Praxis
Aufnahme und Wiedergabe
Das iZotope Spire Studio ist ein mobiles Recording-Device genau nach meinem Gusto: Ich bin kein Freund von Bedienungsanleitungen – ich will anmachen und loslegen. Genau so ist das Spire Studio konzipiert: wenig Knöpfe, keine Kabel und kein Display. Der Kranz aus farbigen LEDs ist natürlich eine Art Display, das mir Pegel und die Anzahl der verwendeten Spuren zeigt. Wer allerdings nach einem Display sucht, das ihm Werte, Menüs o.ä. anzeigt, sucht vergeblich. Es gibt auch keine Drehregler, denn das Spire pegelt und regelt automatisch. So hält man sich nicht mit technischen Details auf, sondern kann „in the zone“, in der kreativen Phase, bleiben. Super Idee! Schalten wir das Spire an, leuchtet nach einem kurzen Moment der LED-Ring weiß und in unterschiedlichen Mustern auf – das Spire Studio fährt hoch. Automatisch ist das vorne eingebaute Kugelmikro aktiviert, welches sich unter dem Drahtgitter verbirgt. Das erkenne ich daran, dass der LED-Kranz entsprechend der Geräusche, die ich mache, links unten pink aufleuchtet. Dann drücke ich auf Aufnahme und singe einfach mal etwas ein. In dem Moment, in dem die Aufnahme aktiviert ist, leuchten der Aufnahmeknopf sowie der Pegelausschlag rot auf. Weil ich nicht viele andere Optionen habe, drücke ich am Ende meiner gesungenen Phrase noch mal drauf. Aufnahme beendet. Jetzt leuchtet die rechte Hälfte des LED-Rings pink und zeigt mir damit, dass ich eine Spur aufgenommen habe.
Als Nächstes stecke ich mal meinen Kopfhörer in die vordere Buchse und höre mir an, was ich gerade gemacht habe: Das klingt richtig gut! Das Kugelmikro nimmt natürlich auch Rauminformation auf, aber der Klang ist sauber, warm und klar. Kein Rauschen, keine überzogene Kompression. Klasse. Währenddessen ändert sich die Helligkeit der pink leuchtenden LEDs entsprechend der Lautstärke des abgespielten Signals. Die Pegelanzeige leuchtet jetzt blau. Also drücke ich auf Aufnahme, um eine zweite Spur aufzunehmen und habe so einen zweistimmigen Gesang aufgenommen. Das Manual sagt mir, dass ich mir zuerst die kostenlose App „Spire Recorder“ herunterladen soll, aber das Spire Studio funktioniert offensichtlich auch im Stand-alone-Modus. Der LED-Kranz ist übrigens ein Touchscreen. Drücke ich auf den „Volume“-Knopf, leuchten ein paar LEDs weiß auf. Diese kann ich dann auf dem LED-Ring nach links oder rechts verschieben und damit die Lautstärke verringern oder anheben. Dass ich auch aufgenommene Spuren durch berühren stummschalten kann, habe ich dann nebenbei herausgefunden. Da wäre eine etwas umfangreichere Bedienungsanleitung von Vorteil gewesen. Die vorhandene sagt eigentlich mehr oder weniger, welche Funktionen die Knöpfe haben, aber ins Detail geht sie nicht. Also gehe ich den vorgeschriebenen Weg und lade mir die App herunter.
Einbindung der Spire-App
Um die Verbindung zwischen Spire Studio und der App herzustellen, bedarf es keiner Programmierfähigkeiten. Die App sagt mir genau, was ich zu tun habe. Das Spire Studio kommuniziert mit der App in Echtzeit durch ein eigenes WLAN-Netz. Dieses wähle ich mit dem Smartphone aus und schon haben sich das Spire Studio mit der App verbunden. Als erstes bekomme ich die Nachricht, dass es ein Firmware-Update gibt. Ich bestätige, dass ich das Spire Studio updaten möchte, und innerhalb weniger Sekunden ist die neue Version heruntergeladen und automatisch übertragen. Durch die App habe ich jetzt quasi ein Display für das Spire Studio und kann meine Spuren sehen und „anfassen“ und das Spire über mein Smartphone steuern. Nehme ich eine Spur auf, wird mir die Wellenform angezeigt, die ich jetzt bearbeiten kann: Delete, Trim und Mute sind die drei Optionen, die mir zu Verfügung stehen, wenn ich auf die drei Punkte am rechten Bildrand drücke. Möchte ich eine Spur trimmen, drücke ich auf das Mülleimer-Icon links oder rechts vom immer sichtbaren Cursor. Dann wird der entsprechende Teil der Aufnahme links oder rechts vom Cursor abgeschnitten. Ist man unzufrieden mit dem Schnitt, kann man dieses durch Drücken des Pfeils unten links im Display der App auch wieder rückgängig machen.
Wie klingt es, was macht es?
