Praxis
Aufbau
Die beiden Säulenelemente aus der gut gepolsterten Nylontragetasche gleiten lassen, auf die Bassbox pflanzen, Stromkabel anschließen, für zwei Sekunden den großen, runden Powerknopf drücken und schon ist die JBL PRX ONE am Start. Schneller geht’s kaum.
Auch der Transport zum Gig ist easy, die Box trägt sich leichter als eine Plattenkiste, Vinyl-DJs wissen, was ich meine.
Look & Handling
Die neue Säulen-PA von JBL ist wirklich gut anzuschauen. Die abgerundeten Kanten, das U-förmig um die Front gezogene Wabengitter aus schwarzem Metall und der abgesenkt verbaute Digitalmixer sehen klar und professionell aus. Allerdings hinterlassen kleine Stöße auch sehr schnell Spuren und Kratzer auf dem Korpus. Eine passende Schutzhülle – so wie für die Säulenelemente – wäre wichtig, um lange Freude an dem Sub zu haben.
Die beiden Säulenelemente stecken fest und präzise zusammen, aber auch nicht so fest, dass man sie beim Abbau nicht wieder auseinandergezogen bekommt. Die JBL-Techniker kennen dieses Problem anscheinend auch, denn zwei rückwärtig angebrachte Mulden stören optisch nicht und geben den Fingern beim Auseinanderziehen zusätzlichen Halt. Danke!
Mit ihrem ergonomisch geformten, dicken Griff liegt die Bassbox beim Tragen gut in der Hand, und der tiefe Rand unter dem Boden ist beim Hantieren ebenfalls äußert praktisch, beispielsweise beim Verstauen im Kofferraum. Apropos: Mit ihrer kompakten Höhe von nur 56 Zentimetern konnte ich die schlanke Bass-Basis aufrechtstehend in selbigem abstellen. Das schafft zusätzlichen Stauraum für andere Dinge.
Für dich ausgesucht
Bedienung
„Aus großer Kraft folgt große Verantwortung!“ Das gab schon Tante Mae ihrem Neffen Peter Parker alias Spiderman mit auf den Weg. Und große Kraft sollte auch gut zu steuern sein.
Der siebenkanalige Digitalmixer der JBL PRX ONE hat massiv viele Features zu bieten: Reverb by Lexicon. Ducking by Soundcraft. Limiter, Ausgangs-EQ und Antifeedback-System by dbx. Ein richtiges Dreikönigstreffen an der Krippe des neuen JBL-Sprösslings. Aber eben versteckt hinter einem 51 x 37 mm kleinen, hochauflösenden Vierfarb-Display und wenigen Knöpfen. Die Menüstruktur des digitalen Mixers erinnert eher an ein mächtiges, hochkomplexes Synthesizerrackmodul aus den Neunzigerjahren mit minimal wenigen physikalischen Bedienelementen als an einen Live-Mixer, bei dem man schnell mal Hand anlegen kann. So muss man sich ständig über „Enter“ in die einzelnen Editierebenen begeben und diese über „Back“ auch wieder rückwärts verlassen.
Immerhin gibt es für schnelleren Zugriff zwei Modi am Mixer: Leuchten alle grünen LEDs, befindet sich der PRX ONE im Mix Mode und die sieben Endlosregler dienen als Gain-Regler für die sieben Kanäle des internen Digitalmixers. Gain bedeutet hier auch Kanallautstärke, denn es gibt keinen zusätzlichen Volume-Regler.
Im Channel Strip Mode hingegen leuchtet lediglich die grüne LEDs des angewählten Kanals, und die Endlosdrehpotis kontrollieren die Parameter Gain, Bass, Mitten, Höhen sowie die Sends für Reverb, Delay und Chorus. JBL nennt das „Dual-Operating-Modus“.
Mit Druck auf einen Endlosregler gelangen wir in das Kanalmenü mit allen Einstellungen für Mute über Gate, Kompressor, EQ, etc.
Praktisch: Bei längerem Druck auf einen Endlosregler wird der jeweilige Kanal auch ohne Menüschrauberei stummgeschaltet. Unpraktisch für Ungeduldige: Der Druck muss ca. 3 Sekunden dauern, eine gefühlte Ewigkeit in Stress-Situationen.
Effekte
In der Mastersektion finden wir die Parameter für die Effekte Reverb by Lexicon, Delay und Chorus mitsamt einigen praktischen Presets.
Die individuell verfügbaren Reverb-Parameter sind Size (Short, Medium, Long und Longer), Predelay (0 – 100 ms), Low Frequency (Low, Medium und High), High Frequency (Dim, Neutral und Bright) und das Mischverhältnis. Der Reverb klingt nicht superedel, aber liegt weit über dem Durchschnitt dessen, was man sonst von On-Board-Hallgeräten gewohnt ist.
