Interview und Gear Chat mit Dennis Frehse

Jazzdrummer Dennis Frehse lebt seit mittlerweile zehn Jahren in Japan. Sein Weg führte ihn aus dem beschaulichen Hemmingen bei Hannover, mit einem ausgedehnten Zwischenstop in den USA, ins Land der aufgehenden Sonne. In unserem Interview, das wir per Skype führten, verrät er wie es ist, als Jazz-Musiker in Japan zu leben. Und es wird schnell deutlich, dass seine früh geweckte, vorbehaltlose Neugier auf Musik, der stete Drang, Dinge einfach mal auszuprobieren und das frühe Interesse an Improvisation sich bis heute fortsetzen.

Bild: zur Verfügung gestellt von Dennis Frehse
Bild: zur Verfügung gestellt von Dennis Frehse

Hi Dennis, erzähl doch mal, wie es bei dir mit dem Schlagzeug anfing?
Also laut meinen Eltern habe ich als kleines Kind schon vorm Radio gestanden und rumgezappelt. Daraufhin haben sie mich in die musikalische Früherziehung gesteckt, wo wir das Sonor Glockenspiel über anderthalb Oktaven gespielt haben, – das habe ich immer noch hier rumliegen -, und ordentlich die Lehrer genervt haben. (lacht) Mit sechs Jahren wollte ich unbedingt Gitarre spielen, ich hatte dann auch Gitarrenstunden und konnte gerade so um den Hals der Gitarre greifen. Ich glaube, rückblickend war ich kein netter Schüler, weil ich damals immer schon nur das gemacht habe, was ich wollte und im Unterricht viel rum improvisiert habe. Etwa zeitgleich habe ich im Spielmannszug bei uns im Ort getrommelt. Am Anfang war ich auch wieder zu klein, bin mitmarschiert und konnte immer nur trommeln, wenn sie angehalten haben. Aber da habe ich die ersten Dinge gezeigt bekommen und hab dann auf einem Holzbrett meine ersten Übungen absolviert. Neben der Gitarre habe ich auch ein bisschen angefangen, Bass zu spielen und erste Aufnahmen auf einem Vierspurgerät gemacht, das meine Eltern mir netterweise gekauft haben. Das Trommeln war aber schon immer in mir drin. Und mit 13 Jahren war es soweit, dass ich in der Schul-Bigband Percussion spielen konnte. Als ich 15 war, hat der Schlagzeuger Abi gemacht, und so konnte ich ans Schlagzeug wechseln. Ich hatte bis dato noch keinen richtigen Schlagzeugunterricht gehabt, habe bei den Proben aber immer geschaut, was der andere Drummer gemacht hat und habe so alle Stücke gelernt. Auch wenn es von da an mit dem richtigen Schlagzeugunterricht losging, habe ich trotzdem mehr oder weniger das getrommelt, was mich interessiert hat und nicht was der Lehrer wollte. (lacht) Und bin dann in den Jazz reingekommen….
Genau, wie bist du beim Jazz „hängengeblieben“?
Mein Vater hat mich als Kind ab und zu mal zu Frühschoppen mitgenommen, Dixie-Frühschoppen. Da hat mich direkt der Drumsound fasziniert, es waren oft tief gestimmte Trommeln, große Bass Drums, hier im Umkreis von Hannover, das fand ich immer toll. Und den Beat, der dahinter war, gepaart mit dieser Spielfreude. Die sahen immer total happy alle aus, Trompete, Klarinette, alle gleichzeitig und schön Bierchen dabei! Und auch durch das Nachspielen auf der Gitarre zu Sachen, die ich auf den Platten meines Bruders gehört habe, Metallica und so ein Kram, war ich schon im Improvisieren drin. Durch die Schul-Bigband habe ich ein paar Jazz-Stücke kennengelernt. Wir hatten beispielsweise ein Coltrane-Medley, da war die Nummer „Blue Train“ drin. Ich wusste gar nicht, was das ist. Habe ich mir dann gekauft und das war quasi meine erste Jazz-Scheibe. Und da habe ich dann einfach mitgespielt, in meinem Übungsraum.
Konntest du zu Hause Schlagzeug spielen?
Zu Hause hatte ich ein Practice Pad, ich konnte das Schlagzeug bei Freunden meiner Eltern im Schuppen unterstellen. Da konnte ich ein paar Mal in der Woche hin und hab eigentlich nur nach Kassetten gespielt. Ich erinnere mich, meinem Bruder eine Kassette geklaut zu haben, da war auf der einen Seite Billy Cobham drauf und auf der anderen Seite Keziah Jones. Die habe ich immer im Kreis gespielt. Dann ging es weiter mit dem Keith Jarrett Trio – Bye Bye Blackbird, die hatte ich mir auf Anraten gekauft, fand es aber am Anfang ziemlich merkwürdig, weil der immer so mitgesummt und gestöhnt hat. Ich konnte mir das irgendwie nicht anhören und so habe ich sie erst einmal für bestimmt ein Jahr weggestellt. Dann fand ich es aber doch ganz witzig und hab angefangen, da mitzuspielen. Ich weiß aber noch, dass ich die Hi-Hat nicht auf 2 und 4 mittreten konnte, weil Jack DeJohnette es auch nicht gemacht hat. (lacht) So bin ich in die Materie reingekommen und hab von vornherein eher jazzige Sachen gemacht.

