Der britische Drummer Ash Soan ist nicht nur einer der gefragtesten Studiomusiker Großbritanniens, sondern begeistert und inspiriert mit seinen unzähligen Videos auf Social Media seit vielen Jahren die Drum-Community auf der ganzen Welt. Besonders sein Studio, das er in einer alten Windmühle auf dem Land gebaut hat, ist neben seinen kreativen Grooves und seinem großartigen Feel sein Markenzeichen.
Abseits seiner Jobs als Live-Drummer für Künstler wie Robbie Williams, James Morrison oder Faithless oder in der Position als Drummer der “The Voice UK” Band, hat er sich vor allem durch seine Fähigkeit als Studiodrummer und Engineer im eigenen Studio einen Namen gemacht. So spielte er auf unzähligen Songs und Alben von Künstlern wie Adele, Dua Lipa, Snow Patrol, Rod Stewart, Seal und Billy Idol. Wir sprachen mit dem sympathischen Engländer über die Entstehungsgeschichte seines Studios, seine selbstständige Arbeit durch Remote-Recording und wie ein typischer Tag in seinem Leben aussieht.
Hallo Ash, schön dass du dir Zeit für ein Gespräch nimmst. Wie geht es dir?
Eigentlich wirklich gut. Ich mache mir zwar ein bisschen Sorgen wegen der aktuellen Situation, vor allem weil ich mit Tori Amos auf Tour gehen soll und wir nicht wissen, ob das so stattfinden wird, aber am Ende bleibt mir nichts anderes, als es auf mich zukommen zu lassen. In der Zwischenzeit habe ich ja mit meinem Studio einen schönen Ort, an dem ich kreativ sein kann.
Erzähl uns mal ein bisschen von deinem Studio.
Dieser Ort ist wirklich ein Segen, vor allem in der aktuellen Zeit. Insbesondere im letzten Jahr, als die Situation wirklich übel war, konnte ich dadurch trotzdem Musik machen und arbeiten. Das Studio ist eine alte Windmühle auf dem Grundstück, auf dem ich wohne und ich kann jeden Morgen einfach über das Feld laufen und bin da.
Wie bist du zu diesem schönen Studio gekommen?
Meine Frau und ich sind vor 14 Jahren aus London weggezogen, um eine Familie zu gründen. Wir wollten einen Ort in der Natur, wo wir viel Platz haben und haben nach einem Bauernhof gesucht, von dem man vielleicht die Scheune zu einem Studio hätte ausbauen können. Als wir ein Haus gefunden haben, hat sich der Ausbau der Scheune leider als extrem teuer herausgestellt. Während wir die Planungen durchgingen, schlug ein Freund meiner Schwiegermutter vor, dass man sich doch mal die verfallene Windmühle angucken sollte, von der eigentlich nur noch gerade so die Grundmauern standen. Wir haben dann die Wände neu aufgebaut, mit Stroh gedämmt und ein schönes Holzdach gebaut, womit der Bau nicht nur nachhaltig, sondern gleichzeitig auch noch deutlich günstiger wurde. 2012 war das Studio dann fertig. Erst war es nur ein Raum für mich zum üben und um all mein Equipment zu lagern, aber ich habe schnell gemerkt, dass es wirklich gut darin klingt. Ich habe dann einem befreundeten Engineer eine Aufnahme mit einem Mikro geschickt, sodass er den Klang besser einschätzen konnte, und auch er war optimistisch und meinte, dass das ein wirklich gut klingender Raum sei. Ich habe mir dann überlegt, wie ich das weiter angehen soll. Erstmal nur zwei, drei Mikrofone und Preamps kaufen, um mich langsam einzugewöhnen oder direkt 20 Mikros mit der entsprechenden Technik besorgen? Ich habe mich für Letzteres entschieden und bin direkt komplett eingetaucht. Das war natürlich am Anfang wirklich eine große Herausforderung, weil ich mich nie mit Pro Tools und der ganzen technischen Angelegenheit beschäftigt hatte. Das Ganze ist jetzt zehn Jahre her und hat sich wirklich gelohnt.
