Ursprünglich aus dem Gitarren-Bereich kommend, erfreuen sich Overdrive- und Distortion-Pedale bereits seit Jahrzehnten auch in der Synthesizer-Welt großer Beliebtheit. Von der besseren Durchsetzungs-Fähigkeit des Sounds durch leichte Sättigung, bis hin zur starken Klang-Verfremdung etwa durch Fuzz-Pedale gibt es für Overdrive-Effekte bei Synthesizern ganz unterschiedliche Anwendungsbereiche. Durch die vielen Varianten von Distortion – dem allgemeinen Oberbegriff für jegliche Form elektronischer Verzerrung – verliert sich allerdings schnell der Überblick, welches der diversen kleinen Pedale nun das richtige für den eigenen Bedarf ist. Dieser Artikel soll hier Abhilfe schaffen und alle, die auf der Suche nach dem perfekten Zerr-Pedal sind an die Hand nehmen.

- Was sind Overdrive / Distortion-Effekte?
- Wozu dienen Overdrive / Distortion-Effekte?
- Worauf sollte man beim Kauf eines Overdrive/Distortion-Pedals für Synthesizer achten?
- Details
- Wie entstehen Overdrive und Distortion?
- Welche Typen von Verzerrung gibt es?
- Synthesizer und Overdrive-Effekte: Ein gutes Team
- Kurztests Overdrive und Distortion Pedale für Synthesizer
- Lounsberry Tall Fat & Wide
- Strymon Deco V2
- VALCO KGB Dist
- Strymon Sunset
- Mooer Black Secret
Was sind Overdrive / Distortion-Effekte?
Unter dem Oberbegriff „Distortion“ sind zunächst alle Effekt-Typen zusammengefasst, die ein Audiosignal deformieren und dabei meist dessen Oberton-Struktur manipulieren. Diese Deformation kann durch ganz unterschiedliche elektronische, mechanische, sowie digitale Mittel erzeugt werden, weshalb es viele verschiedene Arten und Abstufungen von Verzerrung gibt. Bei Gitarren und Synthesizern kommt meist die elektronische Verzerrung zum Einsatz, die je nach Stärke in die Bereiche Saturation, Overdrive, Distortion und Fuzz unterteilt wird.









Wozu dienen Overdrive / Distortion-Effekte?
Distortion-Effekte lassen sich je nach Intensität für ganz unterschiedliche Anwendungen nutzen. Eine leichte Sättigung etwa kann der Klangquelle warme Tief-Mitten einhauchen und durch angereicherte Obertöne etwas mehr Durchsetzungsfähigkeit im Band/Mix-Kontext bewirken. Ein moderater Overdrive-Effekt verleiht dem Synthesizer-Sound oft Punch, Präsenz und –Selbstbewusstsein, entschärft aber mitunter auch ungewünschte Höhen. Ein starker Distortion/Fuzz-Effekt erzeugt einen aggressiven, aufdringlichen Klangcharakter, was im Extremfall bis hin zur Unerkennbarkeit des ursprünglichen Audio-Signals führen kann.












Worauf sollte man beim Kauf eines Overdrive/Distortion-Pedals für Synthesizer achten?
Zunächst ist die Überlegung notwendig, wofür das Overdrive/Distortion-Pedal vorwiegend genutzt werden soll. Je nach Anwendungsbereich kommen nämlich wie bereits erwähnt ganz unterschiedliche Typen wie Overdrive oder Fuzz in Frage. Hinzu kommt, dass viele Distortion-Pedale unterschiedliche Nuancen im Klangcharakter mit sich bringt. Bei manchen Herstellern werden eher schneidende Hochmitten betont, während andere Pedale auf warme Tiefmitten abzielen. Natürlich gibt es auch Pedale, in denen diese verschiedenen Charaktere vereint werden. Zu guter Letzt spielt bei Keyboardern ja auch immer die Stereo-Kompatibilität eine Rolle. Und da Distortion aufgrund seiner Entstehungsweise und der Herkunft im Gitarren-Bereich grundsätzlich ein Mono-Effekt ist, gibt es nur wenige, meist digitale Pedale mit Stereo-Kompabilität. Hier müssen also mitunter Kompromisse gemacht werden, die sich aber meist lohnen. Und schließlich kann ja nach der Verzerrung auch noch ein Chorus- oder Hall-Effekt geschaltet werden, wodurch die Stereo-Welt wiederhergestellt wird.



