Ein transparenter Sound auf den Ohren bewirkt, dass Instrumentalisten sich stärker als Teil der Musik fühlen und dadurch oftmals wie beflügelt spielen und nicht zuletzt profitiert auch das Zusammenspiel der Band davon. Schlechter Monitorsound hingegen lässt jeden noch so grandiosen Auftritt zur Qual werden. Gerade für Drummer ist das Thema In-Ear Monitoring besonders wichtig, denn zum einen kann durch die Nutzung dieser Technologie die Bühnenlautstärke – zur Freude des Tontechnikers – reduziert werden, und zum anderen wird der Sound im Ohr des Trommlers direkter, was die Arbeit mit Zuspielern und Metronom erleichtert. Besonders wichtig ist dabei aber auch das Thema Gehörschutz, denn mit einer brüllend lauten Monitorbox belastet man seine Ohren zusätzlich zur natürlichen Lautstärke des Schlagzeugs.
Im folgenden Workshop widmen wir uns dem Thema In-Ear Monitoring, beantworten Grundfragen, stellen unterschiedliche Hörer und Setups für die Bühne vor und haben zwei deutsche Top-Drummer nach ihren Monitorvorlieben befragt.
Was ist In-Ear Monitoring? Vor- und Nachteile
Im Gegensatz zum Stage Monitoring, bei dem Monitorboxen für die Musiker auf der Bühne stehen, werden In-Ear Hörer, wie der Name bereits verrät, im Ohr getragen. Großer Vorteil ist dabei, dass der Hörer optisch wesentlich unauffälliger als ein gewöhnlicher Kopfhörer mit vergleichbarer Audioqualität ist, was zum großen Erfolg und der weiten Verbreitung von In-Ear Hörern auf den Bühnen der ganzen Welt beigetragen hat.
Einen kurzen Überblick über die Vor- und Nachteile des In-Ear Monitoring geben wir euch im Folgenden. Details zu den verschiedenen Punkten findet ihr im Workshop
Vor- und Nachteile des In-Ear Monitoring
Vorteile | Nachteile |
---|---|
differenziertes Klangbild | gewöhnungsbedürftiges Klangerlebnis |
Drummer kann Lautstärke selbst kontrollieren | Bass Drum ist körperlich weniger spürbar |
keine Feedbacks | Gefühl für die Raumakustik kann verloren gehen |
Bühnenlautstärke verringert sich | Gefühl der Isolation von der Außenwelt kann eintreten |
mehr Platz auf der Bühne (keine Monitorboxen) | gute Systeme bedeuten hohe Anschaffungskosten |
Kommunikation innerhalb der Band über Talkback-Mikros möglich | Folgekosten für den Austausch von Verschleißteilen |
Click-Signal für ganze Band hörbar | Soundcheck-Zeit für die Einrichtung des In-Ear Monitoring oft zu knapp |
Kompatibilität zur Venue-PA muss gewährleistet sein |
Welche Arten von In-Ear Hörern gibt es?
Bei den In-Ears wird zwischen universellen und angepassten Hören unterschieden, die sich, neben der Optik, vor allem durch die im Inneren verbaute Technik unterscheiden. In einem relativ günstigen Einweg-System ist ein Treiber verbaut, der die Höhen betont, jedoch die Bässe oft nicht besonders druckvoll wiedergeben kann. Bei Systemen mit zwei oder mehr Treibern können durch eine passive Frequenzweiche verschiedene Signale wiedergegeben werden. So gibt es oft einen zusätzlichen Treiber für Bässe, was besonders für uns Schlagzeuger wichtig ist. Im professionellen Bereich werden häufig drei bis vier Treiber benutzt, die das Klangerlebnis aufwerten und räumlicher erscheinen lassen, jedoch durch die verwendete komplexe Technik die Hörer deutlich teurer machen.
Universelle In-Ear Hörer
Viele Firmen bieten zum Einstieg in die Welt des In-Ear Monitorings universelle Hörer an, die wesentlich günstiger als eine Maßanfertigung sind. Mit verschieden großen Gummi- oder Schaumstoffaufsätzen lassen sich die meisten Gehörgänge gut gegen Außengeräusche abdichten. Die günstigsten Versionen mit einem dynamischen Treiber sind bereits für unter 100 € erhältlich. Grundsätzlich erhöht sich der Preis mit der Anzahl und der Qualität der Treiber. Für Schlagzeuger ist mindestens ein Zwei-Wege-Hörer empfehlenswert, damit die Bässe beim Spielen ortbar sind. Für ein sehr ausgewogenes Hörerlebnis mit saftigen Bässen, ausgewogenen Mitten und klaren Höhen sorgen Hörer mit drei oder mehr Treibern.
