Musikproduktion ist hierzulande mittlerweile, zumindest was die notwendigen technischen Gerätschaften angeht, für jeden durchführbar.
So kosteten beispielsweise Großmembran-Kondensatormikrofone vor 25 Jahren noch einen Betrag, den man zur Verdeutlichung mit soundsoviel Prozent eines durchschnittlichen Monatslohns greifbar machen musste und vor 50 Jahren mit Gegenwerten von Klein- oder Mittelklasse-Autos verglichen hat. Heute reichen für Vergleiche Tankfüllungen oder ÖPNV-Monatskarten. Man kann also für verhältnismäßig wenig Geld eine ganze Menge Kram anschaffen. Im Kaufberater Recording-Equipment für Einsteiger ist erkennbar, wie preiswert man loslegen kann.
Nicht nur Profi-Studios, auch Privatpersonen/Bedroom-Producer sollten sich aber überlegen, wie sie ihr Geld ausgeben. Sich durch den Kauf preiswerter Dinge “reich zu sparen”, ist ja bekanntlich ein Marketing-Märchen, das zu enttarnen nicht allzu viel Hirnschmalz voraussetzt. “Sparen” bedeutet schließlich eigentlich, Geld eben nicht auszugeben, zumindest nicht sofort. Aber hier ist der erste wichtige Punkt schon genannt: Egal wie preiswert etwas ist und wie teuer es bislang war, man muss trotzdem dafür bezahlen. Geld ausgeben sollte man aus verschiedenen Gründen nur für etwas, das man wirklich benötigt. Und die Wirtschaft ist generell recht klug darin, irgendwelche Gizmos feilzubieten, die kein Schwein wirklich braucht. Die Küchen- und Haushaltszubehörindustrie ist darin deutlich extremer, aber auch in unserer Branche gibt es einige fragwürdige Dinge. Und wohl jeder kann berichten, dass er manche Anschaffung im Grunde nur einmal oder vielleicht sogar niemals benutzt hat. Andererseits: Neues Equipment kann gerade auf die Equipment-Nerds unter uns durchaus inspirierend wirken. Und wenn man “nur mal was ausprobieren” will? Selbst dann kann sich das vermeintlich teurere Produkt lohnen, unabhängig davon, ob man es dann lange weiter benutzen wird oder lieber wieder abstößt. Die Gründe dafür sind vielfältig und finden sich im weiteren Text.
Die Entwicklung von Hard- und auch Software ist aufwändig und kostet hohe Beträge. Je mehr Stückzahlen abgesetzt werden, desto geringer wird der Anteil daran an der einzelnen verkauften Einheit. Das trägt maßgeblich dazu bei, dass Massenware, die auf dem globalen Markt verkauft wird, deutlich preiswerter sein kann als das, was ein kleiner Boutique-Hersteller anbietet. Und nicht zuletzt spielt der Ort der Herstellung eine entscheidende Rolle. In westlichen Industrienationen sind die Kosten oftmals höher, weil üblicherweise Dinge, die den meisten von uns am Herzen liegen, zumindest ausreichend beherzigt werden, also Arbeitssicherheit, Sozialabsicherungen, Krankenversicherungen, Umweltanforderungen und so weiter. Es gibt also viele Parameter, die zu einem für den Verbraucher günstigen Preis führen können, von wirtschaftlichen bis ethischen – und hier wurden nur einige genannt.
Bestimmte Funktionen bekommt man nur ab einer gewissen Budgetklasse. Sehr schön deutlich ist das bei Software. Wer beispielsweise Mehrkanalfähigkeit benötigt, Zugriff auf das komplette Parameterset, Spezialtools – der muss einfach tiefer in die Tasche greifen.
