Neben seinen unglaublichen Picking-Attacken sind es gerade Johns kilometerlange Legato-Linien, die unmittelbare die Bewunderung eines jeden Gitarristen auslösen. Kurz etwas zur Klärung des Begriffs: Im klassischen Sinne des Wortes gilt der Begriff Legato als Anweisung eine Tonfolge so gebundenen wie eben möglich zu spielen. Man sollte im Falle eines Falles also bemüht sein, jede einzelne Note einer Melodie so lange ausklingen zu lassen, wie es eben geht. In unserem speziellen Fall hat der Begriff Legato aber eine etwas andere Bedeutung. Beim Spiel einer Legato-Linie im “Namen des Shreddings” versucht man die einzelnen Noten eines Lix nahezu ausschließlich mit Hammering Ons und Pull Offs zu verbinden. Lediglich in ganz speziellen Fällen – wie zum Beispiel bei Saitenwechseln – sollte man sein Plektrum bemühen. Obwohl der Begriff im Rock-Genre eine etwas andere Bedeutung hat, passt die Bezeichnung Legato-Linie dennoch wie die sprichörtliche Faust aufs Auge. Durch das Bestreben das Gros der Töne mit Ham Ons und Pull Offs zu spielen, entsteht ein verdammt gebundener Gesamtsound. Legato eben!
In unserem Gespräch hatten wir die Möglichkeit, John nach detaillierten Infos rund um die Spieltechnik zu fragen.
? H.T.: Neben deiner rasiermesserscharfen Picking-Technik, sind es gerade deine unglaublichen Legato-Lix (nahezu ausschließlich mit Hammering On’s und Pull Off’s gespielte Läufe), die den gitarreninteressierten Zuhörer schier in den Wahnsinn treiben. Neben einer kräftigen Greifhand braucht man, will man sich so rasant über das gesamte Griffbrett bewegen wie du es tust, ausgeprägte Kenntnisse über den Verlauf der unterschiedlichen Tonleitern. Wie hast du deine Fähigkeiten in dieser Hinsicht trainiert?
! J.P.: Im Grunde genommen hat alles mit dem Üben sehr überschaubarer Pattern begonnen. Mit ihrer Hilfe ist es mir gelungen, langsam die Kraft meiner linken Hand aufzubauen (Abb. 3/siehe nächste Seite). Als ich das Pattern auch in höheren Spieltempi perfekt beherrschte, fing ich damit an meine Aktivitäten auf komplette Tonleitern auszudehnen. Die gerade vorgestellte Studie eignet sich ideal dazu, sie im Rahmen einer “normalen” B -Moll Tonleiter zum Besten zu geben (Abb. 4/siehe nächste Seite). Nachdem ich diesen Aspekt im Griff hatte und alle Einzeltonleitern im Schlaf spielen konnte, versuchte ich Pattern zu finden die es mir ermöglichten einzelne Lagen einer Tonleiter horizontal miteinander zu verbinden. Dabei beschränkte ich mich zunächst auf das Spiel einer einzelnen Saite. (Abb. 5/siehe nächste Seite). Meine intensive “Forschungsarbeit” und mein Ehrgeiz versetzten mich schnell in die Lage mich sicher auf einer Saite durch die unterschiedlichen Skalen-Positionen bewegen zu können. Also fing ich damit an meine Aktivitäten auch auf die anderen Saiten auszudehnen. Die beschriebene Aktion ist zwar ziemlich arbeitsintensiv, stellt aber im Endeffekt die meiner Meinung nach beste Methode dar, um das gesamte Griffbrett richtig kennen zu lernen. Aber es ging noch weiter. Keine Sorge (lacht)! Den nächsten Schritt zur Eroberung des Griffbretts läutete ich mit dem Erlernen der sogenannten Van Halen Six ein, einem Spielprinzip das -der Name lässt es ja schon vermuten- in den späten Siebzigern von Eddie Van Halen ins Rennen gebracht wurde und das sich auf jeweils zwei Saiten abspielt (Abb.6/siehe nächste Seite).
Die Tonleiter, die John für die ersten beiden Übungen verwendet, ist eine 3-Töne-Pro-Saite Form der B-Natürlich Moll Tonleiter, auch bekannt unter dem Namen B-Aeolisch. Das Griffbild der verwendeten Scale stellt sich folgendermaßen dar:
Hier zunächst einmal die ersten beiden angesprochenen Studien. Um das Üben zu erleichtern, haben wir dir beide Lix -zu Studienzwecken- auch als beliebte Slo-Mo Versionen anzubieten:
Für dich ausgesucht
TIPP: Falls du noch keine Erfahrung mit dem Spielen von Legato-Lines gemacht haben solltest, empfehlen wir dir deine Übe-Ambitionen zunächst einmal voll auf das Trainieren der Basisübung (Abb. 3) zu beschränken. Die Linie besteht aus insgesamt sechs Tönen und ist in 16tel Triolen rhythmisiert (6 Noten auf eine Viertel). Das vorrangige Ziel sollte zunächst einmal sein, sich die Tonfolge sauber und gleichmäßig rhythmisiert draufzuschaffen. Das jeweilige Spiel-Tempo ist dabei nur von sekundärem Interesse und sollte an die individuellen Fähigkeiten angepasst werden. Es bringt wirklich rein gar nichts die Studie um jeden Preis in Lichtgeschwindigkeit zum Besten geben zu wollen, wenn die spieltechnische Basis fehlt. Die auf diese Weise antrainierten Spielfehler wird man im allgemeinen nämlich nur schwer wieder los!