Auch in dieser Folge des Keyboard Masterclass Workshops beschäftigen wir uns wieder mit einhändigen Jazz-Voicings. Nachdem ich euch beim letzten mal ein System vorgestellt habe, um die passenden Voicings für eine II-V-I Verbindung in Dur zu finden, soll es diesmal um die II-V-I in Moll gehen.
Ihr erinnert euch: Die Akkordverbindung II-V-I (also die zweite Stufe der Tonart, die fünfte Stufe und schließlich die erste Stufe) ist die wichtigste Akkordverbindung im Jazz und kommt in fast jedem Jazz-Standard vor. Es gibt sie in einer Dur-Variante, der wir uns letztes Mal gewidmet haben, und in einer Moll-Variante.
Sehen wir uns die II-V-I in Moll jetzt einmal etwas genauer an. Wir spielen die Voicings zunächst mit einer Hand, wodurch die andere Hand für einen Basston oder eine Melodie bzw. Improvisation frei bleibt.
II-V-I in Moll
Im Folgenden werden wir das Ganze in der Tonart C-Moll unter die Lupe nehmen. Die natürliche Molltonleiter in C sieht so aus (zu harmonisch Moll kommen wir später!):
Wenn wir nun auf Basis dieser Tonleiter eine II-V-I Verbindung bilden, erhalten wir etwas andere Akkorde als in der Durtonart der letzten Workshopfolge. Die zweite Stufe sieht nun so aus:
Xm7b5 (Xø, Xmi7b5, Xm7 -5)
Statt A enthält der Vierklang auf der zweiten Stufe ein Ab. Die Quinte ist somit vermindert. Deshalb wird dieser Akkord auch gelegentlich als “halb vermindert” bezeichnet, im Gegensatz zum verminderten Septakkord, bei dem auch die Septime vermindert ist.
Wir erinnern uns: Beim Dm7 haben wir den Grundton weggelassen und stattdessen eine None hinzugefügt. Hier wäre die 9 nun nicht E, sondern Eb (also die b9), da E nicht in der Tonart C-Moll vorkommt. Allerdings klingt das Eb nicht gut, da es sich mit dem Grundton reibt. Aus diesem Grund lassen wir die None an dieser Stelle weg.
Übrigens: Oft wird auch ein E als sogenannte aufgelöste None benutzt. Das klingt sehr interessant, aber durch den tonartfremden Ton auch etwas speziell. Probiert es mal aus!
Wie bei der II-V-I in Dur gibt es auch hier wieder einen zweiten Typ, eine Umkehrung, die ich ab jetzt als Typ B bezeichnen möchte. Die Typ-B-Voicings betrachten wir im Folgenden in der Tonart G-Moll. Das Typ-B-Voicing für den Am7b5-Akkord auf der zweiten Stufe der G-Moll-Tonleiter sieht so aus:
Für dich ausgesucht
Kommen wir nun zur fünften Stufe:
X7b9 (X7-9)
Den Dominantseptakkord auf der fünften Stufe könnte man z.B. so greifen:
Was hier zunächst auffällt, ist der Ton H, der in der natürlichen Molltonleiter nicht vorkommt. Da dieser aber als Leitton wichtig ist, wurde die Molltonleiter schon in der Barockzeit etwas abgeändert und so die harmonische Molltonleiter eingeführt, welche statt eines Bb ein H enthält. Dank dieser Veränderung bekommen wir es auf der fünften Stufe ab sofort mit einem Durakkord zu tun. Im natürlichen Moll hingegen wäre es ein Mollakkord (mit Bb als Terz).
Bei der II-V-I Verbindung in Dur hatten wir dem Akkord auf der fünften Stufe eine None und die 13 hinzugefügt. Dasselbe tun wir auch hier, nur dass es sich in diesem Fall um eine b9 (das Ab) und eine b13 (das Eb) handelt. Im Dominantseptakkord klingt die b9 nämlich interessanterweise gut, hier ist die Reibung zum Grundton kein Problem.
Auch für dieses Voicing gibt es wieder einen Typ B:
Als Nächstes folgt die erste Stufe unserer Moll II-V-I.
Xm7 (X-7, Xmi7)
Dieses Voicing kennen wir schon aus der Dur II-V-I, dort war es die II, hier ist es nun die I. Von den Tönen her ist das Ganze identisch.
Typ A:
Typ B:
Xm maj7 (Xm7+, Xmi Δ7)
Legt man die harmonische Molltonleiter mit der großen Septime (z.B. bei C-Moll das H) zugrunde, ergibt sich auf der ersten Stufe ein Moll-Major7 Akkord. Diesen findet man im Jazz häufig statt des Xm7 als erste Stufe bei II-V-I Verbindungen. Auch für diesen Akkord gibt es passende Voicings als Typ A und Typ B.
Typ A:
Typ B:
Mit diesen Voicings können wir die II-V-I Verbindung in Moll in allen Tonarten abdecken. Ein Übungsblatt einmal um den Quintenzirkel könnt ihr euch hier herunterladen. In „freier Wildbahn“ kommt die II-V-I z.B. in diesen Jazzstandards vor: Blue Bossa, My Funny Valentine, Black Orpheus und Autumn Leaves. Viel Spaß beim Üben und bis zum nächsten Mal!
Bernhard sagt:
#1 - 18.11.2013 um 19:50 Uhr
Sehr schön,
aber jetzt gleich eine Frage zur Praxis. In einer Jazz-Combo habe ich einen Bassisten; welche Töne kann ich bei den Akkorden in der linken Hand weglassen um mich besser auf das Solo in der rechten konzentrieren zu können?
Xaver Fischer sagt:
#2 - 19.11.2013 um 17:32 Uhr
Lass immer den Grundton weg. Spiel also nur, was jeweils im oberen Notensystem steht. Wenn Du die Akkorde noch weiter vereinfachen willst, spiel nur die Funktionstöne (Terz und Septim).
Michael Vaas sagt:
#3 - 20.11.2013 um 19:30 Uhr
Hey! Super Workshop! Aber ich glaube in dem Sheet hat sich ein kleiner Vorzeichen-Fehler eingeschlichen. In der zweiten Zeile bei dem Abm 9 Akkord (Takt 2) müsste der unterste Ton ein ges sein. Im letzten Takt dieser Zeile beim F#m9 Akkord müsste der unterste Ton ein E sein statt Eis. Oder ist das Absicht??
Lasse (bonedo) sagt:
#4 - 21.11.2013 um 01:10 Uhr
Hallo Michael, danke für deinen aufmerksamen Hinweis. Wir haben den Fehler inzwischen korrigiert. Viele Grüße, Lasse