Interview und Gear-Chat: Zach Danziger

Vielen Trommlern ist Zach Danziger durch seinen innovativen Spielstil in verschiedensten Projekten ein Begriff. In Retrospektive behaupten viele, dass er schon immer seiner Zeit voraus war und am Drumset damit stetig neue Dinge kreiert hat. War er früher mit Bands „Boomish“ in Drum & Bass-Gefilden unterwegs, so spielt er heute mit seinem Projekt „Edit Bunker“ experimentelle Musik, die live mit Visualisierung und Videos eine neue Ebene der Performance erreicht. Anders als bei Liveshows großer Popstars spielt er mit dem Bassisten Owen Biddle jedoch nicht nur zu den Bildern oder anders herum, sondern beeinflusst diese mit seiner Musik durch Trigger und macht so jedes Konzert zu einem einmaligen Erlebnis.

Bild: zur Verfügung gestellt von Zach Danziger
Bild: zur Verfügung gestellt von Zach Danziger


Nebenbei ist der kreative Ur-New Yorker aber auch hin und wieder mit Größen der Jazzszene unterwegs. So zog es ihn im November 2017 mit Donny McCaslin, dem Mastermind der musikalischen Umsetzung von David Bowies letztem Album „Blackstar“, in Berlins Jazzclub A-Trane. In zwei energiegeladenen Sets bereicherte Zach den modernen Jazz von McCaslin immer wieder durch sein von elektronischer Musik beeinflusstes Drumming, machte Ausflüge in rockige Grooves und zeigte in zwei ruhigen Stücken, dass er durchaus auch in der Lage ist, puristisch zu trommeln. Am Folgetag sprach ich mit dem leidenschaftlichen Kaffee-Experten nicht nur über die perfekte Cappuccino-Rezeptur, sondern natürlich vor allem über seinen bisherigen Werdegang, seine kompromisslose Arbeit als Künstler und darüber, was hinter Edit Bunker steckt.

Hey Zach, einige Leute kennen dein Projekt Mister Barrington. Ist Edit Bunker daraus entstanden?
Ja. Um den Hintergrund zu beleuchten, sollte ich vielleicht sagen, dass ich mich schon seit wirklich vielen Jahren damit beschäftige, Musik und Videos auf der Bühne zu vereinen. Die Technik war nur lange noch nicht so ausgereift, um das Konzept umsetzen zu können, das ich die ganze Zeit im Sinn hatte. In meiner ersten Band „Boomish“ wollten wir immer schon Videos auf der Bühne haben, also haben wir damals einfach welche laufen lassen und dazu gespielt. Das war ungefähr 2004, und seitdem hat sich natürlich technisch eine Menge getan. Jetzt können wir interaktiv mit den Videos spielen und sie während des Spielens durch unsere Instrumente beeinflussen, von vorne starten oder in verschiedenen Formen bearbeiten. 2014 sollten wir deshalb mit Mister Barrington im Rahmen der TED-Talk Veranstaltungen unser Konzept demonstrieren. Da es aber terminlich nicht möglich war, dort im Trio zu spielen, haben der Bassist Owen Biddle und ich ein Duo-Konzept erarbeitet. Daraus ist heute mein Hauptprojekt Edit Bunker geworden. Ich habe einen unglaublichen Drang danach, exakt das zu verwirklichen, wovon ich träume. Deshalb fokussiere ich mich extrem auf mein eigenes Projekt und kann nicht sagen, dass mich andere Sachen wirklich faszinieren oder befriedigen. Natürlich gibt es als Musiker viele spannende Jobs, die will ich aber einfach nicht machen. Es gibt viele Musiker, die sich sehr wohl in einem sicheren Job verwirklichen können und denen das gut tut. Das ist aber bei mir einfach nicht so. Ich bin umtriebig und habe eine innere Unruhe, die mich antreibt, die Dinge zu tun, die ich unbedingt will. Es ist für mich schlicht unmöglich, diesem Verlangen nicht nachzugeben.

