David, du bist neben dem Schlagzeugspielen vor allem durch dein Fingerdrumming bekannt geworden. Wie kamst du dazu?
Nun, ich wollte immer Schlagzeug spielen, aber mein Bruder ließ mich nie an sein Drumset. In meinem Zuhause war Musik allgegenwärtig. Mein Vater war Lehrer, Sänger und Pastor. Auch meine Mutter sang und lehrte an der Universität. Mein ältester Bruder hat außerdem Querflöte und Saxophon gespielt. Er ist übrigens auch der Grund, warum ich nach Deutschland kam. Ich litt sehr unter der Trennung meiner Eltern, was dazu führte, dass ich als Jugendlicher wegen Depressionen in ärztliche Behandlung kam. Nach einiger Zeit begannen die Ärzte dort mit Musiktherapie, und das war das Einzige, was mir wirklich half. Man kann also durchaus sagen, dass die Musik mich gerettet hat. Als ich dann aus der Klinik entlassen wurde, schenkte mir mein Bruder eine Yamaha RX11 Drum Machine. Ich wusste nicht so richtig, was ich damit anfangen sollte, denn ich wollte ja Drums, Sticks und Becken. Also habe ich ein bisschen Beats programmiert und sie nach einer Weile gegen eine Alesis HR16B von einem Typen aus meiner Nachbarschaft eingetauscht. Darauf habe ich dann richtig angefangen, mit den Fingern Schlagzeug zu spielen, bevor ich überhaupt ein eigenes Drumset hatte.
Wie hat es dich dann letztendlich ans akustische Schlagzeug verschlagen?
Ich habe in der Schule immer akustisches Schlagzeug spielen können und wollte das dann auch studieren, wurde aber von den Hochschule abgelehnt. Mein ältester Bruder lebte in Deutschland und schlug vor, dass ich einfach mit ihm Zeit in Deutschland verbringen solle und ihn in Bars und Clubs zu Funk, Soul und Blues an der Drum Machine begleiten könne. Außerdem erzählte er mir von der Future Music School in Aschaffenburg, an der ich Schlagzeugunterricht nehmen könnte. Also bin ich 1992 nach Deutschland gezogen und habe hier sehr viel geübt und gespielt. Herb von den Heavytones hat mich dann 1994 gefragt, ob ich auf dem Koblenzer Drummers Meeting mit der Drum Machine spielen möchte. Auf einmal war ich in einem Lineup mit Dennis Chambers, Will Calhoun und René Creemers. Mit Dennis habe ich mich sofort super verstanden, und wir sind bis heute gut befreundet. Er hat mir dann 1995 auch meine erste professionelle Tour als Schlagzeuger mit dem Saxophonisten Gary Thomas in den Staaten besorgt.
War das der Startpunkt deiner professionellen Karriere?
Definitiv. Ich habe dadurch so viele Leute kennengelernt, die mich wiederum anderen vorgestellt haben, so zum Beispiel Ronda Smith auf der Musikmesse. Irgendwann rief sie mich an und sagte, dass sie mich in einem Telefonat Prince empfohlen hat. So wurde ich dann zu einer Audition eingeladen. Das war total verrückt! Sie flogen mich extra ins total verschneite Minneapolis ein, und ich wurde tatsächlich mit einer Limousine abgeholt. Ich weiß noch, dass ich von der langen Reise so einen Hunger hatte, dass wir mit der Limousine ins McDrive gefahren sind. (lacht)
Wow, klingt nach einer verrückten Geschichte. Wie war es, mit Prince zu arbeiten?
Oh, das war super. Man hört ja immer wieder verschiedene Geschichten, aber mir gegenüber war er ein sehr freundlicher, angenehmer Typ. Ich spielte ab da hin und wieder Live und im Studio, wenn Kirk Johnson anderweitig beschäftigt war und hatte eine großartige Zeit mit Prince. Wir haben ziemlich viel aufgenommen, jedoch ist davon bisher nur der Song „Fascination“ vom Album „Crytal Ball“ veröffentlicht worden. In der Zwischenzeit lernte ich dann Melvin Lee Davis kennen, der Musical Director von Chaka Khan ist, was wiederum dazu führte, dass ich auch mit ihr spielen konnte. Ich plante damals eigentlich, nach Los Angeles zu ziehen, hatte aber das große Glück, dass Chaka mich immer einfliegen ließ. Sie spielt übrigens auch richtig gut Schlagzeug.
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Hattest du neben all den Gigs in Amerika auch Zeit für Projekte in Deutschland?
Ja, ich habe hin und wieder mit Nena, Ayman und Jeanette Biedermann gespielt und wurde 2002 dann Drummer in Joy Denalanes Band. Auf einem Konzert in Hamburg sah mich Till Brönner, wir lernten uns kennen, und ich wurde Trommler in seiner Band. Mit ihm bin ich bis heute unterwegs. 2005 bin ich dann nochmal für eine längere Zeit nach Amerika gegangen, das war zufällig genau zu der Zeit der Hurricane Katrina Katastrophe. Viele Leute flohen vor allem aus der schwer getroffenen Stadt New Orleans. Von den Musikern lernte ich viel und kam so noch mehr mit Gospel, Blues und Jazz in Berührung. Aber irgendwie zog es mich immer zurück nach Deutschland.
