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In-Ear-Monitoring on stage: ein Langzeiterfahrungsbericht

Für Musiker ist In-Ear-Monitoring in den letzten Jahren zu einem unverzichtbaren Thema geworden. Ich selbst setze es seit inzwischen 20 Jahren ein. Die Zahl meiner In-Ear-Gigs als Bassist schätze ich auf über 2.500, davon etwa ein Drittel auf der Bühne mit Drahtlossystemen und den Rest in Orchestergräben mit Kabelverbindung.

In dieser Zeit habe ich einige Hörersysteme verschlissen. Das aktuelle Exemplar verwende ich seit mehreren Jahren und werde es wohl bald austauschen müssen. Der folgende Erfahrungsbericht will euch mit den wesentlichen Aspekten des In-Ear-Monitorings vertraut machen und Tipps an die Hand geben.

In-Ear-Monitoring on stage: ein Langzeiterfahrungsbericht
(Bild: Fotolia, Credits: shocky)
Inhalte
  1. In-Ear-Monitoring statt Wedges?
  2. Welches Hörersystem für In-Ear-Monitoring?
  3. Hörermaterial
  4. Ambience-Öffnungen
  5. Treiber
  6. Frequenzkorrekturen
  7. Kabel
  8. Sender
  9. Anpassung der In-Ear-Monitoring Hörer
  10. Der Einfluss des Monitortechnikers
  11. Probleme beim In-Ear-Monitoring 
  12. Gehörschutz
  13. Weitere interessante Inhalte
  14. PA- und Band-Equipment auf thomann.de

In-Ear-Monitoring statt Wedges?

So wunderbar es auch ist, auf der Bühne herumlaufen zu können und unmittelbar mit dem Raum, den Mitmusikern und dem Publikum zu interagieren: Bei einer schwierigen Bühnen- und Raumakustik relativiert sich der Ruf nach Freiheit schnell. Priorität hat dann eine gute Hörsituation, die konventionelle Monitorlösungen in diesen Situationen meist nicht herstellen können. Die Lösung heißt In-Ear-Monitoring (IEM). Richtig sinvoll ist das jedoch nur, wenn alle Beteiligten In-Ear verwenden.

Sänger profitieren besonders bei lauten Bandkollegen oder diffuser Raumakustik von IEM. Allerdings ist es für Vokalisten und Bläser mitunter schwer, sich daran zu gewöhnen, da der Schall im Kopf aufgebaut wird und durch die In-Ear-Hörer in den Gehörgängen stärker resoniert, also “intern” plötzlich lauter wird. Außerdem kann sich der Sound je nach Beschaffenheit der Gehörgänge und Sitz der Hörer durch Bewegen des Unterkiefers verändern. Eine gute Anpassung ist daher unabdingbar.

Da Feedback vorrangig über Gesangs- und Instrumentalmikros entsteht, bietet IEM schon deshalb eine starke Verbesserung des Sounds. Der Bühnensound kann drastisch im Pegel reduziert werden, was wiederum dem FOH-Sound zugutekommt, denn er muss nun nicht mehr gegen den diffusen Bühnensound ankämpfen.

In diesem Sinne hilfreich sind auch die zahlreichen Profiling- und Modeling-Verstärker, die es Gitarristen und Bassisten erlaubt, auf eine konventionelle Backline zu verzichten. Das ist sicherlich nicht jedermanns Sache, wesentlich effektiver fürs Monitoring ist es allemal.

Ihr solltet außerdem bedenken, dass IEM eine Eingewöhnungsphase benötigt. Vor allem, wenn eine Band gemeinsam auf den IEM-Zug aufspringt, ist die Überraschung oft groß: Die erhöhte Detailabbildung sorgt dafür, dass ihr sehr direkt und unverblümt das hört, was was die einzelnen Bandkollegen so spielen. Nicht selten stellt man dann entgeistert fest, dass nicht alles wirklich gut zusammenpasst. Das kann sich hemmend auf das eigene Spiel auswirken, ist aber völlig normal. Ihr müsst dann lernen, mit der akustischen Mikroskopie umzugehen.

Welches Hörersystem für In-Ear-Monitoring?