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Macht es das nicht als Musiker in New York unglaublich hart, davon zu leben?
Ich habe in meiner Karriere sehr viel Musik für Filme und TV-Shows komponiert. Die 15 Jahre Arbeit in diesem Bereich tragen immer noch Früchte. Ich verdiene dadurch kein Vermögen, aber ich bekomme immer noch so viel Geld, dass ich nicht jeden Job, der mir angeboten wird, annehmen muss. Natürlich gibt es auch Musiker, deren Familien so gut situiert sind, dass sie keine Probleme bekommen. Das ist bei mir keinesfalls so. Ganz im Gegenteil. Ich fühle mich finanziell nicht sicher, aber meine Musik bedeutet mir so viel, dass ich wortwörtlich auf der Straße leben würde, wenn ich es müsste. Ich habe in meinem Leben schon in sehr schönen Appartements gelebt und viel zu viel Geld dafür ausgegeben, aber wenn es darum geht, meine Musik zu machen, bin ich bereit, jedes Risiko einzugehen. Ich muss das einfach machen. Nur so werde ich glücklich. Natürlich spiele ich auch gerne mal mit anderen Künstlern, aber ich tue das auch nur, wenn ich genug Musik mit Edit Bunker machen kann.
Gibt es Mister Barrington denn noch?
Momentan nicht. Wir leben mittlerweile alle in unterschiedlichen Städten, was es natürlich sehr schwer macht. Owen Biddle verließ damals The Roots und den Gig bei Jimmy Fallon für die Band, lebt mittlerweile in Nashville, während Oli Rockberger Keyboarder bei Laura Mvula geworden ist und deshalb in London wohnt. Natürlich kann man besonders den technischen Aspekt über das Internet lösen oder konzeptionelle Dinge per Skype besprechen, aber es ist eben nicht dasselbe wie in einem Raum gemeinsam Musik zu machen. Wir haben also seit langer Zeit nicht mehr gemeinsam Musik gemacht.
Wann hast du damals angefangen, Musik zu machen?
Ich glaube, ich saß mit zehn Jahren das erste Mal am Schlagzeug und habe später am Drummers Collective gelernt. Mit 14 habe ich dann beschlossen, mich selbst weiterzubilden, weil ich für die Art von Musik, die ich machen wollte, keine Lehrer gefunden habe. Ich war immer an neuer Musik interessiert, die damals einfach nicht gelehrt wurde. Auch heute bin ich immer auf der Suche nach Neuem. Schon bevor ich 20 wurde, hatte ich damals zwei absolute Traumgigs und habe seitdem konsequent meine Musik verfolgt.
Wow, was waren das für Gigs?
Ich habe damals mit Michel Camilo gespielt, mit Michael Brecker aufgenommen und mit seinem Bruder Randy getourt. So habe ich auf einmal mit vielen der Musiker gespielt, die ich früher mit offenem Mund aus dem Publikum bewundert habe. Dave Weckl habe ich beim Modern Drummer Festival gesehen, und zehn Jahre später habe ich selbst dort gespielt. Das geschah also nicht über Nacht, sondern war mit harter Arbeit verbunden. Irgendwann war das also alles möglich und hat mir das Vertrauen gegeben, dass man Dinge erreichen kann, wenn man hart an ihnen arbeitet. Ich bin früher immer mit meinem Vater in die Clubs gegangen, weil ich noch nicht alt genug war. Michel Camilo hat damals einmal im Monat in New York gespielt, und ich war jedes einzelne Mal da. Irgendwann hat sich die ganze Band gefragt, was der 14-jährige da im Publikum eigentlich will, und dann haben sie mich angesprochen. Ich bin sehr dankbar, dass Dave Weckl und Michel mir irgendwann einfach eine Chance gegeben und mich gefragt haben, ob ich mal zu einer Probe kommen wolle. Damals war ich 15. Anderthalbjahre später hat er mich gefragt, ob ich Teil seiner Band werden möchte. Ich war dann sechs Monate mit ihm auf Tour. Dave Weckl war mein Idol, aber irgendwann war ich frustriert, dass man von mir erwartete, dass ich alle Parts genau wie er spielen sollte. Camilo wollte einfach nicht, dass ich die Dinge interpretiere. Und selbst mit 17 habe ich schon gemerkt, dass das für mich zu einem Problem wurde. Ich sollte damals Teile eines Albums einspielen und natürlich auch da den Sound von Weckl bedienen. Michel Camilo war damals so angesagt, dass ich den Ruf, eine Weckl-Kopie zu sein, nicht losgeworden wäre, also habe ich abgesagt. Viele haben mich damals für einen Idioten gehalten, aber das war mir wichtig. Ich bin in vielen Sachen bestimmt nicht furchtlos, aber wenn es um scheinbare Niederlagen in der Karriere geht, bin ich mir sicher, dass daraus wieder neue Möglichkeiten entstehen.
Ist Donny McCaslin einer der Künstler, mit denen du heute häufiger unterwegs bist?
Donny hat für die Live-Umsetzung seiner Musik verschiedene Besetzungen, und ich bin hin und wieder mit ihm unterwegs, wenn Mark Guiliana andere Verpflichtungen hat. Ich kenne Donny seit über 20 Jahren, und mir ist es nicht nur wichtig, dass die Musik gut ist, sondern dass ich mit den Leuten aus der Band gerne unterwegs bin. Donny, Tim Lefebvre und ich haben früher zusammen Basketball gespielt und schließlich eine Band gegründet. Wir sind Freunde, und mir macht es Spaß, mit den Jungs unterwegs zu sein, die Welt zu sehen und guten Kaffee zu trinken. Das ist mir mindestens so wichtig wie die Musik. Das wird nie ein Ersatz für meine Musik sein, aber es ist eine nette Abwechslung. Ich hänge also nicht mehr wie früher in Bars ab und sage zu Leuten, dass man unbedingt mal zusammen Musik machen muss. Wenn ich das täte, würde ich ja lügen. Ich habe einfach keine Zeit für andere Sachen, weil das ganze technologische Setup von Edit Bunker so viel Zeit frisst.

