Praxis
Für den Praxistest greifen wir auf eine kurze Gesangspassage sowie eine kurze Akustikgitarren-Performance und einen E-Bass-Track zurück. Für alle drei Einsatzgebiete testen wir den klanglichen Einfluss, den die einzelnen Gerätesektionen auf das Audiosignal nehmen. Los geht’s mit den Vocals.
Beim Einsatz des OneQ 2 als Vocal-Channel fällt auf Anhieb der extrem »fette« Sound des Preamps auf. So können wirklich nur Vorverstärker klingen, in denen hochwertige Transformer verbaut wurden. Beim Einpegeln zeigen sich die „Pre“-Funktion des hervorragend auflösenden VU-Meters sowie der immense Regelweg der Eingangsverstärkung als große Hilfe. Der sehr empfindlich wirkende Inputbereich des OneQ 2 macht schnell klar, dass es bei dem einen oder anderen Signal sinnvoll sein kann, beim eingangsseitigen Einpegeln besser die Pad-Funktion des Channelstrips zu aktivieren.
Auch der Kompressor macht einen herausragenden Eindruck. Wo sich manche Channelstrip- Kompressoren entweder sehr dezent verhalten oder für eine subjektive Verschlechterung der Signalqualität sorgen, kann das für den JoeMeek-Channel auf keinen Fall gesagt werden. Der Kompressor arbeitet mit sehr feiner Auflösung. Selten habe ich es derart als „Spaß“ und „Freude“ empfunden, einfach nur einen Kompressor zu justieren. Im Audiobeispiel habe ich die Rock-Vocals unserer Testaufnahme ab einem Threshold von -20 dB greifen lassen und ein vergleichsweise mittleres Kompressionsverhältnis von 4:1 serviert, das mit Attack- und Releasezeiten von 10 ms und 0,5 Sek. garniert wurde.
Die Arbeit mit dem „Meequalizer“ gestaltet sich ebenfalls äußerst komfortabel. Die Klangeingriffe machen einen wirklich guten Eindruck und versprechen mit ihren Wahlschaltern sehr variable Eingriffsmöglichkeiten in anliegende Signale. Für unseren Vocal-Track sorgt ein Kuhschwanzfilter bei 80 Hz für eine Absenkung um 9 dB, die dem Signal energiefressende tiefe Frequenzanteile nimmt. Die Mitten habe ich im unteren Bereich bei 250 Hz um 3 dB angehoben sowie im oberen Bereich ebenfalls um 3 dB bei 4 kHz angehoben. Dadurch sollen »Fülle« und »Präsenz« der Vocals herausgearbeitet werden. Eine weitere 3 dB-Anhebung per Kuhschwanzfilter ab 14 kHz sorgt für mehr »Luft« beim Gesangsklang. Aufgrund der Verstärkungen in den verschiedenen Frequenzbändern wurde der Ausgangspegel um 4 dB verringert. Das Ergebnis macht wiederum einen guten Klangeindruck und verspricht – wie schon der Kompressor – großzügige Regelmöglichkeiten bis hin zum vollständigen »Verbiegen« des Frequenzbildes eines Signals.
Der Einsatz des Enhancers kann das bis hierhin gewonnene Bild bestätigen. Der Schritt von dezenten Eingriffen bis hin zu unbrauchbaren Klangresultaten oder Special-Effects ist hier nur ein kleiner. Ich habe mich deshalb für ein vergleichsweise zurückhaltendes Wet/Dry-Verhältnis von 30:70 entschieden und den Enhancer bei mittlerem Q-Wert ab 5 kHz einsetzen lassen. Die Arbeit des Enhancers wird dabei am ehesten im oberen Mitten- und unteren Höhenbereich deutlich. Wie zu erwarten, treten durch das Hinzufügen von Obertönen allerdings auch Zischlaute deutlicher hervor.
Wie gut, dass der OneQ 2 auch einen DeEsser an Bord hat, mit dem wir diesem Problem sofort zu Leibe rücken können. Auch der DeEsser-Einsatz geht absolut reibungslos von der Hand: „Listen“-Funktion und Aktivitäts-LED dieses Tools sind in der Praxis eine große Hilfe, wodurch sich die Frequenzauswahl absolut problemlos gestaltet. Die Absenk-Funktion des DeEssers arbeitet allerdings für meinen Geschmack etwas zu strikt. Hier ist Feingefühl erforderlich, sonst wird das bearbeitete Audiosignal schlicht komplett zerstört. Für das Audiobeispiel habe ich den DeEsser mit einem mittleren Bearbeitungsgrad bei 9 kHz ansetzen lassen und so ein ansprechendes Ergebnis erzielen können.