Fotostrecke: 2 Bilder Dennis bei einem Gig, mittlerweile ist er fest etabliertes Mitglied der hiesigen Musikszene. (Bild: zur Verfügung gestellt von Dennis Frehse)

Aber von da aus bis ans Berklee College of Music war es bestimmt noch ein weiter Weg, oder? 
Mein damaliger Lehrer Matthias Proietto ist ein Bassist und Multiinstrumentalist aus Hannover, der auch Gitarre und Schlagzeug spielt. Ein toller Typ, bei dem ich vorher auch Gitarrenunterricht hatte. Er hat mir sehr viele verschiedene Sachen vorgesetzt, die ich dann geübt hab und auch relativ schnell umsetzen konnte. Mit 18 bin ich dann in seiner Jazz / Impro / Progrock Band eingestiegen, wo wir einfach gejammt haben. Wir haben auch viel Quatsch gemacht. Einmal haben wir versucht, ins Guiness Buch der Rekorde zu kommen, mit 16 Stunden nonstop  „Summertime“ spielen.
Dann gibt es in Hannover einen sehr guten Jazz Club, wo früher auch schon große Namen gespielt haben. Der ist im Keller, alles etwas verwinkelt, mit orangen Wänden, ganz abgefahren und originell. Da gab es alle zwei Jahre Nachwuchswettbewerbe. Da haben wir spontan mit der Band mitgemacht. Allerdings war ich der einzige, der einen Preis bekommen hat. Alle anderen waren schon ein bisschen älter. (lacht) So wurden sie auf mich aufmerksam und ich auf den Club und bin fortan ziemlich regelmäßig hingegangen. Ich wurde dann auch Mitglied, hab da auch Dienst geschoben, zum Beispiel auf der Bühne auf- und abbauen helfen, den Musikern Essen und Getränke bringen. Sie hatten immer Montags und Freitags Konzerte, Montags war Modern und Freitag war Traditional Jazz. Ich habe fast kein Konzert verpasst, irgendwann hatte ich auch einen Schlüssel für den Club, konnte dann da auch Schlagzeug üben. Es gab Übungsräume, ein Archiv mit Jazz-Aufnahmen. Da bin ich voll eingetaucht.
In der Zeitschrift Jazz Podium habe ich 1999 eine Anzeige für die Berklee Auditions für einen Scholarship (Stipendium) gesehen. Viele meiner Idole waren in Berklee, den Namen der Schule hatte ich also schon mal gehört. Ich hab dann eine Platte ohne Schlagzeug herausgesucht und bin mit einem Kumpel nach Freiburg gefahren, hab vorgespielt und es hat geklappt, ich habe einen kleinen Scholarship bekommen.
Wie hast du die ganze Sache finanziert?
Ich habe von der Schule einen Teil der Tuition-Gebühren erstattet bekommen, den Rest muss man aber selber stemmen. Ich habe dann mit meinen Eltern gesprochen, die fanden das gut. Sie sind jetzt nicht megareich, aber haben sich dafür sehr eingesetzt und versucht, Geld dafür zu sparen. Das hat dann auch gerade so geklappt, und somit konnte ich mein Studium dort absolvieren. Dafür bin ich meinen Eltern unendlich dankbar. Als Ausländer darf man in den USA nicht arbeiten, aber in der Schule auf dem Campus als International Student darf man das. Das habe ich gemacht. Die zwei Jahre davor bis zum Studiumsbeginn habe ich in Hannover Jazz Gigs gespielt, natürlich viel geübt, bei einem Musical mitgespielt, bisschen unterrichtet usw.
Musstest du nicht zum Bund oder Zivildienst machen?
Ja, ich wurde als gerade noch tauglich eingestuft, für „meine große Chance“, nach Amerika zu gehen, wurde mein Dienst hinten angestellt. Während ich drüben war, wurde meine Tauglichkeitsstufe T3 abgeschafft, deswegen hatte ich Glück und musste ich nicht mehr hin.