Details
Wie entstehen Overdrive und Distortion?
Es gibt verschiedene Theorien über die Entdeckung und Herkunft von Verzerrung.
Vor allem entdecken Gitarren-Bands in den 1950er Jahren diesen Sound für sich, als sie ihre Amps voll aufdrehten, deren (End)-Stufen folglich an ihr Leistungs-Limit kamen, wodurch eine crunchige Verzerrung entstand. In den 1960er Jahren wurde dieser Effekt dann in Pedalform gebracht und der Rest ist bekanntlich Musikgeschichte.



Welche Typen von Verzerrung gibt es?
Das Prinzip des „Überfahrens“ von Vorverstärkern und Audio-Eingängen lässt sich logischerweise nicht nur bei Röhren-Amps, sondern auch bei Transistor-Amps, Mikrofonvorverstärkern, Tonbandgeräten und diverser anderer Hardware anwenden. Entsprechend vielfältig sind auch die verschiedenen Typen von Distortion, die von Tape Saturation, über Clipping und Overdrive, bis hin zu Heavy Distortion und Fuzz reichen. Mit der Stärke der Verzerrung steigt meist auch der Grad der Kompression und des Sustains eines Signals. Es gibt auch die Möglichkeit, eine Klangquelle digital zu deformieren, indem die Sample-/Bit-Raten herabgesetzt werden. Der zackige, crunchige Effekt, der beim sogenannten „Bitcrushing“ entsteht, findet zuletzt nicht mehr nur den Weg in Techno-Produktionen, sondern auch in moderne Effekt-Pedale für Gitarristen und Keyboarder.



Synthesizer und Overdrive-Effekte: Ein gutes Team
Die ursprünglichsten Formen von Overdrive bei Synthesizern dürften wohl die Übersteuerung des VCA’s bei alten analogen Synthesizern wie etwa dem Roland Jupiter-4, sowie die Input-/Feedback-Distortion beim Moog Model D sein. Aber auch jede „externe“ Form der Verzerrung von Synthesizern stellt meist eine Bereicherung des Gesamtklangs dar. Somit sind Overdrive-/Distortion-Effekte und Synthesizer schon lange unzertrennlich miteinander verbunden und heutzutage gibt es kaum einen Synth-Sound, der nicht in irgendeiner Instanz mit Verzerrung angereichert wurde. Die meisten neuen Synthesizer kommen bereits ab Werk mit einer On-Board-Distortion daher. Da diese aber meist klanglich limitiert ist, sind externe Pedale ein willkommenes Mittel, um das Klangarsenal eines Synthesizers entscheidend zu erweitern. Durch die Eigenschaft von Distortion-Pedalen als der Gitarren-Effekt schlechthin zu sein, ist die Auswahl an Pedalen gigantisch. Damit man genau das richtige Pedal für den eigenen Bedarf findet, haben wir die wichtigsten Geräte hier aufgelistet.

1978 erblickte mit dem Jupiter-4 Rolands erster polyphoner Analogsynthesizer das Licht der Welt. Mehr zum “kleinen” Jupiter in unserem Vintage Synth Special!

