Praxis
Alle Teile ermöglichen ein problemloses Handling
Jetzt wird es spannend, denn wir möchten wissen, wie sich dieser 170-Euro-Koffer in der Praxis bewährt und ob es möglich ist, gute Schlagzeugaufnahmen zu bekommen. Starten wir zunächst mit der Frage, wie sich die Komponenten des IMG Stageline Drumset-1 in Sachen Handling verhalten. Die Antwort lautet: sehr gut! Sowohl die kompakten Größen als auch die geringen Gewichte machen im Einsatz Spaß, die Positionierung verläuft zügig und die Halterungen halten die Mikros sicher in einmal gewählten Positionen. Aussagen über die Langlebigkeit kann ein Test wie dieser natürlich nur sehr eingeschränkt liefern, ich habe jedoch keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass Teile in kurzer Zeit den Geist aufgeben könnten. Als Testschallquelle habe ich mein ehrwürdiges, altes Drujset Yamaha Recording 9000 aufgebaut, dazu eine Pearl-Special-Reserve-Snaredrum sowie Zildjian- Constantinople-Becken. Mikrofone ohne bekannte Referenzen zu beurteilen macht wenig Sinn, ich habe also aus meinem persönlichen Fundus ein paar bewährte Modelle ausgewählt. Als Overheads kommt ein Oktava-MK012-Stereoset zum Einsatz, an der Snaredrum das bekannte Shure SM57, das Bassdrummikro wird mit einem Electro-Voice ND868 verglichen. An den beiden Racktoms verwende ich Electro-Voice ND468, am Floortom ein AKG C214. Dieses Set bewegt sich im preislichen Mittelfeld und ist für die meisten professionellen Anwendungen geeignet. Addiert man die Preise, kommt man auf gute 900 Euro. Dafür bekommt man etwa fünf Drumset-1-Koffer.
Der Klang: viel Attack, schlankes Fundament
Um den Klang der Mikros beurteilen zu können, habe ich sowohl den Testkoffer als auch meine Referenzmikros möglichst identisch am Set positioniert. Die Overheads befinden sich in ORTF-Anordnung etwa 95 Zentimeter über der Snare, die Tommikros sind sechs Zentimeter von den Fellen entfernt, das Snaremikro etwa fünf und auf die Mitte des Fells gerichtet. Die Bassdrummikros zeigen gerade in das Frontloch hinein und sind gute 20 Zentimeter vom Beater-Auftreffpunkt entfernt. Alle Trommeln sind offen gestimmt, auch bei Bassdrum und Snaredrum kommt nur wenig Dämpfung zum Einsatz. Beim Abhören meiner Testgrooves ergibt sich schnell ein recht klares Bild vom Charakter des IMG-Stageline-Mikrosets und der ist durchaus brauchbar, gehobene Ansprüche an Ausgewogenheit, Transparenz und Natürlichkeit können die günstigen Schallwandler allerdings nicht befriedigen. Fangen wir beim Bassdrummikro an. Dieses liefert tatsächlich einen sehr ausgeprägten Attack, den Fans eines knalligen, aggressiven Sounds sicherlich schätzen werden. Der stark vorgefertigte Klang reduziert allerdings die Möglichkeiten bei der späteren Bearbeitung, welche mit dem ND868 weitgehend erhalten bleiben. Auch die Details des Kesselklangs gehen mit dem IMG-Stageline-Mikro verloren, gleichzeitig nimmt es rückwärtige Reflexionen stärker auf, was sich in den Einsprechungen von der Snaredrum äußert.
Das Snaredrummikro besitzt grundsätzlich einen ähnlichen Charakter, der für die Anwendung allerdings besser passt. Im Vergleich mit dem SM57 wirkt es obenrum frischer, löst allerdings nicht so gut auf. Die Kombination sorgt für einen etwas zischeligen, flachen Sound. Für sich genommen, ist es jedoch ein absolut brauchbares Snaremikro. Hier könnt ihr die Bassdrum- und Snarefiles zunächst solo und anschließend im Kontext hören.
Und wie klingt das IMG-Stageline-Tom-/Snare-Mic an den Toms? Gut, solange man auf schlanke Töne steht. Gerade am 10er- und 12er-Racktom machen die Teile eine gute Figur, die fehlende Substanz ab den unteren Mitten abwärts sorgt beim Floortom allerdings für einen recht dünnen, pappigen Klang. Das wird im Vergleich mit den Referenzen umso deutlicher, die wesentlich mehr Fundament und Tiefenstaffelung liefern. Das heißt aber nicht, dass die IMG-Tommikros nicht funktionieren, es braucht für gute Ergebnisse allerdings mehr Schrauberei am EQ. So klingen die Tommikros solo, unten könnt ihr sie im Kontext mit den Overheads hören.
Für dich ausgesucht
Wie auch bei den anderen Modellen im Drumset-1-Koffer, fehlt auch den Overheadmikros etwa im unteren Register. Das wird auch ohne Referenz deutlich, hört man sich dazu die Files der MK012-Mikros an, meint man, bei den IMG-Files hätte jemand versehentlich einen Low Cut bei 200 Hertz eingeschaltet. Dem ist natürlich nicht so, wer für bestimmte Stile oder Techniken auf Close Mics verzichten möchte, wird den Mangel an Fundament deutlich vermissen. Auf der anderen Seite sorgt der schlanke Bassbereich aber auch für ein sauberes Klangbild im Kontext mit den Tom- und Bassdrummikros, weil es weniger Überlagerungen und Phasenprobleme gibt. Trotz aller Kritik gefallen mir die Ergebnisse im Mix gar nicht schlecht. Natürlich fällt die Überbetonung des Attacks und der wenig präsente Bassbereich auf, viele Stile profitieren von so einer Charakteristik allerdings auch.