IK Multimedia veröffentlicht mit Pianoverse eine umfangreiche Library für Klassik, Pop, Ambient und Soundtracks. Die virtuellen Flügel und Klaviere erlauben auch kreatives Sounddesign. Wer hier ein Modo Piano vermutet, liegt falsch: Pianoverse basiert nicht wie Modo Bass oder Modo Drums auf Physical Modeling, sondern auf eine schiere Menge Samples.
Die Italiener werfen Fragen auf: Ist das ein neues Instrument für Ludovico Einaudi und andere berühmte Vertreter des neoklassischen Minimal Piano? Passt es wirklich gut fürs cineastische Sounddesign? Und lohnt sich der Kauf überhaupt? Schließlich gibt es virtuelle Pianos fürs Instant Composing bereits in Hülle und Fülle.
DETAILS & PRAXIS
Erste Schritte mit IK Multimedia Pianoverse
Mit dem Product Manager von IK Multimedia lädt, installiert und aktiviert man alle Modelle von Pianoverse einzeln. Die meisten Instrumente kommen mit über 20 GB Samples, da ist also Geduld gefragt.
Ein Yamaha Concert Grand YF3, Yamaha Upright Piano U5, Bösendorfer Concert Grand 280 VC und natürlich ein Steinway D-274 Concept Grand stehen uns für diesen Kurztest bereit.
Für dich ausgesucht
Die Modelle muss man alle separat kaufen – oder sich auf ein monatliches oder jährliches Abo einstellen, mit dem man dann sämtliche verfügbare Modelle spielen kann.
Das GUI ist nicht nur angenehm skalierbar, sondern es sieht auch sympathisch aus. Beim ersten Anspielen der Konzertflügel zeigt sich, dass unser Testrechner (Mac Mini 2018, 3,2 GHz 6-Core Intel Core i7 mit macOS Monterey) überraschend schnell an seine Grenzen stößt. Auch das Laden der einzelnen Modelle von IK Multimedia Pianoverse nervt leider.
Akustische Instrumente modellieren
Im Piano-Bereich hält IK Multimedia Pianoverse einige wichtige Parameter bereit, mit denen man den Basisklang eines Models verändern kann. Tatsächlich ist es also eine Sample Library, bei der Modeling auf sitzt.
Als „Master“ gibt es globale Parameter wie Stimmung oder Transposition. Außerdem bestimmt man hier den Anteil des Space-Effekts und des Kompressors lässt und (de)aktiviert die Send-Effekte. Auch die Velocity-Kurve ist hier schnell und effektiv angepasst.
Etwas weiter ins Detail geht man mit den Model-Einstellungen. Allein der Tone-Shift-Regler gestaltet das jeweilige Instrument klanglich dunkler oder aggressiver und verändert den Charakter des Pianos so bereits drastisch – grandioso.
Außerdem gibt es Regler für Hammer- und Pedalgeräusch oder die Saitenresonanz.
Effekte und Mixing bei IK Multimedia Pianoverse
Ein besonderes Feature nennt sich einfach Space. Es lässt die Wahl aus über 30 räumlichen Umgebungen für das jeweilige Pianomodell: Studio, Konzertsaal und Kirche zum Beispiel – und auch für die Outdoor-Performance an außergewöhnlichen Orten (Sea Floor, Iceberg, Red Planet, Desert, Old Forest) ist man gut gewappnet.
Und auch, wenn das gut auf dem GUI immer ganz gut aussieht, ist es klanglich zumindest manchmal gewöhnungsbedürftig. Einige Spaces könnt ihr noch individuell verändern. Wer aber auf hohem Niveau designen möchte, widmet sich besser zusätzlichen, spezielleren FX-Plugins.
Pianoverse hat eine wirklich gute Mixer-Ansicht. Hier führt man alle Signale zusammen und bearbeitet sie mit Equalizer und Dynamics. Surround-Sound-Formate wie Dolby Atmos oder auch Binaural Audio unterstützt die Library nicht direkt, es bleibt bei einer üblichen Stereo-Mischung.
