ANZEIGE

INTERVIEW JEFF WATERS

Bonedo: Sag mal Jeff, wie fühlt es sich eigentlich an, der Star der Stars zu sein?, frage ich Jeff als erstes, der sich ein Lachen kaum verkneifen kann…
So habe ich mich selbst noch nie gesehen!
(Jeff ist sichtlich geschmeichelt und kann sich ein Lachen kaum verkneifen)
Na ja, nicht nur, dass diverse Topgitarristen des aktuellen NWOAHM (New Wave Of American Heavy Metal)-Genres Annihilator als eine ihrer größten Einflüsse angeben, eigentlich sprechen die meisten Gitarristen nicht nur von Annihilator, sondern von Jeff Waters, als wäre dieser eine Art Gottfigur für sie.
Haha, ja – irgendwie ist das schon manchmal befremdlich, wenn ich ein Interview mit Gitarristen wie Corey oder Matt von “Trivium” lese, den Jungs von “Lamb Of God” oder Alexi Laiho von “Children Of Bodom”, und diese mir die Schuld an einem Teil ihres Bandsounds zusprechen, aber ich kann nicht leugnen, dass es sich super anfühlt.
Jeff_IV4_spass
Bonedo: Ich meine z.B. deine Teilnahme am “Roadrunner United”-Projekt und die Szene auf der DVD, wo du dein Solo für “The Dagger” einspielst, spricht ja wohl Bände. Da versammelt sich die komplette Elite des modernen Heavy Metals rund um deinen Stuhl,  um dir beim Einspielen eines Solos zuzusehen.
Ja, und ich glaube der Clip hiervon bei Youtube hat mir sicherlich mehr Popularität eingebracht als irgendeine andere Aktion in meiner Kariere. Über 1,5 Millionen Kids haben dieses Video alleine bei Youtube gesehen – und dabei wahrscheinlich das erste Mal überhaupt von dieser Band Namens Annihilator gehört. Viele dieser Musiker sprechen heute mit ihren Fans und erzählen ihnen von Annihilator. Ich merke dies eigentlich in allen Bereichen. Es gibt mehr Klicks auf unserer Myspace-Seite, es kommen mehr Leute zu unseren Shows – und nicht zuletzt verkaufen wir mehr Platten.
B: Ist da auch die Idee für das letzte Studioalbum (schlichtweg “Metal” betitelt) entstanden, wo du dir vor allem die Gitarrenarbeit mit diversen erfolgreichen Gästen der Szene teilst?
Ja, irgendwie schon. Aber es hat sich auch einfach richtig angefühlt, mit ein paar meiner Freunde zusammen an dem Album zu arbeiten.
(Jeff untertreibt in seiner typischen Art – geben sich auf dem Album doch neben den zuvor genannten Musikern, Kollegen von so illustren Bands wie  “In Flames”, “Anvil”, “Nevermore”, “Arch Enemy”, “The Haunted” oder auch seinen kanadischen Freunden von “Danko Jones” die Klinke in die Hand.)
B: Jeff, lass uns doch mal zu deinem aktuellen Album kommen, das du ja schlichtweg “Annihilator” betitelt hast. War es geplant, dieses Album zu einem “Statement” zu dem heimlichen “This is Annihilator” Best-Of-Album zu machen?
Normalerweise plane ich beim Schreiben eines Albums nicht viel – vielleicht mit Ausnahme vom 1993er Album “Set The World On Fire”. Wir waren auf dem Sony-Label und Heavy Metal war mit der aufkommenden Grunge-Welle eher auf dem absteigenden Ast. Damals haben wir gedacht, wir müssten jetzt den einen oder anderen Song für einen bestimmten Fankreis schreiben – aber wann immer ich so etwas mache, versage ich eigentlich kläglich, deswegen lasse ich es lieber gleich sein.

Auf diesem Album habe ich jedoch eine kleine Checkliste gemacht, mit diesen kleinen Dingen, die Annihilator-typisch sind, die ich gerne als “Jeffisms” bezeichne.
Ich möchte jetzt nicht behaupten, dass diese Dinge von mir erfunden wurden – na ja – vielleicht ein bis zwei, doch sie stehen für den Sound von Annihilator. So, wie die Squeels oder Pinch-Harmonics für Gitarristen wie Zakk Wylde stehen, gibt es eine kleine Liste an “Jeffisms”, die dir auf dem Album immer wieder begegnen werden. Immer dann, wenn ich keine Idee hatte, habe ich dann einfach eines davon eingespielt.

