Praxis
Trockenes Crash Ride
Das 19 Zoll große Crash Ride der 61st Anniversary Vintage Serie ist ein trockenes Becken. Hier dominiert ein präsenter und leicht glasiger Stick-Anschlag ein sehr tiefes und organisches Sustain. Der Fokus liegt eindeutig auf den Ride-Qualitäten, denn „aufgehen“ tut dieses Exemplar mit seinem sehr obertonarmen Crash-Sound kaum. Als kleines, kontrolliertes Ride für Jazz, HipHop und Drum ‘n’ Bass ist es sehr gut zu verwenden.
Warme, kontrollierte Hi-Hats
Eine Serie aus Hi-Hat Modellen, welche bei 16 Zoll enden, hat man nicht alle Tage im bonedo Testlabor. Obwohl diese Größe zunehmend populärer wird, ist sie doch noch selten in den Proberäumen und Studios anzutreffen. Als prominenter User fällt mir Moritz Müller ein, dessen Instrumente ich im Rahmen der Trommelwerk Bremen Masterclass Reihe ausprobieren konnte und die mich ziemlich begeistert haben. Abe Laboriel sagt man sogar die regelmäßige Verwendung 18 (!) Zoll großer Hats nach!
Starten wir zunächst mit dem Grundcharakter aller getesteten Hats. Die Tonalität ist auch hier – ihr ahnt es bereits – dunkel. Mit der Stockspitze auf dem Profil angespielt, fällt jedoch der präsente „Tick“ auf. Die 14er sind präzise klingende Hi-Hats, die mich direkt an andere Modelle aus dem Istanbul Mehmet Produktsortiment erinnern: ein dunkel-kehliger Grundton, der eher kontrolliert daherkommt. Die Oberfläche der Becken trägt ihren Teil zum unaufdringlichen Charakter der Instrumente bei. Toll für Studioarbeit, mit guter Artikulation und wenig Neigung, mit Blechdosenfrequenzen ins Snare-Mikrofon zu übersprechen.
Die 15 Zoll Hi-Hats sind dagegen etwas träger in der Ansprache beim Öffnen, im geschlossenen Modus klingen sie aber ähnlich präzise wie die kleinen Brüder. Den getretenen Sound empfinde ich als etwas matt, hier fehlt für meinen Geschmack etwas „Schmatz“ und Spritzigkeit. Dynamisch können sie hingegen mehr als die 14er, kräftige Bearbeitung beantworten sie mit deutlichem Lautstärkezuwachs. Ob lauter Rock allerdings wirklich ihre Domäne ist, wage ich zu bezweifeln, in HipHop, Reggae und Popmusik funktionieren sie während der Testphase aber prima.
Raumgreifend hängt die 16 Zoll Hi-Hat über meiner Snare, und wer diesen Apparat beim Spielen verfehlt, sollte über eine grundlegende Veränderung seiner Spielergonomie nachdenken. Das obere Becken bringt ein erhebliches Gewicht auf die Waage und die Zugstange der Hi-Hat-Maschine. Hier möchte Material in Bewegung gesetzt werden. Fein ziselierte, schnelle Figuren sind zwar möglich, fühlen sich aber an, als würde man einen Trecker in den Grenzbereich bewegen. Ich persönlich hätte mir ein weniger schweres oberes Becken gewünscht, mit mehr „Schlürf“ und gleichzeitig schnellerer Ansprache. Inspirierend finde ich die 16er Hi-Hats trotzdem, denn durch den breiten, präsenten Stick-Sound laden sie zu reduziertem Spiel ein.
Kompakte, definierte Ride-Becken in 20, 21 und 22 Zoll
Alle drei „normalen“ Rides teilen denselben Grundcharakter: trocken, erdig, kontrolliert, mit gut nutzbaren Kuppen. Der Anschlag ist holzig-glasig, das Sustain eher kurz, mit dunkler Modulation. Der edle Schimmer, den noch dünnere, abgedrehte Becken produzieren, findet man hier nicht, und das soll auch so sein. Ich würde sie als moderne Instrumente bezeichnen, welche sich in vielen Musikrichtungen wohlfühlen, in denen es rein akustisch nicht zu laut ist. Schnellspieler freuen sich über Definition und Klarheit auch in den Kuppen, im Studio überzeugt das unaufdringliche Timbre sowie die moderate Lautstärke. Dass die goldene Beschriftung beim Spielen ein bisschen abfärbt und kleine Sprenkel auf den Becken hinterlässt, ist kein Beinbruch, perfekt ist es nicht.
Spezialisten: das 21 Zoll Sizzle Ride und das 22 Zoll Flat Ride
Typische Jazz-Modelle bietet Istanbul Mehmet mit dem Sizzle Ride und dem Flat Ride der 61st Anniversary Vintage Reihe an. Zunächst fällt auf, dass das 21er Sizzle Ride ohne Sizzles fast genauso klingt wie das reguläre 21er. Es ist also offenbar nicht speziell auf den Einsatz von Nieten abgestimmt. Und obwohl man sie im Klangbild wahrnimmt, gehen sie ein bisschen unter. Hier wäre vielleicht ein dünneres Becken besser gewesen, das mit dem feinen Rasseln der Nieten besser harmoniert. Man hört das auch im Soundfile, wenn man die beiden 21 Zöller vergleicht.
Wie zu erwarten, besitzt das Flat Ride den klarsten und holzigsten Stick-Sound aller hier getesteten Modelle. Dunkel und tickend sitzt er über einem trockenen und komplexen Brummen. Die oberen Mitten, welche eine Kuppe dem Klang beschert, sind hier komplett abwesend. Für Crash-Akzente bieten sich Flat Rides generell nicht an, und dieses Exemplar bildet da auch keine Ausnahme. Es quittiert den Versuch mit einem kurzen, unwilligen Fauchen. Wer die feine Silbrigkeit z.B. eines Paiste Formula 602 oder Zildjian K Light Flat Ride mag, wird sie hier nicht finden. Organisch ist hier das bestimmende Adjektiv.