Will man den besten Tonabnehmer finden, ist der Weg dorthin nicht nur mit einem großen Angebot an Pickups, sondern auch mit jeder Menge Fachbegriffe und Detailinformationen gepflastert. Deshalb ist es sehr hilfreich, wenn man über ein gewisses Basiswissen verfügt, wie es unser Workshop Pickup Basics vermittelt. Mit dieser Ausgabe möchten wir etwas tiefer in die Materie einsteigen, aber auch diesmal leicht verständlich und ohne viel Physik und Formeln auch für diejenigen unter uns, die auf der Suche nach dem perfekten Pickup selber Hand anlegen möchten.
Im Folgenden habe ich euch einige Informationen zur Pickup-Entwicklung und Herstellung, nützliche Infos zum Kauf und zur passenden Wahl und schließlich einige Tipps, wie man seine bereits eingebauten Pickups weiter aufwerten kann, zusammengetragen. Dabei werden naturgemäß einige Punkte aus unserem Pickup-Basics Workshop auch in diesem Text wieder eine Rolle spielen.
Die Entwicklung und Herstellung von Pickups
Bei einem Tonabnehmer spielt der Spulenkörper (Bobbin) eine tragende Rolle. Hersteller kaufen ihn entweder zu oder stellen ihn selbst her. Spulenkörper für Singlecoils werden meist beim Pickuphersteller selbst gefertigt (Grafiken zu diesem Thema findet ihr in unseren Pickup-Basics) und bestehen aus einer Grundplatte und einer oberen Platte aus Vulkanfiber, und dazwischen eine der Menge der Saiten entsprechenden Zahl von Stabmagneten. Bei Humbuckern und manchen P90 Modellen wird meist auf fertige Kunststoff-Spulenkörper von Zulieferern zurückgegriffen, weil die eigene Herstellung zu teuer und aufwändig ist.
Um das, was die Konstruktion erst zu einer Spule macht, nämlich die Wicklung, ranken sich viele Mythen. Die verschiedenen Herangehensweisen gelten für ihre Verfechter nicht selten als Dogma, weshalb wir uns etwas näher mit diesem Thema beschäftigen wollen. Zum einen gibt es die handgeführte Wicklung, bei der die Richtung und die Festigkeit, mit der der Draht auf den sich drehenden Spulenkörper gelangt, von der Hand bestimmt wird, durch die der Wickeldraht läuft. Alternativ zu dieser Methode steht die maschinelle Wicklung, ohne die keine Massenherstellung möglich wäre.
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Die Wicklung
In den frühen Jahren der Pickupherstellung war Präzision nicht unbedingt oberstes Gebot und man sah es auch nicht so eng, wie der Draht, und vor allem, wie viel davon auf dem Spulenkörper landete – je nach Können und Laune der Arbeiter gerieten Wicklungen locker oder fester, ungleichmäßig oder sogar fehlerhaft. Die Ergebnisse waren also kein Mythos, kein Voodoo und keine Kunstwerke, sondern eher Zufallsprodukte, denen meiner Meinung nach heute teilweise zu viel Ehre zuteil wird, liest man manche Kommentare zu alten Pickups. Heute achten die Hersteller auf Präzision, steckt in der Wicklung doch ein großer Teil des späteren Sounds. Man kann beispielsweise einige Lagen sehr gleichmäßig und straff wickeln, dann einen Bauch mit weniger Spannung, die entstehenden Lücken auffüllen und schließlich alles mit gleichmäßigen lockeren Wicklungen vervollständigen. Das spannende dabei ist, dass jede dieser Wicklungsarten einen leicht unterschiedlichen Klang generiert, einmal schlanker oder mit einer Prise mehr Höhen, oder bassiger mit mehr Tiefmitten. All das spielt sich in einem sehr kleinen Bereich ab, der aber auch genau die Kunst widerspiegelt, die man beherrschen muss, will man einen sehr guten Pickup herstellen. Deshalb werden bei der Entwicklung eines Tonabnehmers die unterschiedlichsten Wicklungen, Wickelarten und natürlich Materialien getestet, um schließlich die Variante mit den besten Ergebnissen für das Serienmodell festzulegen.