Dennis spielt seit vielen Jahren Canopus Drums. (Bild: zur Vefügung gestellt von Dennis Frehse)
Dennis spielt seit vielen Jahren Canopus Drums. (Bild: zur Vefügung gestellt von Dennis Frehse)

Wie lange warst du in den Staaten?
Insgesamt viereinhalb Jahre. Ich hab dreieinhalb Jahre studiert und dann im Anschluss noch ein Jahr da gearbeitet. Nach dem Studium darf man ein Jahr in seinem Fach arbeiten. Da habe ich Gigs gespielt und unterrichtet. 
Jetzt lebst du ja schon eine ganze Weile in Japan, warst davor auch kurz wieder in Deutschland. Erzähl doch mal, wie es dazu kam.
Nach dem Studium habe ich den Alltag in den USA mitbekommen, und das ging mir teilweise ziemlich auf den Senkel. Ich war zu der Zeit auch öfter in Europa, zusammen mit dem Luxembourger Pianisten Michel Reis. Wir hatten zusammen ein Trio, haben Aufnahmen gemacht. Ich konnte dadurch vergleichen und dachte, dass das Leben in Europa vielleicht doch besser für mich ist…
… was genau fandest du jetzt an Amerika nicht mehr gut?
Musikalisch war es natürlich sehr geil. Aber im Alltag habe ich Schießereien mitbekommen, da war es mir dann echt zu gefährlich, und ich hatte immer weniger das Bedürfnis, noch länger da zu bleiben. Mit meiner Freundin, einer Japanerin, die in Berklee Trompete studiert hat, bin ich zurück nach Deutschland gekommen. Allerdings hat es ihr in Deutschland nicht so gut gefallen. So sind wir nach einer Weile weiter nach Japan gezogen. Berklee hatte mich zu Studienzeiten schon mit meiner Studentenband mit nach Japan genommen. Wir haben da Workshops gemacht und Konzerte gespielt. Das fand ich sehr beeindruckend und faszinierend, eine ganz andere Welt. Wir sind jetzt zehn Jahre hier und mittlerweile Eltern von zwei Kindern. Es ging sehr schnell, es fühlt sich eher an wie fünf Jahre.
Als Jazz-Musiker ist es in Deutschland nicht unbedingt leicht, wenn man nicht zu den ganz großen Namen gehört. Du hast in Deutschland und den USA gearbeitet, wie ist der Vergleich zu Japan?
Das ist wohl überall ähnlich auf der Welt als Jazz-Musiker. (lacht) Hier in Tokio gibt es sehr viele Clubs und Möglichkeiten zu spielen. Generell ist Jazz sehr verbreitet. Im Supermarkt und an ganz vielen Orten läuft Jazz-Musik im Hintergrund. Man geht zum Beispiel Brötchen kaufen, und im Hintergrund läuft Coltrane. Das ist schon relativ abgefahren. Der Jazz Sound ist also normal im Alltag.
Nicht alle, aber ein großer Prozentsatz der Japaner lernt als Kind ein Instrument, in den Schulen wird viel Musik gemacht. So haben die Leute generell mehr Zugang zu Musik und wissen Live-Musik mehr zu schätzen, so ist zumindest mein Eindruck. In Deutschland gibt es ja einige Förderprogramme für Jazz-Musiker, so etwas gibt es in Japan nicht.
Also wird Jazz in Japan nicht staatlich gefördert?
Nein. Es gibt natürlich Sponsoren auf Festivals, aber die Clubs finanzieren sich alle selber. Es gibt daher auch wenig Club Gigs, wo es eine feste Gage gibt. Aber wie gesagt, viele Möglichkeiten zu spielen. Hier findet man alles, von altem Jazz bis zu modernen Sachen. Die große Breite ist eher Amerika-orientiert. Bepop, Hard Bop, Post-Bop… es wird sehr viel „geschwungen“ hier, aber die freie Szene ist auch sehr aktiv. 