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Angepasste In-Ear Hörer
Für angepasste Hörer wird ein Abdruck des äußeren Ohrs und des Gehörgangs genommen, wodurch der fertige Hörer anschließend wie angegossen passt und die Abdichtung gegen Außengeräusche zusätzlich erhöht wird. Da diese Hörer aus Silikon oder Hartplastik die Außengeräusche um teilweise 26 dB und damit drastisch abdämpfen, bieten viele Hersteller optional eine so genannte „Ambient-Bohrung“ an. Durch ein wiederverschließbares Loch im Hörer dringen damit wieder mehr Geräusche von außen ein, wodurch sich die Dämpfung auf circa 16 dB reduziert. Was beispielsweise für Sänger ein nützliches Feature ist, reduziert den gewünschten positiven Effekt des Gehörschutzes für Schlagzeuger jedoch immens.
Durch ihren aufwändigen Herstellungsprozess sind maßgefertigte In-Ears im Vergleich zu universellen Hörern um ein Vielfaches teurer. Einige Firmen bieten daher als Kompromiss eine Kombination aus Gehörschutz und Kopfhörer an. Dazu werden spezielle Kopfhörer in einen die Steckform für Filter eines angepassten Gehörschutzes gesteckt. Gerade für Drummer, die großen Bewegungsdrang beim Spielen haben, ist diese Variante jedoch oft ungeeignet, da die Hörer nicht komplett in der Otoplastik festsitzen.
Auch angepasste Hörer werden mit unterschiedlichen Audiotreibern angeboten, deren Anzahl und Qualität das Hörerlebnis steigert. Die absolute Premium-Linien verschiedener Hersteller bieten bis zu sechs Treiber pro Kopfhörer an. Dabei sorgen in vier so genannten Wegen jeweils zwei Bass- und Mitteltrontreiber und je ein Mid/High- und ein Höhentreiber für die optimale Klangauflösung in allen Frequenzspektren.
Verschleißteile vor dem Kauf im Blick haben
Besonders bei universellen Hörern sollte man vor der Anschaffung auch die Kosten für die Ersatzteile im Blick haben. Filzaufsätze dichten besser vor Außengeräuschen ab, verschleißen aber auch schneller. Es gibt von verschiedenen Firmen Ersatzaufsätze, diese passen jedoch meist nur auf Modelle des jeweiligen Herstellers. Auch sollte man vor dem Kauf prüfen, ob für den Hörer ein austauschbares Kabel verfügbar ist, das sich im Fall eines Defekts ersetzen lässt.
Ein In-Ear Setup zusammenstellen
Um auf der Bühne nun wirklich in den Genuss des In-Ear Monitorings zu kommen, braucht es natürlich noch mehr als die Hörer. Es gibt verschiedenste Setup-Varianten, von denen wir einige hier vorstellen wollen. Ab einer gewissen Größe verfügen Mischpulte über genügend Aux-Wege, um den so genannten Monitorweg für jeden Musiker anzupassen. Bei großen Produktionen gibt es dann sogar ein eigenes Monitor-Mischpult. Grundsätzlich wird zwischen Übertragung per Funk und kabelgebundenem Monitoring unterschieden. Da bei letzterem weder ein Sender noch ein Empfänger benötigt wird, ist diese Variante deutlich günstiger.
Low Budget mit vielen Möglichkeiten: Monitoring über eigenen Mixer
Viele Firmen bieten sehr günstige und kompakte Mischpulte an, über die sich bereits für geringes Budget eine differenzierte Hörsituation ermöglichen lässt. Mit einem Vierkanal-Mixer lässt sich über zwei XLR-Eingänge der Monitormix in Stereo hören und über den Line In Eingang ein Metronom-Signal zum Monitorsound hinzufügen – und fertig ist euer In-Ear Setup. An Stelle des Mischpults könntet ihr auch ein flachen Kopfhörerverstärker, der sich in ein Rack einbauen lässt, in Betracht ziehen.