Maschinelles oder manuelles Wickeln
Die maschinelle Wicklung bietet den Vorteil einer nahezu toleranzfreien Pickupherstellung. Einer CNC-Wickelmaschine kann man sogar beibringen, eine handgeführte Wicklung exakt nachzubilden – ein sehr aufwändiger, aber unter Umständen lohnender Prozess, denn damit lassen sich beliebig viele exakte Kopien einer bestimmten Wicklungsart herstellen, die bis auf minimale Materialtoleranzen identisch sind. Vorteil: Einen solchen Pickup kann man jederzeit nachkaufen und erhält wieder das exakt gleiche Produkt. Bei der handgeführten Wicklung ist es schwieriger, absolut gleiche Ergebnisse zu bekommen. Gute Hersteller beschäftigen wahre Künstler an ihren Wickelmaschinen und können deshalb bei ihren Modellen auch gleiche Spezifikationen anbieten. Die leichten Abweichungen machen dabei den Charme einer echten Handarbeit aus. Ein großer Vorteil dabei ist die Flexibilität, denn ein Anbieter kann ohne großen Aufwand auf die Wünsche seines Kunden eingehen. Wer überwiegend auf Kundenwunsch produziert, ist deshalb unter Umständen mit einer handgeführten Herstellung besser aufgestellt.
Sonstige Komponenten
Im Pickups Basics Artikel sind die verschiedenen Magnettypen beschrieben, die beim Bau von Pickups zum Einsatz kommen. Zusätzlich zu diesen Grundtypen gibt es Magnete, die sich in Details wie der Oberfläche, der Form oder beispielsweise der Legierung unterscheiden – ein Alnico 5 Magnet gibt es in unterschiedlichen Variationen, die ebenso unterschiedliche Ergebnisse bringen. Magnete bei einem Strat-Pickup können deshalb zum Beispiel oben winklig angeschliffen oder auch scharfkantig sein, was leicht unterschiedlich klingt. Bei den Humbuckern kommen Schrauben und Stifte hinzu, die es in unterschiedlichen Formen, Größen und Materialzusammensetzungen gibt, allesamt Parameter, die auf dem Weg zum Serientonabnehmer ausgetestet werden müssen.
Der (fast) fertige Pickup
Nach dem Wickeln liegt ein eigentlich fertiger Tonabnehmer vor, der zwar alles das beherrscht, was er beherrschen soll, aber vor seinem Einsatz in der Gitarre mit dem Wachsen noch eine wichtige Prozedur über sich ergehen lassen muss. Ist ein Pickup nämlich nicht gewachst, kann es zu massiven Feedbackproblemen kommen. Und damit sind nicht die gewollten und steuerbaren Rückkopplungen gemeint, die unseren Rocksound bereichern, sondern das gemeine, unkontrollierbare Pfeifen, das bei höherer Lautstärke und mehr Gain in der Nähe der Box auftritt. Dieses Pfeifen entsteht dadurch, dass bewegliche Teile – häufig einzelne Wicklungsdrähte – in Schwingung versetzt werden. Das kann so weit gehen, dass eine Gitarre mit einem solchen Pickup schlicht und ergreifend unbrauchbar ist. Aber auch andere Teile können sich aufschwingen wie Teile des Stegs, oder die bekannte Rappelfeder einer ABR-1 Bridge, wie sie bei Les Paul verwendet wird.
Aber bleiben wir beim Pickup und dem Wicklungsdraht. Um zu vermeiden, dass sich der Draht bewegen kann, taucht man den gesamten Pickup in ein Wachsbad, im Idealfall unter Vakuum. Das Vakuum bewirkt, dass sich auch kleinste Lufteinschlüsse in der Wicklung lösen und durch das einfließende Wachs verdrängt werden. Nach einer Weile im Wachsbad wird der Pickup herausgenommen und abgekühlt, das Wachs erhärtet, der Wicklungsdraht kann sich nicht mehr bewegen und Feedbacks gehören normalerweise der Vergangenheit an. Es gibt aber auch Musiker, die ungewachste Pickups bevorzugen, was teilweise nachvollziehbar ist, denn ein solcher ist mehr oder weniger mikrofonisch und nimmt deswegen auch minimale akustische Elemente der Gitarre mit auf. Dieser Anteil bewegt sich in der Regel in einem sehr kleinen Bereich oder ist zumindest für Außenstehende nicht unbedingt wahrzunehmen, sodass ich persönlich immer für einen gewachsten Pickup plädiere, mit dem man vernünftig und ohne Einschränkungen arbeiten kann.