Fotostrecke: 4 Bilder Aus seiner Band „Mister Barrington“ entstand schließlich sein aktuelles Duo „Edit Bunker“. Bild: zur Verfügung gestellt von Zach Danziger

Schließt du es denn kategorisch aus, in den nächsten Jahren einem Projekt, das mehr Mainstream ist, als Sideman beizutreten, um ein komfortableres Leben zu führen?
Ja. Ich würde dann lieber meine andere Leidenschaft verwirklichen und einen Espresso-Shop eröffnen. Aktuell fahre ich total auf ein spezielles Kakaopulver aus Australien ab. Das habe ich auf Tour entdeckt. Es wird in den Espresso getan, bevor die Milch drüber kommt. Schmeckt wirklich unglaublich gut. (lacht) Ich denke, dass ich eher irgendwann ein eigenes Café habe, als dass ich Drums beispielsweise auf einer Eric Clapton Tour spiele. Aber wer weiß, vielleicht verliere ich irgendwann auch das Interesse an dem Konzept mit Edit Bunker und lasse mich von etwas Neuem reizen. Aber ich denke nicht, dass ich aufgeben und meine Einstellung gegenüber den Dingen ändern werde. Natürlich bin ich manchmal besorgt, wenn ich mal nicht so motiviert oder inspiriert bin, aber das ändert sich oft sehr schnell wieder. Ich denke auch oft, dass Leute viel glücklicher sind, die eben nicht dieses brennende Verlangen nach Selbstverwirklichung haben. Aber bei mir ist es nun mal so.
Wie sieht die technische Umsetzung für Edit Bunker denn aus?
Grundsätzlich läuft alles über Ableton Live. Ich benutze zwar Logic, um Musik zu schreiben oder Sachen zu mixen, aber Ableton ist das einzige Programm, das das umsetzen kann, was ich vorhabe. Die Videos steure ich mit Pads und Piezzo-Triggern, die ich an die Drums und Becken klebe. Das Setup wechselt aber häufig und damit auch die technische Umsetzung. Ich spreche auch immer wieder mit verschiedenen Firmen, um neue Trigger zu entwickeln. Live spielen wir sowohl zu Backingtracks, als auch mit Samples und Loops, aus denen dann Sachen entstehen. Insbesondere die improvisierten Parts des Sets sind völlig ohne Tracks und Klick.

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Gibt es dafür auch ein mobiles Setup für Touren?
Ja. Natürlich würde ich mir eine Lichtshow wie bei Skrillex wünschen, aber das ist natürlich so nicht umzusetzen. Wir haben für die Visualisierung einen kleinen Beamer dabei, mit dem sich eine Menge machen lässt. Meine größte Sorge ist, dass der Computer während der Show ausfällt oder auf Reisen kaputt geht. Das passiert eben einfach irgendwann, und um sich davor zu schützen, besteht die einfachste Möglichkeit darin, alle Sachen doppelt dabei zu haben. Das betrifft neben dem Macbook auch das Audio-Interface und ein paar andere Sachen. Dafür gebe ich gerade viel Geld aus, um die Liveshow besser zu machen. Auch hier setze ich wieder alles auf eine Karte. Wenn ich heute eine Million Dollar gewinnen würde, würde ich nicht etwa ein Haus bauen, sondern jeden Cent in Edit Bunker stecken.
Was sind deine Ziele mit deiner Band?
Ich möchte beispielsweise nach Europa kommen und in derselben Größenordnung spielen, in der ich mit anderen Künstlern hier gespielt habe. Viele meiner schönsten Konzerte hatten nicht 1500 Leute, sondern nur 150 im Publikum, die es aber wirklich genossen haben. Das bedeutet für mich viel, viel mehr, als auf einer Justin Bieber oder Beyonce Tour zu trommeln.
Vielen Dank für’s Gespräch!

Bild: zur Verfügung gestellt von Zach Danziger
Bild: zur Verfügung gestellt von Zach Danziger
Zachs Equipment:
  • Drums: Gretsch
  • Brooklyn Series
  • 6“ x 6,5“ Tom
  • 8“ x 6,5“ Tom
  • 16“ x 16“ Floor Tom
  • 20“ x 16” Bassdrum
  • 14 x 6,5“ USA Solid Aluminum Snare
  • Becken: Zildjian
  • 14” K Custom Special Dry Hi Hats
  • 10” Prototyp Stack
  • 21” K Custom Special Dry Ride
  • 21” K Custom Special Dry Trash Crash
  • Hardware: DW 5000 Accelerator Bass Drum Pedal
  • Sticks: Vic Firth 5A
  • Felle: Remo
  • Coated Ambassador Top
  • Clear Ambassador Bottom
  • Technik:
  • MacBook Pro
  • Ableton Live
  • RME Fireface UCX
  • Keith McMillen Instruments BopPad and Softstep
  • Novation Launch Control XL
  • Elektron Overhub 7-Port USB 3.0 Hub
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Seine innovativen Sounds setzt Zach mit Zildjian Becken um. Bild: zur Verfügung gestellt von Zildjian

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