Ob und wie das von Brian Transeau, in Kooperation mit der Plugin-Schmiede iZotope entwickelte, „Stutter Edit“ in der Lage ist, den Weg hin zu verfrickelten Effekten und zerhackten Breaks abzukürzen, haben wir uns ausgiebig angeschaut und angehört.
Brian Transeau ist fraglos ein umtriebiger Zeitgenosse. Egal ob als Solo-Elektronik-Act und Remixer „BT“, als Co-Produzent bei Künstlern wie Britney Spears, Madonna oder Peter Gabriel oder als Score-Lieferant für Filme wie „The Fast and the Furious, Partysaurus Rex oder Monster“, der Mann hat nicht nur ein beeindruckendes Arbeitspensum, sondern wohl auch einen nicht minder vollgepackten Terminkalender. Demgegenüber steht die Tatsache, dass das Erstellen von zeitgemäßen Glitch-, Buffer- und Delay-Effekte-Kaskaden, wie sie seit der Pionierarbeit von Leuten wie Aphex Twin, Squarepusher, Tim Exile, Photek oder Prefuse 73 nicht mehr aus dem Werkzeugkasten moderner Produktionstechniken wegzudenken sind, eine ziemlich zeitaufwändige Angelegenheit ist.
Details
Stutter Edit ist ein Echtzeit Audio-Effekt-Plugin, das auf Windows- und MacOS-Systemen lauffähig ist und via VST/AU/RTAS mit der gastgebenden Host-Anwendung (vorzugsweise eine DAW wie Cubase, Pro Tools oder Samplitude) kommuniziert. Ein Standalone-Modus ist Prinzip bedingt nicht vorgesehen. Die Software verfügt über ein Arsenal von zehn Modulen zur Klangmodifikation plus umfangreicher Modulations- und Automationsmöglichkeiten. Zusätzlich stehen ein komplexer, sample-basierter Noise-Generator, ein Dual-Mode Summen-Filter (High-/Lowpass) und eine tonale- und rhythmische Steuersektion bereit. Ein kompletter Satz aller aktuellen Einstellungen nennt sich in Stutter Edit „Gesture“. Davon lassen sich pro Bank insgesamt 127 Stück (entsprechend der möglichen MIDI-Noten) erstellen. Eine Besonderheit liegt in der Tatsache, dass alle Effektkombinationen dynamisch via MIDI-Trigger-Note abgefeuert werden (müssen). Zwar sind artverwandte Plugins wie etwa Effectrix von Sugar Bytes oder die beliebte Freeware Glitch von Illformed auch darauf ausgelegt ihre Aktionen erst auf das Zurufen von MIDI-Noten hin zu starten, können aber grundsätzlich auch alleine vor sich hin werkeln. Stutter Edit ist hier wesentlich rigider und macht seine Arbeit nur in Abhängigkeit vom empfangenen Tasten-Input und hält sich ansonsten durch ein diskretes Bypass zurück. Der Grund liegt im Selbstverständnis des Plugins als Effekt-„Instrument“: Es will nicht statisch, sondern dynamisch bedient werden, was sich insbesondere in der Tatsache zeigt, dass alle Parameter der Effektmodule über die einstellbare taktmetrische Länge hinweg, automatisierte Bewegungen vollziehen. Für die Arbeit mit dem Plugin sind folglich immer zwei Kanäle zwingend erforderlich. Ein Audio- oder Gruppen-Kanal, in dem die Audiosignale anliegen und eine Instanz von Stutter Edit aktiv ist. Und eine MIDI-Spur, die eingezeichnete oder ankommende Note-On/Off-Informationen an das Plugin weitergibt.
Wie das in der Praxis am Bildschirm aussieht (und vor allem klingen kann) möchte ich dem geneigten Leser direkt zum Einstieg einmal an einem einfachen Beispiel vorführen.
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Installation
Das gepackte Installations-Archiv landet mit überschaubaren 45 MB auf der Festplatte. Nach dem Öffnen arbeitet der Installer dann freundlich alle relevanten Schritte ab und neben dem Abnicken der Lizenzbedingungen lässt sich hier auch auswählen, mit welchen Plugin-Schnittstellen die Software installiert werden soll. Allein bei der automatischen Erkennung des Standard-Plugin-Pfads versagte die Software und ich musste die Verweise für die 32- und 64-Bit-Versionen manuell anpassen. Praktisch finde ich dagegen, dass die Software nach der Installation automatisch eine Suche nach Updates startet, die in meinem Fall (Version 1.3) allerdings ergebnislos blieb. Nach dem ersten Start des Plugins erscheint ein Nag-Screen, der zur Entscheidung auffordert, ob man dem 30-Tage-Demo-Modus oder einer ordentlichen Registrierung den Vorzug geben möchte. Wählt man die Letztgenannte, kann das auf drei Arten geschehen:
1. via Online-Aktivierung
2. via iLock oder
3. über das Offline-Challenge/Response-Verfahren
Ich entscheide mich für die direkte Online-Aktivierung und sofort gibt sich das Programm als rechtmäßige, uneingeschränkt lauffähige Version zu erkennen.
