Praxis
Ein paar Abschnitte weiter oben im Text habe ich noch von den Vorteilen gesprochen, einen derartigen Hörer einfach kaufen und aufsetzen zu können. Denkste. Ich war schon etwas verwundert, dass mir der Hersteller aus Roßbach bei Darmstadt telefonische Hilfe angeboten hat, um den korrekten Sitz des StageDivers zu gewährleisten. “Ich weiß doch schließlich, wie man Kopf- bzw. Ohrhörer benutzt.”, habe ich womöglich leise in mich hineingedacht, zudem muss ein Produkt schließlich so gestaltet sein und dokumentiert werden, dass der Käufer dieses auch handhaben kann. Ich kann diesbezüglich natürlich entwarnen, möchte aber gleichzeitig darauf hinweisen, dass man die InEar-Systeme nicht so schnell in Position bringt wie einen normalen Kopfhörer: Jeder, der ungefähr die Position der eigenen Ohren kennt, benötigt zwei Sekunden zum Einsetzen. Die StageDiver hingegen müssen in die richtige Position gedreht werden, um im Außenohr, besonders im Gehörgang korrekt zu sitzen und gut abzuschließen. Ich musste ein paar Mal hin- und herdrehen, um einen guten Sitz zu finden, zudem habe ich ein wenig herumprobieren müssen, um meine optimale Olivengröße zu bestimmen. Hier gibt es kein simples “passt” oder “passt nicht”: Es ist ratsam, einen längeren Bewegungstest zu machen und mit den Hörern eine imaginäre Bühne auf- und abzuflippen. Natürlich: Zeigt man beim Livespiel so viel Emotionen wie King Crimsons Robert Fripp, kann einem das alles egal sein – Fripp sitzt bekanntlich stocksteif auf einem Stuhl und bewegt außer seinen Fingern eigentlich nichts. Damit könnte er als seine eigene Wachsfigur bei Madame Tussauds… doch lassen wir das. Sitzen die Hörer einmal richtig, ist es zukünftig ein Leichtes, sie zu positionieren und wieder herauszunehmen.
Ob das Schwarz jedermanns Sache ist, weiß ich natürlich nicht. Manch einer macht sein Monitoring durch hautfarbene Materialien gerne annähernd unsichtbar, ich hingegen finde die schwarzen Klumpen eigentlich genausowenig störend wie Mikrofonstative auf der Bühne – Technik muss nicht unsichtbar sein, hat sie doch ihren eigene Ästhetik. Dabei ist je nach Frisur, Haarfarbe und Kopfbedeckung das In-Ear-Monitoringsystem durchaus auffällig, füllt es doch die komplette Concha (den breiteren “Becher” des Gehörgangs) aus. Wer sich mit einem Piercing durch den Tragus-Knorpel (der dicke Lappen direkt am Gehörgang) zu verschönern glaubt, wird möglicherweise durch Reibung am SD-Korpus Probleme mit derart üppig dimensionierten Systemen bekommen.
Zum Einhören mit dem SD-3 bringe ich die insgesamt sechs Membrane mit meinen Referenzproduktionen zum Zittern. Oh ja, das Geld für die Systeme fließt in Treiber und Weichen anstatt in die Einzelanfertigung. Die SD schaffen besonders in den Hochmitten den Spagat, das Signal ist griffig und konturiert, fällt aber nie in das Extrem des Überpräsenten, denn das “beißt” recht schnell – unangenehm, wenn man nicht ausweichen kann. Besonders für die Sprachverständlichkeit ist das wichtig, also vor allem dann, wenn die StageDiver von Sängern benutzt werden. Im Bassbereich darf man sich über ebenfalls sehr gute Klangeigenschaften freuen. Bis sehr tief herunter bleibt das Signal trocken und schnell. Allerdings kann man in vielen Anwendungsfällen darauf sogar vielleicht verzichten: Im Subbass-Band gibt es nur bei sehr tiefen und obertonarmen Signalen überhaupt die Notwendigkeit einer derart guten Übertragung, denn zum Monitoring – also der tonalen und rhythmischen Kontrolle, was man selbst und die Kollegen spielen – reichen oftmals die Bereiche ab dem hohen zweistelligen oder niedrigen dreistelligen Frequenzbereich. Ok: Die zweite Harmonische des tiefen “E” eines E-Basses reicht zur Tonhöhenbestimmung meist aus (durch den “Residualeffekt”), doch Hand auf´s Herz: Es ist schon cool, wenn es richtig rumst. Und mehr Spaß beim Hören ist dem Spiel bekanntlich zuträglich. Trotzdem: Wer nicht Bass spielt oder mit sonstigen tiefen Signalen zu tun hat (etwa Sinusbässe im Elektrobereich) oder als Drummer nicht den völligen Bassdrum-Wumms benötigt, der kann durchaus auch über die Anschaffung des SD-2 nachdenken. Externe Shaker als Platte zum Draufstellen oder zum Anbringen am Schlagzeughocker können naturgemäß den Körper besser mit Tiefbass versorgen als ein kleiner Hörer es vermag. Im Vergleich von SD-2 zu SD-3 meinte ich sogar beim SD-2 eine leichte “Nase” ausmachen zu können, die in den mittleren Bässen für mehr “Dicke” gesorgt hat. Dies mag möglicherweise daran liegen, dass in einem Dreiwegesystem eine weitere Trennung durch die Weiche stattfindet – was sich nie ganz ohne kleine Problemchen im Pegel- und Phasenfrequenzgang lösen lässt. Aber selbst die Verkleinerungsform von “Problem” erscheint angesichts der Qualität der SD-Systeme ein zu heftiges Wort zu sein, es handelt sich wirklich um Nuancen, die sich im Livebetrieb versenden werden.
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Wer bei der Angabe “18 kHz” als obere Grenzfrequenz abwinkt, dem sei gesagt, dass InEars StageDiver auch die absoluten Höhen sehr fein zeichnen und in keiner, wirklich keiner Art auch nur entfernt dumpf klingen. Sie klingen sehr luftig und geradezu offen – eine vielleicht überraschende Beschreibung eines derart abschließenden Systems. Ja, generell: Das Gefühl des “Abgekapseltseins”, was sich bei manchen Hörern, auch und gerade geschlossenen Ohrmuschelkopfhörern, einstellt, ist bei den StageDiver-Systemen nur schwach ausgeprägt – und vernachlässigbar, wenn man ein Signal auf ihnen hat. Zwei- oder Dreistunden-Proben und -Gigs? Kein Problem! Und solange man keine wirklich unübliche Ohrform hat (ein klarer Indikator für ein individuell angepasstes Monitoring!), hat man nicht mit Druckstellen oder Reibung zu kämpfen. Ich fand, dass es keinen Komfortunterschied zwischen den StageDiver und meinen beiden verschiedenen Otoplastik-Systemen gab.
Fg sagt:
#1 - 14.09.2014 um 18:23 Uhr
Der Preis muss ein Witz sein...
topper-hardy sagt:
#2 - 01.01.2015 um 21:09 Uhr
Danke für den Hinweis auf die SD2. Habe diese gekauft und bin absolut begeistert. Der Tragekomfort steht meinem angepassten Elacin Gehörschutz in nichts nach. Ich finde sie auch klanglich top. Ich bin Drummer und nutze sie für Play Alongs, die Bandprobe und live.