Er.Ist.Da! Minimoog: Model D. Mehr braucht man über den Ur-Synth von Moog eigentlich nicht sagen. Warum er so genial ist, das erfahrt ihr dennoch hier!
Kurztests Overdrive und Distortion Pedale für Synthesizer
Lounsberry Tall Fat & Wide

Das Angebot an speziell für Keyboards geeigneten, brauchbaren Overdrives mit Stereo-Kompatibilität ist weiterhin rar. Diese Lücke füllt beispielsweise der Tall Fat & Wide von Lounsberry. Der FET Overdrive mit Germanium liefert einen starken Clean Boost/Overdrive-Sound, bei dem die harmonische Verzerrung vor allem die Höhen herausschält und so einen klaren, durchsetzungsfähigen Sound erzeugt. So richtig in die Distortion geht das Pedal nur bei Akkorden oder sehr lautem Input-Material. Das minimalistische Interface mit lediglich zwei Reglern für Input und Output ist einerseits angenehm intuitiv und pragmatisch. Allerdings vermisst man womöglich schnell einen Tone-Regler oder Equalizer. Da es einen globalen Level/Trim-Regler gibt und der Verzerrungs-Grad durch das Verhältnis von Input/Output beeinflusst wird, kommt es mitunter je nach Sound zu starken Level-Unterschieden zwischen Bypass- und Effektsignal. Der Tall Fat & Wide eignet sich vor allem für die Veredelung von Keyboard-Sounds und einen durchsetzungsfähigen Sound im Band-Kontext.
Sterne-Bewertung: 4,0 / 5 Sterne


Strymon Deco V2

Das Angebot an speziell für Keyboards geeigneten, brauchbaren Overdrives mit Stereo-Kompatibilität ist weiterhin rar. Diese Lücke füllt beispielsweise der Tall Fat & Wide von Lounsberry. Der FET Overdrive mit Germanium liefert einen starken Clean Boost/Overdrive-Sound, bei dem die harmonische Verzerrung vor allem die Höhen herausschält und so einen klaren, durchsetzungsfähigen Sound erzeugt. So richtig in die Distortion geht das Pedal nur bei Akkorden oder sehr lautem Input-Material. Das minimalistische Interface mit lediglich zwei Reglern für Input und Output ist einerseits angenehm intuitiv und pragmatisch. Allerdings vermisst man womöglich schnell einen Tone-Regler oder Equalizer. Da es einen globalen Level/Trim-Regler gibt und der Verzerrungs-Grad durch das Verhältnis von Input/Output beeinflusst wird, kommt es mitunter je nach Sound zu starken Level-Unterschieden zwischen Bypass- und Effektsignal. Der Tall Fat & Wide eignet sich vor allem für die Veredelung von Keyboard-Sounds und einen durchsetzungsfähigen Sound im Band-Kontext.
Sterne-Bewertung: 4,0 / 5 Sterne


VALCO KGB Dist

Das robuste KGB Dist der kanadischen Boutique-Schmiede Valco beheimatet verschiedene Formen von Distortion-Sounds. Die vier Modi LED, Op, Si und Ge liefern markante Zerr-Sounds von Proco RAT – bis hin zu Big Muff-artiger Natur. In allen Modi wirkt der Klang authentisch und durchsetzungsstark mit einem stets hörbaren Vintage-Touch. Mit Reglern für Mix/Blend, Output-Level, Tone und Distortion Intensity lässt sich der Sound detailliert formen. Durch die Flexibilität des Input-Verhaltens kann das KGB Dist auch mit Synthesizern sehr gut umgehen, auch wenn die Level-Struktur zunächst etwas gewöhnungsbedürftig ist. Obwohl es sich auf Keyboards spezialisieren möchte, lässt das KGB Dist leider eine kombinierte Stereo/Mono-Buchse vermissen und kann nur in mono betrieben werden. Abgesehen davon erhalten Fans von markanten Distortion/Fuzz-Sounds dank der vielen, sehr unterschiedlich klingenden Modi hier eine breite Klangpalette mit hochwertiger Klangqualität und robuster Boutique-Verarbeitung.
Sterne-Bewertung: 4,0 / 5
Strymon Sunset