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Eine gute Frage, die sich jeder selbst beantworten kann, ist die nach dem anzunehmenden Wiederverkaufswert. Hier wird es interessant. Für wie viel Prozent des Neupreises wird man etwas wohl in einem Monat oder einem Jahr wieder verkaufen können? Und in zehn Jahren? Jeder, der gerade viele tausend Euro für einen DAW-Rechner mit entsprechender Software hingeblättert hat, ist wohl kurz zusammengezuckt. Derjenige, er gerade einen ähnlichen hohen Betrag für ein deutsches Mikrofon oder einen amerikanischen Kompressor bezahlt hat, wohl eher nicht. Warum? Nun, je neuer eine Technologie ist, desto schneller scheint sie zu veralten. Die Produktzyklen von analogen Equalizern dauern teilweise geradezu Epochen, wogegen bei Software und manch anderer Hardware die eine Generation gerade verkauft wird und die nächste schon nachdrängelt. Allerdings ist es zumindest für Profis oftmals entscheidend, technologisch ganz vorne im Feld mitzulaufen, auch wenn das gerade auf Dauer sehr kostspielig sein kann. Manchmal geht es aber gar nicht um bestimmte Möglichkeiten oder Workflows, sondern vor allem um die Kundenwirkung. Es kommt tatsächlich vor, dass nach bestimmten Geräten und Marken gefragt wird, verknüpft mit der entsprechenden Vorstellung eines gewissen Sounds.
Und natürlich: Es geht auch und in nicht unerheblichem Maße um Sound. Je teurer eine Anschaffung ist, desto größer ist die Chance, dass die technische, also in Klirr, Kanaltrennung, Dynamik und vielen weiteren Parametern messbare Klangqualität, besser sind als bei vergleichbaren preiswertere. Gründe sind unter anderem hochwertigere Bauteile, mehr Aufwand bei der Entwicklung und weniger ökonomische Kompromisse für das letztliche Produkt – und oftmals ein sehr erfahrenes, fachlich hervorragendes Team dahinter, welches sich die Zeit für die Ausarbeitung nehmen durfte. Das können im Ergebnis so banale Dinge sein wie ein bezüglich Einstreuungen sehr problemloses Gerät. Oder Bestanteile, und dazu zählen auch Gehäuse, externe Netzteile, Potikappen und irgendwelche Gummis und Mechanikteile, die einfach eine hohe zu erwartende Lebensdauer besitzen. Aber eine Garantie ist selbst ein hoher hoher Preis natürlich auch nicht automatisch.
Besonders hochwertige, teils auch sehr seltene, NOS- oder einfach in Kleinauflage nach besonderen Spezifikationen gebaute Komponenten, darunter etwa Übertrager, können bei geschicktem Einsatz definitiv einen “Signature”-Sound erzeugen, der mit anderem Equipment nicht in dieser Form erzielt werden kann.
Bei Analoggeräten schlägt die Testung und Auswahl von Komponenten stark zu Buche. Damit entsprechen Seriengeräte dann oftmals stärker den Zielen bei der Entwicklung, lassen sich bei Defekten ohne klangliche Veränderung austauschen und einfacher bei Stereo- und Mehrkanalanwendungen zusammen nutzen.
Oft geliebt ist auch die Haptik hochwertiger Bedienelemente. Das bezieht sich auf Kappen wie auf dahinter liegende Potis, Drehgeber, Schalter. Allerdings hat das – wie auch das Glücksgefühl beim Kauf eines hochwertigen Geräts – wenig von Investitionssicherheit. Aber Arbeit muss ja auch Spaß machen.
Allerdings ergibt sich daraus wiederum ein weiterer Themenkomplex, der für professionelles Arbeiten hohe Relevanz hat. Wie ist sie zu erwartende Haltbarkeit des Geräts? Hier können teilweise Recherchen helfen, wie sich das Gerät, vergleichbare oder andere des gleichen Herstellers im Dauerbetrieb bewähren. Ist klar, wie man das Gerät warten und servicen kann, welche Teile wann überprüft und ausgetauscht werden sollten? Manche Firmen stehen für sehr hochwertige Produkte und eine hervorragende Dokumentation, viele können problemlos Ersatzteile für Jahrzehnte alte Geräte anbieten.
Wie ist das eigentlich im Problem- oder Servicefall? Kann man den Hersteller direkt erreichen? Vielleicht sogar per Telefon? Ist da dann jemand, der fähig und willens ist, zu helfen, ja vielleicht sogar, die Produktion zu retten? Einsatz zur Problemlösung und Kulanz sorgen ja für zufriedene Kunden, die gerne wiederkommen und Empfehlungen bei Kollegen aussprechen.
