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IK Multimedia SampleTron 1.0.2 Test

Details

Das analoge Original
Im Laufe der 1950er Jahre kam der amerikanische Erfinder Harry Chamberlin auf die Idee, zuvor aufgenommene Klänge über eine Klaviatur steuerbar zu machen. Jeder Tastendruck auf seinem neu ersonnenen Instrument sollte eine Tonaufzeichnung abspielen und es auf diesem Wege möglich machen, Bläser, Streicher, Chöre und überhaupt alle vorstellbaren Klangquellen von einem einzigen Apparat aus mit bis dato unerreicht realistischem Timbre „spielen“ zu können.

Im Kopf des einen oder anderen Lesers wird es jetzt klingeln, denn eigentlich handelt es sich dabei um das Prinzip des Samplers, der heute aus der Welt der Popmusik kaum wegzudenken ist. Wie aber „speicherte“ man damals den Sound der Originalinstrumente? Disketten, CDs oder gar Festplatten gab es noch nicht. Ergebnis war ein Instrument, das man Mellotron taufte und das für jede seiner Tasten über ein eigenes kurzes Tonband verfügte, das Klänge von maximal etwa acht Sekunden Länge abspielte und nach dem Loslassen der entsprechenden Taste automatisch zurückgespult wird. Die komplizierte Konstruktion und die Unzulänglichkeiten der damaligen Technik rücken das „unerreicht realistische Timbre“ der Wiedergabequalität nach heutigen Maßstäben verständlicherweise in ein anderes Licht. Der Sound eines Mellotrons ist geprägt von Rauschen, Bandleiern und einem Frequenzbild, das man nicht im Entferntesten als linear bezeichnen kann. Gerade aus diesen Schwächen zieht das Instrument aber seine Stärken, denn es ist sein einzigartiger Lo-Fi-Charakter, den man gerne mit den Beatles oder Artrock-Dinosauriern wie den frühen Genesis oder King Crimson in Verbindung bringt und der den Klang des Instruments bis heute so interessant macht. Bands wie The Moody Blues definierten in den Sechzigern sogar über das Mellotron ihren band-typischen Sound (Nights in White Satin).

Fotostrecke: 2 Bilder Das oft verwendete Mellotron M400

So unnötig es erscheinen mag, ein Foto zu fotografieren – im Falle des Mellotrons ist es ausnahmsweise sehr sinnig, einen Sampler zu sampeln, denn die Instrumente sind wegen ihrer Anfälligkeit für Störungen inzwischen sehr selten geworden und bringen zum Teil über 150 Kilo auf die Waage. Die Einbußen im Vergleich zum Original liegen dabei hauptsächlich in der Tatsache, dass man eben nicht an einem echten Mellotron sitzt und nach jedem Tastendruck das Rückspulgeräusch der Bandmaschinen zu hören bekommt oder beim Spielen den Geruch vergangener Zeiten in der Nase hat. Ein komplexes Dynamikverhalten oder charakteristische Eigenheiten jenseits des eigentlichen Klangs, der selbst auf Samples beruht, gibt es schlicht und einfach nicht, und das macht es vergleichsweise einfach, das Instrument in der digitalen Welt nachzubauen.

Das digitale Ebenbild
Es lässt sich also absehen, dass sich SampleTron, was seinen Appetit auf Rechnerperformance angeht, genügsam zeigen wird. Die Library nimmt „schlappe“ 1,8 GB auf der Festplatte in Anspruch, wobei die über 600 Presets (279 Samplebänke in Variationen) im Einzelnen selten über 30 MB groß sind und sich zum Teil sogar schon mit 2 MB des wertvollen Arbeitsspeichers zufriedengeben. Die von IK Multimedia angegebenen Systemvoraussetzungen, die unter anderem 1 GB RAM vorsehen, erscheinen in diesem Bezug fast ein wenig übervorsichtig. Als Engine wird der hauseigene SampleTank 2 verwendet. Sofern man diesen sein eigen nennt, lassen sich die Instrumente also auch dort öffnen, spielen und bearbeiten.

Die Software läuft mit den gängigen Betriebssystemen auf PC und Mac (auch Intel Macs) als Standalone-Anwendung oder kann als Plug-In in den Formaten VST, AU und RTAS in eine Host-Umgebung eingebunden werden. Erhältlich ist das SampleTron auch in einer Download-Version, wobei hier anzumerken ist, dass die Library innerhalb von 30 Tagen nach dem Kauf heruntergeladen werden muss. Wer diese Frist verpasst oder für eine Neuinstallation keine Sicherung vorgenommen hat, wird für einen Download erneut zur Kasse gebeten und muss für 20 (in Worten: zwanzig) hart verdiente Euro einen „Download Reactivation Credit“ erstehen. Ein Lizenztransfer beim Weiterverkauf schlägt mit dem doppelten Betrag zu Buche.

Nachdem diese bittere Pille geschluckt ist, verläuft die Installation reibungslos, und auch die Autorisierung der Software vollzieht sich erfreulich problemfrei über ein Challenge-Response-Verfahren auf der Website von IK Multimedia.

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