Das erste Audio-File, habe ich mit dem internen Mikrofon aufgenommen: Akustikgitarre und Gesang gleichzeitig. Die zweite und dritte Stimme habe ich direkt danach auch über das interne Mikrofon aufgenommen. Der Bass kam als letztes und das direkt mit Klinke in den Kanal 1. Über die Spire-App kann man jetzt aus dem „Recording“-Modus in den „Mix“-Modus wechseln. Wer einen Mixer erwartet, wird enttäuscht. Man hat eine grafische Oberfläche, in der man jede aufgenommene Spur auswählen und auf dem angezeigten Feld verschieben kann. Die X-Achse zeigt die Lautstärke, die Y-Achse das Panorama. Das Mischen geht dadurch sehr intuitiv und schnell. Rechts oben im App-Fenster gibt es einen Button, durch dessen Auswahl ich meinen aufgenommenen Song teilen kann: In verschiedenen Qualitätsstufen kann ich den Song als Textnachricht oder E-Mail verschicken. Entweder als m4a oder als hochauflösendes wav. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, den Song als Einzelspuren oder als Spire-Projekt zu exportieren oder ihn direkt bei SoundCloud hochzuladen.
Für dich ausgesucht
Ich gehe derweil zurück in den „Recording“-Modus. Am linken Rand der Wellenform kann man den Mic-Level manuell einstellen, sich des automatischen Soundchecks bedienen oder „Recording Effects“ hinzufügen. Dort gibt es drei Amps zur Auswahl: Den „Verb ’65“, „Tube 30“ und Bass. Wie diese Amp-Simulationen klingen, wollte ich direkt ausprobieren und habe das zweite Audio-File aufgenommen: Spur eins ist eine Gibson SG, die direkt ins Spire Studio geht mit dem „Verb 65“ als Amp-Simulation. Der Name lässt vermuten, dass es sich um einen Fender Twin Reverb handeln soll. Es klingt warm, es hat ein schönes Tremolo, und ich kann den Amp-Sound während der Aufnahme ohne spürbare Latenz hören. Die Melodiegitarre habe ich auch durch einen Amp-Simulator schicken wollen, mich dann aber doch für die „Deep Space Vibes“ entschieden, denn leider geht nur entweder/oder: entweder eine Amp-Simulation oder ein Effekt.
Bei der Aufnahme des dritten Audio-Files ist mir dann auch aufgefallen, warum die Effekte „Recording Effects“ heißen: Eine Nachbearbeitung des Audiosignals wird bis auf das Trimmen nicht vorgenommen. Wenn man sich für einen der Amps oder Spaces entscheidet, nimmt man das Audiosignal mit dem Effekt auf. Das heißt, man muss sich vor der Aufnahme entscheiden, wie die Spur klingen soll. Das limitiert den Musiker, zwingt ihn aber auch zu musikalischen Entscheidungen. Das dritte Audio-File ist also ein dreistimmiger Chor, den ich durch ein AKG C3000 gesungen habe, um zu testen, wie ein Großmembran-Mikro mit Phantom-Power im Vergleich zum eingebauten Kugelmikrofon vom Spire Studio klingt. Ich muss feststellen, dass das eingebaute Mikro einen sehr guten Job macht! Ich habe hier das „Warm Voice“ als Recording-Effect mit aufgenommen. Audio-File Nummer vier ist dagegen komplett „trocken“, also ohne Effekte eingesungen und aufgenommen. Hier kann man auch hören, wie ein räumlicher Klang den Gesang positiv beeinflusst. Seht mir die Intonation nach – Es ist kein Referenzton da und keine Korrektur der Intonation möglich.
Auf einen Punkt muss ich aber doch hinweisen: Hat man einen etwas holprigen Anfang und setzt die Aufnahme noch mal neu an, kann man das zwar durch „trim“ wegschneiden, die Aufnahmelänge bleibt aber gleich. Das bedeutet dann, dass der fertige Track am Anfang mehrere Sekunden Stille hat, bis er beginnt. Auch kann ich nur am Anfang und Ende der Audiospur etwas trimmen. Innerhalb der Audiospur ist das nicht möglich. Hier wäre ein vom Hersteller versprochenes Update toll, damit ich die Master- oder auch die aufgenommene Audio-Spur noch einmal nachbearbeiten kann. Auch sei hier erwähnt, dass MIDI bisher nicht möglich ist.
Wie Mark Forster mit iZotope Spire Studio einen Song schreibt
Im nachfolgenden Video erzählt Mark Forster, Kopf und Frontmann der Band “Forster The People”, wie er das iZotope Spire Studio beim Songwriting einsetzt. Er zeigt auf einzigartige Weise, wie er die Parts eines Songs mit Spire Studio überall in hoher Qualität aufnimmt und zusammensetzt, ohne einen Computer oder zusätzliche Ausrüstung verwenden zu müssen.
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