An dieser Stelle müssen auch einmal die im OneQ 2 verbauten Potis gelobt werden. Mit ihrer fantastischen Leichtläufigkeit, ihrer feinen Auflösung und der schweren Metallausführung ihrer Knöpfe machen sie wirklich einen absolut hochwertigen Eindruck. Diese Top-Verarbeitung kann wirklich dazu verleiten, auch bei bereits gutem Sound einfach noch mal nachzuregeln, … nur, um das Gerät völlig grundlos noch mal anfassen zu können.
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Zum Abschluss des Vocal-Tests hören wir uns noch das Ergebnis der veränderten Signalbearbeitungskette an, die der Channelstrip ermöglicht. Wird der Kompressor „Post EQ“ geschaltet, macht das resultierende Signal auf mich einen weitaus ausgewogeneren Eindruck. Das ist natürlich zum einen Geschmackssache und hängt zum anderen vom jeweiligen Einsatzzweck des Channelstrips ab. Das Audiobeispiel macht jedoch klar, dass das Vorhandensein der „Post EQ“-Funktion des Kompressors zu wesentlich anderen Klangergebnissen führt und somit eine schöne Bereicherung für die Sound-Flexibilität des Gerätes bedeutet.
Weiter geht es zum Einsatz des OneQ 2 bei der Aufnahme einer Akustikgitarre. Hier habe ich auf eine Westerngitarre mit eingebautem Fishman-Pickup zurückgegriffen. Der Klang des JoeMeek-Kanalzugs zeigt sich auch hier wieder äußerst »fett«. Wird die Transformer-Klangfärbung hinzugeschaltet, wirkt die Akustikgitarren-Aufnahme gleich noch einmal hochwertiger, wenngleich der Unterschied überraschend gering ausfällt.
Für die Kompression habe ich auf Einstellungen zurückgegriffen, die vor allem den »Body« der Gitarrendynamik herausbringen. Der Meequalizer arbeitet die hauptsächlichen Signalfrequenzen des Instruments heraus und der nachgeschaltete Enhancer sorgt mit geringer Güte ab 8 kHz für etwas mehr »Biss«. Zu guter Letzt wird wiederum der wirklich »weich« arbeitende Opto-Kompressor „Post-EQ“ geschaltet, um die klangliche Variabilität des Kanalzugs zu testen. Wie schon beim Gesang, so macht der OneQ 2 auch als Akustikgitarren-Channel eine insgesamt wirklich gute Figur.
Fehlt noch der Test des OneQ 2 als echte DI-Box mit zusätzlichen Klangregelungsmöglichkeiten. Dazu testen wir den JoeMeek-Sound anhand eines E-Basses. Sukzessive kommt neben dem reinen Preamp-Einsatz die Transformer-Schaltung hinzu, wird eine 3:1-Kompression hinzugefügt, per Equalizer ein funkiges Klangbild herausgearbeitet und ein ab 6 kHz einsetzender Enhancer hinzuaddiert. Der, wie gehabt, sehr kraftvolle Grundsound des Channelstrips gewinnt mit aktivierter Transformer-Schaltung nochmals an Dimension. Kompressor und Meequalizer verhelfen dem E-Bass zu einem erstklassigen Signalklang, der von dem Enhancer nochmals wesentlich verbessert wird. Die Umschaltung des Kompressorbetriebs auf „Post EQ“ macht an dieser Stelle nicht wirklich Sinn, da die hinzugewonnene Brillanz des E-Bass-Signals dadurch zunichte gemacht wird. Der Vollständigkeit halber ist sie aber ebenfalls unter den Audiobeispielen zu finden.
Stefan Merkel sagt:
#1 - 09.05.2017 um 16:42 Uhr
Guter Test, Danke! Ein Hinweis: Der Channel 2 Analog input im Digital interface ist dafür gedacht, um das Ausgangsignal eines zweiten OneQ2 hier einzuführen um dadurch im Stereo betrieb auch Stereo Wandlung zu ermöglichen.