Deutlich präziser lässt sich das Delay editieren. Hier stehen BPM, Sub-Division, eine maximale Delay-Länge von 920 Millisekunden, Feedback, ein Lowpassfilter und das Mischverhältnis zur Verfügung. Sollte die Editierung trotz der wenigen Parameter mal aus dem Ruder laufen, kommen wir per Reset schnell wieder zum Ausgangspunkt zurück. Die PRX ONE merkt sich den letzten Status auch nach dem Ausschalten, individuelle Effekte können aber leider nicht abgespeichert werden. Das Tempo lässt sich praktischerweise in BPM eintappen, sodass man trotzdem mit beatsynchronen Delays arbeiten kann.
Der Chorus klingt angenehm dezent, bringt Gitarren zum Singen und gibt Stimmen bei geschickter Einstellung den gewissen Schmelz. SubSynth fügt dem Signal subharmonische Anteile bei, die bei geringer Lautstärke dicken, fetten Bass suggerieren, aber bei hohen Lautstärken auf Kosten der Luftigkeit des Sounds gehen. Use wisely!
In der Mastering-Sektion finden wir auch die Einstellungen für Ducking und das dbx DriveRack mit Antifeedback-System (AFS), parametrischem Achtband-Output EQ und Limiter. Das AFS tut seinen Job einfach gut, ich hatte während des gesamten Tests kein einziges Mikrofonfeedback zu beklagen. Fürs Ducking werden ein oder mehrere Trigger ausgewählt, z. B. das Mikrofon auf Kanal 1, und einer oder mehrere Kanäle, auf die der Ducking-Effekt wirken soll. Das funktioniert ganz ausgezeichnet. Zu den Parametern Threshold, Range und Release Return Time hätte ich mir noch eine Attack-Regelung gewünscht. Nur mit dem Range-Parameter lässt sich der Einsatz des Duckers nicht wirklich feinfühlig regeln, sodass beispielsweise beim Spracheinsatz die laufende Musik etwas zu abrupt weggeduckt wird.
Der Limiter arbeitet sauber, die Presets Flat, Speech, TV, DJ und Café kennen wir schon aus den Kanälen. Zusätzlich gibt’s die Voreinstellungen Lite und Heavy. Achtung: Der Limiter komprimiert nicht nur, sondern bietet noch mal 30 dB (!) Make-Up-Gain. Use responsibly!!!
JBL Pro Connect
Für komfortablere Eingriffe gibt es die App JBL Pro Connect für Tablet und Smartphone. Auf Tablets wie dem iPad bildet sie wie erhofft eine Mixeroberfläche ab. Auf dem iPhone ist dies aus Platzgründen nicht möglich, und so navigiert man auch hier durch viele weitere Menüs mit nicht immer stringenter Nutzerführung. Nach einer Gewöhnungsphase klappt dann aber auch die Bedienung mit dem Smartphone ganz gut.
Die Kompressoren und die parametrischen Kanal-Equalizer lassen sich schön per Touch-Gestik einstellen, auch einige nützliche Presets stehen als Ausgangspunkt für präzisere Bearbeitungen zur Verfügung. Außerdem können alle Kanäle hier individuell benannt werden.
Schließlich gibt es ein überraschend umfangreiches Menü für den „Pass Thru XLR Out“, wo je nach Bedarf Hoch- und Tiefpassfilter eingestellt werden können, um beispielsweise einen zusätzlichen Subwoofer zu beschicken. Auch lässt sich ein Delay-Versatz definieren, um längere Laufzeiten bei größeren Abständen zwischen den angeschlossenen Säulen auszugleichen.
Die JBL Pro Connect App ist also eine durchaus essenzielle Erweiterung des PRX ONE-Hardware, weil viele Parameter über die App viel intuitiver zugänglich sind. Die Wertveränderungen in der App werden relativ zügig mit dem Mixer in der Säulen-Hardware abgeglichen und auch im Gegenzug Änderungen am Mixer in die App übernommen.
Bluetooth Audio-Streaming
Einmal eingerichtet verläuft das Pairen mit einer Box schnell und unproblematisch. Sind zwei Boxen eingeschaltet, suchte sich die App auf meinem iPhone X randommäßig eine der beiden aus und ignorierte die zweite. Anscheinend ist es nicht vorgesehen, beide Boxen gemeinsam über Bluetooth anzusprechen. Die Parameter-Steuerung funktionierte dagegen befriedigend. Auch hier zeigt sich, dass sich die PRX ONE als Einzelkämpfer wohler fühlt als im Team. ONE eben.
Let’s go live!