Zum Vergleich: Es gibt Geräte, bei denen lässt sich der Hersteller nicht ausfindig machen oder das Gerät überhaupt öffnen. Und es gibt Hersteller, die sich alles, was über die gesetzliche Gewährleistungspflicht hinausgeht, teuer bezahlen lassen und abwinken, wenn es sich um ein komplexes Problem mit Geräten unterschiedlicher Hersteller handelt.
Ein sinnvoller Ansatz lautet: Lieber wenige hochwertige Dinge anschaffen als einen Haufen mittelmäßiger oder schlechter. Die Gründe dafür wurden schon genannt. Ebenso sollten Gesamtinvestitionen ausgewogen sein. Hier gibt es eine Zwickmühle: Ein sehr hochwertiges Mikrofon kann in einem (noch) nicht ausreichend akustisch behandelten Raum und an eher schwacher Aufnahmekette seine Fähigkeiten kaum ausspielen. Allerdings ist es aus anderen genannten Gründen oftmals dennoch sinnvoll, Schritt für Schritt hochwertige Dinge statt einfache anzuschaffen, statt sie irgendwann gegen teurere zu tauschen. Es gibt natürlich auch Stimmen, die besagen, dass man mit seinem Equipment lernt und gerade zu Beginn einer Karriere einige Unterschiede noch gar nicht ausreichend bemerkt, würdigt oder nutzen kann.
Gerne vergessen werden mögliche Folgekosten einer Anschaffung. Bei Hardware sind es zumindest Dinge wie Rackspace und Kabelage, schnell fallen aber Dinge wie Inkompatibilitäten auf. Im schlimmsten Fall entwickelt sich ein regelrechter Snowballeffekt, der schon dazu geführt haben soll, dass Leute, die eigentlich nur ein Plug-in gekauft haben, eine neue DAW, einen neuen Rechner und ein neues Audio-Interface kaufen mussten. Auch wenn das in diesem Umfang eher nach einer Urban Legend klingt: Bei so mancher Anschaffung sind es nicht nur die reinen Produktkosten des Hauptprodukts, die nachher vom Konto abgehen.
Auch über den besten Kaufzeitpunkt sollte man sich Gedanken machen. Das gilt vor allem für Produkte, die wahrscheinlich einen hohen Preisverfall haben werden. Spät kaufen bedeutet ab und zu, preiswerter kaufen zu können, einige Produkte sind aber auch von Preissteigerungen betroffen. Ganz besonders dann, wenn benötigte Materialien, Chips, Bauteile teurer werden. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass je nach Art des Geräts oder der Software eine gewisse Einarbeitungszeit notwendig ist. Kein Kunde hat Lust, dafür bezahlen zu müssen, dass dies jemand während eines Auftrags macht.
Manchmal ist es aber sinnvoll, schon früh für etwas möglichst viel Geld in die Hand zu nehmen und nicht ständig bei finanzieller Möglichkeit upzugraden. Ganz besonders gilt das für Abhörsysteme. Hier ist der Kauf eines teureren Systems nicht ausschließlich ein Fortschritt, denn es gilt, Monitore im Raum möglichst gut unterzubringen und kennenzulernen. Und das kann dauern.
Es gibt ja auch noch andere Möglichkeiten, teure Geräte etwas preiswerter zu erhalten. Neben Rabatten, Sonderaktionen und Bundles gibt es in vielen Shops Ausstellungsstücke, B-Waren und Retouren (wie hier bei thomann.de), üblicherweise voll durchgetestet und mit allen Käuferschutzvorteilen versehen, die man auch von Neuware kennt, also insbesondere einer Gewährleistung.
Fazit
Natürlich kann man nicht alles durchplanen und davon ausgehen, dass es wie am Schnürchen klappt. Mal hat man etwas vermeintlich sehr günstig gekauft, danach sinkt der Preis erneut rapide. Mal erweist sich das als sehr zuverlässig geltende Gerät als Problemteil – genau nach Ablauf der Gewährleistung. Mal ändern sich Kundenwünsche, eigene Workflows und Interessen. Dennoch ist es sicher nicht verkehrt, sich ausreichend mit den hier dargestellten Thematiken auseinanderzusetzen.