Praxis
Neben einigen Standardmikrofonen hat man ja auch immer ganz gerne ein paar “Spezialisten” für Sonderaufgaben im Fundus. Ich zum Beispiel greife dann und wann gerne auf mein Groove Tubes AM40 zurück, ein Röhrenmikrofon mit – na, erratet ihr’s? – Mittelmembran. Nicht nur die Mittelmembran selbst, auch der Begriff ist dehnbar: Das Groove Tubes hat nur 3/4” Durchmesser, während es beim JZ etwas mehr als 21 mm (0,82”) sind. Natürlich war ich darauf gespannt, wie sich das AM40 im Vergleich schlägt und habe es in den Test mit eingebunden. Diese Files möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten. Und um die Sache komplett zu machen, habe ich auch ein Großmembran-Kondenser (Mojave MA-201FET) bemüht.
Doch bevor es richtig losgehen konnte, rief ich zunächst einmal unser aus vielen Mikrotests bewährtes “Schallquellen-Pärchen” an: Goldie und Alice. Goldie bekam eine Akustikgitarre in die Hand gedrückt, die Ergebnisse der immer absolut identischen Mikrofonposition klingen wie folgt:
Es wird schnell deutlich, dass das AM40 und das Großmembran-Mikro im Höhenbereich nicht mit dem 301 mithalten können. Was beim Großmembran-Vertreter durch die Membranfläche begründet ist, kann beim anderen Mittelmembran-Mikro am Ehesten der verbauten Röhre in die Schuhe geschoben werden. Nicht, dass Höhenarmut per se schlecht wäre (dann gäbe es wohl kaum Großmembran-Mikros), doch erfreut das JZ hier definitiv durch seine Spritzigkeit und Agilität. Was auf das bereits von mir getestete JZ Black Hole zutrifft, das zeigt sich auch hier: Erfreulich schnell und ausgewogen werden die Höhen übertragen, keinesfalls spitz, schrill, zerrig oder nervig. Das wird vor allem beim Gesang interessant!
Des Weiteren erkennt man im Vergleich mit den beiden anderen Mikrofonen, dass das JZ auch in den Mitten und im Bass sehr ausgewogen daherkommt. Das AM40 beispielsweise ist besonders ab den oberen Mitten deutlich unlinear, dafür bei diesem Signal etwas präsenter.
Doch nun zur Königsdisziplin Gesang! Schnell Goldie und Alice vor das Mikrofon gezerrt, Klappe “Eins, die Erste” und los:
Und tatsächlich: Volltreffer für Alices Stimme! Das Mikrofon unterstützt mit sehr zurückhaltender Farbe den Charakter ihrer Stimme, spielt sich aber nie in den Vordergrund. Besonders die scharfen Konsonanten bekommen nur eine leichte “Politur”, um zu glänzen, sie werden weiterhin sehr kurz und trocken übertragen – keine übertriebene “Crispness” also. Die Signalstruktur im Höhenbereich der Vokale wird vom JZ bis ins kleinste Detail abgebildet, sodass man den Rauschanteil in ihrer Stimme förmlich sehen kann – es wird dabei aber keine starke Farbe auf die Stimme gepinselt. Eine “Soundmachine” ist das BT301 somit nicht, aber auch kein “Neutrum” wie die meisten “Kleinmembraner”.
Ich bin begeistert, denn hier zeigt sich besonders, dass die Rechnung des Herstellers aufzugehen scheint! Auch die Poppanfälligkeit ist angenehm gering. Ich glaube, ich habe einen hervorragenden Allrounder entdeckt! Goldies Stimme muss diese Erkenntnisse jedoch noch verifizieren. Und tatsächlich: Hervorragend. Bei ihm fällt mir der sehr sanfte und gut steuerbare Nahbesprechungseffekt auf und noch etwas sehr Wichtiges: Dynamisch steht das kleine Schwarze mit dem großen Kopf ebenfalls recht gut da und stößt nicht so schnell an seine Grenzen wie das Groove Tubes AM40 Wenn ihr hier noch mal alle Files – also auch die Gitarre solo – hört, dann werdet ihr mir auch beipflichten, dass das exzellente Rauschverhalten nicht nur auf dem Papier steht! Das spricht für ordentliche und sorgfältig ausgewählte Bauteile und ein gutes Elektronikdesign!
Im Zusammenspiel von Vocals und Gitarre addiert sich nichts zusammen, was nerven könnte. Beim AM40 ist das schon anders, besonders die Mitten schreien geradezu nach einem EQ, alle Files sind aber komplett unbearbeitet: Zwei Signale, zwei Volume-Fader, ein Master-Fader und ein “Bounce”-Button. Für eine Produktion würde ich noch ein bisschen Raum draufgeben, sanft limiten und fertig wäre mein Mix.
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Mich interessiert dann aber doch noch, wie es mit hochpegligen und transientenreichen Instrumentensignalen aussieht. Aus diesem Grund wird das Mittelmembran zur Mono-Mikrofonierung eines kompletten Drumsets eingesetzt (Das ist wirklich so richtig old-school!). Hier gilt natürlich das, was auch schon für die Konsonanten der Gesangsstimmen richtig war. Es ist ja in der kurzen Zwischenzeit kein anderes Mikrofon geworden. Noch etwas fällt hier aber auf: Das JZ BT301 verfügt ganz offensichtlich auch über eine hervorragende Tiefenwiedergabe!
AAM sagt:
#1 - 21.06.2011 um 15:32 Uhr
Ich habe seit gestern ein BT301. Ich habe es mit meinem Neumann KM184 und Schoeps CMC6MK41 verglichen, und festgestellt dass es um vielfaches rauscht. Wie kann das sein? Laut Spezifikation sollte es ein besseres Rauschverhalten haben.
Nick (bonedo.de) sagt:
#2 - 24.06.2011 um 12:29 Uhr
Das von mir getestete 301 war äusserst rauscharm, das lassen ja die Specs erwarten. Wenn Du denkst, dass da was nicht stimmt: Schick es zurück. Grüße, Nick