Ecken und Kanten. Blueser werden hier nicht auf ihre Kosten kommen, aber für Fusionflitzefinger ist der Sound ideal.