Der Strymon Sunset gilt mit seinen zwei Overdrive-Einheiten als Allrounder von subtiler Sättigung bis hin zu High Gain/Distortion-Klängen. Vor allem die sanftere „A“-Seite und im Speziellen der Germanium-Modus verleiht sowohl E-Pianos als auch Synthesizern eine warme, dicke Sättigung, deren Charakter dank Tone- und Drive-Reglern gut verfeinert werden kann. Die „B“-Seite kommt mit 2stage- und Hardclip-Overdrive eine ganze Schippe härter daher und bietet Distortion-Klänge, die bei der Nutzung mit Keyboards mitunter etwas digital anmuten und ein klassisches Distortion/Fuzz-Pedal wie etwa die Rat vermissen lassen. Beide Seiten können in wählbarer Reihenfolge kombiniert werden. Der Gesamt-Charakter ist zusätzlich mittels des rückseitigen „Bright“-Switches dreistufig manipulierbar. Die Midi-Implementierung sowie der Expression Pedal-Anschluss sind ungewöhnlich für Verzerrer-Pedale und gerade im Keyboard/MIDI-Kontext sehr reizvoll. Auch wenn die härteren Distortion-Sounds phasenweise etwas unnatürlich wirken, macht der Sunset für Keyboards und Synthesizer gerade im Saturation/Overdrive-Bereich einen tollen Job.
Sterne-Bewertung: 3,5 / 5 Sterne


Mooer Black Secret

Die Micro-Serie von Mooer richtet sich vor allem an Live-Musiker, die nach möglichst wenig Platzverbrauch auf ihrem Pedalboard streben. Ganz nebenbei bieten sich die kleinen Kisten auch fabelhaft dazu an, sie auf einer freien Fläche an der Keyboard-Frontseite zu montieren und somit direkten Zugriff zu haben. Mooer hat in der Serie ganz verschiedene Overdrive/Distortion-Klassiker nachgeahmt. Beim „Black Secret“ stand der legendäre Distortion-Bodentreter „Rat“ Pate. Genauer gesagt gleich zwei Varianten dieses Pedals, die sich per Kippschalter anwählen lassen. „Vintage“ orientiert sich hierbei am klassischen Rat-Sound, während „Turbo“ mit härterer Gangart und verstärkten Mitten stark an die Turbo Rat erinnert. Ein großer Haupt-Regler kümmert sich um den Zerr-Grad, während zwei kleinere Potis für Output-Level und Filter zuständig sind. Letzterer arbeitet in entgegengesetzter Richtung zum herkömmlichen Tone-Regler und eröffnet dem Miniatur-Pedal in Kombination mit den beiden Arbeitsmodi Vintage und Turbo ganz unterschiedliche Klangfacetten. Vom Andicken und Boosten verschiedener Lead-Synths bis hin zu fuzz-artigen Ausbrüchen deckt das kleine Pedal eine ganze Bandbreite an Zerr-Sounds ab und ist dabei merkbar höhenlastiger als das Vorbild „Rat“.
Gerade mit perkussiven Sounds ist es hörbar überfordert und geht schnell in die Kompression, was aber für ein Distortion-Pedal nicht unbedingt ungewöhnlich ist. Bei Synth-Sounds mit wenig Obertönen beziehungsweise geschlossenem Filter greift ist die Verzerrung kaum zu hören und der große Lautstärke-Unterschied zwischen den beiden Modi kann bei einer Live-Jam schon mal verheerend daherkommen. Aufgrund des kleinen Gehäuses ist kein Batteriebetrieb möglich, das benötigte 9V-Netzteil ist nicht im Lieferumfang enthalten. Preislich ist das Black Secret wesentlich günstiger angesiedelt als die aktuelle Version vom Vorbild, die Pro Co Rat 2.
Sterne-Bewertung: 3,5 / 5 Sterne