Bonedo: Gleich der erste Titel “The Trend” klingt hierbei wie eine Hommage an die eigene Band, oder? Meinst du, dass du – dass ihr – mit diesem Song einen neuen Trend starten werdet?
Lass dich nicht vom Titel des Songs abschrecken. Ich merkte einfach in den letzten Jahren, dass Metal wieder zum Trend geworden ist. Es ist wieder hip oder cool, sein Instrument zu beherrschen, es ist quasi der aktuelle “Trend”, was ich mit Annihilator schon seit weit über 20 Jahren mache. Ich sehe links und rechts immer mehr Bands auf den Zug aufspringen, was ich auf der einen Seite als Metal-Fan selbst sehr begrüße, doch natürlich auch sehr kritisch beäuge. Ich glaube, dass die Kids nicht spielen sollten,  was sie für “in” halten, sondern das, was sie wirklich selbst fühlen. Besonders komisch finde ich dabei, wenn die Kids diese Musik als Werk ihrer eigenen Generation ansehen und dabei vergessen, dass es dies schon in den 80er Jahren gab – es damals nur Thrash Metal genannt wurde.
B: Beim zweiten Song des Albums “Coward” werden mal wieder ein paar Geschwindigkeitsrekorde gebrochen… Was kannst du uns denn zu diesem Song verraten?
Ja, da wirst du vor allem Dave zu befragen müssen, schließlich hat er den Text geschrieben – aber wenn du mich fragst, war er, glaube ich, ziemlich wütend dabei. (Jeff lacht)
Dave Padden schaute beim Interview auch kurz vorbei
Dave Padden schaute beim Interview auch kurz vorbei
DP: Ja, das kann man wohl so sagen! Ich habe schon lange versucht, einen Satz zu schreiben, der nun wirklich alles sagt. Einen, den du genauso gut auf einem T-Shirt tragen könntest, der aber auch für einen ganzen Song stehen kann.
(Dave Padden ist übrigens seit mittlerweile sieben Jahren die einzige Konstante neben Jeff im Annihilator-Zirkus ist.)
B: Du meinst so was wie “Fuck You I won’t Do what You Tell Me” bei Rage Against The Machine (Killing In The Name)???
DP: Ja, genau. Als ich mit der Songzeile “Listen Up You Bastard” bei Jeff auflief, wussten wir beide, dass wir hier ins Schwarze getroffen haben. Der Satz trifft dabei gleichzeitig die Kernaussage des Liedes: “Listen up you Bastard! There is no way that you can hide. I will not be denied. I will deliver pay when our two worlds collide!” Man kann sich halt nicht immer vor Allem verstecken.”

(Während Daves Antwort quillt der Song in ohrenbetäubender Lautstärke aus den Boxen.)
JW: Ja, und er war dabei auch mal wirklich wütend…Hahaha… (Jeff lacht)

B: Mir ist des Weiteren aufgefallen, dass ihr mit “Romeo Delight” von Van Halen erstmals einen Coversong auf einem Album habt? Wie ist es dazu gekommen, gerade diesen Track zu wählen? Normalerweise würde man von dir doch eher eine Version von ”Eruption“ erwarten…
JW: Eddie Van Halen gehört mein Leben lang schon zu meinen größten Vorbildern, obwohl ich ihn bisher noch nie getroffen habe – aber wir haben uns einige Male nur sehr knapp verpasst. Da eigentlich alle meine Freunde wissen, wie sehr ich die Musik von Van Halen liebe, lag es sehr nahe, einen Song dieser Band für meinen ersten Coversong auf einem Alben zu wählen. Ich liebe die Phase mit David Lee Roth, die meisten Leute kennen ihn nur als den “Spaßmacher” aus den Videoclips und vergessen dabei schnell, dass er einer der besten Sänger aller Zeiten ist. „Romeo Delight“ ist ein Meisterwerk, an dem ich mich nur zu gerne mal versuchen wollte.
B: Jeff, du produzierst die Annihilator-Alben in Eigenregie. Gibt es ein besonderes Vorgehen dabei? Ich gehe mal davon aus, dass es dir sicherlich besonders schwer fallen wird, ein objektives Ohr zu bewahren…
Ja, ich glaube wir gehen dabei einen sehr unkonventionellen Weg, weil alles meistens mit einem programmierten Drumloop beginnt. Meistens einen schlichten Doublebass 4/4tel Takt, auf dem ich dann allerlei improvisiere. Ich recorde dann meistens stundenlang verschiedene Riffs und Licks, bis etwas dabei rum kommt, dass ich für wert halte, Dave und den anderen zu zeigen. Wenn wir dann einer Meinung sind, dass das Riff rockt, nehmen wir meistens erst weitere Gitarren, Bass und schließlich die Vocals auf, bevor wir uns als letztes den Drums widmen, und dann meistens die kompletten Drums für ein Album in einem Rutsch aufnehmen. Bei diesem Album hat es zwischen Bass und Drums richtig gefunkt – deswegen glaube ich, dass wir hier den für uns besten Weg gewählt haben.
B: Vielleicht magst du uns noch zum Abschluss einen kleinen Ausblick auf die nähere Zukunft der Band geben.
Na klar. Zunächst mal freuen wir uns schon sehr auf das Release des Albums am 17.Mai. Wir werden dann im Sommer für ein paar Festivals wieder nach Europa kommen, bevor es im Herbst auf Headliner-Tour  geht, um “Annihilator” ordentlich zu promoten.
B: Cool. Jeff, ich danke dir schon mal für deine Zeit, und ich freue mich schon sehr auf euer nächstes Konzert. Ich bin auf jeden Fall dabei.
Danke auch euch Jungs von bonedo.

Abschließend kann ich sagen, dass ich nach den offensichtlich sehr stressigen Tagen auf der Musikmesse in Frankfurt einen sehr entspannten Jeff Waters wieder getroffen habe, der definitiv nicht nur als Musiker, sondern auch als sympathischer Gesprächspartner ein Aushängeschild ist. Fast 30 Jahre Rockhistorie vereinen sich in diesem Mann, der nicht müde wird, von seinen eigenen Stars und Vorbildern zu sprechen.

Das Album selbst ist ein Meisterwerk für alle Fans gepflegten Heavy Metals – und auch wenn es mit “Coward” und “Ambush” gleich zu Beginn mit zwei Thrashgranaten heftigster Sprengkraft um die Ecke kommt, so ist das Gros des Albums doch auch für den Freizeit-Metaller sehr gut konsumierbar und für die Gitarristen unter uns ohnehin eine Pflichtveranstaltung. Was Jeff auch auf seinem 13ten Album wieder abliefert, sollte uns allen Ansporn sein, das Instrument wieder ein wenig ernster zu nehmen… Ich jedenfalls habe meine alte Paula mal wieder bemüht und ihrer Ursprungsfunktion zugeführt.

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.