Warum genau Deutschland?
Ich bin überzeugt davon, dass man in Europa als Musiker besser von unterschiedlichen Musikrichtungen leben kann und sich nicht zwangsläufig festlegen muss. Ich mag so viel von Jazz bis Hip-Hop, und ich habe das Gefühl, dass hier wesentlich mehr Stile akzeptiert sind als in Amerika. Außerdem ist es auch optimal für mich, dass es hier weniger Musiker gibt, die so wie ich spielen, speziell was das Fingerdrumming und Beats angeht. Obwohl ich ursprünglich wegen meines Bruder nach Deutschland kam, habe ich mich in Berlin von Anfang an sehr wohl gefühlt. Hier kann ich zwischen den Touren mit Künstlern in Clubs Jazz, Funk und Soul mit großartigen Musikern spielen.
Hattest du jemals Probleme damit, dass die Leute dich ausschließlich auf den Finger Drumming reduzieren?
Nicht so sehr, dass sie mich darauf reduzieren, sondern eher, dass manche Leute die Drum Machine als ein Spielzeug ansahen. Aber ich bin froh, dass ich nicht so sehr auf die Leute gehört habe, sondern einfach weitergemacht habe. So habe ich heute das Drumset und die Drum Machine, die sich natürlich gegenseitig immer wieder inspirieren. Man kommt eben immer wieder auf neue Ideen. Eine witzige Situation hatte ich aber mit Dave Weckl, der mich immer sehr inspiriert hat. Ich zeigte ihm mein Fingerdrumming und feuerte dabei alle meine Dave Weckl Licks ab, die ich konnte. Er guckte ganz schön verwirrt. (lacht) Auf der anderen Seite gab es aber auch Leute, die ich mit meinem Spiel auf neue Ideen brachte. 2009 stellte mir Korgs Produktentwickler einen Prototypen vor, den er hauptsächlich in Bezug auf mein Fingerdrumming gebaut hatte. Für das Korg Kronus Keyboard habe ich beispielsweise 200 Presets programmiert, die in jedem Gerät auf der ganzen Welt sind.
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Mehr InformationenWo wir gerade beim Equipment sind: Woraus bestehen deine Setups?
Für mein Fingerdrumming nutze ich die MPC Studio von Akai. Ich bin nach ausführlichem und jahrelangem Testen anderer Geräte immer wieder auf die Produkte von Akai zurück gekommen. Die Pads haben die beste Berührungsempfindlichkeit und lassen mich mein Fingerdrumming ohne Hindernisse und mit der nötigen Dynamik spielen. Ich bin außerdem noch Ableton Artist und nutze deren Programme, wenn ich live Fingerdrumming spiele. In meinem Studio habe ich ein Oak Custom von Yamaha, das für Recording wirklich hervorragend ist. Auf Tour nutze ich ein Live Custom Set und natürlich auch Yamaha Hardware. Beide Sets haben eine 22“ Bassdrum und Toms in 10, 12, 14 und 16 Zoll. Mit diesen Größen kann ich, in Verbindung mit meiner 13“x6,5“ Sensitive Maple Snare, stilistisch sehr viel bedienen. Ich bin schon seit langer Zeit mit Zildjian unterwegs und liebe diese Becken und die breite klangliche Palette einfach. Von Vic Firth spiele ich die Peter Erskine Signature Ride Sticks, die vor allem auf den Becken super klingen.
Was möchtest du Musikern mit auf den Weg geben?
Wenn man Profi werden will, ist es auch wirklich wichtig, dass man sich einen Ausgleich sucht. Ich mache viel Recording mit meinem Fingerdrumming. Die Leute schicken mir Songs, ich nehme meine Spuren auf und schicke diese zurück. Das macht großen Spaß, aber ich sitze dadurch ständig am Schreibtisch und das oft auch auch extrem lange. 2009 bin ich eines Morgens mit extremem Bluthochdruck aufgewacht und bekam taube Finger und Füße. Ich hatte mich einfach in ungesunder Sitzposition völlig überarbeitet. Seitdem versuche ich mich, so gut es geht, gesund zu ernähren und Sport zu treiben. Die eigene Gesundheit und Kreativität ist das wichtigste Equipment für jeden Musiker.
Vielen Dank für’s Gespräch!
David Haynes Equipment
Fingerdrumming:- Akai MPC Studio
- Ableton Live
- Oak Custom (Studio), Live Custom (Live)
- 22“x18“ Bassdrum
- 10“x8“ und 12“x8“ Toms, 14“x13“ und 16“x14“ Floortoms
- 13“x6,5“ Maple Sensitive Snare
- Pedal: Yamaha Doppelfußmaschine DFP 9500c und HS1200T Hi-Hat Maschine
- Rides: 21“ K-Custom Special Dry oder 22“ K Constantinople Medium Thin Low
- Crash: 17“ K Custom Dark, 18“ K Custom Hybrid, 17“ K Custom Dark, 18“ K EFX
- Splash: 12“ A Custom, 10“ A Rezo
- Hi-Hats: 13“ K Custom Top mit 13“ A Mastersound Bottom oder 14“ Kerope