Beginnen wir unsere Erkundungstour direkt am Nordkap des Plugin-Fensters. Hier wartet in der rechten Ecke ein globales Dualmode-Filter (High-/Lowpass) auf seinen Einsatz. Die darunter liegende Zeile zeigt den gewählten Modus (inaktiv, Stutter, Generator), das aktuell gewählte Programm (Gesture) und die Bank. Spannender wird es darunter, wo drei Auswahlreihen angesiedelt sind (gerade, punktiert, triolisch) die Taster für taktmetrische Teiler zwischen 1/2 und 1/1024 widerspiegeln, sowie eine vier Oktaven umfassende virtuelle Klaviatur. Hier können die Werte vorgegeben werden, die die Effektmodule durchfahren sollen. Nach den Stellschrauben für Effektdauer (1/16 – 2 Takte), dem Release-Modus und dem Grid (1/64 – 1 Takt) für das Geraderücken von ankommenden MIDI-Noten, folgen die neun Effektmodule (Stutter, Jump Pan, Stereo Delay, Delay Band-Pass, Low/High-Pass Filter, Bit Reduction, Lo-Fi, Buffer Position) nebst Hilfsmodulen wie Quantize (Quantisierung von Parameter-Übergängen), Gate Width (Gate Verhalten des Stutter-Effektes), Dry- und Effekt-Gain. Alle Module arbeiten dabei nachdemselben Prinzip:
In der obersten Zeile legt man über einen Slider den Bereich zwischen Maximal- und Minimalwert fest. Die Bewegung dazwischen erfolgt dann mit der unter “Gesture-Length” gewählten Dauer. Start- und Anfangspunkt sind umkehrbar und ihr Abstand zueinander lässt sich via Doppelklick fixieren. Schiebt man beide Anfasser ganz zusammen und klickt zweifach, verwandeln sich die Bereichs-Marker in einen einfachen Parameter-Slider. Ein Stockwerk tiefer wohnt innerhalb jedes Moduls ein Slider zur Adjustierung der Parameterbewegung, und zwar stufenlos zwischen linear und exponentiell. Klingt alles sehr kompliziert – ist es aber gar nicht. Schauen wir uns die Arbeit mit dem Plugin mal in der Praxis an:
Effekte
Die Effekte sind für sich genommen alles unspektakuläre Standard-Klangverbieger, wie man sie auch in jeder Einsteiger-DAW oder in einem Freeware-Effekt-Bundle findet. Hört man sie alleine und mit statischen Einstellungen, so erwarten einen hier also keine Überraschungen. Erst durch die dynamischen Parameterbewegungen erwachen die Module zum Leben und geben einen ersten Vorgeschmack darauf, was durch ihre Kaskadierung und den schnellen Wechsel der Presets machbar ist. Hier mal ein Überblick über verschiedene Einstellungen in den einzelnen Instanzen:
So richtig spannend wird die Sache dann allerdings erst, wenn man von den Möglichkeiten des Umschaltens via MIDI-Note und der Verkettung der Effekte Gebrauch macht.
Generator
Der Effektsektion zur Seite steht ein sample-basierter Soundgenerator, der mit 34 obertonreichen Rohwellen bestückt ist, die sich bestens zur ausgiebigen Filterung im integrierten Bandpass-Filter eignen. Ebenfalls mit an Bord sind ein Pitch- und Lo-Fi-Effekt sowie ein Delay. Und ganz dem Grundprinzip von Stutter Edit folgend, lassen sich natürlich auch hier sämtliche Parameter metrisch quantisieren und automatisieren.
Der geneigte Leser dürfte mir folgen und wahrscheinlich schon im Kopf interpolieren, wo und an welcher Stelle er die Klang-Episoden gewinnbringend einsetzen könnte oder aber – abhängig vom persönlichen Musikinteresse – das Browserfenster schließen und sich denken „ja so ein Schmarrn – wer brauch den so was“. Und recht hat er, denn die ganze Mikrobreak- und Glitch-Ästhetik ist – trotz unbestreitbarer Präsenz in vielen elektronischen Musikproduktionen – im Großen und Ganzen sicherlich immer noch ein Seitenstrang der U-Musik. Das gesagt, freue ich mich, nun mit einer wahrscheinlich merklich geschrumpften Gruppe von Lesern den Weg weiter zu gehen in die Praxis.
Timmae sagt:
#1 - 26.03.2014 um 12:14 Uhr
Danke für den Test. Das Teil ist genau mein Ding!