Praxis:
Zu Beginn unseres Tests wollen wir uns erst einmal ein paar Ampsimulationen ohne zusätzliche Effekte anhören. Die sind, dank verschiedener Suchfunktionen sehr einfach zu finden: Entweder man benutzt den bereits erwähnten Browser oder man klickt oben im Menüpunkt „Namen“. Dort gibt es verschiedene Kategorien unter denen man den gewünschten Klang schnell finden kann. Auch hier wurde alles gut durchdacht und besonders anwenderfreundlich gestaltet. Im Folgenden die Abbildung der kompletten Ampliste.
Amp-Simulationen
Der erste Testamp ist ein Marshall Fullstack. An der Signalkette sieht man, dass hier ein Amp auf zwei Boxen geschaltet wird. Die Effektboards und Racks sind leer, es ist lediglich ein wenig Federhall zu hören. Mit der Möglichkeit zwei Mikrofone benutzen und frei positionieren zu können, kann man beispielsweise auch die Mikrofonierungsvariante nachstellen, die Eddie Kramer bei Jimi Hendrix benutzt hat: Ein Mikrofon direkt vor der Box und eins weiter weg.
Kommen wir zu den Unterschieden im Vergleich zum Vorgänger, die man nicht unbedingt hört, aber fühlt! Und das ist eine absolut entscheidende Sache: Das Spielgefühl ist in der neuen Version erheblich besser, geworden, der Ton kommt direkter und auch dynamischer. Die feinen Unterschiede im Anschlag an der Gitarre werden also sauber umgesetzt.
Einer der Neuzugänge im Equipment-Lager ist die Simulation eines Orange-Amps, bekannt für rotzige Brit-Rock-Sounds. Auch dieses Modell kann überzeugen: In der abgebildeten Einstellung erhält man einen dynamisch reagierenden Crunch-Sound mit einer höhenbetonten Verzerrung, die bei hartem Anschlag stärker wird.
Für dich ausgesucht
Ebenfalls neu im Sortiment ist der MKIII Boogie Amp, ein Verstärker mit eingebautem grafischen fünf-Band EQ. Das Modell ist sehr gut nachempfunden.
Wie bei den anderen Ampsimulationen ist auch hier die Ansprache erstklassig und sogar die Obertonansprache, das Umkippen ins Feedback, ist bei entsprechender Abhörlautstärke möglich. Man hört es am letzten Ton des nachfolgenden Audios. Dieser Amp hat im Original eine Menge Push/Pull Potis, deren jeweilige Funktionen und klangliche Auswirkungen sehr gut umgesetzt wurden. Auf gut deutsch: Wenn man an den Reglern dreht, dann passiert auch was. So soll es sein !
Jetzt wird es etwas härter, der Metal Amp ist am Start. Hier gibt es die volle Breitseite.
Nutzt man Amplitube als Plug-In, hat man natürlich den Vorteil, dass man ja nur das pure, cleane Signal aufnimmt, und somit das Ganze auch nachträglich mit weiteren Effekten versehen kann. Es geht sogar noch weiter! Wenn man beispielsweise den kompletten Song eingespielt hat und anschließend gerne im Verse ein Phaser-Pedal zum Basis-Amp-Sound hinzufügen und beim Solo noch den Verzerrer einschalten möchte, dann geht das über die Automation der Host-DAW. Das Einstellen ist sehr einfach: Es gibt 16 Parameter, die von der DAW gesteuert werden und entsprechend einstellbar sind.
Automation
Für die Demonstration habe ich mir ein Pedalboard mit vier Bodentretern zusammengestellt, die ich dann umschalten möchte. Im folgenden Beispiel hört ihr eine dreitaktige Akkordfolge, bei der in jedem Durchgang jeweils ein anderes Pedal zum Einsatz kommt.
- Phaser
- Wah Wah (Auto Modus, das Pedal bewegt sich automatisch)
- Fuzz (Fuzz Face Simulation)
- Uni Vibe
Wenn ich ´Auto´ (unten rechts) anklicke, kann ich meine Automationszuweisungen einstellen. Bis zu 16 Parameter sind möglich. Ich habe zunächst einmal eine einfache Aufgabe realisiert, Pedal ein/aus (Bypass). Man hat aber die Möglichkeit sämtliche einstellbaren Parameter zu automatisieren. Ihr seht das auf dem Automations-Bild auf der linken Seite. Dort habe ich den Boogie ausgewählt und es erscheinen zeitgleich auch die entsprechend automatisierbaren Parameter. Klickt man sie an, können sie mit ADD rüber geschoben werden, das war´s.
Pedal Effekte
Jetzt kommen noch zwei Beispiele bei denen ich die simulierten Pedal-Effekte benutzt habe.
Als erstes ein Klassiker – der Memory Man. Ein Delay, im Original von Electro Harmonix, bei dem das Delay-Signal mit einem Chorus-Effekt versehen werden kann. Das Pedal wurde über einen AC30 Top Boost geschickt.