Erster Einsatz: ein Outdoorkonzert mit zwei PRX ONE. Der Stereo-Ausgang des Bühnenmixers wurde jeweils an die Line-Eingänge 3 der beiden Säulen geschickt. Mit dem Equalizer war schnell ein genehmer Sound gefunden und die PRX ONE überzeugte mit viel Volumen, substantiellem Bass und perlenden Höhen, ohne grell zu klingen. Hier überzeugte die JBL Pro Connect App, weil bei entsprechender Gruppierung die Einstellungen parallel an beide Boxen gleichzeitig übertragen werden. Und nach dem Konzert haben wir einfach via Bluetooth noch Musik über eine der beiden PRX ONE eingespielt.
Zweiter Einsatz: DJ-Party
Die beiden Stereo-Ausgänge der Native Instruments Traktor Kontrol S4 Mk3Konsole wurden jeweils wieder mit Kanal 3 beider Boxen verbunden, die Boxen auf volle Lautstärke (0 dB) gestellt und die Lautstärke vom DJ-Mischpult geregelt.
Bass und Lautstärke waren für dieses kompakte System sehr beeindruckend. Da sich bei voller Last der Tiefenbereich der PRX ONE laut Hersteller um 5 Hertz von 35 auf 40 Hertz reduziert, hatte ich vorsichtshalber über den Pass-Thru-Ausgang noch jeweils eine Fullrange-Box mit Fünfzehn-Zollern dazugestellt. Sie kamen aber nicht zum Einsatz, denn die beiden PRX ONE lieferten mit etwas Finetuning an Kompressor und Limiter ordentlich Punch ab.
Allerdings stellt sich die Frage, ob es Sinn macht, zwei PRX ONE als Stereosystem zu erwerben, wenn man lediglich einen Kanal pro Säule beschicken und die On-Board-Mischpulte ansonsten brach liegen lassen will. Eine passende Ergänzungssäule ohne Mixer gibt es hier nicht.
Dritter Einsatz: Workshop / Präsentation
Ich habe an einem Wochenende einen Musikproduktions-Workshop für Jugendliche geleitet und lediglich eine PRX ONE als Allround-Verstärker mitgenommen. Dafür eignet sie sich wirklich ausgezeichnet. Sollen Instrumente und Mikrofone einfach unkompliziert angeschlossen und verstärkt werden, dann fühlt sich das JBL-Einhorn voll in seinem Element. Was mir fehlte, war ein Record-Out-Stereoausgang, um das Mixsignal an einen Video Switcher weiterzuleiten, mit dem wir den Workshop dokumentierten.
Optionales
Wer die PRX ONE lieber fest installieren möchte: Für die Array-Säule sind auch eine optionale Halterung und Adapter zur Wand- oder Truss-Montage erhältlich, sodass die Hochtöner auch ohne Steckkontakt mit der Bassbox betrieben werden können.
Für wen ist das?
Die JBL PRX ONE ist eine gut brauchbare und sehr transportable Mini-PA für Proberäume, Theaterbühnen, Tagungsräume, Schulen, Kirchengemeinden, Restaurants, kulturelle Einrichtungen, kurzum für überall, wo es schnell und unkompliziert überlegenen lauten Sound und einen digitalen Mixer mit bis zu sieben Inputs braucht. Einfach an die Steckdose anschließen und es kann losgehen. Dieses Einhorn ist als Solokünstler besser aufgehoben als in der Herde, denn anders als z.B. bei der RCF Evox JMix8 und J8 gibt es zur PRX ONE keinen mixerlosen Gegenpart.
Der interne Mixer kann sehr präzise editiert werden, was sich aufgrund der tiefen Menüstruktur aber als zeitaufwändig gestalten kann. Kleine Lautstärkeanpassungen gehen schnell vonstatten, aber tiefere Eingriffe brauchen Zeit. Dynamisches Livemixing an der Hardware selbst ist schlicht nicht möglich. Mit dem iPad klappt das besser, auf dem iPhone ist die Menüstruktur der JBL Connect App aufgrund der kleinen Bedienoberfläche jedoch ebenfalls zu verschachtelt für flüssiges Mixen. Idealerweise stellt man den Mixer einmal umfassend ein und freut sich dann über perfekten Sound bei jedem erneuten Einschalten.
Die PRX ONE ist ein perfektes Rundem-Sorglos-Paket für kleine Bands und spontane DJ-Gigs. Wer nicht ganz so viel Power braucht, ist womöglich mit dem kleineren JBL EON ONE MK2 mit Fünfkanalmixer sogar noch besser aufgehoben: kompakter, günstiger und: akkubetrieben.
Karl-Michael Ebner sagt:
#1 - 30.11.2021 um 12:57 Uhr
wie kann ich 2 Systeme gemeinsam bedienen ?
Was benötige ich, und kennt jemand ein kleines Mischpult das auch ein App zur ipad bedienung hat