Hörermaterial

Es gibt grundsätzlich weiche Silikongehäuse oder solche aus Hartplastik. Ich favorisiere Hartplastik, da sich die Hörer schneller einsetzen und herausnehmen lassen. Auch Pflege und Reinigung sind unkomplizierter. Allerdings isolieren sie weniger stark, denn Silikon schmiegt sich dichter an den Gehörgang. Es folgt außerdem den Bewegungen des Unterkiefers und minimiert so Soundschwankungen durch Veränderungen des Hörkanals. Für Sänger sind also Silikonvarianten zu empfehlen. Wer eher statisch arbeitet, ohne opulente Kieferbewegungen, und gerne mal die Hörer herausnimmt und schnell wieder hereinbekommen möchte, wird mit harten Gehäusen ein leichteres Leben haben.

Ambience-Öffnungen

Ambience-Öffnungen dienen dazu, das Isolationsgefühl zu verringern. Hierfür werden unterschiedliche Filter angeboten, je nachdem wieviel vom Raumklang man durchlassen möchte. Es gibt auch Systeme, bei denen die In-Ear-Hörer an ein Ambience-System angeschlossen werden. Das trägt man direkt am Körper und über das integrierte Mikrofon lässt sich stufenlos der Raumklang zum Monitoring hinzumischen. Der Nachteil: Ihr müsst ein zusätzliches batteriegetriebenes Gerät mitschleppen. Bei allen Ambience-Vorteilen kenne ich allerdings auch viele Kollegen, die immer weniger bis gar keine Ambience mehr in den Monitormix nehmen, je länger sie mit In-Ears arbeiten. Ein deutliches Zeichen für Entwöhnung.

Treiber

Bis zu zwölf Treiber werden mittlerweile in einem Hörer verbaut, die Verkaufspreise erreichen dann schnell die 2000-Euro-Grenze. Hörer mit drei Treibern hingegen gibt es bereits weit unterhalb von 1.000 Euro. Die Treiberfrage ist also nicht unwesentlich mit der Leistungsfähigkeit der eigenen Geldbörse verbunden. Allerdings bedeutet mehr nicht automatisch auch besser. Selbst Hörer mit zwei Treibern können befriedigende Ergebnisse erzielen. Ich bin beispielsweise immer gut mit drei Treibern ausgekommen, wenngleich ich weiß, dass sie nicht so detailliert abbilden wie beispielsweise sechs Exemplare. Das muss man jedoch im persönlichen Test herausfinden. Es gibt Firmen, bei denen ihr vor Ort alle Systeme testen könnt. Ein Anreise- und Zeitaufwand, der sich absolut lohnt.

Frequenzkorrekturen

Häufig werden Treiber mit Frequenzkorrekturen angeboten, besonders Bassanhebungen sind beliebt. Hier wäre ich jedoch vorsichtig. Einmal installiert, wird man die Klangkorrektur nicht mehr los. Zudem solltet ihr bei “druckvollem In-Ear-Sound” Skepsis walten lassen. Druck im Ohr ist ungesund und führt zu dauerhaften Hörschäden. Ich tendiere daher zu Hörern mit möglichst neutralem Klang, die oft als “Studioversion” bezeichnet werden.

Kabel

Da die dünnen Kabel für gewöhnlich eine beliebte Fehlerquelle darstellen — man bleibt gerne mal hängen, irgendetwas rollt drüber –, sollten sie sich per Steckverbindung einfach tauschen lassen. Auch habt ihr so die Option auf verschiedene Kabellängen. Die Kabelführung hinter den Ohren sollte drahtverstärkt sein, so dass man sie bequem und sicher fixieren kann.