„Ich habe auf meinen Bauch gehört und einfach gemacht, und das hat bisher einfach gut funktioniert.“ (Bild: Tomonao Hara)
„Ich habe auf meinen Bauch gehört und einfach gemacht, und das hat bisher einfach gut funktioniert.“ (Bild: Tomonao Hara)

Bist du in Japan richtig eingebürgert?
Ich habe so eine Art Green Card, ich habe quasi eine Arbeitserlaubnis, zahl meine Steuern hier und habe eine Renten- und Krankenversicherung.
Gibt es irgendwelche Anekdoten oder Fettnäpfchen aus deiner Anfangszeit in Japan?
Mmmhh, da fällt mir nur eine Sache ein. Es gibt einen Standard in Japan. Im Haus trägt man Hausschuhe oder Slipper, und wenn man auf die Toilette geht, gibt es spezielle Toiletten-Slipper. Man wechselt also vor der Klotür das Schuhwerk. Der Klassiker ist dann, hinterher das Wechseln zu vergessen und mit den Toiletten-Slippern zurück ins Wohnzimmer zu gehen. Ist glaube ich schon jedem passiert… (lacht)
Die Kultur ist schon ein bisschen anders, und manche Ausländer haben auch Probleme, sich da anzupassen. Aber ich war schon automatisch eher angepasst, und viele meinen, ich wäre schon sehr japanisch geworden. 
Wie läuft die Kommunikation unter den Musikern ab, wahrscheinlich nicht in so einem direkten Ton wie hierzulande?
Nein, ganz so direkt geht das meistens nicht. Es gibt eine starke Generationen-Hierarchie, die Älteren können zu den Jüngeren von oben nach unten reden. Von unten nach oben ist es eher schwierig. Als Ausländer ist man da in etwas gesonderter Stellung, da wird einem auch vieles verziehen. Innerhalb der Hierarchie, auch innerhalb einer Band, wird dann in einer Richtung auch direkt gesprochen, aber es ist eben nicht so ausgeglichen. 
Die Kommunikation ist generell nicht so direkt, sondern eher von hinten herum. Übersetzt sagt man hier, „Man muss die Luft lesen.“ Also wissen, was im Raum steht, auch wenn es nicht direkt gesagt wird. Und das ist manchmal ein bisschen schwierig. Ich hätte es gern manchmal etwas direkter. Wenn man sich unter den Musikern besser kennenlernt, wird es ein bisschen leichter. Man hat aber auch Spaß auf Tour und macht natürlich auch Quatsch, aber generell sind die Japaner mehr für sich, man könnte auch sagen, die Kommunikation ist einfach anders. 
Viele Japaner gehen in die Staaten und lernen dort, sich mehr zu öffnen. Aber wenn sie wieder hier sind und wieder mit älteren Musikern zusammen spielen, sind die alten Muster wieder da. Was manchmal ein bisschen schade ist.

Dennis bei einem Bar-Gig (2016)

