Praxis
Eigene Lösungen – mit Vor- und Nachteilen
Ich bin ja froh, wenn ein Mikrofon wie hier im Icon Cocoon Test nicht auf Bekanntes setzt und auf dem Zuliefermarkt verfügbare Bauteile neu zusammensteckt. Das Cocoon setzt auf eigenständiges Engineering, das ist zumindest anhand der Metallteile eindeutig. Allerdings ist die elastische Halterung nicht so genial wie beispielsweise die des Audio-Technica AT5045. Der Öffnungsmechanismus für das Türchen ist ein wenig fummelig, ich würde auch nicht dazu raten, Mikrofon und elastische Halterung täglich separat aufzubewahren. Ich kann mir vorstellen, dass das zu verschiebende Röhrchen als Verschluss hunderte Zyklen hält, aber nicht unbedingt tausende. Das ist natürlich Spekulation. Eindeutig nicht so toll finde ich das Kugelgelenk, mit dem die Spinne ausgerichtet wird. Diese Konstruktion wirkt etwas zu hühnerbrustig. Schon die kleinsten Kugelgelenke des Triad-Orbit-Systems können Probleme mit der Stabilität haben, das des Icon Cocoon ist definitiv zu klein. Das wäre nicht so schlimm, wenn man nicht zwingend auf die Spinne angewiesen wäre. Allerdings ruht im Zweifel die Konstruktion aus Spinne und Mikrofon auf einer der beiden Vertiefungen.
Klangcharakter des Icon Cocoon
Jeder hat Vorurteile. Ich möchte auch kein Geheimnis daraus machen, dass mir das Cocoon optisch nicht zusagt, auch wenn ich die Extravaganz begrüße. Schon kurz nach dem Anlegen der Phantomspeisung zeigt sich aber, dass man es beim Cocoon mit einem wirklich klasse Kondensatormikrofon zu tun hat. Insgesamt zeigt es ich wohlig warm, jedoch in keiner Weise belegt oder schwammig-wummerig – selbst bei geringen Abständen nicht. Und obwohl der grafische Frequenzgang anders vermuten lässt, gibt s keine Schärfe nd keine Spitzen im Signal. Ganz im Gegenteil: Dadurch, dass vor allem die Tiefmitten etwas Klirr produzieren und die Signalflanken ganz vorsichtig angeschleift werden, klingt das Icon Cocoon insgesamt rund und angenehm. Zum Vergleich: Das Icon Martian ist da deutlich kantiger.
Vor allem Gesangsstimmen können diese Eigenschaften zugute kommen. Der Reflex, mit einem LA-2A oder einem Pultec das Signal mit ein wenig “Tranny” reichhaltiger und interessanter zu machen, ist mit dem Cocoon deutlich unterdrückt. Dabei bleibt das Mikrofonsignal ber immer noch flexibel für andere Anwendungsfelder, auch instrumentale. Es besitzt allerdings nicht die Allrounderfähigkeiten, die mich dazu bringen könnten, es als einziges Mikrofon zu empfehlen. Trotzdem: In Verbindung mit einem neutraleren Mikrofon, vielleicht sogar einem Kleinmembraner, hätte man genügend klangliche Optionen. Als Sprechermikrofon funktioniert es natürlich, viele werden aber bei Kondensatormikrofonen ein etwas griffigeres Signal erwarten.
“Popplem”
Der Poppschutz sieht gut aus. Ok, nach so einer Aussage ist es zu ahnen, dass es mit der Funktionalität etwas anders ausschaut. Tatsächlich ist das Gebilde zwar gut anzusehen, aber wenig effiktiv. Ich habe das Designstück für die Aufnahmen gegen einen preiswerten Stoff-Poppschutz getauscht. Das hatte deutlich geringere “Poppleme” zur Folge. Die Spinne filtert aber Trittschall sehr ordentlich.
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Pattern
Nicht frontal einfallender Schall wird glücklicherweise nicht durch den Wolf gedreht. Auch seitliche Signale oder Reflexionen werden ohne allzu auffällige Verfärbungen wiedergegeben. Natürlich sind sie höhenärmer. Ebenso natürlich ist, dass im rückseitigen Bereich einige Frequenzbereiche sehr stark unterdrückt werden, andere teilweise hervortreten. Das ist bei fast allen derartigen Mikrofonen so – und nicht mehr so wichtig, weil der Pegel auf der Rückseite schon sehr gering ist. A propos Pegel: In jedem Fall kann man sich aber beim Cocoon über hohe Rauscharmut freuen.