Sender

Wenn man uneingeschränkte Bewegungsfreiheit möchte, geht kein Weg an drahtlosen Funkverbindungen vorbei. Praktisch sind Systeme, bei denen ihr an der Sendestation das eigene Signal vom Monitormix abzweigen könnt. Am Beltpack könnt ihr dann das eigene Signal im Verhältnis zum Komplettmix individuell regeln. Der Nachteil daran ist, dass man das Stereosignal für zwei Monosignale opfert. Ein In-Ear-Mix profitiert nämlich sehr von einem transparenten Stereobild. Zwei Gitarren, beispielsweise rechts und links verteilt, klingen weitaus transparenter als in einem Monomix zusammengefasst. Dennoch werden es vor allem Sänger häufig bevorzugen, das Lautstärkeverhältnis der eigenen Stimme zum Mix selbst regeln zu können.
Bei Funkverbindungen müsst ihr stets mit Funkausfällen bzw. Funklöchern rechnen, speziell auf größeren Festivalbühnen. Wer im entscheidenden Moment plötzlich das Monitorsignal verliert sollte nicht in Panik ausbrechen, sondern möglichst schnell seine Position wechseln.

Anpassung der In-Ear-Monitoring Hörer

Die Anpassung der In-Ears erfolgt über Silikonabdrücke der Gehörgänge. Diese können von jedem Hörgerätespezialisten angefertigt werden, häufig übernehmen diese Arbeit aber auch die Hersteller und Vertriebe von In-Ears, wenn man sowieso gerade dort ist und die Systeme vergleicht. Wichtig ist, dass die spezifischen Anforderungen an die Abdrücke erfüllt werden, die jeder Hersteller auf Merkblättern vorgibt. Nur dann können die Hörer so hergestellt werden, dass sie am Ende perfekt sitzen.

(Bild: Fotolia, Credits: Voloshyn Roman)

Probleme beim In-Ear-Monitoring 

Es gibt Situationen, in denen ich es nach wie vor bevorzuge, ohne In-Ears zu arbeiten. Besonders bei Unplugged-Gigs oder solchen mit sehr reduzierter Lautstärke ist herkömmliches Monitoring eine gute Wahl. Ich will es nämlich gar nicht leugnen: In-Ear-Hörer bringen immer gewisse, systembedingte Einschränkungen mit sich: Es entsteht zunächst ein Gefühl der Isolation. Zwar lässt sich dem entgegenwirken, indem man Raummikrofone zum Monitormix hinzufügt. Auch die bereits diskutierten Filteröffnungen in den Hörern sind hilfreich. Aber Obacht: Zu viel Ambience steht einer detaillierte Signalabbildung entgegen.

Nachteilig ist zudem der Eindruck, eingeengt zu sein. Das reicht von der bloßen Anwesenheit des Hörers im Ohr bis hin zur Verkabelung. Meistens zieht und hakt das In-Ear-Kabel doch im Laufe eines Gigs. Verwendet man Sendersysteme, vielleicht sogar zusätzlich zu einem weiteren Sendersystem fürs Instrument, muss ein weiteres Beltpack getragen werden und das Problem der Funklöcher auf der Bühne potenziert sich. Drummer, Keyboarder und weitere statisch platzierte Musiker werden häufig fest verkabelt und haben daher seltener mit diesem Problem zu kämpfen.

Auch die physische Entkopplung vom Sound macht vielen zu schaffen. Denn anders als bei klassischem Monitoring geht beim IEM das körperliche Schallempfinden häufig verloren. Musiker beschreiben deshalb IEM gelegentlich als steril. Drummer setzen als Gegenmaßnahme gerne im Drum-Hocker integrierte Buttkicker ein. Das sind LF- bzw. Vibrationstreiber, die das physische Gefühl einer schwingenden Bühne erzeugen. Für Bassisten gibt es alternativ spezielle Shaker-Plattformen.

Gehörschutz

Zuletzt eine entscheidende Warnung: Haltet stets die Lautstärke unter Kontrolle, mit der ihr eure Ohren unter Dauerbeschallung setzt. Vergesst nie, dass In-Ears den Schall ohne Umweg und ohne entscheidenden Druckausgleich auf die Trommelfelle jagen. Speziell In-Ear-Neulinge versuchen gerne, den fehlenden Druck durch Lautstärke zu kompensieren. Das Ganze ist ein Lern- und Gewöhnungsprozess, in dem ihr erfahrt, wie weit ihr gehen müsst, um komfortabel zu musizieren, und wie weit ihr gehen könnt, um den Spaß noch ein wenig zu erhöhen.

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(Bild: Fotolia, Credits: shocky)

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