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Du hast ja inzwischen mit einigen Leuten in Japan gespielt, darunter sind auch richtig große Namen wie der Saxofonist Sadao Watanabe, der Pianist Makoto Ozone und die Sängerinnen Lisa Ono oder Seiko Matsuda. Wie war das ganz zu Anfang, wie wurde Japan auf Dennis Frehse aufmerksam?
Durch meine Frau habe ich einige Leute kennengelernt, wie zum Beispiel den Trompeter Tomonao Hara. Bei einem seiner Gigs – zu der Zeit wohnte ich noch in Deutschland und war nur zu Besuch in Tokio – bin ich mal für zwei Stücke eingestiegen und habe mitgejammt. Später, als wir in Japan lebten, hat er mich dann in seine Band aufgenommen.
Mittlerweile spiele ich mit ihm seit acht Jahren. Ansonsten geht es über Gigs spielen, dabei neue Leute kennenlernen, die empfehlen einen weiter (oder auch nicht), und so kommt man an neue Gigs. So geht das eigentlich immer. Mit YouTube, Facebook und Self Marketing hatte ich eigentlich nie etwas am Hut. Alles kam durch das Spielen. Ich hatte zusätzlich das Glück, bis letztes Jahr für neun Jahre einen Steady Gig zu haben. Es gibt ein paar Hotel-Gigs in Tokio, an sechs Tagen die Woche, wo man Sängerinnen aus aller Welt begleitet. Diese bleiben für ein paar Monate und werden von lokalen Musikern begleitet. Ich konnte also, wenn ich wollte, dort spielen. Wenn andere Jobs reinkamen, eine Aushilfe schicken und andere Gigs spielen.   
Also quasi wie ein Bürojob, abends „zur Arbeit fahren“ und spielen…
Jein. Ich habe immer versucht, es nicht wie einen Bürojob wahrzunehmen. Also nicht einfach mal spielen und dann wieder nach Hause, sondern wie einen richtigen Gig. Auch wenn es „Girl from Ipanema“ zum tausendsten Mal ist. Mir war von vornherein klar, wenn ich das mache, dann will ich wirklich jeden Tag “spielen“. Natürlich in dem Rahmen, den man da hat. Aber wir spielen vor Leuten, also will ich die beste Musik geben, die ich machen kann. Mein Ansatz und Motto war  immer (und ist es auch noch), jeden Tag besser zu spielen als am Tag zuvor. Auch wenn es das gleiche Lied ist. Jeden Tag etwas Neues darin zu finden oder es ein bisschen anders zu machen als vorher. Das ist es, was mich immer vorangetrieben hat.
Ich wollte den Job erst gar nicht machen, dachte mir dann aber, ein bisschen Geld zu verdienen wäre für den Anfang nicht verkehrt. Der erste Pianist der Band, Paulo Gomes, ein Brasilianer, war super und sehr wichtig in meiner Entwicklung. Von ihm habe ich unheimlich viel gelernt. Zwei Jahre haben wir quasi nur brasilianische Musik gespielt. Er ist dann bedauerlicherweise an Krebs erkrankt und verstorben. Danach war es eher ein Mischung aus Latin & Jazz. Durch Paulo habe ich den Gig mit Lisa Ono bekommen. Eine japanische Sängerin, die in Brasilien gelebt hat und in Japan sehr berühmt ist. Eins führt zum anderen. Ich habe auf meinen Bauch gehört und einfach gemacht, und das hat bisher einfach gut funktioniert. 
Kannst du die Gagen-Situation vergleichen? Wenn du sechs Tage die Woche spielst, wieviel kommt am Ende dabei herum?
In den Clubs spielt man auf Eintritt, manchmal gibt es eine Festgage. Eins zu eins sind es vielleicht 100 Euro am Abend. Manchmal mehr, manchmal weniger. Bei Studiojobs gibt es mehr, da geht es nach Stunden oder pro Tag. Gigs außerhalb, Festivals, Events, Hochzeiten oder Hotel-Jobs sind meist besser bezahlt. Die Mieten in Japan sind im Vergleich zu Deutschland wahrscheinlich teurer, wobei die Wohnungen in Tokio und in Japan generell rein platzbedingt auch kleiner sind. Man kann auch etwas günstigere Wohnungen finden, meist sind es dann ältere Häuser, die dann aber nicht so erdbebensicher sind. 
Machst du auch andere Sachen außer Spielen? Gibst du Unterricht?
Ich habe bisher nur gespielt. Ganz vereinzelt hatte ich mal Schüler, aber durch den Steady Gig und andere Auftritte war ich ausgelastet. Aber ich möchte jetzt wieder mehr unterrichten. Wie es der Zufall so will, kam eine Woche nach dem Ende des Steady Gigs die Anfrage, ob ich hier an einem privaten College unterrichten will. 
Wie ist dein Japanisch? 
Also richtig gut ist mein Japanisch nicht. Ich habe in den letzten Jahren viel mit Ausländern gearbeitet und dann englisch gesprochen. Jetzt muss ich mich ein bisschen ranhalten. 
Was sprecht ihr zu Hause?
Mit meiner Frau englisch und japanisch, mit den Kindern spreche ich deutsch. Manchmal japanisch, wenn ich fluche. (lacht) Das geht einfach besser auf japanisch.  