Hattest du wirklich gar keine technischen Grundlagen, bevor du angefangen hast?
Naja, ich wusste natürlich ungefähr, welche Mikrofone ich wo hin stellen sollte, aber ich war meilenweit weg davon, ein Audio-Engineer zu sein. Glücklicherweise hatte ich aber natürlich viele Kontakte zu Engineers und Produzenten, die mir Tipps geben konnten. Am Anfang war die Kombination aus analogen Preamps von Neve und API, in Kombination mit Universal Audio Interfaces, die ja auch noch eine separate Software haben und dann in Pro Tools münden sollten, eine echte Mammutaufgabe. Man steckt ja nicht einfach ein paar Kabel zusammen und dann läuft alles. Ständig gibt es irgendwelche Probleme, bevor man überhaupt einmal auf Record drücken kann. Es war also viel Learning by Doing und gute Ratschläge von Freunden, die sich auskennen. Am Anfang klang es aber wirklich schlimm. (lacht) Es ist wie mit dem Erlernen eines Instruments: Aller Anfang ist schwer.
Wann hast du dann die ersten größeren Sessions für namhafte Künstler in deinem Studio eingespielt?
Ich glaube, das war mit Fraser T. Smith, mit dem ich auch später für Adele zusammengearbeitet habe. Ich hatte vorher schon auf großen Alben von Künstlern wie Robbie Williams oder Seal in anderen Studios gespielt, aber es war gar nicht so leicht, die Produzenten davon zu überzeugen, dass wir das auch in meinem Studio machen können. Wie sollte ich also einen Produzenten wie Trevor Horn davon überzeugen, dass ich Drums gut alleine aufnehmen kann? Es ist wie immer im Musikbusiness – ich brauchte einen Hit. Glücklicherweise waren die Recordings, die ich für Frasers Produktion von Gavin James gemacht habe, ein Hit in Irland und das hat dann langsam dazu geführt, dass verschiedene Produzenten mitbekommen haben, dass ich die Drums nicht nur gespielt, sondern auch selbst aufgenommen habe. Von da an hat sich alles gut entwickelt und mittlerweile habe ich auch beispielsweise hier für das Dua Lipa Album aufgenommen, das mit einem Grammy ausgezeichnet wurde.
Glaubst du, dass die Videos auf Social Media eine Hilfe für die Studiojobs waren oder sind die eher an die Drum-Community adressiert?
Natürlich irgendwie beides, aber es hat mir vor allem bei der Studioarbeit geholfen. Ich habe das nicht gezielt gemacht, aber es hat sich da hin entwickelt. Als ich mit Instagram vor zehn Jahren angefangen habe, wollte ich vor allem den Entstehungsprozess des Studios dokumentieren. Ich habe dann irgendwann angefangen, meine Videos mit dem aufgenommenen Ton zu synchronisieren, während die meisten Musiker alle noch Beiträge mit dem Ton der damals aktuellen Handys gepostet haben. Ich denke, dass das am Anfang schon dadurch besser klang, auch wenn meine Recording-Skills noch gar nicht so gut waren. Ein weiterer Faktor ist natürlich, dass dieser Raum einfach wunderschön aussieht. Mittlerweile ist Social Media ein Schaufenster für mein Business geworden, so merkwürdig das auch klingt. Es ist eben ein Business und ich habe auch Jobs direkt über Nachrichten auf Social Media bekommen. Ich dokumentiere mittlerweile aber auch meine Suche nach neuen Sounds und habe Spaß daran, das zu veröffentlichen.
Es scheint, als hättest du dich mit deinem Studio und dem Fokus auf Remote-Recording unbewusst ideal auf die aktuellen Zustände vorbereitet.