Kabelgebundenes Monitoring mit Bodypack
Eine besonders platzsparende Variante ist das kabelgebundene Monitoring über Bodypacks. Diese können am Gürtel befestigt werden und sind je nach Features unterschiedlich groß, in jedem Falle aber kleiner als ein Mixer. Die Funktionsweise für das Monitoring dieser Packs ist jedoch dieselbe. Mittels XLR-Kabel wird der Monitorsound in Mono oder Stereo übertragen. Schon bei den für Stereo üblichen zwei Kanälen ergibt sich aber auch die Möglichkeit, über den Panorama-Regler den Monitorsound und eine Klickspur in Mono in das jeweils gewünschte Verhältnis zu bringen. Die deutsche Firma Fischer Amps bietet mit ihren Bodypack-Modellen diesbezüglich verschiedene Möglichkeiten an. Mit einem Verkaufspreis von 49 € ist das Mini-Bodypack die unkomplizierteste Möglichkeit, mit einem Regler das Monitorlevel auf der Bühne zu steuern.
Wichtig ist bei solchen passiven Systemen jedoch, dass der Grundpegel nicht zu schwach ist. Alle weiteren Varianten der Firma sind aktiv und können durch ein Netzteil oder eine Batterie betrieben werden. Neben den gewohnten zwei Eingängen für Sound in Stereo sind zusätzlich Geräte mit Mikrofoneingang erhältlich, über den man sich beispielsweise selber ein Ambient-Mikrofon hinzu mischen kann. Selbstverständlich kann dieser Kanal aber auch als Eingang für ein Metronom oder eine separate Klickspur dienen.
Kabelloses In-Ear Monitoring: Bewegungsfreiheit auf der Bühne
Was für Schlagzeuger und Keyboarder, die über die Länge des gesamten Konzertes auf ihrem Hocker sitzen, nicht unbedingt notwendig erscheint, wird für alle Musiker wichtig, die auf der Bühne mobil bleiben wollen. Bei kabellosem Monitoring wird das Signal per Funk von einem Sender an das jeweilige Bodypack übertragen, an dem dann der Hörer eingesteckt wird und sich die Gesamtlautstärke regeln lässt. Dadurch ist optimale Bewegungsfreiheit möglich, die gleichzeitig aber mit einem recht hohen Anschaffungspreis verbunden ist. Man sollte sich auch im Klaren darüber sein, dass es selbst bei professionellen Systemen hin und wieder vorkommt, dass diese an gewissen Stellen auf der Bühne oder im Saal Ausfälle oder Störungen haben. Hier sollte man sich vor der Anschaffung über das Stichwort „Digitale Dividende“ informieren.
Für den dicken Wumms: Der Butt Kicker
In großen Locations und insbesondere bei Open-Air Konzerten geht der Bassdrum auf der großen Bühne oft der gewohnte, druckvolle Sound verloren. Da dieser auch über In-Ears nur bis zu einem gewissen Punkt wiedergegeben werden kann, nehmen viele Drummer einen Bass Shaker, besser bekannt als Butt Kicker, zu Hilfe. Dieser wird über eine separate Endstufe betrieben, an den Drumhocker geschraubt und vermittelt ab einer bestimmten Intensität und Frequenz durch Vibration den Eindruck einer großen Bassbox, ohne jedoch dabei einen Klang zu erzeugen.
Das sagen die Profi-Drummer
Jürgen Stiehle (Andreas Bourani, Die Happy, Louka):
„Auf der Bühne nutze ich nun schon seit einigen Jahren In-Ear Monitoring. Meine Ultimate Ears UE 5 Hörer sind mit einem In-Ear Amp verbunden, über den ich sowohl das Monitorsignal als auch eine separate Klickspur hören kann. Ich lege großen Wert auf diese Trennung, da ich nur so den Klick auch während des Konzertes immer unter Kontrolle habe. So kann ich ihn mir beispielsweise bei einem leiseren Song bedeutend weniger auf die Ohren geben als bei einem fetten Rocksong. Wenn ich mit Andreas Bourani unterwegs bin, regle ich während des Konzertes damit relativ oft nach. Generell habe ich den Klick immer so leise wie möglich und gerade nur so laut wie nötig.
Ich möchte mit der Band und nicht zum Klick spielen und ihn deshalb nur dann hören, wenn ich leicht vom Tempo abweiche. Anders als bei Andreas Bourani läuft bei „Die Happy“ nur zu wenigen Songs komplett der Klick mit, sodass ich einen weiteren Eingang des Amps nutze, um mir mit der Rhythm Watch bei manchen Songs einen Einzähler zu geben.