Nach dem Ende seines fast täglichen Steady Gigs gibt Dennis in Zukunft auch wieder Unterricht. Dazu möchte er sein Japanisch auf Vordermann bringen. (Bild: zur Verfügung gestellt von Dennis Frehse)
Nach dem Ende seines fast täglichen Steady Gigs gibt Dennis in Zukunft auch wieder Unterricht. Dazu möchte er sein Japanisch auf Vordermann bringen. (Bild: zur Verfügung gestellt von Dennis Frehse)

Lass uns mal ein bisschen über Equipment sprechen. Du bist Canopus Endorser, wie kam es dazu?
Ich habe damals gesehen, dass Clarence Penn Canopus spielt. So bin ich drauf aufmerksam geworden. Als ich das erste Mal aus Deutschland mit meiner Freundin nach Tokio geflogen bin, bin ich in den Laden rein. Canopus hat eine ganz kleine Fabrik, und da dran ist ein kleiner Laden, wo sie ihre eigenen Sachen und auch Vintage Drums anderer Hersteller verkaufen. Also alles wirklich winzig klein. Da habe ich dann ein bisschen ausprobiert, und wir kamen ins Gespräch. Damals war ich noch in Deutschland und hab dann meinen ersten Deal bekommen. 
Erstmal habe ich nur eine Snare und die ganz leichten Beckenständer gekauft. Relativ schnell habe ich mir dann auch ein Set, ein Neo Vintage Kit, zugelegt. Es ist kein Full Endorsement, sie geben mir einen Rabatt, was aber auch total okay ist. Als ich hier war, war es dann natürlich leichter. So kam noch ein zweites Set und ein paar Snares dazu. Sie machen einfach super musikalische Instrumente.
Welche Becken spielst du?
Zildjian. Den Deal habe ich seinerzeit über Zildjian Japan bekommen. Ich hatte vorher schon fast nur Zildjian Becken gespielt und fand die einfach immer tierisch. Vor kurzem habe ich mir ein paar Becken von einem unabhängigen japanischen Beckenschmied etwas dünner drehen lassen. Weil viele der Standard-Becken in meinen Augen einfach zu dick sind. Zu Studienzeiten waren wir öfter bei Zildjian in der Factory, auch weil es relativ nahe an Berklee dran ist. Da wurden wir Studenten dann immer gefragt, was man denn anders und besser machen könnte. Die Antwort war eigentlich immer: „Macht bitte dünnere Becken.“ Aus Garantie-Gründen können sie sie aber nicht so dünn machen, hieß es damals. 
Also du hast quasi auch einen Rabatt-Deal bei Zildjian?
Ja, genau. Wobei ich schon länger kein neues Becken gekauft habe. In Japan gibt es einen großen Gebrauchtmarkt, und die Japaner pflegen ihre Instrumente. Man kann also alles sehr gut gebraucht kaufen. Ich mag es auch, wenn Becken schon eingespielt sind. Wie zum Beispiel diese alte Avedis Hi-Hat aus den 50ern hier. (hält stolz ein Beckenpaar in die Kamera). Ich mag solche Sachen, genau wie bei Canopus Drums auch, wo alles mit Liebe und in Handarbeit hergestellt ist.
Gibt es spezielles Equipment, das du immer zum Gig mitnimmst?
Unbedingt dabei habe ich meine Sticks und meinen weichen Bassdrum-Beater. (Der ist ähnlich wie dieses Modell hier, Anm. d. Red.)
Manchmal haben die Clubs auch sehr gute Becken und Drums vor Ort. Ansonsten ist der Standard, dass ich meine Becken, meine Sticks und Besen, meinen Beater und oft auch eine Snare einpacke. Wenn möglich, nehme ich zusätzlich meinen eigenen Schlagzeughocker und meine Hi-Hat Maschine mit. Die Hocker werden jeden Tag von anderen Drummern benutzt und sind oft sehr wackelig und abgenutzt. Da ist es schwer, gut zu sitzen, man muss immer ausbalancieren und Rücken- bzw. Schulterschmerzen können die Folge sein.
Da ich seit einer ganzen Weile open handed spiele, gehen die meisten Hi-Hat Maschinen nicht tief genug für mich. Habe ich meine Maschine nicht dabei, wechsle ich auch manchmal zurück und spiele über Kreuz mit der rechten Hand. Ich habe meine Hi-Hat Maschine etwas abgesägt, damit sie tief genug geht. Zur Zeit beträgt der Abstand vom Boden zu den Becken etwa 70-72 cm.