Ja, das stimmt. Die letzten anderthalb Jahre liefen super für mich, weil viele Kreative einfach irgendwie weitermachen wollten und dafür war mein Studio natürlich perfekt. Glücklicherweise hatte ich mich zu dem Zeitpunkt auch schon so etabliert, dass einige Produzenten von mir wussten, weshalb ich letztes Jahr auf ein paar großartigen Alben trommeln konnte, die jetzt Stück für Stück veröffentlicht werden. Das freut mich wirklich sehr.
Wie sieht ein typischer Tag in deinem Leben aus?
Normalerweise habe ich immer einige Dinge zu tun, die ich dann morgens bei einem Kaffee plane. Ich erstelle mir einen Plan, wann welcher Song fertig werden muss und fange dann einfach an. Manchmal wollen die Produzenten auch über Zoom dabei sein, wenn ich aufnehme, sodass sie direkt Feedback geben können. Das habe ich neulich mit den Chemical Brothers gemacht und es hat super funktioniert. Manchmal habe ich so viel zu tun, dass ich etwas überwältigt von der Arbeitslast bin und dann auch mal eine Nachtschicht einlegen muss. Ich habe gestern ein Album fertig eingespielt, bei dem ich sechs Songs an einem Tag aufgenommen habe. Irgendwann habe ich dann einfach Schluss machen müssen, um meine Kinder von der Schule abzuholen. (lacht
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Das Video zu seiner kürzlich erschienenen Signature Snare erlaubt einen Blick in das Windmill Studio.
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Mehr InformationenDu hast also keine festen Arbeitszeiten, um vielleicht dich selbst auch vor Überlastung zu schützen?
Nein, das funktioniert für mich nicht so gut. Ich weiß, dass das beispielsweise der großartige Mixer Bob Clearmountain macht. Ich habe das vor 25 Jahren, als ich bei ihm im Studio war, mitbekommen. Er macht echt immer genau um 5 Uhr Schluss, egal wie weit er gekommen ist. Ich möchte mich aber in der kreativen Arbeit nicht zeitlich beschränken, nur weil es eine gewisse Uhrzeit ist. Ich habe natürlich trotzdem auch Zeiten, in denen es ruhiger läuft oder Sachen nicht so dringend sind, die ich dann mit meiner Familie nutze. Außerdem sind viele der Leute, mit denen ich arbeite, in ähnlichen Situationen wie ich und haben eigene Studios und ein Familienleben. Natürlich gibt es manchmal Sessions, die richtig lang gehen und bei denen der Song unbedingt fertig werden muss, aber eigentlich fühle ich mich nie so ausgelaugt, als müsste ich mir frei nehmen, um ausgiebig zu regenerieren. Meistens haben die Produktionen auch zeitlich einen Puffer, wodurch ich auch mal zwischendurch eine Pause machen und wieder mit frischem Kopf herangehen kann. Das ist das Großartige, wenn man sein eigener Boss ist.
Wo du gerade davon sprichst, dein eigener Boss zu sein… Wann weißt du, wann du mit einem Song wirklich fertig bist?
Viele Leute, mit denen ich arbeite, kommunizieren eine grobe Idee, in welche Richtung der Song gehen soll. Meistens arbeite ich dann eine Version aus, schicke die zu Künstlern oder Produzenten und wir arbeiten uns von da weiter in Richtung des fertigen Tracks. Eigentlich passiert es nur bei besonders kreativen Projekten, die viel Freiraum lassen, dass ich mich so in der Musik verliere und nach Stunden merke, dass die erste Idee eigentlich die beste war. Am Ende komme ich aber in Zusammenarbeit eigentlich immer am Ziel an und ich glaube, dass ich einen natürlichen Flow entwickelt habe, in dem sich die Dinge entwickeln können.
Versuchst du neben deiner Arbeit an Sessions noch zusätzlich zu üben und neue Sounds zu finden?
Absolut und eigentlich immer, sobald ich Zeit habe. Mir kommt dann eine Idee und ich fange an zu spielen, kreiere für mich neue Sounds und halte das dann fest. Viele der Instagram-Videos sind genau das. Das sind dann eher Sounds und Feels, mit denen ich experimentiere, falls ich die mal brauche. Manchmal kommt es dann vor, dass mir Künstler Videos von mir schicken und genau diesen Sound wollen. Paul Jackson Jr. hat mir beispielsweise ein Bild von einer meiner Snares geschickt, weil er genau die für einen Song haben wollte.