Meinen In-Ear Mix versuche ich so ausgewogen wie möglich zu gestalten, da ich irgendwann gemerkt habe, wie sehr dieser den Sound und die jeweiligen Levels eines Trommlers beeinflussen kann. Hört man beispielsweise seine Bassdrum nicht richtig, tendiert man eher dazu, sie zu oft und zu laut zu spielen. Deshalb verwende ich zusätzlich zum In-Ear auf großen Bühnen einen Butt Kicker der Firma Fischer Amps, der mir ein körperliches Gefühl der Bassdrum vermittelt, da die tiefen Frequenzen ja sowieso nur bedingt über das Ohr aufgenommen werden können. Man sollte auch versuchen, sich bei großen Bühnen auf die Macht der Bassdrum über eine laute PA mit Subwoofern zu verlassen. Oft löschen sich auch in großen Locations so viele Frequenzen aus, sodass beim Spielen gilt: Weniger ist mehr.“
Mario Garruccio (Sing meinen Song Band, Edo Zanki):
„Für die „Sing meinen Song“-TV Show nutzen wir das ME-1 System von Allen & Heath, an das ich meine Live Pro 4 In-Ears anschließe. Anders als bei vielen Monitoring-Systemen lassen sich am ME-1 nicht nur die einzelnen Instrumente im Verhältnis regeln, sondern zusätzlich Gruppen anlegen und diese dann auch separat mit einem EQ oder Panning versehen. So kann ich an an den Drums beispielsweise die Close-Mics von Bassdrum, Snare und Toms als eine Gruppe bestimmen und die Overheads losgelöst davon dazu mischen.
Für Live-Gigs habe ich zwei verschiedene Varianten. Wenn es schnell und unkompliziert gehen soll, verwende ich ein Beltpack von Fischer Amps, an das zwei XLR angeschlossen werden können. Meistens habe ich jedoch das Audiogram 6 Mischpult von Yamaha neben den Drums stehen. Das Pult ist klein, portabel, wiegt fast nichts und ist für den Live-Gebrauch einfach ideal. Neben dem Monitorsignal kann ich dort die Sub-Ausgänge meines Roland SPD-SX Sample Pads anschließen. Damit feuere ich in verschiedenen Projekten Loops ab, die ich mir dann selbst wie gewünscht zum In-Ear Sound mixen kann. Ich höre generell nicht besonders laut, um meine Ohren zu schonen.
Oft passe ich den In-Ear Mix auch an den jeweiligen Raum an. Wenn ich wegen der Location besonders auf die Lautstärke achten muss, lasse ich mir die Overheads und Snare lauter auf die Ohren geben, als ich es in einer idealen Location machen würde, bei der die Akustik ausgewogen ist und ich auch mal reinlangen darf.
Auf großen Bühnen, bei denen hohe Lautstärke kein Problem ist, habe ich dann gerne zusätzlich zum In-Ear ein Sidefill hinter mir stehen. Dadurch wird die Bassdrum präsenter, und man bekommt auch in einer großen Location ein besseres Gefühl für die Dynamik. Außerdem kann ich mir bei Bedarf auch noch etwas vom Bass mit dazu geben lassen. Deshalb verzichte ich auch auf einen Butt Kicker, da mir das Signal oft zu undynamisch und zu wenig tonal ist.“
Fazit
In-Ear Monitoring muss keineswegs nur ein Thema für große Bühnen und Profi-Drummer sein. Bereits mit einfachen Mitteln lässt sich mit einem universellen Hörer und einem kleinen Mischpult im Proberaum ein eigener In-Ear Mix zaubern. Auf Bühnen ist es besonders sinnvoll, wenn die gesamte Band mit In-Ear Monitoring spielt, da somit die Gesamtlautstärke durch das Wegfallen der Monitorboxen um ein Vielfaches gesenkt wird und der Tontechniker einen besseren Sound für das Publikum mixen kann. Gleichzeitig lässt sich durch die geringere Lautstärke das Gehör schonen, ohne dass der Sound an Präsenz verliert. Im Gegenteil: Durch In-Ear Monitoring ist ein viel direkteres Klangbild möglich.
Tipp: Alle Testberichte zu In-Ear Hörern bekommt ihr hier auf einen Blick
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