Ein Drumsolo aus dem Jahr 2014:

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Woran arbeitest du aktuell?
Ich arbeite immer noch sehr viel an Basics, die ich weiter vertiefen möchte. Soundmäßig an meinem Touch, um die verschiedenen Stockhaltungen noch mehr in Balance zu bringen. Dann arbeite ich viel mit den Wilcoxon Büchern, wenn es die Zeit und die Kinder erlauben. Und Platten hören. Es gibt sehr viele Listening Cafés hier in Tokyo. Die haben eine tierische Anlage mit Platten, und da kann man dann Jazz hören. Also auch ein Paradies für Audiophile.
Welche Menschen waren Mentoren für dich oder haben dich nachhaltig beeinflusst? 
Wolfgang Haffner hat mir mal einen tierischen Kick gegeben. Als ich 18 Jahre war, habe ich ihn kennengelernt, und wir haben uns direkt gut verstanden. Er hat mich dann auf einen Workshop eingeladen, den er in Hannover an der Hochschule gegeben hat. Ich war kein Student zu der Zeit, bin aber trotzdem hin. Er meinte dann: „Hier, spiel doch mal zusammen mit der Band“. Nachdem ich ein paar Takte getrommelt hatte, meinte er: „Lass mal die linke Hand weg“. Dann nach kurzer Zeit: „Lass auch die Bass Drum weg.“ Danach musste ich auch die Hi-Hat weglassen, bis nur noch das Becken übrig war. Dann sollte ich nur gerade Viertel spielen. Danach meinte er: „Siehst du, selbst das geht noch nicht.“ (lacht) Und das war so ein typischer Schockmoment. Danach habe ich mich richtig hingesetzt und Time geübt.
Mike Gehrke vom Jazz Club Hannover war auch ein ganz wichtiger Einfluss. Er war damals der 1. Vorsitzende und Chef vom Club. Er war kein Musiker, aber unheimlich in der Jazz-Szene drin und hat mir viele Anekdoten und Geschichten erzählt. Er hat mich unheimlich gefördert, hat mir viele Tipps gegeben, mir den Schlüssel zum Club überlassen, dass ich dort üben konnte. Leider ist er verstorben, während ich in Boston war. Auch Joe Hunt, mein Lehrer in Boston, war ebenfalls ein sehr wichtiger Mentor für mich. 
Vielen Dank für’s Gespräch!
P.S. Dennis Frehse wird in nächster Zeit einige Workshops zum Thema Jazz Drumming auf bonedo.de veröffentlichen. Schaut also einfach mal wieder vorbei!

DENNIS’ EQUIPMENT
  • Drums:
  • Canopus Neo Vintage (Silver Sparkle Finish)
  • 12”x8” TT, 14”x14” FT , 18”x14” BD
  • Canopus R.F.M (Natural Oil Finish)
  • 12”x8” TT, 14”x13” FT, 18”x14” BD (alternativ 15”x12” BD)
  • zusätzlich manchmal 10”x7” TT, 13”x12” FT
  • Snares: Canopus
  • The Maple 14”x6,5”
  • Yaiba Aluminum 14”x6,5”
  • Hammered Brass 14”x5,5”
  • Custom Made Vintage Style Steel 14”x5”
  • Becken:
  • Diverse von Zildjian. Hauptsächlich im Einsatz sind zur Zeit:
  • 14” Old A Hi-Hat (50er Jahre, Paper-Thin, manchmal in Kombination mit 60er Jahre A Zildjian Hi-Hat Bottom)
  • 20” Constantinople Medium Ride (Customized – wurde dünner gedreht)
  • 21” Avedis Sweet Ride (Customized – wurde dünner gedreht)
  • 22” Bounce Ride
  • Sticks / Besen:
  • Regal Tip Classic Brushes
  • Diverse Sticks

Website: dennisfrehse.com

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Bild: zur Verfügung gestellt von Dennis Frehse

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