Versuchst du, die Sounds der Drums am Instrument und auch in Form des Engineering und Mixing so weit wie es geht fertig zu machen oder schickst du den Produzenten cleane Sounds, damit sie immer flexibel sind?
Sie bekommen zwei Ordner. Einen mit Files, die ich nach meinen Vorstellungen bearbeitet habe und einen Ordner mit cleanen Files, bei dem sie komplett flexibel sind, weil ich sämtliches Processing „in the box“, also am Computer mache.
Wie sieht dein aktuelles Studiosetup aus und hast du Instrumente, die du besonders häufig nutzt?
In meinem Studio habe ich immer ein neues Gretsch Broadkaster mit zwei Bassdrums aufgebaut. Eine 20“ Bassdrum ohne Dämpfung und eine in 22“ mit gewöhnlicher Dämpfung. Als Snares nutze ich sehr häufig eine Snare, die ich „Fat Max“ nenne. Es ist eine 14“x4“ 1950’s Max Roach Signature Snare, die einen wunderbaren fetten Sound liefert, obwohl der Kessel nur so schmal ist. Außerdem nutze ich eine 50’s Round Badge Snare noch sehr häufig. Gerade ist meine „Purpleheart“ Signature Snare in 12“ x 7“ herausgekommen, die einen wunderbaren tighten Hip-Hop Sound hat. Ich liebe diese Snare. An Hi-Hats nutze ich besonders häufig eine 60’s Zildjian A Hi-Hat in 14“, die mir ein Freund, der leider letztes Jahr an Corona starb, mal einfach so gegeben hat. Ich habe sie lange gar nicht benutzt und irgendwann endlich mal angefangen zu spielen und gemerkt, dass sie absolut umwerfend klingt, wenn man sie aufnimmt. Die nutze ich fast immer und das ist echt ein schönes Andenken an meinen Freund. Außerdem habe ich noch ziemlich dunkle 50’s Zildjian K Hi-Hats, die ich für spezielle Sounds nutze.
Was waren Sessions, die dir besonders im Gedächtnis geblieben sind?
Auf jeden Fall die Session, als wir „Set Fire To The Rain“ mit Adele aufgenommen haben. Sie war damals noch nicht so berühmt wie heute und mit dem Album „21“ hatte sie ihren absoluten Durchbruch. Wir hatten an dem Tag so viel Spaß gemeinsam und ich habe mich natürlich sehr gefreut, dass der Song so erfolgreich wurde. Die Sessions mit Trevor Horn für Seal und Billy Idol waren großartig, genauso wie die Recordings mit Mark Taylor für Cher oder James Morrison. In meinem Studio habe ich besonders einen Song von Rod Stewart im Gedächtnis, von dem ich schon immer Fan war, und als dann seine Vocals mit meinen Drums aus meinen Speakern kamen, fand ich das schon wirklich besonders. Außerdem durfte ich auf einem Bob Marley Album spielen, das posthum produziert wurde und dieses Jahr veröffentlicht wird. Das war wirklich unglaublich.
Vielen Dank für’s Gespräch!
- Drums: Gretsch Broadkaster
- Bassdrum: 22“x14, 20“x14“
- Toms: 12“x8“, 13“x9“, 16“x16“
- Snare: 12“x7“ Purpleheart Signature Snare
- Becken: Zildjian
- Hi-Hat:14″ A Zildjian New Beat oder Vintage A
- Crashes: 18″ Kerope, 17″ K Custom Special Dry Trash Crash
- Ride: 22″ K Constantinople Renaissance Ride
- Stack: 22” Overhammered Constantinople und 18” Kerope
- Felle: Remo
- Sticks: Vic Firth
Links:
Website: https://ashsoan.com
Instagram: https://www.instagram.com/ashsoan