Mythos Pickup am Beispiel des PAF
Wie schon erwähnt, war in den Anfangszeiten der Pickup-Herstellung Handarbeit angesagt, und ob ein paar hundert oder gar tausend Wicklungen mehr oder weniger auf dem Spulenkörper landeten, spielte keine übermäßig große Rolle. Bestes Beispiel dafür sind die heute heiß begehrten 1959er PAF-Pickups von Gibson, die zu den wohl am häufigsten nachgebildeten Tonabnehmer auf dem Markt zählen. PAF steht für Patent Applied For und stand damals auf einem Aufkleber an der Unterseite des Tonabnehmers. Heute wird das Kürzel häufig als Synonym für Humbucker-Pickups verwendet, die sich an den alten Vorbildern orientieren. Wenn jemand nach einem PAF fragt, dann meint er in der Regel einen Humbucker mit um die 8 kOhm Wicklungswiderstand, einem Durchschnittswert der alten Modelle.
Die Frage, die sich angesichts der damaligen Produktionsgegebenheiten stellt, ist die nach dem berühmten 1959er PAF-Sound. Gibt es ihn überhaupt? Logischerweise nicht, denn die Fertigungstoleranzen waren so groß, dass beispielsweise die Widerstandswerte (im englischen auch DC Resistance genannt) über eine Spanne von niedrigen 7 kOHM bis hoch zu 9kOhm reichten. Für den Klang sind solche Unterschiede Welten! Während ein 7 kOhm-Pickup sehr offen, transparent und auch schön twängig klingt, promotet die 9kOhm-Variante die Mitten, Höhen und Bässe treten in den Hintergrund und es näselt etwas mehr. Originale 1959er PAF-Modelle können sehr verschieden klingen, je nach Widerstand und Kombination der beiden Spulen. Die Toleranzen beziehen sich zuerst auf die Einzelspulen der PAFs, wodurch sich zusätzlich zu den Auswirkungen des Gesamtwiderstands auf den Sound (beide Spulen sind in Reihe geschaltet, ihre R-Werte addieren sich zum Gesamtwiderstand) auch noch die Unterschiede der beiden Spulen bemerkbar machen. Ein 8 kOhm PAF kann sich beispielsweise aus einem Spulenkörper mit Schraubenmagneten mit 4,8 kOhm und einem mit Stiftmagneten mit 3,2 kOhm zusammensetzen. Der gleiche 8 kOhm-PU kann aber auch aus einer 3,2 kOhm Schraubenspule zusammen mit einer 4,8 kOhm Stiftspule bestehen. Beide Varianten klingen deutlich unterschiedlich. Ich wage zu behaupten, dass es aufgrund dieser Vielzahl an Toleranzen wohl keine zwei gleich klingenden 1959er PAF-Pickups geben kann.
Aber wieso bieten diverse Hersteller ihre Pickups als 59er Modelle an? In dieser Hinsicht muss man jeder Marke ihre eigene Herangehensweise zugute halten, die auf persönlichen Erfahrungen mit den alten Originalpickups beruht. Jeder Anbieter fertigt deshalb im Grunde die eigene “Interpretation” eines alten 1959er PAFs und letztlich ist es Geschmacksache, für welchen Hersteller und welches Modell man sich entscheidet.
Der Pickupkauf
Ist man mit dem verstärkten Sound seiner Gitarre nicht zufrieden, sollte man zuallererst herausfinden, ob dafür tatsächlich allein die Tonabnehmer verantwortlich sind. Das heißt, die Gitarre trocken, also unverstärkt zu spielen, um einen Eindruck über ihren akustischen Grundklang zu erhalten. Denn dort steckt der Ursprung des Tons, dort schwingen die Saiten und mit ihnen das Holz, und die Gitarre erhält ihren Charakter, der auch elektrisch verstärkt so zu hören ist, je nach Pickups und Ampsettings mehr oder weniger intensiv. Singlecoil-Gitarren geben ihren Grundcharakter elektrisch sehr intensiv weiter, Humbucker-Gitarren etwas weniger deutlich wahrnehmbar, aber auch prägend. So wird ein Esche-Korpus mit einem einteiligen Hals aus Ahorn in der Regel stramm und knackig klingen, sowohl trocken also auch elektrisch.