Unter Effects gibt es zwei wählbare Insert FX und ein Send FX. Insgesamt zwölf Effekt-Typen stehen zur Auswahl. Darunter tummeln sich auch speziellere Kandidaten wie Convomorph, Particles oder Shimmer. Pianoverse kann also auch sehr modern und richtig „effektbeladen“ klingen.
Was offenbart IK Multimedia Pianoverse klanglich?
Die Auswahl an Presets fällt bei allen Modellen von Pianoverse ähnlich aus, dabei ist sie aber immer breitgefächert. Es gibt puristisch anmutende Klänge und auch fast schon übertriebene Effektkreationen. Am besten kommen die sehr prägnanten Pianos, die sich in der Pop-Produktion behaupten können. Unser Eindruck: Die Presets klingen oft zu technisch, kühl und konstruiert. Warme, intime Klänge für romantische oder neoklassische Werke entstehen kaum.
Anhand der 15 live eingespielten und authentischen Hörbeispiele (inklusive einiger Audio Drop-Outs) könnt ihr selber schnell herausfinden, ob Pianoverse euren Geschmacksnerv trifft oder nicht. Immerhin bietet IK Multimedia eine klangliche Interpretation beliebter Pianos, die sich von einigen konkurrierenden Librarys unterscheiden. Man muss sie allerdings mögen.
Update-Wünsche
Höchstwahrscheinlich wird IK Multimedia das Portfolio von Konzertflügeln und Klavieren nach und nach aufstocken. Schon jetzt sind vier weitere Instrumente von Fazioli, Bösendorfer und Steinway angekündigt.
Das klingt schon gut, wir haben aber noch andere Wünsche: Synths, Pads, E-Pianos und weitere Soundquellen würden das kreative Sounddesign noch spannender gestalten – vor allem dann, wenn Pianoverse auch das Layering mehrerer Sounds unterstützen würde. Außerdem sollten sich die Instrumente schneller laden lassen.
Und nicht zuletzt wäre es schön, wenn man Mehrkanal-Audio bei Pianoverse künftig direkt intern mischen könnte. Gerade im Hinblick auf die Zielgruppe der Film- und Postproduktionsbranche wäre das ein sinnvolles Feature und eine klare Ansage gegenüber den vielen konkurrierenden Plugins und Libraries im Kontakt-Format.
FAZIT – IK Multimedia Pianoverse Test
IK Multimedia Pianoverse bringt Licht und Schatten. Einerseits verderben die Ladezeiten und die höhere CPU-Last vor allem bei etwas älteren Rechnern den praktischen Spaß, den man mit dieser Library haben kann. Andererseits kommt Pianoverse mit neuen Ansätzen fürs Sounddesign und klanglichem Eigencharakter.
Am besten startet man mit dem monatlichen All-Access-Plan für rund 15 Euro und probiert selbst, ob man bei dieser Sammlung von akustischen Flügeln und Klavieren bleiben möchte. Das Piano-Universum ist aktuell aber weder perfekt noch komplett. Insbesondere das in der Neoklassik so beliebte Felt Piano fehlt leider.
Daher bleiben wir realistisch und werten IK Multimedia Pianoverse insgesamt als vielversprechenden Startschuss mit Luft nach oben.
Features
- Piano Library, Modelle (Steinway, Yamaha, Fazioli, etc.) einzeln erhältlich
- Samples mit der technischen Assistenz eines Roboters erstellt
- 30 Spaces für klangliche Umgebungen
- 12 Spezialeffekte für Soundexperimente
- Spezifische Parameter wie Saitenresonant, Pedalgeräusche oder Position des Deckels
- verschiedene räumliche Mikrofonierungen
- Mixer mit EQ, Dynamics
- MIDI-Learn-Funktion
- Skalierbares GUI
- WEBSITE: ikmultimedia.com/products/pianoverse
- PREIS
- 99 Euro (für jedes einzelnes Modell), 15 Euro (Abo, monatlich), 150 Euro (Abo, jährlich)
- Umfangreiche Akustik Piano Library
- Sounddesign Tools
- Klavierspezifische Parameter
- Prägnanter druckvoller Sound
- Als monatliches Abo günstig
- Längere Ladezeiten
- Höherer CPU-Verbrauch
- Mechanischer Klang