IK Multimedia hat aber nicht nur Klassiker nachgebaut. Mit dem Preset ´RezonantSwell´ z.B. lässt sich der Gitarrensound extrem verbiegen. Hierfür sorgen der Swell Effekt (der Ton wird eingeblendet) und vor allem der Rezo-Filter, der dem Gitarrensound zusätzliche Resonanzen hinzufügt, die auf eine Tonhöhe eingestellt werden können. Für Sound-Tüftler ist Amplitube 3 eine wahre Goldgrube. Vor allem ist es jetzt möglich, auch Stereo-Signale durch das Plug-In zu jagen. Ein einfacher Piano-Sound kann so zu etwas ganz anderem mutieren. Oder warum nicht mal eine Drumloop über einen Marshall Fullstack schicken?! Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Cab
In diesem Segment gibt es die intensivsten Veränderungen: Neben den üblichen 1×12 bis 4×12 Boxentypen ist jetzt auch ein Rotary Cabinet an Board. Man sieht dies mittlerweile sogar wieder häufiger auf den Bühnen, da auch Keyboarder bemerkt haben, dass dieses Teil einfach hammermäßig klingt.
Im nächsten Beispiel hört ihr solch einen rotierenden Lautsprecher, gefüttert von einem Marshall Amp. Über die Automation an der DAW habe ich die Geschwindigkeiten umgeschaltet: zuerst aus, dann langsam, dann schnell. Ein sehr authentischer Stereo-Effekt.
Jetzt hören wir mal ganz genau hin und zählen auch die Erbsen… Zuerst die verschiedenen Boxentypen:
Ihr hört einen Marshall JCM 900 nacheinander über drei verschiedene Boxentypen gespielt. Zuerst kommt Closed J120, dann Closed Modern 1 und 2. Am Amp wurde nichts verändert. Der Klangunterschied der einzelnen Boxen ist deutlich hörbar.
Jetzt sind die verschiedenen Mikrofontypen an der Reihe. Als Box habe ich den Original Speaker des Amp angeschlossen – die sogenannte Match-Box ´Closed Modern 1´. Wenn man bei der Boxenauswahl nicht ganz sicher ist, sollte man den ´Match´- Button anklicken. Jetzt wird automatisch die jeweilige Original-Lautsprecher Box angewählt. So sieht das Display aus, wenn ein simuliertes SM-57 vor der Box steht.
Hören wir uns jetzt einmal die unterschiedlichen Mikrofontypen an. Die Position entspricht der des SM-57 auf dem Bild, ein paar Zentimeter seitlich, von der Mitte des Speakers entfernt. Von der großen Auswahl habe ich mal vier verschiedene Typen herausgepickt, die im wahren Leben häufig zum Einsatz kommen: Das besagte SM-57, ein MD421, Royer 121 Bändchen und ein U 87. Die individuellen Klang-Charakteristiken der einzelnen Mikrofone sind sehr gut getroffen.
Für die nächste Hörbeispiel-Reihe habe ich das ´Ribbon 121´ verwendet und die jeweilige Position verändert. Die unterschiedlichen Standorte des Mikrofons bei den einzelnen Hörbeispielen, könnt ihr den zugeordneten Bildern entnehmen. An den Amp-Einstellungen wurde wieder nichts verändert.
Die Unterschiede sind deutlich zu hören. Respekt- das ist wirklich eine gelungene Simulation! Da steckt natürlich eine Menge Arbeit und vor allem Rechenleistung drin.
Aber das war natürlich nur die eine Hälfte… es gibt ja zwei Mikrofone und die sind selbstverständlich komplett unabhängig voneinander justierbar. In unserem Fall sind es ein MD 441 und ein Ribbon 121 relativ nah am Speaker. Ich erspare euch jetzt die weiteren Positionierungsmöglichkeiten, der Klangunterschied ist auch hier schon sehr deutlich und realistisch abgebildet.
Aber einen ham‘ wa‘ noch… Der Raum spielt natürlich ebenfalls eine wesentliche Rolle bei der Abnahme des Gitarrensounds. Amplitube bietet die Möglichkeit, das Gitarrensignal noch zusätzlich mit zwei Mikrofonen, die weit im Raum stehen, abzunehmen. Dabei kann die Größe des Raumes natürlich variiert werden und das so gewonnene Signal dem Amp-Speaker-Signal hinzugefügt werden. Ihr seht hier einen Detail-Ausschnitt der Einstellmöglichkeiten.
Mit Room-Type wird die Raumgröße angewählt, dann kann man den Abstand der Mikrofone mit ´Width´ einstellen. Der Raumklang wird mit ´Level´ dem normalen Mikrofonsignal hinzugemischt und kann mit ´Pan´ im Stereobild verteilt werden. So klingt das Ganze in drei verschiedenen Level-Einstellungen (8, 12 und 17 Uhr Position).
Auch diese Funktion klingt sehr realistisch und verleiht dem Gitarrensound die Dreidimensionalität, die ich bei vielen anderen Ampsimulationen vermissen.