Ich bin der Meinung, dass der akustisch gespielte Charakter einer Gitarre auch verstärkt erkennbar sein muß, und das ist mit den entsprechenden Pickups und der dazu passenden Elektrik auch zu erreichen. Wenn es elektrisch deutlich anders klingt als trocken, dann könnte Handlungsbedarf bestehen: Im Zweifelsfall ab mit der Gitarre zu einem Fachmann und dem das Problem schildern.
Aber es gibt auch andere Gründe für einen Pickup-Tausch. Zum Beispiel Metal-Musiker, die sich eine normale Gitarre zur Metal-Axt umbauen, mit den passenden Pickups und sonstigen Änderungen, oder der Musiker, der sich an einen bestimmten Pickup so gewöhnt hat, dass er auch in die neue Gitarre eingebaut werden soll.
Wie finde ich den richtigen Pickup?
Praktisch ist es, wenn man Bandkollegen oder Bekannte hat, die einen Pickup nutzen, der einem gefällt. Oder es ergibt sich die Möglichkeit, in einem Musikgeschäft den einen oder anderen Pickup ausprobieren zu können. Aber auch das Internet bietet Informationen, Soundfiles und Videos, dazu kommen viele Foren, in denen man sich austauschen und andere um Rat fragen kann. Dennoch ist es nicht einfach, denn die Auswahl an richtig guten Pickups der unterschiedlichsten Anbieter ist riesig. Falls man keine Möglichkeit hat, selbst Pickups zu testen, hilft unter Umständen das Gespräch mit dem Fachmann im Musikladen, der sich auskennt und bei der Suche nach dem richtigen Pickup behilflich ist.
Natürlich sollte man sich im Vorfeld darüber im Klaren sein, was der neue Pickup können muss, wie leistungsfähig er sein soll, für welche Musikrichtung er vorgesehen ist, eher Vintage oder modern, und welche sonstigen Eigenschaften man sich von ihm wünscht. Ist man sich selbst noch nicht im Klaren, wird es schwierig bis unmöglich, einen Treffer zu landen.
Fakt ist aber auch, dass man erst dann völlig sicher sein kann, den richtigen Pickup gewählt zu haben, wenn er in der eigenen Gitarre steckt.
Der richtig Pickup ist gefunden – das Finetuning
Ist der richtige Pickup eingebaut, geht es an die Feinjustierung. Wie im Basics Artikel beschrieben, sollte die Höheneinstellung nach eigenem Geschmack erfolgen, also schrauben, spielen, hören, wieder schrauben und vergleichen, bis das gewünschte Ergebnis steht. Bei Singlecoils in Strat- und Tele-Modellen gibt es auch kaum weitere Einstellmöglichkeiten. Bei Humbuckern mit Schraubmagneten sieht es etwas anders aus. Bei den meisten Schrauben handelt es sich um den gleichen Typ mit dickerem Kopf und einem schlankeren Gewinde, das durch die Grundplatte des Pickups reicht. Dreht man an diesen Schrauben, bleibt ihre Position innerhalb der Spule gleich und die Magnetkraft kann immer an dieser Schraube wirken, egal, wie weit ich sie rein- oder rausdrehe. Es gibt auch andere Schraubentypen, zum Beispiel mit Inbuskopf, oder welche, die nicht durch die Grundplatte gehen. Hier gibt es viele Variationen, je nach Hersteller, doch das Klangverhalten beim Justieren ist in der Regel sehr ähnlich. Was man allerdings immer im Vorfeld abklären sollte ist die Tatsache, ob es sich tatsächlich um einstellbare Schraubmagnete handelt und nicht um feststehende, die nicht verändert werden können. Im Zweifelsfall Erkundigungen einholen, damit nichts beschädigt wird.
Drehen wir bei einem Humbucker mit Schraubmagneten diese etwas höher, rücken sie näher an die Saite und die Saitenschwingungen entfalten damit eine größere Wirkung auf die Spule. Der Sound wird etwas knackiger und twängiger, man könnte schon sagen “singlecoiliger”, was eine coole Option sein kann. Ein Hals-Humbucker, dem es vielleicht ein wenig an Perligkeit mangelt, kann mit höher geschraubten Magneten genau dieses kleine Quäntchen Präsenz bekommen, das ihm zuvor gefehlt hat.
Zum Schluss
Ich hoffe, der Artikel hat etwas Licht in den Bereich Pickupentwicklung und Herstellung gebracht und kann euch beim Pickup-Kauf eine kleine Hilfe sein.
In diesem Sinne beste Grüsse, Acy!